Im Anfang war das Wort... - Hörfunkjournalismus heute

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toktok

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Hallo in die Radioforen!

Fast schon zu oft wurde hier beklagt, dass die Radioprogramme landauf landab ‚entwortet‘ werden. Doch neben dem Aspekt der Quantität wird in diesem Forum äußerst selten über die Qualität des Worts im Hörfunk diskutiert, zuletzt im Zusammenhang mit dem Geißler-Interview im DLF. Ich möchte daher einfach einige lose Fragen, Gedanken und Beobachtungen in die Runde werfen und zur Diskussion stellen.

In den vergangenen Monaten drängt sich mir verstärkt der Eindruck auf (und der ist selbstverständlich rein subjektiv), dass die Gattung des Kollegengesprächs fast schon inflationäre Anwendung findet. Wo aber ist diese Darstellungsform angemessen? Ist sie letzten Endes vielleicht nur ein Ersatz für fehlendes Vor-Ort-Sein, ein Ausweichmanöver bei schlechten O-Tönen, bei Themen, die keine ‚Atmo‘ bieten? Stimmt die Behauptung, ich meine radioeins (rbb) hätte das mal so ähnlich formuliert, BmOs seien zu statisch und daher per se durch Kollegengespräche zu ersetzen?

Daraus resultierend stellt sich auch die Frage: Wie können vermeintlich alte Darstellungsformen weiterentwickelt werden?
Gerade im Fernsehbereich scheint sich mit einer zunehmenden Anzahl an jungen journalistischen Formaten in den Öffentlich-Rechtlichen (insb. in den Digitalkanälen des ZDF) eine Veränderung der Darstellungsformen zu vollziehen. Dokumentationen wie diese arbeiten mit einer veränderten Bildsprache und subjektiver Präsentation. Trends, die in Großbritannien schon seit einigen Jahren zu beobachten sind. Kann man eine Parallelentwicklung im Hörfunkbereich erkennen? Wie sieht junger Hörfunkjournalismus heute in Deutschland aus?
Gibt es das Phantom des ‚neuen BmO‘, der neben Text und O-Ton auch konsequent Collagen- und Reportagenelemente integriert, also zur künstlerischen Gattung, zum Minifeature wird?
Was wird wiederum aus vermeintlich alten Stilformen? Wo gibt es heute noch reine Collagen?

Andererseits würde ich gerne auch konkrete Hörfunkstücke diskutieren. Welche guten/herausragenden Beispiele kennt ihr?
Als erstes Diskussionsbeispiel könnte hier die kürzlich beim Deutschen Hörfunkpreis prämierte Reportage von Kathrin Erdmann (NDR) dienen. Was hebt diese Reportage aus der Masse heraus? [Beitragstitel hier: „Von einer Unterkunft zur nächsten: Aus dem Alltag eines Flüchtlingskindes“]

Grüße
toktok
 
AW: Im Anfang war das Wort... - Hörfunkjournalismus heute

Ich finde es mehr als bedauerlich daß es zu diesem ernsthaften Thema bisher keine Beiträge gibt!
 
AW: Im Anfang war das Wort... - Hörfunkjournalismus heute

Einerseits hast du recht, laser. Andererseits was soll man hier noch schreiben, was nicht schon in zig anderen Threads besprochen wurde?
Wenn sich Dick und Doof unterhalten ist das für die Verantwortlichen wohl die einfachste Art fürs Ohr "einfach mehr Abwechslung" zu erzeugen. Ob dadurch ein tatsächlicher Mehrwert an Informationsvermittlung stattfindet sei mal dahin gestellt.

Ich würde gerne zwei Ausschnitte aus einer BBC-Sendung mit Beispielen zur Verwendung von Musik in Featuren bzw. dem Mischen von Geräuschen unter einem Experten-O-Ton einstellen. Das ist bei dem begrenzten Speicherplatz für Anlagen hier im Forum leider zwecklos. Und die Sendung gibt es nicht mehr online. Das gestaltet die Unterhaltung auch schwierig.
 
AW: Im Anfang war das Wort... - Hörfunkjournalismus heute

Ich habe schon mehrfach in vielen anderen Threads darauf hingewiesen, dass jede Präsentationsform ihre Berechtigung hat, vom O-Ton-Beitrag über den Korrespondentenbericht bis hin zum Kollegengespräch oder der Direktübertragung. Es kommt immer darauf an, wer es wie und zu welchem Anlass macht. Und hier gebe ich dem Threaderöffner Recht. Die Qualität geht oft den Bach hinunter, vielfach sind es Bequemlichkeitslösungen, handwerklich mies und lieblos gemacht, oft zu den völlig unpassenden Themen und Anlässen, und dann auch noch oberflächlich und einseitig. Ich weiß, dass ich mich jetzt in die Nesseln setze, aber das "Thema des Tages" bei SWR3 ist in meinen Augen so ein Fall!
 
AW: Im Anfang war das Wort... - Hörfunkjournalismus heute

Es sind der gestellten Fragen zuviel auf einmal. Mannis Fan hat es in einem Durchgang auch ganz gut beantwortet.
In den vergangenen Monaten drängt sich mir verstärkt der Eindruck auf (und der ist selbstverständlich rein subjektiv), dass die Gattung des Kollegengesprächs fast schon inflationäre Anwendung findet
Den Eindruck teile ich. Geschieht manchmal aus der Not heraus, weil kein entsprechender Beitrag vorliegt.
Gibt es das Phantom des ‚neuen BmO‘, der neben Text und O-Ton auch konsequent Collagen- und Reportagenelemente integriert, also zur künstlerischen Gattung, zum Minifeature wird?
Wobei jedem fake hiermit Tür und Tor geöffnet wird...?
 
AW: Im Anfang war das Wort... - Hörfunkjournalismus heute

Wenn man beim DRadio, in bestimmten Bereichen des WDR und auch beim Domradio arbeitet, sind diese Fähigkeiten ja durchaus gefragt. Da es aber bei vielen Sendern nicht mehr um Informationen sondern nur noch um in den Programmfluss passende Sprechblasen geht, gibt es für die Zunft nur die Möglichkeit, sich anzupassen oder den Arbeitgeber zu wechseln.
 
AW: Im Anfang war das Wort... - Hörfunkjournalismus heute

Langsam entwickelt sich eine Diskussion. Das letzte Posting beinhaltet ein Stück Wahrheit, je nach Betrachtungsweise. Ist es aber nicht generell besser dem Hörer eine Information so zu geben, daß er ihr folgen kann und die programmliche Umgebung damit nicht zerstört wird? Vorausgesetzt, daß es sich um wirkliche Informationen handelt und nicht um eine Sprechblase mit null Inhalt!?
 
AW: Im Anfang war das Wort... - Hörfunkjournalismus heute

hier kann ich nur zustimmen. infos müssen zielgruppengerecht aufbereitet sein. die variante, stattdessen nur schund zu senden, ist keine alternative. sie dient nur dem füllen der taschen der anbieter. dann landet man, im fernsehbereich, schnell bei scripted reality auf RTL.
 
AW: Im Anfang war das Wort... - Hörfunkjournalismus heute

Bezug auf die letzten drei Postings: Was ist jetzt an diesen Erkenntnissen so neu. Gefühlte 250 Thread in diesem Forum beschäftigen sich genau damit.
 
AW: Im Anfang war das Wort... - Hörfunkjournalismus heute

Wobei jemand mal die Rotationsgeschwindigkeit errechnen sollte.
 
AW: Im Anfang war das Wort... - Hörfunkjournalismus heute

Wie können vermeintlich alte Darstellungsformen weiterentwickelt werden?
(...) Wie sieht junger Hörfunkjournalismus heute in Deutschland aus?
Gibt es das Phantom des ‚neuen BmO‘, der neben Text und O-Ton auch konsequent Collagen- und Reportagenelemente integriert, also zur künstlerischen Gattung, zum Minifeature wird?
(...) Welche guten/herausragenden Beispiele kennt ihr?

Bemerkenswert finde ich dieses Axel-Springer-Preis-gekrönte Stück von Magdalena Bienert vom RBB: http://www.axel-springer-preis.de/10-preis-hoerfunk-1.html

Es nutzt alle Möglichkeiten des Features und setzt sie sehr gekonnt ein, um das Thema radiophon zu gestalten. Die Mischung ist unglaublich gekonnt, finde ich.

Allerdings muss man - wie hier schon geschehen - zu Recht fragen, ob die Inszenierung zu weit geht. Zum Beispiel ist die gehörte Leila gar nicht die echte Leila. Es spricht eine Schauspielerin. Nicht unproblematisch.

Trotzdem: Rein gestalterisch halte ich das für vorbildlich. Klar ist aber auch, dass die Mischung viel Zeit und Geschick verlangt. Das kann nicht Alltag sein. Aber eine gute Anregung.
 
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