Jupiter Phonosuper 554 HD554A Philips

Status
Für weitere Antworten geschlossen.

georg69

Benutzer
Hallo, da ich im Internet nix bzw kaum etwas zu diesem Radio finde, dacht ich ich meld mich einfach ma hier :D

Das oben genannte Radio sah ich bei einem Trödelhändler rumstehen, optisch einwandfrei (vielleicht bisschen staubig^^) und wollt mich halt erstmal informieren wie viel es den ungefähr wert ist (wenn es läuft) , damit ich auf gut deutsch nicht übers Ohr gehauen werde.

Gibt es irgendwelche Tücken an dem Gerät weswegen ihr mir davon abraten würdet ?
Ich bin halt in dem Gebiet völlig neu, fand aber Radios aus den 50er Jahren schon immer interessant
 
Das Radio ist insofern nichts Besonderes, da es die für diese Zeit übliche Standardbestückung aufweist. Dennoch für einen Einsteiger ein interessantes Gerät mit Plattenspieler und einem sehr schönen Gehäuse. Das Gerät sollte unrestauriert nicht mehr als 30 Euro kosten. Der Lack sollte möglichst nicht rissig oder spröde sein. Vor Inbetriebnahme sollten zumindest die Elkos formiert oder besser getauscht werden. Beim Plattenspieler sollte der Motor leichtgängig sein. Schwachstelle ist hier der Reibradantrieb.
WICHTIG: Niemals ein solches Gerät ungeprüft unter Spannung setzen. Es sollten zumindest kritische Bauteile getauscht werden!

Ich hatte hier vor kurzem auch einen Beitrag über ein anderes Radio gefunden und mich dafür hier angemeldet. Allerdings geht es hier wohl weniger um das gemütliche Beisammen vor dem Heimradio und damit verbundene Erlebnisse, als hauptsächlich um Studiotechnik.

Gruß aus Dortmund

Weblink: http://www.radiomuseum.org/r/philips_jupiter_phonosuper_554.html
 
Jetzt kann ich ja mal einen echten Experten fragen: Was ist dran, dass Geräte damals im großen und ganzen qualitativ hochwertiger waren, besondern was Empfangsstärke usw. angeht? Gereizt haben mich die schönen und oftmals sehr gut konstruierten Geräte auch schon immer, die überholungsedürftige Technik stellt jedoch eine nicht zu unterschätzende Bremse da. :p
 
Es ist ein Märchen, dass die Radios so wahnsinnig "besser" waren, als heutige, jedenfalls wenn man alles in die richtigen Relationen zueinander setzt.

Die Wurzel des Röhrenradios liegt in einer Zeit, in der es eine Mittelpunktrolle bei Information und Unterhaltung spielte. Vorher war nur die Zeitung. Wollte man also etwas hören, brauchte es einen Hörrundfunkempfänger. Natürlich spielten "Empfangseigenschaften" allgemein, also Empfindlichkeit, Großsignalfestigkeit und Trennschärfe dabei eine wichtige Rolle. Sie waren sozusagen die wichtigsten Parameter und entsprechend ein schlagendes Verkaufsargument.

Den vollen Klang verdanken die Kisten im wesentlichen der Tatsache, dass sie nicht nur ein größes Gehäuse und somit Resonanzraum sowie weniger akustische Rückkopplung aufwiesen, sondern damit auch automatisch entsprechend große Lautsprecher aufnehmen konnten, die im Vergleich zu späteren Kassettenrekordern in der Plastekiste natürlich auch "untenrum" etwas absetzen konnten. Auch das ist also gar kein Verdienst der Röhre an sich.

Ein weiterer Punkt liegt in dem Umstand begründet, dass die wenigsten Radios des Röhrenzeitalters über schmale, steilflankige ZF-Filter verfügten. Von ihnen kennt man daher auch z.B. das laute 5-kHz-Pfeifen auf Kurzwelle in dicht belegten Bändern, weil dort der Träger des Nachbarkanals (5-kHz-Raster) einfach nicht weit genug gedämpft werden konnte. Natürlich macht das Hören mit solch breiten Filtern vor allem auf Mittelwelle (9-kHz-Raster, also deutlich größerer Kanalabstand) einen Riesenspaß, das kann man aber selbstverständlich auch heute noch mit entsprechenden Empfängern und entsprechender Filterausstattung.

Irgendwann änderten sich die Konsumgewohnheiten der Menschen einfach. Das Fernsehen zog in die Wohnstuben ein und spätestens, als die Transistorierung um sich griff und Radios plötzlich überall dort standen und mit hingetragen werden konnten, wo das gute Dampfradio aus der Stube nie mit hätte hingenommen werden können, relativierte sich die Rolle des röhrenbestückten Möbelstücks drastisch.
Mehr Sender wurden aufgebaut, so dass es auch nicht mehr nötig war, die Empfangsleistungen eines Radios weitgehend zu maximieren. Mehr Plattenabspielgeräte zogen ein; später der Kassettenrekorder, der das Radio noch viel weiter in den Hintergrund drängte.

Heute haben wir einen Stand, in dem ein Hörrundfunkempfänger, abgesehen vom Auto, eine untergeordnete Rolle spielt. Da entwickelt einfach kein Hersteller mehr in großem Stil trickreiche Schaltungskonzepte, mit dem sich aus Lang-, Mittel-, Kurz- und Ultrakurzwelle die letzten Quäntchen dessen herausholen lassen, die machbar sind. Diese Aufgabe ist praktisch vollständig auf die Hersteller von Kommunikationsempfängern zurückgefallen, deren Namen eigentlich nur Hobbyisten kennen, die sich noch immer aktiv mit dem Empfang vor allem von Bändern unterhalb der 30-MHz-Marke, aber natürlich auch UKW befassen. Dort spielt moderne Halbleitertechnologie aus, wozu sie in der Lage ist, und lässt ahnen, welch gigantische Schränke nötig wären, um mit Röhren aufzubauen, was ein moderner Empfänger alles zu leisten vermag. Vom Energieverbrauch reden wir mal gleich gar nicht.

Es ist also alles ein Frage der Wahrnehmung, die man als Subjekt mit den Kenntnissen und Erfahrungen in der jeweiligen Zeit aufzunehmen in der Lage ist. Ein Röhrenradio ist und war nie - zumindest nicht aus heutiger Sicht - ein Wunderwerk. Gegen Faszination der Nostalgie habe ich nichts und es ist gut, dass es Menschen gibt, die Zeit und Geld in die Bewahrung der Technik stecken. Ich mahne nur, auch und vor allem mit Blick auf moderne (Studio-)Technik, vor blindem Fanatismus und spontanen Erektionen, wenn irgendwo eine Röhre auftaucht und diese gar als Qualitätsmerkmal und Verkaufsargument mißbraucht wird. Da steckt heutzutage praktisch nichts mehr dahinter.
 
Toller und sehr einleuchtender Beitrag!
Jetzt bin ich sowieso demnächst erstmal beschätigt mit Molex löten/crimpen -.-.
Aber irgendwann nehme ich mir mal so ein nostagisches Stück Audio vor. :D
 
Status
Für weitere Antworten geschlossen.
Zurück
Oben