Greensill-Debakel: Gebührengelder versemmelt?

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Mannis Fan

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Der Weser-Kurier berichtet heute darüber, dass mehrere öffentlich-rechtliche Anstalten ihre Gelder bei der Pleitebank Greensill angelegt haben und nun darum bangen müssen, sie jemals wiederzusehen. Spiegel online fasst wie folgt zusammen:

 
Sehr schön. Erst wird Geld verplant, das man gar nicht hat (Gebührenerhöhung) und jetzt stellt sich heraus, dass möglicherweise Gelder der Bürger zweckentfremdet wurden für riskante Anlagen oder dubiose Aktiengeschäfte? So sieht vorausschauendes, verantwortungsvolles Wirtschaften aus. Und nach außen hin wird gejammert, wie eng der Gürtel sitzt. Hat man aus dem Fall Emig nichts gelernt?
 
Hat man aus dem Fall Emig nichts gelernt?

Wo ist denn die Parallele zwischen dem Fall Emig und einer Geldanlage bei der Greensill-Bank? Außerdem bitte den Artikel einmal genauer lesen:

Etwas anders ist das bei Anstalten des öffentlichen Rechts. Seit 1. Januar 2020 sind für solche Anstalten, zu denen auch die ARD-Sender gehören, Geldanlagen bei Privatbanken zwar nicht mehr grundsätzlich abgesichert. Dies gilt aber nur bei Laufzeiten von Investments über 18 Monate. Der NDR verweist laut »Weser Kurier« darauf, seine Anlagen hätten sich über kürzere Zeiträume erstreckt.
 
"Interessant!" - Muss die Bilanz des NDR neu geprüft werden?
und jetzt stellt sich heraus, dass möglicherweise Gelder der Bürger zweckentfremdet wurden für riskante Anlagen oder dubiose Aktiengeschäfte?
Geldanlage ist immer ein Risiko. Ich unterstelle NDR nicht, mit den Anlagen bei Greensill leichtfertig Gelder versenkt zu haben.
Die Situaton ist da: Welche Anlagesumme steht bei Greensill 'im Feuer'? - Welche Summe will/muss NDR im Programm einsparen?
 
Es ist etwas total normales und im Grunde auch sinnvolles, dass öffentlich-rechtliche Anstalten Geld anlegen.
Der Hintergrund: Beitragsperioden (also die Zeitspanne zwischen zwei Beitragsanpassungen) gehen immer mehrere Jahre lang. Die täglichen/laufenden Kosten für die Sender steigen trotzdem ständig und stetig (allgemein Teuerung oder Inflation genannt). Deshalb schöpfen die Anstalten in den ersten Jahren einer Beitragsperiode die Gelder, das sie zu Verfügung haben, oft nicht voll aus, sondern bilden Rücklagen, um dann am Ende der Beitragsperiode (weiterhin gleich hoher Beitrag, aber über Jahre angehäufte Inflation) nicht von steigenden Kosten überrollt zu werden.
Wer sich das klar macht, kommt zu dem Schluss, dass die Sender hier sinnvoll arbeiten, um nicht am Ende von Beitragsperioden hektisch Sparpakete schnüren und Programm kürzen zu müssen. Das ist im Sinne der Beitragszahler/-innen und Hörer/-innen.

Das andere ist das allgemeine Zinsniveau zur Zeit. Genau dasselbe Problem haben ja auch Kommunen. Und auch die waren wohl Kunden dieser Bremer Bank.
 
Hätten die Anstalten die Kohle vor einem Jahr in Bitcoin angelegt, könnten sie sich heute feiern lassen (Kurs praktisch verzehnfacht). Aber Zocken muß man sich auch leisten können - die berühmte Portokasse.
 
Welche Summe will/muss NDR im Programm einsparen?
Gar keine, da alle Anlagen des NDR bei der Bank über den Einlagesicherungsfonds abgesichert sind. Nach Auskunft des NDR sollen alle Termingelder bei Greensill kürzere Laufzeiten als 18 Monate haben, was für sie bedeutet, sie bekommen das Geld wieder zurück, auch wenn es auch noch etwas dauert mit der Auszahlung. Die Gelder sind Rückstellungen und werden nicht jetzt unmittelbar gebraucht.

Wer den Spiegel nicht lesen möchte:
 
Es ist etwas total normales und im Grunde auch sinnvolles, dass öffentlich-rechtliche Anstalten Geld anlegen.
Warum kann man das nicht wie jeder andere Bürger auch bei der örtlichen Raiffeisensparkasse?
Ich habe von dieser Bank noch nie zuvor etwas gehört, genau wie damals vorher keiner Lehmann kannte.
Warum müssen es solche Hochrisikogeschäfte sein? Ist das die Aufgabe der ARD-Anstalten?
Von einer Körperschaft des öffentlichen Rechts erwartet der Steuerzahler, dass sie verantwortungsbewusst mit seinem Geld, also Kapitalmasse der Allgemeinheit, umgeht!
 
Vielleicht weil die das beste Angebot hatten? Die Bank gibts seit knapp 100 Jahren und hieß bis vor paar Jahren NF Bank (Nordfinanz). Man konnte sie also durchaus als seriös einstufen. Die Umbenennung kam mit der Übernahme durch die britische Greensill Capital und die steuert jetzt wohl auf eine Insolvenz zu. Ursache dafür ist offenbar wiederum das Kappen der Beschäftsbeziehungen mehrerer Schweizer Banken zu Greensill. Den ÖR kann man in dem Dilemma keinerlei Vorwurf machen. Sie haben ihr Geld nur zur falschen Zeit zur falschen Bank gebracht. Da man aber offenbar alles auf Heller und Pfennig zurück bekommt, wars wohl nur das berühmte blaue Auge. Viel Wind um Nichts, denn das kann gerade in der heutigen Zeit nunmal jedem passieren. Ist leider so.
 
Hat jemand verfolgt, ob und wie die betroffenen Sender in ihrem Programm über die Bank und ggf. ihre eigene Betroffenheit berichten? Beim SWR habe ich noch nichts dazu gehört.
 
Hat jemand verfolgt, ob und wie die betroffenen Sender in ihrem Programm über die Bank und ggf. ihre eigene Betroffenheit berichten? Beim SWR habe ich noch nichts dazu gehört.

Der NDR ist auch betroffen und hat es heute in einem Nebensatz im Bericht über die Bank in der Tagesschau gesagt.
 
@muted leider ohne die Namen der Sender konkret zu nennen. Gut, die Tagesschau kommt vom NDR...
 
Zuletzt bearbeitet von einem Moderator:
Die Verbindlichkeiten der Bank werden nach den Bestimmungen des Statutes des Einlagensicherungsfonds geschützt. Dadurch sind Einlagen von natürlichen Personen und rechtsfähigen Stiftungen und damit deren Sicht-, Termin- und Spareinlagen sowie auf den Namen lautende Sparbriefe von Nichtbanken, bis zu einer Sicherungsgrenze von 74,964 Mio. EUR pro Einleger gesichert.

Mehr Geld pro Einleger gibt es also nicht zurück.
 
Wenn man heute in der Tagesschau aber verfolgt hat, wer dort wie viel Geld angelegt hat (man wird ja wohl kaum die Härtefälle im TV zeigen, wenn man selber ein viel größerer Härtefall ist), dann glaube ich kaum, dass die ÖR-Anstalten die Sicherungsgrenze von fast 75 Mio. EUR je Einleger gesprengt haben. Außerdem gilt die Grenze ja auch pro Gläubiger. Solange die Anstalten dort nicht über eine gemeinsame Gesellschaft (und das auch noch über einen Zeitraum >18 Monate, was der NDR ja schon verneinte) eingelegt haben, wäre das laut der obigen Quelle also pro Anstalt.

Vermutlich (kenne die Verträge nicht) ist der Schaden also gar nicht so groß, wie man vermuten könnte. Hat eine Anstalt <75 Mio. EUR über weniger als 18 Monate (und nach dem 1. Januar 2020?) investiert, sollte sie also 100% vom Einlagensicherungsfonds zurückbekommen.
 
Zuletzt bearbeitet von einem Moderator:
Zumindest der HR ist sehr transparent. Da die Stadtgemeinde hessisch Gießen auch davon betroffen ist, steht/stand seit Tagen im Videotext "Gießen bangt um eingelegtes Geld" oder so ähnlich.

Allein die Übernahme durch Engländer in Zeiten von Brexit hätte alle Alarmglocken müssen schrillen lassen! Wie kann man in diesen unsicheren Zeiten, wo nicht mal alle Handels-Formalitäten mit den Insulanern geklärt sind, Geld in einer britischen Bank einlagern? Da musste man doch damit rechnen, als Festland-Europäer möglicherweise irgendwann (evtl. als Sanktionen) nicht mehr an sein (bzw. das Geld der Beitragszahler) zu kommen. Selbst Offshore-Geschäfte auf den Kaymanns sind da seriöser :eek:

Wenn es wenigstens das Privatvermögen der Intendanten wäre...
 
Zuletzt bearbeitet:
Wenigstens jongliere ich nicht mit dem mir in naivem Glauben auf ein gutes Programm und ausgewogene
Berichterstattung anvertrauten Geld anderer Bürger oder veruntreue/verliere dieses möglicherweise sogar!

Was mittlerweile in einigen öffentlich-rechtlichen Körperschaften für ein Schlendrian eingezogen ist, schlimm.
 
Es ist etwas total normales und im Grunde auch sinnvolles, dass öffentlich-rechtliche Anstalten Geld anlegen.
Warum ist das normal? Die Anstalten sind kein auf Gewinn orientiertes Privatunternehmen.
Rücklagen kann man auch dadurch bilden, dass das Geld (anfangs) nicht ausgegeben wird. Aber muss oder darf das durch die Beitragszahlenden gezahlte Geld dann ggf. risikobehaftet mit Ziel der Gewinnmehrung angelegt werden?
 
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