Kabarett im Radio

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Radiocat

Gelöschter Benutzer
Sagt's mal, wo gibt es denn eigentlich heute noch regelmässig Kabarett oder auch Kleinkunst im Radio?

Spontan fällt mir da eigentlich nur WDR ein.
Da gibt es täglich die kleine Einlage um 10:50 mit Jürgen Becker, Herbert Knebel, Fritz Eckenga, Dieter Nuhr und Co, sowie die Mitschnitte am Sonntagabend in WDR5.

Eine ganz hervorragende Sendung, die auch sehr häufig Nachwuchstalente vorgestellt hat (u.a. war Harald Schmidt wohl da die ersten Male on air vor sehr langer Zeit) war die "Spätvorstellung" auf SDR1 am Samstagabend um 22:30.
Eine wunderbare Sendung, und ich kann es bis heute nicht fassen, daß diese einfach eingestellt wurde, nicht einmal im zweiten Programm hat sie eine Heimat gefunden.
Auch der "Blitzableiter" auf SDR1 (so 19.20) war eine sehr köstliche, satirische Wochenschau!

So etwas wünsche ich mir im Radio, nicht immer diese bescheidene "Comedy".
 
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Es gibt ja auch noch die "Zugabe" auf WDR 2. Ansonsten sieht es wahrlich nicht gut aus im dt. Radio. Es überwiegt doch die billig gemachte "Fast-Food" Comedy.
 
AW: Kabarett im Radio

Früher gab es samstags auf WDR1 "Unterhaltung am Wochenende" mit INSERBURG & CO, Herrn B. aus Bonn, und natürlich mit HERMANN HOFFMANNS wundervoller "Dachkammermusik" (mit Otto deVries, Herrn Schräuble, Ottos Frau Hertha, seinem Sohn "Diederich" - "Wasser hat so eine Kraft, dass der stärkste Mann schalten und walten muss!" - und vielen, vielen lustigen Gestalten mehr)
 
AW: Kabarett im Radio

INSERBURG & CO, Herrn B. aus Bonn, und natürlich mit HERMANN HOFFMANNS wundervoller "Dachkammermusik" (mit Otto deVries, Herrn Schräuble, Ottos Frau Hertha, seinem Sohn "Diederich

Das war aber auch schon damals mehr Comedy als Kabarett. Obwohl es diese Unterscheidung damals ja noch nicht so gab. Die Frage ist sowieso, wo man die Grenze zwischen Comedy und Kabarett ziehen soll.
 
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Sicher ist diese fliessend.
ich würde aber sagen, wo noch ein kritischer Unterton überwiegt und nicht Witz an Kalauer gereiht wird, da kann man noch von kabarettistischen Elementen sprechen. Leider gerät heut zunhemend in Vergessenheit, daß es auch andere kabarettistische Spielformen gibt als die heute fast ausschliesslich praktizierte: "Ein Mann steht auf der Bühne, hampelt unstrukturiert rum und erzählt" (Beispiele: fast alle, die man so sieht in Mitternachtsspitzen (trotzdem eine vorzügliche Sendung) oder auch im Scheibenwischer.
Da gab es früher z.B. auch das Couplet, auch die Brecht- und Kreisler-Lieder könnten dem Genre zugeordnet werden. Es könnten Varieté-Elemente dabei sein (die zugegebnermassen im Hörfunk schwer zu transportieren sind), oder auch schau/bzw. hörspielartige Elemente, literarische Adaptionen.
Gerade diesbezüglich bot die Sendung Spätvorstellung in SDR1 die gesamte palette und war somit einzigartig in der Radiolandschaft.
 
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Radiocat schrieb:
ich würde aber sagen, wo noch ein kritischer Unterton überwiegt und nicht Witz an Kalauer gereiht wird, da kann man noch von kabarettistischen Elementen sprechen.
Also die kompletten letzten Programme von Michael Mittermeier - der Speerspitze deutscher Comedy.
ich glaube, newsman hat Recht.
 
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Sehr zu empfehlen: Täglich "Brief von Peter Schneider" auf Schweizer Radio DRS 3 und "Peter Schneider's anderer Wochenrückblick" am Sonntag Mittag.
 
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@steinberg:

Michael Mittermair - den halte ich für völlig überschätzt und leider...für ziemlich niveaulos.

Das ist keinesfalls Kabarett - eine Grenze zur Comedy ist zwingend zu ziehen.

Ich empfehle mal Volker Pispers oder Horst Schroth...
 
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Im Prinzip ist alles geschmackssache, Mittermaier würde ich als einen der niveauvolleren vertreter der Comedyschiene betrachten.
Die Komödianten haben im Prinzip alle ein Programm: Sie verkörpern immer einen bestimmten Typus, der sich allerdings recht schnell totläuft.
Somit würde ich übrigens auch Herbert Knebel und Rüdiger Hoffmann zu Comedy zählen. Das ganze lebt eigentlich von immer wieder kehrenden Running-Gags, bestimmten sprachlichen Eigenheiten (hier die Ruhrpott-Ausdrücke, dort das Langsam-sprechen) und einem jeweils typischen Habitus.
Das eigentliche Kabarett sehe ich losgelöst von solchen wiederkehrenden Figuren, eher inhaltlich orientiert und am Spiel mit der Sprache sowie deren Verbindung mit anderen künstlerischen Elementen. Charakterisierend ist die Zuspitzung, was Kabarett und Comedy wiederum gemeinsam haben.
 
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Samstagsmorgens auf NDR Info (so gegen 7:40): "Der satirische Wochenrückblick". Leider viel zu kurz (höchstens mal zwei, drei Minuten)
 
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Ich kann der Beurteilung von Radiocat nur zustimmen. Ein wesentliches Unterscheidungsmerkmal ist aber die Politik. Kabarett greift immer Misstände in der Politik und Gesellschaft auf und hält vor allem den Politikern/Parteien den Spiegel vor, indem politische Zustände überspitzt dargestellt werden. (z.B. Jürgen Becker, Dieter Hildebrand, Volker Pispers, Bruno Jonas). Comedy ist "nur" lustige Unterhaltung, wo mit den Macken des Einzelnen/der Geschlechter oder der Gesellschaft gespielt wird (z.B. Mario Barth, Rüdiger Hoffmann, Horst Schroth, Michael Mittermaier, Herbert Knebel).

Von daher ist für mich die Grenze zwischen Comedy und Kabarett nicht fließend. Ich weiss sehr wohl, wo die Grenze ist. Immer wenn Politik und Gesellschaftskritik mit im Spiel ist, ist es Kabarett. Alles andere ist Comedy.
 
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Bei Beiträgen wie diesen ...

Tweety schrieb:
Comedy ist "nur" lustige Unterhaltung, wo mit den Macken ... der Gesellschaft gespielt wird (z.B. Mario Barth, Rüdiger Hoffmann, Horst Schroth, Michael Mittermaier, Herbert Knebel).

... fragt man sich ...

Tweety schrieb:
Immer wenn ... Gesellschaftskritik mit im Spiel ist, ist es Kabarett. Alles andere ist Comedy.

... ob Kollege Tweety seine Beiträge liest, bevor er sie abschickt.

Oder ist es Comedy? Oder Kabarett?
 
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Tweety schrieb:
Ich kann der Beurteilung von Radiocat nur zustimmen. Ein wesentliches Unterscheidungsmerkmal ist aber die Politik. Kabarett greift immer Misstände in der Politik und Gesellschaft auf und hält vor allem den Politikern/Parteien den Spiegel vor, indem politische Zustände überspitzt dargestellt werden.

Das mag als Definition von politischem Kabarett ganz treffend sein. Wenn man sich aber mal die "traditionellen" Kabarett-Größen anschaut, die das Genre in Deutschland seit der Nachkriegszeit im wesentlichen geprägt haben (Lach- und Schießgesellschaft, Kom(m)ödchen etc.), ist diese Definition eben leider zu eng gefasst. Dass Gesellschaftskritik immer nur mit Politikern und Parteien zu tun haben soll, ist ja wohl absurd.

Natürlich sage ich auch nicht: alles in einen Topf werfen. Klar gibt's Unterschiede zwischen Kabaraett und Comedy. Trotzdem ist die Grenze so klar nicht immer zu ziehen. Und deshalb finde ich Sätze wie

Tweety schrieb:
Ich weiß sehr wohl wo die Grenze ist.

einfach ein bisschen großspurig und kann sie und den Absender deshalb nicht so recht ernst nehmen. Tut mir Leid.
 
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Auch beim Leipziger mephisto 97.6 gibt es einen satirischen Wochenrückblick, der da heißt "Nachschlag". Die Sendung dauert eine Stunde.
 
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Hm, schwieriges Thema.

Ich habe meine eigene Definition: Als Anfang/Mitte der 90er der Comedy-Boom eintrat, hieß plötzlich alles nur noch Comedy... Deshalb sind Comediens für mich die Leute, die ab diesem Boom auftauchten. Mittermair, Hoffmann, Atze, usw.

Das Argument mit der Politik oder der Gesellschaftskritik ist in der Tat nicht zutreffend! Genauso wie sich alle Comediens der Gesellschaftskritik annehmen, nimmt sich auch mein Lieblingskabarettist Gerhard Polt genau diesen Themen an - und wehe, den würde einer "Comedien" nennen! Der bekäme von ihm die Weisswurst um die Ohren ;)
 
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Bei Beiträgen wie diesen ...



Zitat von Tweety:
Comedy ist "nur" lustige Unterhaltung, wo mit den Macken ... der Gesellschaft gespielt wird (z.B. Mario Barth, Rüdiger Hoffmann, Horst Schroth, Michael Mittermaier, Herbert Knebel).


... fragt man sich ...



Zitat von Tweety:
Immer wenn ... Gesellschaftskritik mit im Spiel ist, ist es Kabarett. Alles andere ist Comedy.


... ob Kollege Tweety seine Beiträge liest, bevor er sie abschickt.

@ Ludwig

Falls du darauf anspielst, dass sich das widerspricht, muss ich dir leider sagen: Nein, tut es nicht. Manche Comedians spielen doch mit den Macken der Gesellschaft (z.B. Michael Mittermaier mit dem (übermäßigen) täglichen TV-Konsum oder auch Tom Gerhardt mit dem Spiessbürgertum in "Hausmeister Krause"). Da tun sie aber alleine zum Zweck der Unterhaltung (der Quote) ohne bewussten erhobenen Zeigefinger oder Gesellschaftskritik. Sicherlich ist da auch etwas von vorhanden, aber es ist nicht das Ziel dieser Art von Comedy. Ähnlich sieht es mit Mario Barth oder Horst Schroth aus. Beide haben sich darauf spezialisiert das "Zusammenleben" der Geschlechter zu karikieren. Das tun sie aber auch lediglich zu Unterhaltungszwecken. Eine Gesellschaftskritik lässt sich daraus beileibe nicht ableiten. Sowas versteht auch der gemeine RTL oder Neun-Live Zuschauer.

Das politische Kabarett hat ganz klar die Gesellschaftkritik zum Ziel und richtet sich in erster Linie nicht an denn nur an Unterhaltung interessierten, sondern ganz bewusst an die Zuhörer/Zuschauer, die auch mal über das Gehörte nachdenken und Zusammenhänge verstehen bzw. erkennen. Der Zuhörer soll ja ein bisschen betroffen sein und darüber nachdenken was er gerade gehört hat. Der "erhobenen Zeigefinger" ist da irgendwie doch immer mit im Spiel. Der gemeine RTL/Neun-Live Zuschauer wird hier sicher nicht drüber lachen können, weil er nicht den intellektuellen Hintergrund hat das Gesagte zu verstehen und damit lustig zu finden.

Der Einzige in Deutschland, wo ein Unterscheid nur schwer möglich ist, ist Harald Schmidt. Der wandelt immer auf dem Grad zwischen Kabarett und einfacher Comedy. Anonsten lassen sich alle "Volksbelustiger" in Deutschland in die eine oder andere Kategorie einordnen.
 
AW: Kabarett im Radio

Aber allein der Name der Düsseldorfer Kabarettruppe "KOM(M)ÖDCHEN" zeigt doch auch ihre Nähe und fließenden Übergang zum Comedy - Metier. Und die Frage, ob "Hausmeister Krause" nun Comedy oder politisches Kabarett ist, möchte ich nicht beantworten müssen. Er karikiert das deutsche Spießertum (Dackelclub, Unterwürfigkeit gegenüber dem "lieben Herrn" Vorgesetzten, Ressentiments gegen Schwule und Ausländer - "Bodo, komm - Einsatz!" und draufhauen auf das schwächste Glied der Gesellschaft - "Herbert, du Dussel"). Für mich ist das hochpolitisch, da gesellschaftliche Realität hier überzeichnet dargestellt wird. Andersherum würde ich die stupiden "Kanzler-Comedies" wie "Kanzler WG", "Gerd Show" oder "Angela -Schicksalsjahre einer Kanzlerin" nicht als politisches Kabarett bezeichnen, sondern lediglich als stumpfen Klamauk.
Merke: der Unterschied zwischen Comedy und Kabarett lässt sich nicht so definieren, dass in der Comedy keine Politiker, im Kabarett aber Politiker vorkommen. Wie sagte schon Aristoteles: "Der Mensch ist ein "zoon politikon"
 
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Genauso wie sich alle Comediens der Gesellschaftskritik annehmen,

Kann ich so nicht nachvollziehen. Wo bitteschön sind z.B. Piet Klocke, Helge Schneider, Oliver Pocher oder auch Herbert Knebel gesellschaftskritisch?

Und die Frage, ob "Hausmeister Krause" nun Comedy oder politisches Kabarett ist, möchte ich nicht beantworten müssen. Er karikiert das deutsche Spießertum (Dackelclub, Unterwürfigkeit gegenüber dem "lieben Herrn" Vorgesetzten, Ressentiments gegen Schwule und Ausländer - "Bodo, komm - Einsatz!" und draufhauen auf das schwächste Glied der Gesellschaft - "Herbert, du Dussel"). Für mich ist das hochpolitisch, da gesellschaftliche Realität hier überzeichnet dargestellt wird.

Da stimmt zwar, aber nur weil etwas überzeichnet dargestellt wird, ist es deshalb schon Kabarett? Wenn du Dieter Hildebrandt oder Gerhard Polt sagen würdest, Hausmeister Krause ist Kabarett, kann ich mir die Antwort schon denken. Ausserdem ist Hausmeister Krause eine Serie wo immer wieder mit denselben Klischees gespielt wird. Nach spätestens zwei Folgen weiss man worum es geht und ab da wiederholt sich alles. Kabarett ist da schon flexibler.
 
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Tweety schrieb:
Kann ich so nicht nachvollziehen Nach spätestens zwei Folgen weiss man worum es geht und ab da wiederholt sich alles. Kabarett ist da schon flexibler.
Da muss ich dir recht geben. Kabarett ist flexibler - aber die Grundidee von Hausmeister Krause ist schon kabarettistisch. Aber auch in reinen Kabarettsendungen werden Klischees ständig wiederholt. Ich denke da an "Stratmann's". Da ist immer die besoffene Oma, immer Herr Trost und seine Trulla mit der omnipotenten Mutti, die Schagallas, der Herr Rogler ("Stratmann, mach mir mal 'nen Bier fertig"!) und Püppi, das Hündchen, das bei einmal Bellen "der Inge" ankündigt, dass "Jupp" Stratmann wieder heimlich nen Pils gezischt hat und durch zweimal Bellen verrät, dass auch noch ein Schnaps zum Runterspülen dazukam. Immer dasselbe Schema! Aber ich könnte mich scheckig lachen darüber - weil durch die ständigen Wiederholungen man genau weiß, was jetzt passieren wird. Natürlich ist das nicht politisch - aber eine höchstvergnügliche Kabarettsendung.
Und bei einem Kabarettisten wie Richard Rogler weiß man ja auch ungefähr vorher, worüber er gleich meckern und einen Eimer voll Spott und Häme ausgießen wird.
Aber auch Herbert Knebel macht "politisches" Kabarett - er karikiert (wie HM Krause) einen spießigen Rentner, der beinhart auf seinem Weltbild beharrt. Michael Mittermaier ist auch kein unpolitischer Mensch. Comedians sind politische Kabarettisten, wenn sie gesellschaftliche Strukturen und Symbole karikieren und so der Lächerlichkeit preisgeben.
Komischerweise empfinde ich die Elaborate von Elmar Brandt nicht als politisch, sondern nur als stupiden Klamauk. Und - um jetzt wieder beim Radio zu bleiben - die "Spaßtelefone" des kleinen Nils und Konsorten sind ebenfalls nicht politisch, kabarettistisch - sondern sie gehören in die Rubrik "Comedy" (na ja, wer darüber noch lachen kann..)
 
AW: Kabarett im Radio

Aber auch Herbert Knebel macht "politisches" Kabarett - er karikiert (wie HM Krause) einen spießigen Rentner, der beinhart auf seinem Weltbild beharrt.

Würde ich nicht so sehen, er beschreibt nur alltägliche Situationen, die wir alle irgendwie schonmal erlebt haben und zieht diese dann ins Lächerliche. Im Grunde kennt jeder so einen nöhlenden "Rentner" doch in seiner Nachbarschaft. Solche Typen gibt es halt wirklich.

Aber ich denke mit dem Kabarett ist das ähnlich wie mit Musik, was dem einen gefällt, findet der andere noch lange nicht gut. Was für den einen Kabarett ist, ist halt für andere noch keins.
 
AW: Kabarett im Radio

Aber warum lachen die Leute dann über Herbert Knebel? Weil er öde Alltagssituationen beschreibt und daran rumnörgelt? Oder weil er diese Alltagssituationen seines Rentnerdaseins überspitzt formuliert und dadurch deer Lächerlichkeit preisgibt?
Klar, Tweety, kann man über HK streiten, ob das kabarettistisch ist oder doch nur Klamauk. Aber das bloße Schildern von Alltagssituationen kann es ja nicht sein - so etwas nach dem Motto "Oppa vertellt Döntjes" würde sich ja auch wirklich kein Mensch freiwillig und GEZ-gebührenzahlend anhören. Das komische Element ist auch bei HK vorhanden.
 
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