„Gehörrichtige“ Lautstärkeregelung; wird so etwas angewendet?

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ebs

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Die physiologische Korrektur der Lautstärke durch die "gehörrichtige" Lautstärkeregelung ist ein seltenes Thema. Gibt es dieses immer noch?

Siehe: http://www.sengpielaudio.com/GehoerrichtigeLautstaerkeregelung.pdf

Michael Dickreiter schreibt in seinem "Handbuch der Tonstudiotechnik" auf Seite 502 in der recht neuen Auflage (Teil 1) vom Dezember 2008:
Die Einstellung der Abhörlautstärke ist "gehörrichtig", d. h. der Frequenzgang wird in Abhängigkeit von der Abhörlautstärke korrigiert. Nur bei einem Wert, der bei 80 oder 86 Phon liegt, wird das Tonsignal im Frequenzgang linear übertragen; dieser Wert ist auf der Skala besonders (in rot) gekennzeichnet. Die Notwendigkeit für gehörrichtige Lautstärkeregelungen ergibt sich aus dem Verlauf der Kurven für gleiche Lautstärkepegel. Demnach ist die Wahrnehmung der Klangfarbe in erheblichen Maße von der jeweiligen Lautstärke abhängig; bei geringer Lautstärke ist das Gehör für tiefe Frequenzen ziemlich unempfindlich; würde der Pegel in diesem Frequenzbereich bei der Wiedergabe nicht angehoben, würde das Klangbild flach wirken. Die gehörrichtige Einstellung der Lautstärke sorgt dafür, dass die Klangfarbe bei allen Abhörlautstärken gleich bleibt. Selbstverständlich müssen auch andere Abhöreinrichtungen etwa im HiFi-Bereich, über eine solche Lautstärkeeinstellung verfügen. (Tun sie das?) Die Korrekturen folgen den Kurven gleicher Lautstärkepegel bei zweiohrigem Hören von "Sinustönen" im freien Schallfeld (DIN 45630). Deshalb ist als Einheit auch die sonst bei Lautstärkemessung inzwischen wenig verwendete Einheit Phon richtig. Für Messungen am Lautsprecher ist es wichtig, die Einstellung ohne Frequenzgangkorrektur zu kennen.

Bei den vielen preisgünstigen digitalen Yamaha- und Mackie-Mischpulten gibt es keine "gehörrichtige" Lautstärkeregelung. Von den "Privaten" hört niemand mit der physiologischen Lautstärkeregelung ab.

Frage an die Beschäftigten der ARD: Wer hat an seinem Lautstärkeregler der Monitor-Kassette die "gehörrichtige" Abhörlautstärke eingebaut und hört damit ab?
Kann sich jemand über die oben erwähnten Klangvorteile beim leisen Abhören äußern?


Möglicherweise weiß man ja nicht, dass das was Dickreiter beschreibt in die Abhöre der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten eingebaut ist. Also bitte mal nachsehen.

Viele Grüße ebs
 
AW: 'Gehörrichtige' Lautstärkeregelung. Wird so etwas angewendet?

Hallo ebs,
ja, das gab es vor 20 bis 30 Jahren mal beim öffentlich-rechtlichen Rundfunk. Ich kenne es noch vom NDR. Leider erfreute es sich keiner Beliebtheit, weil es im Zusammenspiel mit der üblichen Klein + Hummel Abhöre immer "mumpfelte". Mir ist heute kein privater und auch kein öffentlich-rechtlicher Anbieter mehr bekannt, der sowas noch einbaut.
Grüße, Markus
 
AW: 'Gehörrichtige' Lautstärkeregelung. Wird so etwas angewendet?

Markus spricht einen Ansatz schon richtig an: Die sogenannte gehörrichtige Lautstärkekorrektur - man kennt sie noch von der Funktion der Loudness-Taste bzw. der Linear-Taste in umgekehrter Logik an Verstärkern - macht die Beurteilung von Klangereignissen sehr schwierig. Umso schwieriger wird sie, da durch künstliche Anhebungen oder Absenkungen das Gehör zur Adaptation gezwungen wird. Das Ergenis sind ständige Mißempfindungen vor allem bei wechselnden Lautstärken oder Wiedergabegeräten.

Auch technisch ist die Sache schwierig. Die Korrektur stimmt nicht, wenn Eingangspegel nicht konstant sind bzw. die Verhältnisse von Spitzenpegel und Durchschnittslautstärke schwanken. Auch müsste sie exakt auf die Abhöranlage ausgemessen sein, da unterschiedliche Lautsprecher oder gar Köpfhörer erhebliche Differenzen in Empfindlichkeit und Wirkungsgrad haben.
Im übrigen sind diese Schaltungen auch phasenkritisch und müssten unter erheblichem Aufwand zusätzliche Kompensierungen erhalten, um zum Beispiel die Stereophonie nicht zu beeinträchtigen, deren Wahrnehmung hörphysiologisch ohnehin durch die Bassanhebung bei niedrigen Lautstärken leidet.
 
AW: 'Gehörrichtige' Lautstärkeregelung. Wird so etwas angewendet?

Hallo ebs, das Thema hatten wir vor einigen Monaten am Rande eines Threads über Abhörlautsprecher. Sind einige Informationen zusammengekommen - hier ab Beitrag 70.

Grüße an den Wannsee ;)
 
AW: „Gehörrichtige“ Lautstärkeregelung; wird so etwas angewendet?

Es ist bei weitem keine 20 Jahre her dass beim NDR gehörrichtige Abhörlautstärkeregler verwendet wurden - siehe Link den Radiowaves dankenswerterweise eingebaut hat, da steht das meiste zum Thema.
 
AW: „Gehörrichtige“ Lautstärkeregelung; wird so etwas angewendet?

In den "Technischen Pflichtenheften" der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten in der Bundesrepublik Deutschland steht im Pflichtenheft 3/5 "Tonregieanlagen":
" ... Der Abhörregler soll ggf. gehörrichtig regeln. ..."
("ggf." von mir hervorgehoben)
(Ausgabe Oktober 1980, Abschnitt 2.3.24 oder Ausgabe 25.11.1969, Abschnitt 2.3.26.
Die rezenteste Ausgabe von Juli 1995 liegt mir leider nicht vor, aber vielleicht kann jemand darin nachsehen.)

Dieser Text ist dann so klar wie Hühnerbrühe. :wow:

Gruss

Jean
 
AW: „Gehörrichtige“ Lautstärkeregelung; wird so etwas angewendet?

Frage an die Beschäftigten der ARD: Wer hat an seinem Lautstärkeregler der Monitor-Kassette die "gehörrichtige" Abhörlautstärke eingebaut und hört damit ab?
Kann sich jemand über die oben erwähnten Klangvorteile beim leisen Abhören äußern?
Ich dachte das betrifft nur den Consumerbereich, mein Verstärker hat noch eine sog. "Loudness-Taste" :cool: Damit kann ich breitbandig hören ohne die Nachbarn zu stören.

Für den Studiobereich kann ich überhaupt keinen Sinn darin erkennen. Dort höre ich mit der angepassten Lautstärke ab wenn ich den Klang beurteilen soll. Ansonsten ist es eh' wurscht ....

Michael Dickreiter's Beschreibung ist wohl eher hy·po·the·tisch als praxisnah :rolleyes:
 
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