Gefährdet Mindestlohn Radiopraktika?

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Hoffentlich! Hoffentlich! Hoffentlich! Das könnte das Ende der "Generation Praktikum" werden. Dann gibt es a) entweder vernünftig bezahlte Stellen oder b) der Laden, der das nicht zuwege bringt, fällt weg wegen ist nicht.
Das sind doch mal gute Aussichten!
 
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Ich mag mit meiner Meinung polarisieren, aber: Ich habe nichts dagegen, wenn diese ganzen Billiglohn- und -programmradios in Deutschland, bei denen nur Werbeeinnahmen zählen, elend verrecken. Gute journalistische Arbeit muss ordentlich bezahlt werden. Und wer das nicht mittragen will hat in diesem Medium nichts verloren. Lieber 100 Sender weniger in Deutschland, dafür aber welche die Mindeststandards mittragen. Also: Her mit dem Mindestlohn für Praktikanten, und am besten noch angehobenen Lohn für Voluntäre!!!
 
Ich würde zu gern wissen, ob der Herr Schreiner vom Verband Bayerischer Lokalrundfunk auch gerne für die derzeitige Entlohnung der Praktikanten arbeiten möchte? Es gibt mehr als genug Firmen, die Praktikanten nur als extrem billige Arbeitskräfte missbrauchen, hier sollte endlich ein Riegel vorgeschoben werden.
 
Ich kenne Fälle von Langzeitpraktika in deutschen Sendern, die unanständig waren. Zum Beispiel den eines Redaktionsleiters in einer wirtschaftlich starken Großstadt im Westen, der eine Praktikantin unbezahlt ein Jahr beschäftigen musste, weil sonst die Redaktionsarbeit nicht gewährleistet werden konnte. Die arme Frau war fünf Tage die Woche im Sender, reiste aus dem Umland an und lebte auf Kosten der Eltern. Immer in der Hoffnung, irgendwann angestellt zu werden.

Solchem Handeln muss endlich ein Riegel vorgeschoben werden. Abzuwarten bleibt, ob die Nahles umkippt. Würde mich bei der nicht wundern.
 
Das Problem an der ganzen Mindestlohngeschichte ist, dass sie durch Honorarverträge unterlaufen werden kann. Bei Praktika wird das nicht mehr gehen, aber bei freien Mitarbeitern. Die sind eben scheinselbständig und werden pro Leistung entlohnt, als externer Dienstleister. Deshalb greift diese Mindestlohngeschichte auch nicht das Problem an der Wurzel. Es führt über kurz oder lang halt doch kein Weg am bedingungslosen Grundeinkommen vorbei...wobei der Staat sogar noch Geld sparen würde, wie schon desöfteren richtig vorgerechnet wurde.
 
Ich habe auch mal mit einem Volontariat bei Radio Hamburg oder Alsterradio geliebäugelt. Auf meine Frage hin kam nur die Antwort, dass ohne Praktikum nichts geht.

Gut, das kann und will ich verstehen. Ich fragte dann nach einer Vergütung für das Praktikum, da ich ja auch irgendwie nach Hamburg kommen muss. 400€ hätte ich "angemessen" (es ist das falsche Wort, ich hoffe, ihr versteht, was ich meine) gefunden, wenn man die Arbeitszeit bedenkt und das man ja auch irgendwie leben muss.

Die lapidare Antwort: sei froh, wenn du überhaupt den Praktikumsplatz bekommst.

Und das in einer Zeit, wo Flexibilität gepredigt und gefordert wird. Flexibel kann ich sein, aber nur, wenn ich nicht unter einer Brücke schlafen und um Essen betteln muss!
 
@haasenparty:
"Flexibilität" ist oftmals gleichzusetzen mit "absolutem Gehorsam". Man hat dahin zu gehen, wohin der Arbeitgeber einen schickt, und wenn das am Arsch der Welt ist. Oder statt Frühdienst "darf" man dann eben mal Spätdienst machen, obwohl man vielleicht Termine hat. Aber da muss man eben flexibel sein, und die verschieben.
Die Flexibilität der Gegenseite steht dann nicht selten auf einem anderen Blatt.
 
Ach Leute; inzwischen sind wir in einer Zeit angekommen in der das JobCenter Praktika bei Radiosendern als Fortbildungsmaßnahmen verkauft. Nein besser gesagt: Praktikanten an Radiosender zwecks "Fortbildung" verkauft.
 
Eines ist doch klar: Der Praktikumsplatz als solcher stellt schon einen Wert dar, - sogar dann, wenn man in der Praktikumszeit nichts Gescheites lernt. Man hat immerhin die Referenz.
Idealerweise lernt man aber auch noch etwas. Dann steuigt der Wert des Praktikums, denn man kann danach mit Fähigkeiten aufwarten, die den nächsten Schritt ermöglichen.
Dritter Nutzen des Praktikums: Man schafft sich Kontakte, Beziehungen, die anderweitig wieder weiterhelfen können.
Bei der Abwägung sollte man also all diese "Werte" mit einbeziehen, wenn man darüber nachdenkt, ob 400 Euro für einen PRaktikumsmonat zu viel oder zu wenig sind.
Was m. E. unseriös ist, das sind unbezahlte Praktika. Das diskreditiert den Anbieter und riecht nach Ausbeutung. Aber eine Bezahlung unter Mindestlohn ist akzeptabel, wenn man die oben aufgezählten Mehrwerteffekte mit einrechnet.
 
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Und wie soll ein erwachsener Mensch in dieser Zeit dann seinen Lebensunterhalt bestreiten, wenn die Stelle nicht gerade in der Nähe von Hotel Mama oder sonst einem sozial zugewandten Menschen ist, der Dir Unterschlupf gewährt? Von Erspartem? Von einem Nebenjob, falls noch Zeit dafür bleibt? Wie gesagt. Ein Praktikum, gering bezahlt, für 6 Wochen im Sinne einer Hospitanz, bei der man sicher wenig Produktives leistet, sondern eher "über die Schulter schaut", dagegen ist nichts einzuwenden. Mehrmonatige Praktika gehören aber so bezahlt, dass die Person, die ja auch Leistungen bringt, ihren Lebensunterhalt bestreiten kann.
 
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Das Problem an der ganzen Mindestlohngeschichte ist, dass sie durch Honorarverträge unterlaufen werden kann. Bei Praktika wird das nicht mehr gehen, aber bei freien Mitarbeitern. Die sind eben scheinselbständig und werden pro Leistung entlohnt, als externer Dienstleister.
Genau das Problem gibt es nicht nur im Rundfunk-, sondern auch im Bildungssektor: Hochqualifizierte Akademiker sind gezwungen, zu niedrigsten Bezügen zu arbeiten, teilweise zu schlechteren Konditionen als ein 450€-Jobber, der wenigstens noch auf dem Weg zum Arbeitsplatz unfallversichert ist.

Eine Schande für das Land der Dichter und Denker!
 
Flexibel kann ich sein, aber nur, wenn ich nicht unter einer Brücke schlafen und um Essen betteln muss!
Du liegst völlig falsch. Da es Brücken und Fußgängerzonen überall gibt, kannst du einen Praktikumsplatz unter solchen Bedingungen doch viel eher annehmen und das in einer beliebigen Stadt, weil du die leidige Wohnungssuche gar nicht erst beginnen musst. Gut, die Bettelzeit musst du sauber auswählen, damit was rein kommt. Musste halt mit dem Programmchef klären. Aber kannst du auch gut verkaufen: Im Gegenzug kriegt er ne tolle Geschichte, die sicher voll ans Herz geht.
 
Also ich finde diese Privatradio-Aktion (auch diese) ebenfalls peinlich. Daneben.

Aber der Ansturm ist doch eh vorbei, oder? Im Vergleich zu früheren Jahren wollen viel weniger in den Journalismus - in die klassischen Medien.

Und viele (Praktikanten) taugen nicht so viel, haben es leichter und haben weniger Biß.

Hat natürlich auch sein "Gutes": Die neue Generation kann "Deppen" wie auch mich, die sich ausbeuten ließen, belächeln ...
 
radiocat schrieb:
Mehrmonatige Praktika gehören aber so bezahlt, dass die Person, die ja auch Leistungen bringt, ihren Lebensunterhalt bestreiten kann.

Nein! Mehrmonatige "Praktika" unter diesen Voraussertzungen sind keine Praktika mehr, sondern Beschäftigungsverhältnisse. So hart es manchen trifft, aber ein Praktikum ist ein Praktikum und nicht eine zu gleichem Lohn bezahlte gleiche Arbeit.
 
Ich glaube, die Krux in der ganzen Sache ist auch das Wort Praktika.

Fakt ist, alles was über einen Monat hinausgeht - wo man eine 40 Stundenwoche hat, sich einbringt und Leistung erbringt bzw. erbringen kann, gehört entlohnt.

Darüber hinaus motiviert man den "Praktikanten" auch, da er weiß, dass er (etwas) Geld bekommt und sich keine Gedanken machen muss, sein Praktikum noch abseits zu finanzieren.
 
Viele nehmen, was sie kriegen können. Dann kommen solche Beschäftigungsverhältnisse raus, die "Praktikum" genannt werden, aber mindestens auf dem Niveau einer "ungelernten Hilfskraft" anzusiedeln sind.
Man kann aber auch anders. Ich habe mir damals aus finanzieller Notwendigkeit heraus gesagt, "kein Praktikum ohne monetäre Gegenleistung". Musste ja gar nicht viel sein, aber Miete (Studentenzimmerchen) und Futter mussten dabei rausspringen. Dadurch waren manche Praktiukumsplätze automatisch "gesperrt", bekommen habe ich dennoch welche. Und im Anschluss an eines schließlich die Möglichkeit der freien Mitarbeit.
Andere waren schneller, zugegeben, sie haben auch unentgeltlich Praktika gemacht. Ihre Entscheidung, ihr Weg.

Dass ein Praktikum mehr bringt als Geld, sollte auch Praktikanten klar sein. Aber dann muss das Ding auch so konzipiert sein und nach maximal drei Monaten beendet werden. Kommt immer auf die Inhalte an.
 
So lange es noch genug Mäuschen gibt, die der Meinung sind "Cooool, ich mach da mal was mit Medien. Ich hab ein Praktikum bei Radio Nase gemacht, das war sooooo geil", wird sich von selbst nie was ändern. Und wenn Mäuschen mehr kann als Käse anknabbern, dann darf sie ja gerne das Praktikum verlängern, beibringen braucht man ihr ja jetzt nix mehr, jetzt darf sie machen. Und danach übernimmt man sie als Freie, natürlich zum Hungerlohn. Und wenn die Leute dann irgendwann doch Bock kriegen, richtig zu leben, daheim auszuziehen, vielleicht mal Wohneigentum haben, in Urlaub fahren, Familie gründen, was machen sie dann? Falls sie nicht zu erlesenen Klientel gehören, die im öffentlich-rechtlichen System eine feste Anstellung bekommen haben oder sich im Privatfunk an eine Programmleitungsposition hochgeschlafen haben, kehren sie dem Medium Radio den Rücken zu. Sie gehen zum Fernsehen, zur Zeitung, in die PR-Abteilungen, machen sich selbständig oder wechseln die Branche gar ganz.
Ja, und genau DAS hört man dem deutschen Radio leider an! Da sind keine Leute, die Radio richtig gelernt haben, um es dann viele Jahre zu machen. Da sind ständig nur Leute in der Ausbildung, die von anderen angetrieben werden, die vor Jahren mal ein Standardwerk zu den Themen Radio und Marketing oder vielleicht auch gleich eine ganze YM verschluckt haben und ansonsten Radio schon lange nicht mehr leben, weil sie schon 10 oder 20 Jahre nicht mehr on air sind.
 
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