Historie von ARD-"Nachtexpress" und -"Radiowecker"

OnkelOtto: Nachtexpress...Hansen...ich lese jetzt gerade, er verabschiedete sich bereits 1984. Hieß es damals tatsächlich schon Nachtexpress? Ich war immer der Meinung, der wurde erst 1985 auf die Schiene gebracht und vorher düdelte "Bis zwei dabei" und danach die "Musik bis zum frühen Morgen" quer durch alle Wellen...ich mag mich aber auch täuschen.
 
Der ARD-Nachtexpress mit anschließendem Radiowecker wurde tatsächlich schon im Dezember 1983 eingeführt. So ist es zumindest im einstigen "ABC der ARD" nachzulesen, was im Internetkeller noch abrufbar ist. Braucht etwas bis es geladen ist.
https://web.archive.org/web/2011062...657492/1b8ttoj/index.html#abcListItem_1657492
In der aktuellen ARD-Chronik taucht diese Angabe allerdings nicht mehr auf.
http://web.ard.de/ard-chronik/search?suche=Nachtexpress

Dafür dürfte mit letzterem Link aber geklärt sein, ab wann Nachtexpress und Radiowecker auch über die Ostwellen funkte. Laut dem dortigen Angaben ab Oktober 90.
>> Über den SFB werden die fünf Hörfunk-Stationen in Ost- und Mitteldeutschland ab Oktober auch mit dem "ARD-Nachtexpress" und dem "ARD-Radiowecker" versorgt. Für den Bereich von Radio Mecklenburg-Vorpommern übernimmt die NDR-Werbetochter NWF die Hörfunk-Werbeakquisition. Ab 4.10.1990 strahlt die "Ferienwelle" von Radio Mecklenburg-Vorpommern große Teile des NDR-2-Programms aus. Auch der HR regelt im September die bereits seit Ende 1989 gepflegte Zusammenarbeit mit dem Thüringer Rundfunk vertraglich. Neben einem Werbeakquisitionsvertrag vereinbaren HR und Thüringer Rundfunk ein gemeinsames Abendprogramm für hr 4 und hr 1. An drei Tagen in der Woche kommt das Gemeinschaftsprogramm aus dem Funkhaus des Thüringer Rundfunks in Weimar, an den übrigen vier Tagen aus dem HR-Funkhaus in Frankfurt. <<
 
Zuletzt bearbeitet:
Okay, dann war er noch kurze Zeit Expressführer. Da ich seinerzeit erst 8 Jahre jung war, kenne ich die Vorgängersendungen nur aus den Programmheften, um diese nächtliche Zeit war ich im Reich der Träume. Gibt es Mitschnitte?
 
Naja, der alte Hansen hat den "Nachtexpress" in den 50ern mit ins Leben gerufen. Ich darf mal aus einem Dossier zitieren, das er bei seiner Pensionierung dem hier Schreibenden übergab (nix Geheimes):

Anfang 1959 beschlossen die Intendanten der in der ARD zusammengeschlossenen Rundfunkanstalten, ein gemeinsames Nachtprogramm auszustrahlen, das an die Stelle der nächtlichen Sendepause in der Bundesrepublik treten sollte. Jede Rundfunkanstalt bekam eine Nacht zugewiesen, in der sie als programmgebende Station auch für die anderen Sender das Nachtprogramm gestalten sollte. Man wollte damit vor allem ein Gegengewicht schaffen zu den mit Propaganda durchsetzten Nachtsendungen der Sowjetzonensender, die bis dahin als einzige deutschsprachige Sender jede Nacht im Äther waren. Eine Untersuchung hatte zudem ergeben, daß die Zahl der Menschen, die nachts arbeiten, ständig zunahm, und daß gerade die Nachtarbeiter viel mehr und intensiver Radio hören, als die am Tage Beschäftigten.

Am 1. Juli 1959 begannen die Nachtsendungen der Sender in der Bundesrepublik. Der Hessische Rundfunk bekam die Nacht vom Dienstag zum Mittwoch zugewiesen. Der Leiter der Hauptabteilung Unterhaltung, Werner Jaspert, übertrug mir die Aufgabe, die Nachtsendungen des Hessischen Rundfunks textlich zu gestalten und als Sprecher zu betreuen. Werner Jaspert hatte dabei die Vorstellung, daß der Sprecher die Nachthörer mit kleinen Plaudereien und aufmunternden Bemerkungen durch die Nacht begleiten müsse. Die musikalische Zusammenstellung der Sendung übertrug er ab August 1959 Fritz Kullmann, der damals noch freiberuflich für den Hessischen Rundfunk tätig war, und der als Konzertpianist einen bekannten Namen hatte. Als allgemeine Richtlinie hatten die Intendanten ein unterhaltendes Musikprogramm empfohlen, die Gestaltung blieb jedem Sender selbst überlassen.


Bei einer nächtlichen Bahnfahrt im Frühjahr 1960 kam mir dann die Idee, die Nachtsendung als „Reise durch die Nacht“ in einem „Nachtexpress“ aufzuziehen, wobei der Hessische Rundfunk als programmgebender Sender die Lokomotive darstellen sollte, während die angeschlossenen Sender als „Kurswagen“ bezeichnet werden konnten. So entstand der „Nachtexpress aus Frankfurt“, wie ich meine Nachtsendung seit August 1960 nenne.
 
Diese Art, inhaltlich zu arbeiten, war ja gang und gäbe. Es gab ja in diesen Zeiten keine zuliefernde Wort-Redaktion oder gar Linercard-Sprech. Jeder Unterhaltungsmoderator war für die Inhalte seiner Sendung fast immer komplett alleine verantwortlich. Vor allem in der Nacht.
 
Oh, dann hat Herr Hansen also den Nachtexpress erfunden, der offiziell dann erst 24 Jahre später so getauft wurde, kurz vor seinem Ausscheiden. Danke, Onkel Otto, wusste ich noch nicht. Man lernt doch immer wieder dazu hier. Musiksendungen im Conferncier-Stil waren früher an der Tagesordnung. Beim Südfunk Stuttgart konnten das auch einige sehr gut, Günter Verdin zum Beispiel und Fred Metzler oder der unvergessene Norbert Scheumann. Ich darf noch mal auf dieses Tondukoment verweisen. Und während des ganzen kompletten einstündigen Mitschnittes kein einziges Jingle und ähnliches Element, die einzige Station-ID erfolgte nach dem Hinztriller bei den Verkehrshinweisen Früher war nicht alles besser, aber (nicht nur) im Radio war es doch oftmals um einiges Gemütlicher.
 
Zuletzt bearbeitet:
Hach, welch sprachlich köstliche Vorträge.

Man verzeihe mir, wenn ich zu nachtschlafender Stunde, aber abseits des hiesigen Nacht-Thematas auf einen Ansager/Moderator hinweise, dessen geschliffene Sprache und dessen Witz im Umgang mit selbiger unübertroffen war: Felix Knemöller. Wer sich für heitere 55 Minuten Zeit nehmen möchte, höre dieses RIAS-Portrait über Knemöller mit seiner Moderation, die er selber als "gehobene Albernheit mit kleinem Tiefgang" bezeichnete. Wünsche etliche Schmunzler beim Hören.
 

Ähnliche Themen

Zurück
Oben