Handmikrofon gesucht

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Pianist_Berlin

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Schönen guten Tag an alle Mitlesenden!

Vorbemerkung: Auch nach mehr als 20 Jahren Berufserfahrung steht man hin und wieder vor neuen Herausforderungen, die erstaunlich simpel klingen, aber im Detail dann doch anspruchsvoll sind.

Ich bin ja kein Radiomacher, sondern Filmer, lege aber schon immer großen Wert auf besten Ton. In aller Regel nehme ich meine O-Töne mit Menschen vor der Kamera so auf, dass ich kein Mikrofon im Bild habe. Dafür setze ich draußen in der Regel ein MKH 8060 im Korb mit Fell ein, und drinnen (und immer, wenn ich mit abgespeckter Technik unterwegs bin) ein KM 184 mit Rycote Softie. Beides jeweils an einer vdB-Angel. Klanglich alles hervorragend.

Nun kommt es gelegentlich vor, dass ich Filme drehe, die wie gewöhnliche Nachrichtenbeiträge aussehen, und die in relativ geräuscherfüllter Umgebung entstehen. Zu Gunsten einer guten Sprachverständlichkeit nehme ich es dann in Kauf, ein im Bild sichtbares Mikrofon mit Schaumstoff-Windschutz zu haben. Dafür nutze ich nicht nur reguläre schwarze Windschutze, sondern habe mir von Schulze-Brakel eine Sammlung von farbigen unbedruckten Windschutzen besorgt, die ich dann jeweils anhand der Farbwelt des Auftraggebers auswähle. In diesem Fall nutze ich seit einigen Jahren ein KMS 104. Das ist ja eigentlich ein Gesangsmikrofon für den Bühnen-Einsatz, aber so weit vom Anwendungsfall "handgehaltenes Reporter-Mikrofon" ist das ja nicht entfernt. Dachte ich mir.

Aber Pustekuchen: Sowohl mit dem Klang des Mikrofones als solches, aber auch mit der leichten Höhendämpfung der farbigen Schaumstoff-Windschutze bin ich nicht so richtig zufrieden. Im Prinzip wäre immer eine erhebliche nachträgliche Filterung nötig, für die ich in der schnellen Fertigstellung eigentlich keine Zeit habe.

Dann kommt noch hinzu, dass ich fast immer auch Redebeiträge aus örtlichen Anlagen in den Film schneide, und da sind dann meistens Elektret-Kondendatormikrofone wie das ME 36 im Einsatz, die extrem präsent sind. Dagegen klingt dann ein KMS 104 mit Schaumstoff-Windschutz total dumpf.

Lange Rede, kurzer Sinn: Ich suche das optimale handgehaltene Reporter-Mikrofon. Wäre ich beim Radio, würde ich ganz einfach mein MD 21 nehmen und klanglich total glücklich sein. Jetzt habe ich mal mein MD 441 mit Original-Schaumstoff-Windschutz probiert und finde das schon mal ziemlich überzeugend. Da kommt natürlich viel weniger Pegel raus als aus einem Kondensatormikrofon, so dass ich unter den Laborbedingungen meines ruhigen Techniklagers natürlich deutliches Rauschen höre, was im Realbetrieb sicher keine so große Rolle spielt.

Was käme denn noch für ein Nieren- oder Supernieren-Kondensatormikrofon in Frage, das vom Formfaktor her als handgehaltenes Reportermikrofon durchgeht, vielleicht sogar eine schaltbare Höhen-Anhebung hat und so aus 20 cm Abstand besprochen wird?

(und bitte ob dieser Frage nicht in Gelächter ausbrechen, manchmal sind die simpelsten Dinge am kompliziertesten)

Matthias
 
Zuletzt bearbeitet:
Hallo Matthias,

probiere doch mal ein Shure Beta 87A

https://www.thomann.de/de/shure_beta_87a.htm

Das sollte präsenter als das MD441 klingen und weniger rauschen. Bei Supernieren ist natürlich die korrekte Ausrichtung des Mikrofons nicht unerheblich. Erstaunlicherweise hat das Mikro einen relativ schwach ausgeprägten Nahbesprechungseffekt, was für Interviews positiv sein kann.

Aber auch von DPA gibt es etwas interessantes:

https://www.thomann.de/de/dpa_dfacto_ii.htm

Kostet natürlich gleich deutlich mehr. Aber sollte ein hoher Grenzschalldruck interessant sein, dann ist dieses Mikro als Universallösung (auch für Instrumente) nach meiner Meinung unschlagbar.

Beste Grüße, Björn
 
Mir persönlich ist das Bild egal, weil ich als Bürgerfunker nur dem guten Ton nachjage. Wenn es nicht zu sehr lärmt, nehme ich gern mein AKG C1000, das ja mit einem Einsatz im Korb auch etwas präsenter oder enger eingestellt werden kann. Allerdings taugt der Windschutz nicht viel; der MZW441 ist ein wenig zu groß für das C1000. Vielleicht kann man den mit ein wenig Klettband auf dem Mikrofonschaft fixieren.
 
In diesem Fall nutze ich seit einigen Jahren ein KMS 104. [...] Sowohl mit dem Klang des Mikrofones als solches, aber auch mit der leichten Höhendämpfung der farbigen Schaumstoff-Windschutze bin ich nicht so richtig zufrieden.
Das verwundert mich insofern, dass ich ein KMS 105, also die Superniere, für Hörfunkaußeneinsätze als Sprechermikrofon verwende. Der Unterschied zum 104er sollte ja nicht so exorbitant groß sein - auch ohne Filterung habe ich es nie als Dumpf empfunden, eher noch etwas „brillianter“ als ein MD 441 (mit entsprechender Schalterstellung zur Höhenanhebubg).
Wobei wir natürlich näher besprechen als es bei einem typischen TV-Aufsager der Fall ist.

Das MD 441 habe ich für diverse Einsätze irgendwann gegen das Neumann getauscht, da bei schmal gepackter Ausrüstung mit einfachem Audiointerface der Vorverstärker nicht hinterher kam und ich immer einen separaten Vorverstärker mitnehmen musste, ansonsten wäre ich schon glücklich gewesen.

Was sich in Interviewsituationen als sehr präsent bewährt hat ist das Sennheiser K6-System, meistens mit ME65-Kapsel (Niere). Das ist auch in etwa die „gehobene“ Mikrofonausstattung, die beim DRadio verwendet wird.
 
ME80/K3 war mein allererstes Richtrohr vor mehr als 20 Jahren, danach dann ein ME66/K6. Irgendwann habe ich mich jedoch von allen Elektret-Mikrofonen verabschiedet. Dann kam ein MKH 60, welches seit zehn Jahren als Kameramikrofon an meiner Ikegami dient. Als ich das MKH 60 gekauft habe, gab es gerade kein MKH 416. Das hatte Sennheiser komplett aus dem Programm genommen, allerdings war die Entrüstung so groß, dass sie es kurz darauf wieder gebaut haben. Das ist die Begründung, warum ich nie ein MKH 416 besessen habe.

Was es offensichtlich jedoch nicht mehr neu zu kaufen gibt, ist die Schwinghalterung MZS 415. Da habe ich jetzt eine schwarze bei eBay gefunden. Und deshalb habe ich soeben das typischste aller Richtrohre, das MKH 416, bestellt. Wenn man das in die Schwinghalterung montiert und nur die Schwinghalterung anfässt, kann man das gut in der Hand halten, was beim MKH 8060 aufgrund der geringen Größe nicht geht. Ein schwarzer Windschutz ist im Lieferumfang, und dann lasse ich mir noch ein paar farbige Langwindschutze schicken, möglichst durchgefärbt statt beflockt, wegen des besseren Klanges.

Matthias
 
ME80/K3 war mein allererstes Richtrohr vor mehr als 20 Jahren, danach dann ein ME66/K6. Irgendwann habe ich mich jedoch von allen Elektret-Mikrofonen verabschiedet.
Was nachvollziehbar ist, für ein Elektretmikrofone ist diese Serie aber gar nicht mal schlecht. Und im Klangbild durchaus präsent.

Und deshalb habe ich soeben das typischste aller Richtrohre, das MKH 416, bestellt. Wenn man das in die Schwinghalterung montiert und nur die Schwinghalterung anfässt, kann man das gut in der Hand halten
Ich würde mal behaupten, dass das sogar ohne entkoppele Halterung geht, wenn man nicht ganz nervöse Finger hat. Ruhig halten sollte man es aufgrund der Richtwirkung ja ohnehin.

Bisher habe ich das MKH 416 für Radioanwendungen nur an der Angel genutzt, falls man aus der Menschentraube heraus an den O-Ton muss.
Bei einem schnell durchgeführten und deshalb nicht sehr aussagekräftigem Test empfand ich den mitgelieferten Windschutzscheibe als brauchbar, aber nicht so effizient wie einen ö/r-gebrabdeten Schulze (ebenfalls durchgefärbt mit aufgefockrem Senderlogo).
Interviewsituationen machen wir normalerweise mit MD 421 oder MD 21, auch mit dem KMS 105 war ich mal draußen, hat sehr schöne Töne in akustisch schwieriger Ungebung gebracht (langer Tunnel mit viel Krach).
Oder die Kolleginnen und Kollegen greifen zu Flashmic oder iXm, klanglich kommen beide meines Erachtens aber nicht an ein korrekt gehaltenes MD 421 an einem gescheiten Rekorder ran.
Halb-OT: In einem älteren Faden hier habe ich auch mal mit Schrecken Festgestellt, dass einige das iPhone-eigene Mikrofon für ausreichend halten.
Für das, was es ist, ist es sicher nicht schlecht, aber ernsthafte Radioanwendung... da sind Welten zu einem Reportagemikrofon. Im Havariefall aber besser als nix.

Bei den Neumann-Bühnenmikrofonen wirkt sich wohl der Kompromiss der Rückkopplungsunempfindlichkeit negativ auf die „Brillianz“ bei entfernterer Besprechung aus - absolut Verständlich, wenn man vom eigentlichen Einsatzzweck ausgeht.
Da man für mein Empfinden heute im Hörfunk aber sowieso eher zu nah bespricht haben wir das Problem nicht, vielmehr häufig ein „kannst Du mal ein bisschen weiter weg...“.
 
Habe u.a. auch das KMS104 und bin sehr zufrieden damit. Das Mikro ist an die Sprache angepasst und daher für Musik ungeeignet, braucht aber keinen Windschutz mehr.

Alle Schaumstoff-Windschütze nehmen Präsenz und Pegel weg und sind daher ungeeignet und ältere versauen sogar den Kapselaufbau mit Krümelwerk!

Das MD421 halte ich für das beste Universalmikrofon; vom Klang der Sprache über Musik klingt alles völlig natürlich!

Das MD441 ist Mittenbetont und unterdrück den Tieftonbereich, ist also auch nur bedingt für Musikabnahme geeignet, aber hervorragend bei Sprache, Schlagzeugabnahme und Blechinstrumenten!

Wie wäre es mit einem kugelförmigen Windschutz von Schoeps oder Gefell mit einem KM184 darunter?

Von Shure halte ich wenig, das ist bei meinem Test durchgefallen aufgrund geringem Ausgangspegel und Verfälschung des Klangbildes. Bei lauten Schallereignissen widerum und Bühnenabnahme völlig in Ordnung.

Vorsicht ist beim Kauf älterer Mikrofone geboten, da bei feuchter Lagerung oder "Nassbesprechung" der Magnet rosten und die bewegliche Kapselmembran mit Induktionsspule dynamischer Mikrofone irgendwann blockieren kann.
Diese Mikros zerren, sind sehr leise und werden gerne in iiBäh als ungeprüft teuer entsorgt, uffpasse!!
 
Lange Rede, kurzer Sinn: Ich suche das optimale handgehaltene Reporter-Mikrofon. Wäre ich beim Radio, würde ich ganz einfach mein MD 21 nehmen und klanglich total glücklich sein. Jetzt habe ich mal mein MD 441 mit Original-Schaumstoff-Windschutz probiert und finde das schon mal ziemlich überzeugend. Da kommt natürlich viel weniger Pegel raus als aus einem Kondensatormikrofon, so dass ich unter den Laborbedingungen meines ruhigen Techniklagers natürlich deutliches Rauschen höre, was im Realbetrieb sicher keine so große Rolle spielt.

Wer verwendet denn noch ein MD21 beim Radio? Ich kenne niemanden...

Von einer Videoreporter-Schulung liegt bei mir noch ein Beyerdynamic MCE 87N(C)S in der Ecke. Das habe ich zeitweise auch als reguläres Reportermikrofon verwendet. Vorteil: Schön groß und stark gerichtet. Außerdem habe ich einen passenden Windschutz dafür.

Schönes Teil. Die Zeiten haben sich aber geändert. Im Radiobereich gibt's fast nur noch Handheld-Recorder. Oder gleich ein Mic für's iPhone.
 
Wer verwendet denn noch ein MD21 beim Radio? Ich kenne niemanden...
Beobachtungen - oder selbst schon gemacht: Die ARD hier und dort, vor allem im Ausland. Kugeln generell sind bei unseren westlichen Nachbarn sehr beliebt.
NOS (die Korrespondenten von Radio 1) —> MD 21
RTBF —> MD 21 oder Nagra-Aufsteckkapsel in Kugelcharakteristik
VRT —> Flashmic/iXm als Kugel
Radio France —> Kugel von LEM, vergleichbar mit MD 21
RTL France, BEL RTL, RTL LU —> MD 21, LEM oder Flashmic/iXm als Kugel.
Europe 1 —> LEM oder Flashmic/iXm als Kugel

Überm großen Teich: quer durch die USA bei Fernsehen und Radio häufig dynamische EV oder Shure in Kugelcharakteristik. Gerne mit langem Schaft und relativ kleinem Einsprechkorb. Kennung kommt dann als “MIC Flag” drunter, häufig keinerlei Windschutz.

Nierenverrückt sind eigentlich nur die Briten und die Deutschen ;)

Generell sind Kugeln zum Reportageeinsatz gar nicht mal verkehrt, da Griffgeräuschunempfindlich, bei Nahbesprechung unempfindlich gegen Ploppen, können auch mit Rumpeln, Wind und hohem Schalldruck gut.

Wer’s ganz genau machen will kann ja ne Kugel und etwas gerichtetes mitnehmen...

Bei allem keuligem finde ich es recht schwierig, den Gesprächspartner mit konstantem Klangbild aufzunehmen, wenn man normalen, interviewtypischen Besprechungsabstand einhält. Vor allem, wenn man es mit einem richtigen Zappelphilipp zu tun hat.

Jegliches Reportagemikrofon funktioniert mit passendem Interface übrigens auch hervorragend am iPhone - das dürfte qualitativ auch besser sein, als die ganzen günstigen Mikrofone, die direkt an Lightning angeschlossen werden.
 
Generell sind Kugeln zum Reportageeinsatz gar nicht mal verkehrt, da Griffgeräuschunempfindlich, bei Nahbesprechung unempfindlich gegen Ploppen, können auch mit Rumpeln, Wind und hohem Schalldruck gut.

Ich habe hier einen recht guten Überblick über das verwendete Equipment in meiner Abteilung. Und hier übernehmen die Handheld-Recorder gerade die "Macht". Einige ältere Reporter setzen noch auf die Marantz-SD-Recorder mit irgendeinem Mikrofon, aber die Geräte sterben langsam aus.

Man sollte auch nicht vergessen: Reporter sind in der Regel freie Mitarbeiter. Sie bekommen kein Equipment gestellt. Sie kaufen sich also das, was von den Kollegen empfohlen wird und nicht allzu teuer ist. Mehr als 300 oder 400 Euro gibt niemand freiwillig aus.
 
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