Historisch: Stereoversuchsaufnahmen der RRG

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senderweimar

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Die Reichsrundfunkgesellschaft hat zwischen 1943 und 1945 Versuchs-
aufnahmen in Stereo gemacht. An die 200 Stück sollen es gewesen sein.
Überlebt haben ganze 5 Aufnahmen.
Nachdem ich in Besitz von Kopien solcher Aufnahmen gekommen bin
interessiert mich, wie diese Aufnahmen technisch realisiert worden.
Ausserdem ist die Nachkriegsodysee der Bänder bestimmt auch interessant.
Vielleicht finden sich ja ein paar Informationen hier zusammen !
 
AW: Historisch: Stereoversuchsaufnahmen der RRG

Hochinteressant, soweit ich mich erinnern kann (an was gelesenes — sooo alt bin ich nu auch nicht :)), hatte man für diese Versuchssendungen tatsächlich zwei Frequenzen parallel genutzt. Das Programm muß wohl live gesendet worden sein, von so frühen Mehrspurmaschinen habe noch nie was gehört. Was ist denn drauf auf Deinen Aufnahmen und wie klingen sie so?

Gruß TSD

- Korrigiert mich, wenn ich Unsinn erzähle... :cool:
 
AW: Historisch: Stereoversuchsaufnahmen der RRG

Das stimmt tatsächlich - die ersten Stereoaussendungen wurden einfach auf 2 Frequenzen ausgestrahlt (am Berliner Funkturm wurden beispielweise derartige Versuche unternommen), das Multiplexsystem kam ja erst viel später. Wenn es damals aber noch keine Mehrspurmaschinen gegeben haben soll, frage ich mich, wie dann die Aufnahmen von senderweimar zustande kamen...
 
AW: Historisch: Stereoversuchsaufnahmen der RRG

Die Aufnahmen selber wurden auf einer umgebauten AEG K7 gemacht, und zwar AFAIR mit etwas breiteren Bändern als die später üblichen. Als man die historischen Aufnahmen entdeckte (einige waren gut erhalten in einem russischen Rundfunkarchiv aufgetaucht, wohin sie offenbar als Beute abrückender Rotarmisten kamen), mußte man zum Umschneiden wohl auf eine bei der BASF geliehene Maschine mit anderen mechanischen Parametern zurückgreifen. Ich will jetzt aber keinen Mist erzählen, sondern verweise auf einen Artikel in einer alten Ausgabe der Stereoplay, dessen ich jetzt, da er in Gera in der Garage meiner Eltern liegt, nicht habhaft werden kann. Quelle muß ich also übernächste Woche nachliefern, wenn ichs bis Gera nicht vergessen habe, nachzuschlagen.

Vgl. auch
http://www.aes.org/aeshc/books+vids/pre-1943.mag.hist.html
http://www.aes.org/e-lib/browse.cfm?elib=6630
http://www.theimann.com/Analog/History/100_Jahre/
http://www.tonbandwelt.de/texte/band/pdf/langzeitlager.pdf
 
AW: Historisch: Stereoversuchsaufnahmen der RRG

@Radiowaves: Dank für die Links !
Ich habe auch noch ein paar Infos ausgegraben.

Technische Realisierung der Aufnahmen:
3 Neumann-Kondensatormikrofone
2x Aufnahmeverstärker V7b
2x Wiedergabeverstärker V5 (verbesserte Version v. 1942)
AEG Magnetophon K7 (modifiziert) mit Zweispur-Tonkopf, 77cm/s
Monitoring mit O15a (Eckmiller-Lautsprecher) Fa. Konski & Krüger, Berlin
Aufnahmeort Haus des Rundfunks, Berlin

Zur Qualität:
Für die damalige Zeit bleibt nur der Begriff "Spektakulär".
Mit heutigen Stereo-Aufnahmen können die allemal mithalten.
Allerdings müssen natürlich Abstriche in der Bandqualität (C-Band)
und zum Alter (über 60 Jahre) hingenommen werden.
Dadurch gibt es ganz klar Grenzen.
Aber wen dies nicht stört, der hat seine helle Freude damit.
Zumal das Klangverhalten durch die eingesetzte Röhrentechnik ein völlig
anderes ist, als bei dem heute verwendeten Digital-Datenreduktion...etc.
Verfahren.

Wenn man bedenkt, dass damals keine Möglichkeit des Empfangs von Stereo
bestand, und erst 20 Jahre später -1963- im Rundfunk damit begonnen wurde,
so ist dies eine revolutionäre Leistung der Ingenieure der RRG.
 
AW: Historisch: Stereoversuchsaufnahmen der RRG

Habe auch gerade ein wenig gesucht und finde keine Hinweise auf eine abweichende Bandbreite; die Einrichtung wird einfach als Halbspurmaschine angesprochen.

Zur Qualität wäre auch wieder das damals noch ganz neue Vormagnetisierungsverfahren zu nennen, das dort natürlich benutzt wurde. Zur Bandgeschwindigkeit finde ich keine Angaben, vermute aber den damaligen Standard von 1 m/s (woraus die Amerikaner nach Beschlagnahme der Patente dann 30 Zoll, sprich 76 cm/s, machten).

Ansonsten ging es hier zunächst einmal nur um Tonbandaufnahmen, nicht um Sendungen. Da soll Hilversum 1946 einen Versuch mit zwei MW-Sendern gestartet haben, 1958 experimentierte dann der SFB mit zwei UKW-Sendern.

Das Pilottonverfahren ist übrigens erst zwei Jahre vor den ersten Sendungen in Deutschland (offizieller Beginn beim SFB am 30. August 1963, erste große Vorführung in der Nalepastraße am 2. August 1963) in den USA offiziell eingeführt werden. Und wer sich über das ewige Gerausche ärgert, der haue jetzt den Kopf an die Wand, denn es gab auch ein diesbezüglich überlegenes System, das aus für Europa völlig irrelevanten Gründen verworfen wurde: Siehe hier.
 
AW: Historisch: Stereoversuchsaufnahmen der RRG

K 6 schrieb:
Und wer sich über das ewige Gerausche ärgert, der haue jetzt den Kopf an die Wand, denn es gab auch ein diesbezüglich überlegenes System, das aus für Europa völlig irrelevanten Gründen verworfen wurde: Siehe hier.

So wie es lese wird bei dem System bei 50kHz ein FM Träger verwendet. gegenüber dem AM Träger der eine Bandbreite von ca. 23-53 kHz benötigt, wäre bei dem FM Unterträger je nach Hub die Bandbreite schon mal bei ca. 20-80 kHz.

Damit ginge zwar in den USA (grösseres Kanalraster, Bandbreite, bis auf SCA), aber in Europa nicht. RDS und ARI wären dann in der Form auch nicht möglich gewesen.
 
AW: Historisch: Stereoversuchsaufnahmen der RRG

So ist es.

Wobei hierzulande ursprünglich ein UKW-Kanal als 300 kHz breit angesehen wurde. Gab es nicht in Hessen gar bitterliche Klagen über den HR, der bis in die jüngste Zeit 400 kHz über und unter seinen Frequenzen keine anderen Sender duldete?
 
AW: Historisch: Stereoversuchsaufnahmen der RRG

Nichts geht über gute Haushaltsführung (auch wenn hier derzeit alles andere liegenbleibt): ich habe den Artikel über die "Russen-Bänder" bei meinem Heimatbesuch rausgekramt und stelle ihn hier mit freundlicher Genehmigung von Stereoplay online. Stammt aus Stereoplay 8/1991 - gekauft im Rügenurlaub, in einer Zeit, als mich bleischwere Dolby S - Tapedecks von Pioneer faszinierten und ich im Gegensatz zu heute gerne auf die Funkausstellung gegangen wäre ;)
 

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