Markus Lanz hat nur ein einziges Problem, er hört sich selbst leider zu gerne reden. Wenn ich in einer Runde sitze mit Promi XY oder Experte Z, muss ich als Moderator nicht alles bis ins kleinste Detail erklären, denn in der Runde selbst weiß man zumeist was gemeint ist. Und der geneigte Zuschauer weiss es in der Regel auch, ansonsten würde er nicht zuschauen. Und wenn es dann tatsächlich was zu erklären gibt, sollte man das von den Gästen machen lassen und nicht im Gestus "Hört wie gut ich mich vorbereitet habe" selber tun. Ausserdem läßt Lanz seine Gäste selten ausreden. Er grätscht zu oft, meist völlig unnötig rein, was jeden Gesprächsfluss zu Fall bringt.
Es gibt für all das auch ein paar schöne Beispiele. Das legendäre erste Interview mit Sarah Wagenknecht zum Beispiel, wo Lanz hinterher medial regelrecht Prügel für bekommen hat, weil er augenscheinlich kein Interview führen wollte, sondern die Wagenknecht vorführen, was ihm wiederum nicht gelingen wollte. Oder man schaue sich das Interview mit Kevin Kühnert und Guido Reil an. Da merkt man Kühnert irgendwann auch an, dass er nicht so recht weiß wovon er mehr genervt sein soll, der skurillen Gesprächsführung von Lanz oder von dem Stuss den Reil von sich gibt. Lanz' Interview mit Klaus von Dohnanyi und Giovanni di Lorenzo ist auch so eine Sache, wo di Lorenzo irgendwann ungewollt die Gesichtszüge entgleiten, weil er von Lanz augenscheinlich genervt ist. Man könnte das beliebig fortsetzen. Lanz fehlt das Gespür fürs Timing, wo man Gesprächspartnern auch mal die Zeit einräumen muss, Gedankengänge zu Ende zu bringen.
Nun muss man zur Ehrenrettung von Lanz zwingend dazu sagen, dass das in den letzten Jahren schon besser geworden ist. Er macht diese Talks ja nicht erst seit gestern. Man merkt ihm aber leider trotzdem immer noch zu oft an, ob ihn ein Gast oder ein Thema wirklich interessiert oder nicht. Sich bei solchen Talks in den richtigen Momenten auch mal zurücknehmen und die Gäste einfach machen lassen, ist eine große Kunst, die allerdings nicht nur Lanz nicht beherrscht. Das von der Idee her aus meiner Sicht sehr gelungene Talkformat "Schulz & Böhmermann", was leider nicht über zwei Staffeln hinaus kam, litt unter einem ähnlichen Problem - dem furchtbaren Selbstdarstellungstrieb von Olli Schulz. Dem gehts in Sachen Talk nämlich ähnlich wie Lanz.