Hörspielregisseur fürchtet Aufgabe des ARD-Hörfunks

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divy

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Darf man hier eigentlich Agenturmeldungen posten? Falls nicht, bitte löschen. Falls doch: Interessante Stellungnahme, auch wenn Hörspiele und Features hier selten diskutiert werden:

Hörspielregisseur: ARD sollte sich auf Stärken besinnen - (epd-Interview)

Frankfurt a.M. (epd). Der Hörspielregisseur Leonhard Koppelmann hat die Radioverantwortlichen der ARD aufgefordert, sich auf die Besonderheiten des öffentlich-rechtlichen Rundfunks zu besinnen. Sendeformen wie Hörspiele oder Features seien zwar aufwändig und teuer, sagte Koppelmann in einem epd-Interview. Doch mit dem Hörspiel habe die ARD ein Aushängeschild, das sie nutzen könnte, um sich gegenüber der privaten Konkurrenz schärfer zu profilieren.

Er befürchte jedoch, dass der Hörfunk in der ARD zu Gunsten des Fernsehens längst aufgegeben sei, sagte Koppelmann: "Alles Sperrige wird verdrängt." Der namhafte Hörspielregisseur sagte, die ARD-Sender müssten sich von der Quoten-Konkurrenz mit den Privatsendern verabschieden und sollten nicht mehr "Gleiches mit Gleichem" beantworten.
Bei den Hörspielproduktionen ist nach Einschätzung von Koppelmann das Einsparpotenzial ausgeschöpft. "Wir haben nicht so viel Speck wie die Fernsehfilmproduktionen." Ein Sprecher erhalte für eine Hörspielproduktion nur etwa ein Zehntel des Honorars, das ein Schauspieler im Film erhalte. Trotzdem versuchten die Sender, weitere 20 bis 30 Prozent einzusparen. Eine Programmstunde Hörspiel sei schon für 10.000 Euro herzustellen. Doch ein "sehr gut ausgestattetes" Hörspiel mit Kompositon, großem Ensemble und Orchester verlange einen Etat von 35.000 Euro.

Koppelmann kritisierte das ARD-Vorhaben, das "Tatort"-Krimiformat nun auch ins Radio zu übertragen. Ein inhaltlicher oder ästhetischer Mehrwert sei nicht erkennbar, so der Regisseur. Eine Zukunft für Hörspiele sieht Koppelmann in den Möglichkeiten des Internets. Hier könnten sich die Nutzer die Inhalte herunterladen, die sie interessierten: Hintergrundberichte, Hörspiele oder Konzerte.

Koppelmann produziert zurzeit für den Hessischen Rundfunk (HR) eine Hörspielfassung des Romans "Doktor Faustus" von Thomas Mann. Die zehnteilige Reihe soll ab dem 3. Oktober in HR 2 zu hören sein.
 
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Subjektive Wahrnehmung: Koppelmann beschreibt die Situation von vor 8 bis 10 Jahren. Für das Feature würde ich ihm auch heute noch recht geben, für das Hörspiel nur bedingt. Aller Orten regt sich zunehmendes Interesse an dieser kulinarischen Form. Und die Kulturwellen begreifen sich immer mehr wieder als Mittler.
 
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Bei der Sparwut der öffentlich-rechtlichen könnte man gleich den Hörfilm ins Radio bringen (ich meine die Soundadaption für Sehbehinderte). Das kost' gar nix.
 
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Alles schon da gewesen, allerdings nicht aus Sparwut.
DLR Berlin hat vor ein paar Jahren die Hörfilmfassung vom "Namen der Rose" auf dem Hörspieltermin am Sonntag gesendet.

Zum Hörspiel selbst: Das ist eigentlich eine sehr schöne Form des Radios, allerdings entwickelt sich dies immer mehr in eine Richtung, die ähnlich wie im Theater, durch Überinszenierung und vermeintlich "geniale" Regieeinfälle, in eine Kunstform, die nur noch einem eletären Kreis zugänglich ist. In vielen Programmwochen ist der Krimi leider das einzige Hörspiel mit einer nachvollziehbaren Handlung. Das ist sehr bedauerlich.

Die Hörspiele im Internet frei zugänglich zu machen wäre übrigens auch ein Kardinalfehler, bringt man die Sender doch um die Einnahmen, die durch Lizensierung an die Hörbuchverlage zu erzíelen sind.
 
AW: Hörspielregisseur fürchtet Aufgabe des ARD-Hörfunks

(...) eigentlich eine sehr schöne Form des Radios, allerdings entwickelt sich dies immer mehr in eine Richtung, die ähnlich wie im Theater, durch Überinszenierung und vermeintlich "geniale" Regieeinfälle, in eine Kunstform, die nur noch einem elitären Kreis zugänglich ist.

Vielleicht (auch nur These) liegt es an den unglaublich veränderten technischen Möglichkeiten, die zum einen Riesenprojekte wie "Der Krieg geht zu ende" oder "Otherland" ermöglichen, zum anderen aber auch zum überzogenen Experiment führen können.
Ein Kammer-Hörspiel (wenige, unverfremdete Stimmen, ein paar Geräusche, gelungene Dramaturgie) ist selten geworden...
 
AW: Hörspielregisseur fürchtet Aufgabe des ARD-Hörfunks

Entschuldigung, aber da werden Äpfel mit Birnen verglichen.
"Der Krieg ist zu Ende" ist eine wunderbare Collage aus Texten, die zu einem Thema zusammengestellt wurden und keine fortlaufende Handlung hat.
"Otherland" hingegen beinhaltet mehrere kompliziert miteinander verwobende Erzählstränge denen man über 24 Stunden Sendelänge folgen soll. Leider ist es mir damit allerdings so ergangen wie mit der "Matrix". Nach 2 Stunden Klanggetöse habe ich mich gefragt: "Um was ging es eigentlich???" Man darf mir gerne vorwerfen daß ich für Otherland zu dumm bin, aber wer hat sich das bis zu Ende angehört und kann mir sagen worum es ging? Auch wenn ich das Wort an sich hasse, aber Otherland ist leider nicht "leicht konsumierbar" und schon gar nicht mit Fernsehspielen für die breite Masse im Ersten zu vergleichen...
Für Otherland wurde viel zu viel Gebührengeld verschwendet. Zum Glück war der hörverlag Co-Produzent, so daß nicht alles vom ach so armen hr alleine finanziert werden musste.
 
AW: Hörspielregisseur fürchtet Aufgabe des ARD-Hörfunks

Ich halte die beabsichtigte und hier kritisierte ARD-Tatort-Reihe im Hörspiel übrigens für eine gelungene Idee. Damit gewinnt man Hörer auch für andere Sendungen. Sicher kommen damit einige überhaupt erst wieder auf die Idee, mal zu gucken, "was gibt's heute eigentlich im Radio?"
 
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Blue, mir ging es in diesem Vergleichsfall ausnahmsweise nicht um den Inhalt. Mir ging es um die technischen Realisationsmöglichkeiten eines modernen Hörspielstudios. Wenn die in dieser Ausgefeiltheit nicht gegeben gewesen wären, hätte man sowohl den "Krieg" als auch "Otherland" nie herstellen können. Dass die beiden Produktionen inhaltlich nicht zu vergleichen sind, steht doch wohl außer Frage.
 
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Die Technik sollte allerdings (wie der Regisseur auch) den Inhalt unterstützen und nicht die Hauptrolle übernehmen... Vielleicht wäre es dem Inhalt förderlicher gewesen wenn bei Otherland nicht so viel Technik zum Einsatz gekommen wäre...
Das war mein Anliegen ;)
 
AW: Hörspielregisseur fürchtet Aufgabe des ARD-Hörfunks

Ja, das sag ich doch! Genau das sag ich doch... Mensch...
 
AW: Hörspielregisseur fürchtet Aufgabe des ARD-Hörfunks

Na ja, es ist ja wohl weniger die Technik in der Hauptrolle, sondern die Form. Die alte Debatte um Ästhetik oder Inhalt und wie das eine das andere bedingt, auf der Bühne langweilt das inzwischen ja eher. Ich glaube nicht, dass sich da einfach nur mal einer an den vorhandenen Reglern ausgetobt hat. Stringente, chronologische Handlungsstränge dürfen, müssen auch ins Programm, aber auch experimentellere Formen. Das beim Experimentieren auch mal was daneben geht, muss auch erlaubt sein. Es kann beides nebeneinander existieren. Leider scheinen die traditionelleren Autoren tatsächlich nur noch Krimis zu schreiben, das nervt ein wenig.
 
AW: Hörspielregisseur fürchtet Aufgabe des ARD-Hörfunks

@Onkel:
Ah, jetzt, ja...

Wir sind uns also doch einig.

Versöhnungssekt?
 
AW: Hörspielregisseur fürchtet Aufgabe des ARD-Hörfunks

Und übermorgen schickt dann ein ARD-Techniker ne Pressemitteilung raus, weil er befürchtet, dass die ARD ihren guten Sound und den hohen aktustischen Aufwand aufgibt, wobei doch gerade das der Vorteil gegenüber den Privaten sei und seiner Meinung nach das Kerngeschäft der ARD - und eine Woche später kommt Manni Breukmann daher und fürchtet die Aufgabe der Sportberichterstattung, bislang ein Aushängeschild der ARD. etc.pp.
 
AW: Hörspielregisseur fürchtet Aufgabe des ARD-Hörfunks

Ich glaube nicht, dass sich da einfach nur mal einer an den vorhandenen Reglern ausgetobt hat. Stringente, chronologische Handlungsstränge dürfen, müssen auch ins Programm, aber auch experimentellere Formen. Das beim Experimentieren auch mal was daneben geht, muss auch erlaubt sein.

Zur letzten Anmerkung, divy: Zustimmung! Natürlich geht auch mal was daneben. Allerdings sitzen da ja produktionsbegleitende Dramaturgen, Redakteure, deren Aufgabe es unter anderem sein sollte, Entwicklungen in eine falsche Richtung rechtzeitig zu korrigieren. Und da sitzt ein Hörspielchef über allem, der noch ein redaktionelles Sende-Veto aussprechen könnte.
Mich haben viele Hörspiele gerade der 80er/90er Jahre regelrecht verschreckt. Habe sie oft genug als Ansager präsentiert, hatte im Studio Referenz-Hörmöglichkeiten und konnte mich völlig einlassen auf das oft verstörende Hörerlebnis.
Die gelungenen aber (Heiner Goebbels zum Beispiel) haben mir ungeahnte Horizonte aufgetan.
 
AW: Hörspielregisseur fürchtet Aufgabe des ARD-Hörfunks

Und ein Otherland ist ja keineswegs die Ausnahme. Viele Produktionen hören sich so an und sind offensichtlich auch so (unhörbar) gemeint.

Gegen experimentelles Hörspiel ist genauso wenig zu sagen wie gegen Klangkunst und "neue Musik", es ist gut und wichtig daß es beides noch in den Programmen gibt, aber alles in einem gewissen Rahmen.

Was im Hörspiel alles möglich ist zeigt doch mal wieder die BBC. Dort gibt es auch heute noch Serien ähnlich der "Lindenstraße" im Radio. In Deutschland ist das doch so ein "massentaugliches" Programm gar nicht mehr denkbar.
 
AW: Hörspielregisseur fürchtet Aufgabe des ARD-Hörfunks

Gegen experimentelles Hörspiel ist genauso wenig zu sagen wie gegen Klangkunst und "neue Musik", es ist gut und wichtig daß es beides noch in den Programmen gibt, aber alles in einem gewissen Rahmen.

Den Vergleich mit Neuer Musik finde ich gut. Ich hab zwar null Ahnung davon,
finde aber bestimmte Stücke einfach nur geil. Genau so geht's mir mit Goebbels oder FM Einheit im Hörspiel. Und damit erreicht mich ein Kunstwerk jenseits der Verstandesebene.
 
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