Hit-Tipp: "Good bye 16 ARD-Radioprogramme" by StoiberSteinbrückMilbradt

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Zu dem ganzen Thema möchte ich nur folgende Veränderungen vorschlagen:

Abschaffung sämtlicher Jugendprogramme, wie NJoy, hr XXL, Jump usw. und dessen Programmüberlassung den Privaten.
Gleichschaltung reiner Kultur- und Klassikprogramme.
Der Rest bleibt, wobei einige Anstalten teilweise nur leicht auseinanderdriftende Programme ebenfalls zusammenfassen können.

Die digitalen Zusatzprogramme würde ich gegen eine geringe Abogebühr beibehalten. So wäre eine weitere Einnahmequelle vorhanden.

Daß bei dieser ganzen Geschichte - egal wie sie ausfallen möchte - wieder Arbeitsplätze entbehrlich werden, finde ich zwar auch nicht toll, hier finde ich, sollte man nach Lösungen um Umbesetzungen und Sozialpläne erstellen.

Andererseits muß man sagen, wenn sich die Anstalten sich selbst so aufblähen, müssen die auch dann die Suppe beim Abbau auslöffeln...
 
@ Vitamin C

Abschaffung sämtlicher Jugendprogramme, wie NJoy, hr XXL, Jump usw. und dessen Programmüberlassung den Privaten.

In mehrfacher Hinsicht interessant.

Erstens läuft Jump offiziell nicht als Jugendwelle, sondern will als Kernzielgruppe die 20 - 39jährigen ansprechen, die sich auf "Verbrauchen, Genießen, Erleben orientieren." Das reale Durchschnittsalter liegt bei 32,6 Jahren - was ich immer wieder interessant finde, denn so kommt das Programm nun wirklich nicht rüber. Trotzdem: die MDR-Jugendwelle heißt Sputnik und Jump ist eigentlich das Gegenstück zu dem, was bei anderen Öffis die Servicewellen sind. Wie ein Vergleich der Konzepte von z.B. hr3, Bayern 3 oder NDR 2 mit Jump ausgeht, steht auf einem ganz anderen Blatt...

Was die Jugendwellen betrifft: ohne aufs Programm zu schauen - warum sollten die Belange junger Hörer generell den Privaten überlassen werden? Ich sehe dafür keine wirklichen Gründe. Heißt im Umkehrschluß ÖR-Rundfunk automatisch "Seniorenfunk"? Wohl kaum. Heißt ÖR-Rundfunk automatisch ausschließlich "Hochkultur"? Zuweilen könnte dieses Image entstehen, wenn man sich die Konzepte einzelner Anstalten anschaut und "Hochkultur" mit "unpersönlich und steif" gleichsetzt. Da läuft auf der Servicewelle kaum Service, auf der Jugendwelle keinerlei redaktioneller Inhalt und Musik fast ausschließlich aus den Charts und man mag zu der Erkenntnis gelangen, man möge doch die Kulturwelle einschalten, um etwas von dem wiederzubekommen, was man als Rundfunkgebühr einGEZahlt hat. Die Ansprechhaltung dort wird allerdings auch nach der x-ten Reform (die den wirklichen Hochkulturbefürwortern im reiferen Alter vor Schmerz Tränen in die Augen treibt) nicht so sein, daß diese Programme von einer breiteren Schicht jüngerer Hörer akzeptiert werden, weil man eben nicht "ihre Sprache spricht", nicht ihre Kultur reflektiert. Schnell kommt dann der Begriff des "Berufsjugendlichen" auf. Ich bin - ohne es freilich demoskopisch untermauern zu können - weiterhin der Auffassung, daß das wichtigste Kriterium für Erfolg bei den jüngeren Hörern Glaubwürdigkeit ist. Die wollen nicht mit dem belehrenden Zeigefinder von oben herab angesprochen werden, wie es auf Kulturprogrammen klassischer Machart schonmal häufiger passieren kann. Sie wollen aber auch nicht permanent zugeclaimt und mit mittelmäßiger Chartsmusik abgespeist werden, wie es zumeist passiert, wenn man die Privaten an die Rundfunkversorgung der jüngeren Generation ranläßt (Ausnahmen wie z.B. teilweise Top40 in Thüringen gibt es). Zumindest die jungen Leute in meinem Umfeld wollen es nicht, viele hören deswegen kein Radio mehr. Der öffentlich-rechtliche Rundfunk hätte hier die Chance, mit einem bundesweiten Jugendvollprogramm seine (vorhandene, aber von den jungen Wellen oft kaum genutzte) Infokompetenz mit der in der ARD immer noch vorhandenen, aber nur lokal zugänglichen Szene- und Musikkompetenz (die Leute vom Zündfunk sind viel zu schade, um sie nur auf Bayern loszulassen, ebenso einiges aus der NDR info - Nachtschiene, das mehr Beachtung und Verbreitung verdient) zu kombinieren. Vorbild könnte dabei FM4 aus Wien sein.

Ich war kürzlich auf einem Wir sind Helden - Konzert. Die KFZ-Kennzeichen vor der rapelvollen Halle reichten vom nördlichen Sachsen-Anhalt bis ins tiefe Sachsen - und das mitten in Thüringen. Für einen etwas tiefergehenden Abend sind sie bereit, weite Wege auf sich zu nehmen, weil eben ansonsten oft nur Fastfood angeboten wird.


Der Rest bleibt, wobei einige Anstalten teilweise nur leicht auseinanderdriftende Programme ebenfalls zusammenfassen können.

Kulturwellen "gleichgeschaltet", ÖR-Jugendwellen abgeschafft, ähnliche Programme zusammengefaßt. Was bliebe da? Genau: eine "Kulturwelle", ein Infoprogramm, ein Unterhaltungs- und Serviceprogramm für 30-45 und eines für 45plus - bundesweit.


Andererseits muß man sagen, wenn sich die Anstalten sich selbst so aufblähen, müssen die auch dann die Suppe beim Abbau auslöffeln...

Volle Zustimmung meinerseits. Gebläht hat es sich im letzten Jahrzehnt massiv bei der ARD, und oft nach einem scheinbar gleichen Muster. Ausdünnung bestehender Angebote, um "fit" für den Wettbewerb mit der privaten Konkurrenz zu sein. Und dann Erfindung neuer "Auffangbecken" für wenigstens einige der auf den etablierten Wellen abhandengekommenen Inhalte. Wenn auf den Servicewellen keine Infos mehr laufen dürfen, weil sie beim Weghören stören, muß halt eine Infowelle ins Leben gerufen werden. Wenn die massentaugliche Welle keine speziellere Jugend- oder Alltagskultur mehr verträgt, werden die Inhalte entweder gleich komplett entsorgt (MDR) oder wenigstens in die Nachtschiene des Infoprogramms (NDR) ausgelagert. Inzwischen hat das bei den weniger eingeschränkt agierenden Hörern dazu geführt, daß die neuen Angebote teilweise interessanter sind als das, was man früher eingeschaltet hat (Stichpunkt Funkhaus Europa, NDR info). Dabei erfolgte aber eine Verdrängung dieser Inhalte derart, daß weite Teile der Gesellschaft davon keinerlei Kenntnis mehr nehmen (können). Und schnell sind wir an einem heiklen - und für mich zentralen Punkt: wer trägt die Verantwortung dafür, daß in unserer Gesellschaft allseitig gebildete, kulturell offene und für andere Gedanken oder alternative Lebensgestaltung zugängliche und tolerante Menschen heranwachsen? Ich erachte dies für eine intakte Gesellschaftsordnung als ungemein wichtig, muß aber anerkennen, daß in einer Demokratie keinerlei Zwang in dieser Richtung ausgeübt werden kann/darf. Und von sich aus bewegt sich der Mensch leider - auch aus eigener Erfahrung - kaum oder nur dann, wenn irgendetwas für ihn unerträglich wird. Und gäbe es dennoch formulierte staatliche Ziele in dieser Richtung (die wiederum könnten ja in Parteiprogrammen stehen und von demokratisch gewählten Abgeordneten auf den Weg gebracht werden), wie sollten diese Ziele im Hörfunk in Form einer Integration der inzwischen "abgeschobenen" Inhalte umgesetzt werden, wenn eine Einflußnahme der Politik hier nicht möglich ist?Ich sehe da keinen Weg, und tiefergehend noch: ich sehe nichtmal eine Chance, daß allgemein eine Abkehr von der sich seit Jahren immer mehr durchsetzenden "neurotischen, Sucht-, Spaß- und narzisstischen Gesellschaft" (Zitat stammt nicht von mir...) erreichbar wäre. Es gäbe für jeden einzelnen von uns sehr unangenehme, schmerzhafte und verängstigende Entdeckungen zu machen - dem geht _jeder_ Mensch automatisch und unbewußt aus dem Weg. Und also wird es, solange es nicht zum großen Knall (Krieg, wirkliche Wirtschaftskrise) kommt, immer lustig-fröhlich-ignorant weitergehen. Wir Menschen sind so...

Auf liebgewonnene Gewohnheiten verzichtet kein Hörer gern. Sich von bestehenden Angeboten zu trennen, wird immer Schmerz, Ärger und (sanfte) Proteste verursachen. Noch viel schmerzhafter ist es für die, die dabei ihren Job verlieren - in einer Branche, die ihnen einst suggerierte, man brauche sie, um das Volk zu unterhalten oder vielleicht gar zu informieren. Schlimm, aber Realität: die gesellschaftlichen Strukturen, die wir uns in den Industrienationen selbst schaffen (und aus Zwängen der Globalisierung schaffen müssen), setzen selbst wirklich wichtige Menschen auf die Straße: zum Beispiel die Leute in der Landwirtschaft - die, die uns ernähren (Stichpunkt Agrarsubventionen). Und so hart es ist: Bauern genießen bei mir ein höheres Ansehen als Morgenshow-Moderatoren. Sie stehen genauso zeitig auf, sie arbeiten körperlich hart, und wenn es sie nicht gäbe, dann passierte etwas, das bei einer ausfallenden Morgenshow nicht passieren würde: die Bevölkerung muß hungern. Wir haben uns daran gewöhnt, im Überfluß zu leben. Das Bewußtsein für den realen Wert vieler Dinge, die für uns selbstverständlich sind, ist absolut nicht ausgeprägt. Brot gibts halt beim Bäcker. Informationen sind ein wichtiges gesellschaftliches Gut, Unterhaltung hat auch ihre Berechtigung, ihr Wert wird aber allgemein als viel zu bedeutend eingeschätzt.
Und ein Großteil ihres vermeintlichen Stellenwertes beruht einfach nur darauf, daß wir Menschen ein Grundbedürfnis haben, unsere wirklich grundlegenden Probleme und Defizite nicht spüren zu müssen. Unterhaltung und Zerstreuung/Verdrängung gehen deshalb ziemlich schnell gefährlich Hand in Hand, und passive Unterhaltung wird oft auch mit aktivem Leben verwechselt.

Ach so: ich bin derzeit auch auf Jobsuche, sprich: freigesetzt in den Pool derer, die sehen müssen, wo sie ihren Platz in der Gesellschaft finden. Und auf der Suche nach einem Sinn bei dem, was ich beruflich mache. Auch ich habe in den letzten 5 Jahren dicke Brocken gemästet, die nahezu Null Relevanz für die Menschheit haben und komme nun in die Sinnkrise. Dies vielleicht mal als Einwurf von "außen" - die Medienbranche ist nicht allein mit diesem Problem.
 
Heide Simonis spricht sich für ein bundesweites ÖR-Klassikradio aus:
KIEL/DPA - Die schleswig-holsteinische Ministerpräsidentin Heide Simonis (SPD) hat sich für strukturelle Veränderungen beim öffentlich-rechtlichen Rundfunk ausgesprochen. „In Zeiten, in denen die öffentlichen Haushalte sparen und private Haushalte sich einschränken müssen, ist dies auch für die öffentlich-rechtlichen Anstalten zumutbar“, sagte Simonis am Dienstag zum Auftakt der „Mediatage Nord“ in Kiel.

Simonis plädierte für ein einheitliches bundesweites Klassik- Hörfunk-Programm aller ARD-Anstalten. Kurzfristig könnte eingespart werden, wenn die Länderanstalten enger zusammenarbeiten oder Direktions- und Verwaltungsstandorte gestrafft würden. „Ich denke da beispielsweise an DeutschlandRadio mit seinen beiden Programmen in Köln und Berlin“, sagte Simonis. Die technologische Entwicklung bei den digitalen Kanälen von ARD und ZDF und auch der Kinderkanal dürften nicht angetastet werden.

„Die Sender müssen sich selbst bewegen, sollen eigene Vorschläge machen und erklären, wofür sie die Rundfunkgebühr verwenden und welche Programmziele sie tatsächlich verfolgen“, verlangte die Kieler Regierungschefin. Es sei aber auch klar, dass die Vielfalt der Angebote und die Qualität der Programme eine gesicherte Finanzierungsgrundlage brauchen. Allerdings dürften auch die Gebührenzahler nicht über Gebühr belastet werden.
 
Allerdings dürften auch die Gebührenzahler nicht über Gebühr belastet werden.

Das allerdings liegt in der Natur der Sache. Übrigens ist die Rundfunkgebühr finanzpolitisch gar keine Gebühr, sondern eher ein Rundfunkbeitrag. Aber dieser Begriff wiederum...:confused:
 
Das DeutschlandRadio verschlankt seine Führungspositionen. "Im Rahmen eines Benchmarkings überprüfen wir die Programmherstellung in beiden Funkhäusern, um weitere Synergien zu erschließen", sagte Intendant Ernst Elitz in einem Interview mit dem Mediendienst text intern. Erster Test sei die Personalie des Programmdirektors Dr. Günter Müchler vom Deutschlandfunk, der ab April für beide Hörfunkprogramme des DeutschlandRadios verantwortlich sein soll. "Wir werden ab Mai auch die Hauptabteilungen Kultur und Musik in Berlin zusammenlegen", ergänzte Elitz. In drei Direktionsbereichen sei die Ebene der Hauptabteilungsleiter vollständig abgeschafft worden.

Gleichzeitig wandte sich Elitz gegen Forderungen aus der Politik, generell das Personal weiter zu reduzieren. Seit 1996 habe das DeutschlandRadio mit Hilfe der Unternehmensberatung McKinsey bereits 25 Prozent seiner Stellen abgebaut, ohne die Zahl der freien Mitarbeiter stark zu erhöhen. (...)

Dies zitiert die Jasemine aus einem aktuellen Text intern-Newsletter.
 
Im Rahmen eines Benchmarkings überprüfen wir die Programmherstellung in beiden Funkhäusern, um weitere Synergien zu erschließen

Sorry, das gehört zwar nicht wirklich zum eigentlichen Thema, aber warum können sich Menschen nicht einfach einfach ausdrücken? Es wirkt wie "ich-will-auf-Krampf-modern-sein" und erreicht zumindest bei mir nur, daß ich die Aussage nicht mehr ernst nehmen kann. Wenn in diesem Haus wirklich so geredet wird, ist tatsächlich eine Menge Einsparungspotential vorhanden, denn die Kreativität, die hier in schöne leere Sätze gesteckt wird, könnte genausogut ins Programm fließen.
 
@Radiowaves

Schmerzhaft wird es doch vor allem dann, wenn on air so geredet wird, oder? Bei den Kollegen oben ja leider nicht mal auszuschliessen:p
 
Ein Artikel aus der Nordwest-Zeitung zu den Sparbemühungen bei Radio Bremen:
RADIO BREMEN Rundfunkrat verabschiedet Resolution – „Strukturhilfe notwendig“

Die ARD-Strukturhilfe in Höhe von rund 65 Millionen Euro sollte in jedem Fall an Radio Bremen ausgezahlt werden. Das hat gestern der Rundfunkrat des Senders gefordert.

VON UWE WOLTEMATH

BREMEN - Die von der ARD beschlossene Strukturhilfe für Radio Bremen (RB) in Höhe von rund 65 Millionen Euro muss auch dann an den Sender ausgezahlt werden, wenn die für den 1. Januar 2005 angestrebte Gebührenerhöhung nicht zustande kommt. Das hat gestern der Rundfunkrat von Radio Bremen in einer einstimmig verabschiedeten Resolution gefordert.

„Wir brauchen einfach Planungssicherheit“, betonte die Vorsitzende des Rundfunkrates, Roswitha Erlenwein, bei der Sitzung des Gremiums in den Fernsehstudios in Osterholz. „Die ARD-Zusage ist zurzeit noch an eine Gebührenerhöhung gekoppelt“, sagte sie weiter. Der RB-Rundfunkrat erwartet nun, dass die Auszahlung der ARD-Strukturhilfe nicht durch den Streit über die Gebührenerhöhung beeinträchtigt wird.

Mit den 65 Millionen Euro soll – wie berichtet – die Zusammenlegung von Radio Bremen am Standort Stephaniviertel finanziert werden. Bisher hat der Hörfunk seinen Sitz an der Bürgermeister-Spitta-Allee in Schwachhausen, das Fernsehen residiert an der Hans-Bredow-Straße in Osterholz. Durch die Zusammenlegung in der Innenstadt könnte die zu bewirtschaftende Gesamtfläche des Senders halbiert und dadurch die laufenden Kosten deutlich gesenkt werden.

Nach Angaben von Radio-Bremen-Intendant Dr. Heinz Glässgen gibt es zahlreiche Interessenten für die beiden Grundstücke. Nähere Einzelheiten wollte er gestern während der Rundfunkratssitzung allerdings nicht nennen. „Wir haben unseren Gesprächspartnern in dieser Sache absolute Vertraulichkeit zugesichert“, erklärte Glässgen. Er ließ allerdings durchblicken, dass sich offenbar Investoren gemeldet haben, die in Osterholz einen weiteren Einkaufsmarkt errichten möchten. Dazu müsste von der Stadt allerdings der Bebauungsplan geändert werden.
 
Zum Umzug von Radio Bremen in angemietete Räumlichkeiten hieß es vor zweieinhalb Jahren, das Funkhaus in der Spitta-Allee solle an eine Firma namens "Zechbau" verkauft werden, die als erstes den Sendesaal abreißen wolle. Und Vermieter der Räumlichkeiten in der Innenstadt soll pikanterweise die Stadt Bremen sein. Wie gesagt, Stand von vor zweieinhalb Jahren.

Und wer sich noch über "Benchmarking" wundert, der hörte wohl noch nie einen Ökonomen ("Controller") darüber plappern, wie "das Doing gemacht" wird ...
 
"Seit 1996 habe das DeutschlandRadio (...) bereits 25 Prozent seiner Stellen abgebaut, ohne die Zahl der freien Mitarbeiter stark zu erhöhen. "

Diesen Satz muss man sich auf der Zunge zergehen lassen. Wir haben nämlich gar nicht so stark abgébaut. Aber Bilanzen schöngerechnet. Allerdings nur ein bisschen.
Also natürlich: "Wir haben unsere Human Resources über ein Quarter-Reducing optimiert und haben nur geringfügig in neue Freelancer reinverstiert." Is' klar.
db
 
Kürzlich in der FAZ:
Warum der WDR fett ist und Radio Bremen schlank
Von Ulrich Schmidt

14. Dezember 2003 Die ARD kämpft für ihre Gebührenerhöhung. "Wenn wir politisch stranguliert werden, gibt es als Ultima ratio noch den Weg nach Karlsruhe", drohte der ARD-Vorsitzende Jobst Plog den aufmüpfigen Ministerpräsidenten Stoiber, Milbradt und Steinbrück. Er wehrt sich dagegen, die Verschlankung des öffentlichen-rechtlichen Rundfunks mit der Gebührenfrage zu verknüpfen. Unterstützung erhält er vom WDR-Chef Fritz Pleitgen. Die ARD habe ohnehin einen "äußerst behutsamen Bedarf" angemeldet, lautete seine Reaktion.

Was Pleitgen verschweigt: Sein WDR wird wohl deutlich mehr Gebühren bekommen als diesen behutsam angemeldeten Bedarf. Der Grund: Die KEF, jene Institution, auf deren Vorschlag die Gebührenentscheidung der Länder beruht, behandelt die ARD als Einheit und weist ihr entsprechend ihrem Bedarf einen Gesamtbetrag zu. Die ARD aber verteilt diese Summe an ihre Landesrundfunkanstalten nach einem anderen Schlüssel. Ausschlaggebend dafür ist die Größe des Sendegebiets. Deshalb sind die kleinen Anstalten in ihrer Existenz bedroht. Der Saarländische Rundfunk und Radio Bremen erhalten nur etwa die Hälfte der ihnen von der KEF zugedachten Gebühren. Bei den großen dagegen regiert die Verschwendung. Das Angebot wird ausgeweitet, der Bedarf dafür zur nächsten Gebührenrunde angemeldet. Und die Gebühren steigen.

Finanzausgleich reicht nicht aus

Die ARD wiegelt ab. Schließlich gebe es den Finanzausgleich zwischen den Rundfunkanstalten. 1999 aber beschlossen die Länder, diesen drastisch zu reduzieren. Die kleinen Anstalten protestierten zwar heftig, der SFB lotete bereits Möglichkeiten einer Klage aus. Der Erfolg aber blieb gering. Bis 2006 soll sich der Umfang des Finanzausgleichs beinahe halbieren.

Nach Ansicht des Medienrechtsexperten Dieter Dörr dürfte der Finanzausgleich gar nicht so heißen: "Der Name suggeriert, daß die großen Anstalten etwas von dem, was eigentlich ihnen zusteht, an die kleinen abgeben." Das aber sei nicht der Fall. Denn der Finanzausgleich reicht bei weitem nicht aus, um die kleinen Sendeanstalten bedarfsgerecht zu finanzieren. Darauf aber haben sie nach einem Beschluß des Bundesverfassungsgerichts Anspruch.

Es gibt zuwenig Saarländer

Beispiel Radio Bremen: Der Sender bekommt von 2001 bis 2004 rund 157 Millionen Euro aus Gebühren. Hinzu kommen 135 Millionen Euro aus dem Finanzausgleich. Um den anerkannten Bedarf von 364 Millionen Euro zu decken, fehlen 72 Millionen Euro. "Ohne eine grundlegende Reform der Finanzbedarfsdeckung der ARD-Anstalten ist die Eigenständigkeit Radio Bremens ernsthaft bedroht", urteilte deshalb der Bremer Landesrechnungshof.

Die Folgen spüren die Bremer an allen Ecken und Enden. Die Unternehmensberater von Roland Berger haben dem Sender eine Verschlankung verordnet: Die Zahl der Mitarbeiter wird von 600 auf 400 reduziert, ein Hörfunk-Programm wurde komplett aufgegeben, die teure Kulturwelle produziert Radio Bremen gemeinsam mit dem NDR. Ähnlich sieht es beim Saarländischen Rundfunk aus, doch der Sender nimmt es mit Galgenhumor: "Es gibt eben zuwenig Saarländer." Die ARD verweist darauf, daß sie zwar einerseits den Finanzausgleich kürze, aber auf der anderen Seite den kleinen Sendern zusätzlich Geld zur "Strukturhilfe" zukommen lasse. Hinter dem großen Wort verbirgt sich allerdings nichts anderes als die Kosten der Rationalisierung bei Radio Bremen und Saarländischem Rundfunk.

„Längst fällige Quittung für die maßlose Expansion“

Die hamstern derweil Lob von allen Seiten ein für ihre Sparbemühungen. Sie produzieren deutlich günstiger als ihre großen Partner. Im Hörfunkbereich lagen die Kosten je Sendeminute bereits vor der Kürzung des Finanzausgleichs knapp 50 Prozent unter dem ARD-Durchschnitt. In ihrem kommenden Bericht wird sogar die KEF, die die Bedarfsanmeldungen der Sender auf ihre Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit hin untersucht, dem Vernehmen nach die kleinen Anstalten explizit hervorheben. Sie brächten nicht nur den überwiegenden Anteil der Netto-Sparbeiträge auf, sondern zeigten auch, daß der finanzielle Druck zu neuen Strukturen und Aufgabeninhalten führe.

Die großen Anstalten werfen dagegen mit dem Geld um sich. "Es ist nicht verwunderlich, daß es zu einer Leistungsausweitung kommt", sagt Dieter Dörr angesichts der finanziellen Überversorgung. So entstehen neue Spartenkanäle wie BR-alpha oder ein überdimensioniertes Hörfunkangebot. Dafür ist bei der nächsten Gebührenrunde wieder mehr Geld fällig. Deshalb forderten die Ministerpräsidenten Stoiber, Milbradt und Steinbrück, neue Angebote in Zukunft nur noch zuzulassen, wenn gleichzeitig bestehende eingestellt würden. Der Vorschlag freut die Privaten. Die Politik erteile ARD und ZDF endlich die "längst fällige Quittung für die maßlose Expansion".

Keine Frage: Trotz der unterschiedlichen Kostendisziplin wäre ein Verzicht auf die kleinen Anstalten langfristig billiger. Doch ARD-Chef Jobst Plog wird nicht müde, die Bedeutung der föderalen Struktur der ARD hervorzuheben. "Der Bestand der wenigen kleinen Anstalten ist notwendig, um die regionale Verankerung in kleinen Kulturräumen zu sichern", schreibt er etwa im ARD-Jahrbuch 2003. Zudem sichert die föderale Struktur die Meinungsvielfalt und schützt vor staatlicher Einflußnahme, wie sie in Italien zu beobachten ist. Doch es ist, wie es sein muß: Wo es keine Einnahmensouveränität gibt, sondern einen Finanzausgleich, da endet eben alles im Verteilungsstreit.
 
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