Der Fall hr3 zeigt ziemlich krass, in welcher Zwickmühle die ÖRs mittlerweile stecken. Setzt man den Privaten nichts entgegen, heißt es: Wozu gibt es euch überhaupt, ich höre doch nur FFH. Macht man es wie FFH, heißt es: Wozu zahle ich Rundfunkbeiträge, euer Programm klingt doch auch nicht anders als FFH.
Ich hatte das schonmal in irgendeinem anderen, nicht hr-bezogenen Thread geschrieben: der öffentlich-rechtliche Rundfunk hat aus meiner Sicht 2 Arten von Gegnern.
Die einen sehen prinzipiell nicht ein, warum sie für öffentlich-rechtlichen Rundfunk Geld zahlen sollten. Sie sehen es nicht ein, wenn die Programme wie Privatfunk klingen ("wozu... ich höre doch nur FFH") und sie sähen es auch nicht ein, wenn die Programme sich in journalistischem Anspruch und Vielfalt von den Privaten abheben würden ("zuviel Gelaber, Staatsfunk, Musik die ich nicht kenne und die niemand hören will"). Da kann man nix machen. Sich diesen Hörern anzupassen (und genau das erfolgt offenbar also auch beim hr) führt mittelfristig ins totale Aus. Unter "mittelfristig" verstehe ich: in den kommenden maximal 5 Jahren. Die Zustimmung zu den Öffentlich-Rechtlichen sinkt.
Die andere Art von Gegner sind die, die eigentlich glühende Verfechter des öffentlich-rechtlichen Systems waren und es noch wären, wenn es nicht pervertiert wäre. Die sagen zum heutigen Zustand "klingt wie FFH, ich ertrage weder das eine noch das andere, kann man nicht auch mal für mein Geld wohltuend niveauvolleres Radio machen?"
Derzeit haben Programme wie hr3 faktisch nur aktive Gegner und passive Hörer. Passiv, weil: wäre hr3 weg, dann dudelte immer noch FFH. Ein Tastendruck, ...
Was würde die zweite Gruppe sagen, wäre eine spürbare Belebung und Niveausteigerung zu erkennen? Hätten die öffentlich-rechtlichen Popwellen dann vielleicht wenigstens die zweite Gruppe als aktive (!) und das öffentlich-rechtliche System bejaende und verteidigende Hörerschaft? Wäre das vielleicht mehr wert als die zahlenmäßig größere Gruppe der "dudelt so nebenbei"-Hörer, denen das Programm letzlich völlig egal ist? Hätte es einen erkennbaren Nutzen für die Gesellschaft, u.a. in Form von z.B. besser bekannt gemachten lokalen Künstlern, in Form von durch das Programm entstehenden Gesprächsthemen, die auch draußen im Land Themen werden, vielleicht auch in Form einiger "angefütterter" Hörer, die behutsam auch an nicht-Mainstream-Inhalte herangeführt werden können?
Oder erwarte ich da zuviel von der Bevölkerung?
Wenn die Öffentlich-Rechtlichen überleben wollen, brauchen sie echte Argumente. Das Quoten-Argument ist keines, denn das können die Privaten nachweislich mindestens genausogut, meist sogar schmerzhaft besser.
Hier hat auch die Politik einzugreifen, auf deren Staatsverträgen und Rundfunkgesetzen die Anstalten letztlich basieren. Im Falle des hr geht es
hier entlang. Bitte mal lesen, das Gesetz ist in seinem Kern steinalt und wohl auch deshalb klar und kurz. Ich fühlte beim Lesen regelrecht, wie denen, die das 1948 (!) auf den Weg brachten, noch die Schrecken der Nazidiktatur und des Krieges in den Knochen saßen. Nun sind wir heute schon lange nicht mehr in der "Nachkriegszeit", sondern haben die "Vorkriegszeit" offenbar beinahe schon wieder hinter uns gebracht - für umso dringender halte ich eine Einhaltung dieses weisen Gesetzes für angebracht. Das sind wir denen schuldig, die damals den öffentlich-rechtlichen Rundfunk auf den Weg gebracht haben.
Man muß gar nicht weit lesen (3 Seiten mit groß geschriebenem, klaren Text), dann wird klar, daß hier alles gegen die Wand fährt und weitab dessen ist, was im Gesetz steht. Es müßte nicht einmal eine Gesetzesänderung her, sondern nur eine Beachtung des Gesetzes muß eingefordert werden.
Der Auftrag nach "maximaler Quote" steht nicht im Gesetz. Natürlich hat sich die deutsche Zivilgesellschaft seit 1948 dramatisch verändert, gibt es unzählig mehr Möglichkeiten als damals, sich der Zerstreuung hinzugeben. Klar, daß dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk durch diese vielen neuen Möglichkeiten Hörer abhandenkommen müssen. Seinen Auftrag deshalb zu verändern, um fortan mit Rundfunkgebühren Dinge zu veranstalten, die sich in gleich niedriger Qualität auch ohne gemeisnchaftliche Finanzierung realisieren lassen, halte ich weiterhin für grundfalsch. Diese Auswüchse sind auch gesetzlich nicht gedeckt. Wenn, wie oben geschrieben, der hr mit Quotendruck via Rechtfertigungsdruck seitens der Politik argumentiert (endlich mal klare Worte!), dann gehört der Politik auf die Finger gehauen. Oder das Gesetz über den hr ist ehrlich und zutreffend zu aktualisieren. Stünde dann da das drin, was offenbar gelebte Praxis ist, wäre das Thema Gebührenrechtfertigung auch automatisch vom Tisch. Sie wäre erloschen.
Dann wäre es ehrlich und fair gegenüber der Zivilgesellschaft, Programme wie die der "Pop-Unit" des hr in die privatwirtschaftliche Selbständigkeit zu entlassen und sich auf hr 2 und hr info zu konzentrieren. Sind dann vermutlich 30 Cent weniger im Monat, also auch völlig irrelevant.