Hilfe - Entwicklung von Formaten

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Geheimtipp

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Kennt jmd einen guten Tipp/Link wo ich Infos über die Entwicklung des Mainstreamformate wie z.B. CHR herbekomme? Bestenfalls weiss jmd wie sich das Format über die Jahre verändert hat?
 
moin, moin,
geheimtipp.
hier bekommst du jetzt selbigen: lese das goldhammerbuch "formatradio". dort wird die gesamte formatradio historie beschrieben.

liest sich gut das buch und eigentlich sollte es jeder, der mit radio zu tun hat, sich dieses buch einmal "reingezogen" haben. weitere buchtipps (und direkte bestelllinks)unter www.mediaonwork.de.

viels spass (herr goldhammer, die provision bitte auf folgendes konto...).
 
Danke, honk...werd da gleich mal nachforschen
wink.gif
 
Wenn hier schon Goldhammer als Literatur zum Foramtradio empfohlen wird, darf auf keinen Fall die Variante von Oliver Kalkove fehlen. Die trifft´s nämlich. Ansonsten, aber m.E. wirklich zum Abgewöhnen: Die zehn Radiogeheimnisse von Kreklau & Fitzek. Danach schätzt Du den Artikel von Kalkove umso mehr.
 
AdamCurry, kannst Du mir bitte nochmal genauere Infos zu der Kalkove-Geschichte nennen - ich finde dazu nämlich nichts! DANKE!!!
 
Hi!

Hab den Text von Kalkofe irgendwo und such mal. Vielleicht hilft zwischendurch auch ein Logbuch von Herrn Wischmeyer zum selben Thema...

Wischmeyers Logbuch:
Wer sich ein Ohr abschneidet, Gewinnt hundert Mark

Abschied vom Radio

Im Radio des ausgehenden Jahrtausends wird die mühsam errungene
Kulturstufe der Menschheit täglich 24 Stunden lang negiert. Unbemerkt
haben sich verbrecherische Kräfte des Hörfunks bemächtigt und die
Königin des Äthers in eine Sickergrube verwandelt. Sogenannte
Moderatoren spucken elliptische Satzrümpfe in die Mikrophone, deren
Ähnlichkeit mit deutscher Sprache auf purem Zufall beruhen. Inhaltlich
geht es entweder um Gewinnspiele oder um die Penetrierung des "Claims".
Damit meinen die Schurken in den Formatradios einen Slogan, der
fünfzigmal pro Stunde in die Köpfe der Hörer geprügelt werden muß. "Der
beste Oldie-Mix und die Superhits der 80er und 90er Jahre mit mehr
Abwechslung" ist so ein typischer "Claim", der allerdings auch durch
pausenlose Wiederholung nicht an poetischer Kraft gewinnt. Wenn also das
moderne Radio schon nicht mehr zu uns spricht, bleibt ja noch die Musik.
Doch auch in der Plattenküche ist Schmalhans Küchenchef. Von mehreren
hunderttausend spielbaren Popsongs sucht sich der Formatgestalter die
dreihundert langweiligsten aus und nudelt sie durch seine "hot
rotation". Kaum glaubt man eine langweilige Balade überwunden, quillt
dieselbe nölige Lala schon wieder aus dem Lautsprecher. Einzige
Bedingung an einen Radiotitel ist dessen über Jahre ausgewiesene
Mittelmäßigkeit. Formatradio ist Fast food fürs Ohr: Es schmeckt nicht
richtig ekelig, aber eben auch nicht gut. Warum tun Menschen so was,
warum gehen sie keinen anständigen Gewerbe nach, machen einen
Minnibagger-Verleih auf oder füllen Kondomautomaten nach? Weil im
Werbeumfeldradio natürlich eine menge Geld verdient wird. Nicht an der
Front, wo die armen Würstchen arbeiten, sondern da, wo die Besitzer die
Coupons schneiden. Ist ja auch nix dagegen zu sagen: Mäuse machen im
Mittelmaß. Die allermeisten Konsumprodukte heute auf dem Markt sind
Schund, warum sollten ausgerechnet Radioprogramme besser sein? Weil es
auf diesem Markt kein freies Zutrittsrecht gibt. Da darf nicht jeder
einfach seinen Mumpitz in den Äther husten und damit Kohle machen.
Radiofrequenzen stehen entweder unter öffentlich-rechtlicher Verwaltung
oder werden aus Lizensen vergeben. Über die Vergabe und Kontrolle
befindet die Landesmedienanstalt. Die Ergebnisse sind erschütternd: So
nimmt der länderübergreifender Konzentrationsprozeß unter den
Radiosendern zu, bundesweit hört sich alles gleich an, und die
Lizensnehmer tanzen den Kontrollorganen auf der Nase herum. Da wird die
Frequenz für eine Jazzwelle vergeben, dich sich über nacht in ein
08/15-Popformat wandelt, und niemand stört sich dran. Da werden Werbung
und redaktionelle Beiträge überall frechdurchmischt, und niemand greift
ein. Von allem weis der normale Hörer natürlich nichts, nur eines ahnt
auch er: Täglich gibt ihm das Radio zu verstehen, daß er bestenfalls ein
gescheiterterHilfsschüler ist, der sich durch primitive Gewinnspiele
ködern läßt und kein Wert auf intelligente Ansprache legt. Die weltweit
operierende Formatmafia hat das Radio in ein Jukmedium verwandelt. Und
weil die Radioschaffenden tief im Inneren ahnen, welches Geschäfft sie
da betreiben, tuen sie ihr banales Wirken mit allerlei Gefasel aus der
Marktforschung. Und weil im Radio Herr Kaiser seine neuen Kleider trägt,
muß der Angestellte mit trendigem Vokabular aushelfen: Der Wortbeitrag
wird zum "event", der Programmhinweis zum "preseller", der Schmierzettel
zur "linercard", und uralt Witze zwischendurch sichern die
"Fun-Kompetenz". Um nun komplett sicherzugehen, daß einem darantiert
nichts Neues eingefallen ist, wird jeder Musiktitel, jede
Moderationsstimme "getestet", d.h. einer Zufallshorde als 15-Sekünder um
die Ohren gehauen. Und wenn man dann alle getesteten Programmelemente
beisammen hat, dürfen sie immer noch nicht ausgestrahlt werden. Wie der
Teufel das Weihwasser scheut der Formatradiot das "trockene Wort". Wenn
Sprache droht, wird an- und abgejingelt und im Verlauf monotone
Scheppermusik druntergequirlt. Wem das alles nicht längst zu den Ohren
wieder rausgekommen ist, der gehört zu den 85% der Befölkerung, die sich
genau dises Radio täglich anhören. Das ist die andere Seite der
Wahrheit. Schade ist es nur um ein wundervolles, einfaches Medium, das
unseren Geist mehr beflügeln könnte als das dumme, teure Fernsehen.

Gruss,
Olli
 
So, hab was gefunden, war sicher dieser Artikel oder?

Was ist Formatradio?

von Oliver Kalkofe

Einen wunderschönen Tag! Sie lesen Ihre Hit-Kolumne mit den Superworten der 80er und 90er. Viel Spaß und allzeit Sonne im Nacken bei jedem Wetter und den geilsten Ortstemperaturen der letzten 2000 Jahre ! Na, war dieses Intro nicht cool ? Also, ich persönlich fand es richtig scheiße, aber wenn man den gewitzten Medienprofis der modernen Hit-and Fun-Rundfunkanstalten glauben mag, so sollte es Ihnen eigentlich supergut gefallen haben, oder ? Falls doch nicht, dann haben Sie es wahrscheinlich nur nicht oft gelesen - probieren Sie doch mal, die Sätze mehrfach stündlich vor sich hin zu sprechen oder im Drei-Minuten-Takt laut und lustig vorlesen zu lassen! Klingt blöd, müßte aber klappen - schließlich funktioniert heute beinahe der komplette Radiomarkt nach diesem Muster! "Wenn man die gleiche Scheiße nur oft genug wiederholt, dann hört Sie irgendwann auf zu stinken!" lautet die pfiffige Theorie der Verantwortlichen dahinter. Und da der Hörer aus Ihrer Sicht ohnehin bescheuert ist, muß man ihn nur solange mit formatierter falscher Fröhlichkeit auf die Eier gehen, bis seine letzten noch aktiven Denkzellen in der Rübe freiwillig den Löffel abgeben. In der Praxis funktioniert daß folgendermaßen: erstens Reduktion des Moderatoren-Wortschatzes auf den eins mäßig begabten Dreijährigen, zweitens das unverschämt dreiste Abnudeln einer sich niemals ändernden Musikauslegeware und drittens die so penetrant häufig in den Äther geblähte Behauptung, einfach der megageilste Möderlullen-Schuppen aller Zeiten zu sein, bis sich keiner mehr zu widersprechen traut!

Das Endziel ist es schon längst nicht mehr, seine Konsumenten zu unterhalten, sondern vielmehr das so lange gnadenlose Einpeitschen der jeweiligen selbstrefentiellen Werbesprüche, bis auch der letzte Trottel fehlerfrei im Delirium aufsagen kann, welche Superhits aus welchem Jahrzehnt bei welchen Temperaturen auf welchen Sender laufen, und ob er dabei viel Spaß, gute Fahrt oder mehr Abwechslung versprochen bekommt!

Akzeptieren wir die Realität: Das kreative Radio von einst befindet sich in der Gewalt von Machern, die für dieses Medium und sein Publikum nur noch eine Mischung aus Gleichgültigkeit, Haß und Verachtung empfinden. Aber bevor es Ihnen nicht gelungen ist, daß jeder Tag klingt wie seine eigene Wiederholung, und wir bereit sind, das ewige Rauschen der Leere zwischen Ihren Ohren für einen Superhit zu halten, werden Sie Ihre Geisel nicht freigeben. In diesem Sinne - gute Unterhaltung. Und herzliches Beileid.

Gruss,
Olli
 
Hi,

nette Sache diese Texte hier!
Dankeschön :)

Ich bin eigentlich auch ein Gegner des Formatradios, zumindest, wie es in Deutschland praktiziert wird.

Hier meinen immer wieder Leute, sie würden es anders machen. Wie?
Nennt mir mal ne Idee, wie ein Privatsender erfolgreich Geld scheffeln sollte, um tragbar zu sein, ohne die Masse der Hörer, also ohne die, die so blöd sind, dass Ihnen genau das deutsche Formatradio gefällt mit all dem geclaime und allem.
Ich kenne leider auch genügend Leute, die sagen, sie finden das cool und das klingt doch geil usw.

Niveau halten ja in gewisser Weise nur noch die öffentlich-rechtlichen, aber das wohl auch nur, weil sie nicht komplett auf die dümmsten Hörer angewiesen sind, die für die Werbeeinnahmen sorgen...

Tja, wie also könnte man es anders machen?
Ich würds nämlich gern...
 
@vollolli:
Der Text von Wischmeyer bringt die Sache noch mehr auf den Punkt als der von Kalkove. Aber trotzdem steht in beiden genau das gleiche, was ich schon 1990 einmal als Märchen nieder geschrieben habe. Wenn's nicht so traurig wäre, würde ich jetzt lachen
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