Klassikradio - was ist daran Klassik?

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AW: Klassikradio - was ist daran Klassik?

Um mal zur Ausgangsfrage zurückzukommen: Ich kenne Klassikradio nicht so besonders gut, weil ich nur sporadisch mal im Sendegebiet bin. Klassikradio ist für mich ein typisches P2-Programm, also ein Alternativprogramm, für das ich allerdings sehr dankbar bin. Ob dort nun Klassik läuft oder Chillout oder Jazz, hat meiner Meinung nach nichts mit dem Namen zu tun. Bei Top 40 ist meines Wissens nach auch jahrelang alles mögliche gelaufen, nur keine Top 40-Hits. Für Chart-Radio in Stuttgart galt dasselbe.
Man kann sich nun darüber streiten, ob ein Sender, dessen Name eine bestimmte Musikrichtung vorgibt, auch ausschließlich diese zu spielen oder die Freiheit hat, auch Interessenten anderer Musikrichtungen zu bedienen.

Ich höre Klassikradio jedenfalls gerne und freue mich, daß es solch ein Angebot überhaupt gibt. Hitradios haben wir schon genug.
 
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Nähkästchen schrieb:
(...)
Ich glaube einfach nicht dran, dass er sich vors Radio setzt und denkt "Ei, der Allessandrini nimmt das aber deutlich schneller als Harnoncourt".
Ich glaube einfach nicht dran, dass er den zwanzigsten "völlig zu Unrecht vergessenen Mozart-Zeitgenossen" hören möchte, der "auch ein reichhaltiges sinfonisches Werk" hinterlassen hat.
Zumnidest nicht im Tagesprogramm.(...)

Es ist doch, Nähkästchen, auch immer eine Frage der Aufbereitung. Wenn ich dröge erzähle, dass der tschechische Kleinmeister Vaclav Drnovcek Smollinsky ein Wegbereiter des kirgisischen Großmeisters Bogumil Dragadse war, der seinerseits wiederum den Mozart-Epigonen Salvatius Sauerbier inspirierte....völlig d'accord. Das sind Abschalter, die normale Hörer nie und nimmer interessieren. Wenn es mir als Redakteur/Moderator aber gelingt, spannend zu erzählen, dass die Haffnersinfonie nie entstanden wäre, hätte nicht Mozart beim Niesen aus Versehen in ein Notenblatt von Smollinsky geschneuzt und dabei 4 geniale Motive entdeckte, die er seinerseits klaute, dann hab' ich meinen Hörer. So wünsche ich mir Klassik-Moderation. Und dann will ich auch hören, welche Art von Musik dieser merkwürdige Smollinsky komponiert hat.
Meister dieser Art der Moderation sind Paul Bartholomäi oder Xaver Frühbeis.
Die halten mich am Radio!
 
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Nähkästchen schrieb:
Ich glaube einfach nicht dran, dass er den zwanzigsten "völlig zu Unrecht vergessenen Mozart-Zeitgenossen" hören möchte, der "auch ein reichhaltiges sinfonisches Werk" hinterlassen hat.
Zumnidest nicht im Tagesprogramm.
Ich glaube auch, dass eine Pariser Sinfonie oder eine Eroica nicht schlechter wird, je öfter man sie hört - im Unterschied zu manchen Popsongs.
Warum soll klassische Musik da anders funktionieren als Popmusik?

Doch: Ich möchte, wenn die Mucke schön ist (!), gerne mal was anderes hören, was nicht ständig läuft.

Doch: Es nervt mich ungemein, zum ...zigsten Male "Tatata-Taaaa" hören zu müssen. (Ich tu's auch nicht freiwillig.)


Gruß TSD
 
AW: Klassikradio - was ist daran Klassik?

Liebe Tondose, "Warum soll klassische Musik da anders funktionieren als Popmusik?" - ich denke, dass in einem Satz einer Schubert-Sinfonie für den "Geneigten" auch beim vierten Hören mehr drin ist, als in einem Song von Banaroo oder von DJ Bobo. Deshalb schrieb ich "mancher Popsong" - hat auch mit der Länge zu tun - für mich auch mit "musikalischem Gehalt".

Lieber Otto, ich stimme Dir zu, gerne, vor allem was Xaver Frühbeis angeht.
Seine Guinness Book of Music Reihe - fantastisch.
Dröge erzählen verbietet sich ohnehin - überall.
Die Mischung macht es, aus Hits und Schmankerln - aus Information und Unterhaltung, aus Bildung und Gesprächswert.
Zuviel Kleinmeisterei ist auch nix - da selbst ein guter Aufhänger oder eine geistreiche Geschichte nicht mehrere Minuten langweilige Musik rechtfertigt, zumal mancher Hörer ohnehin nicht aufmerksam zuhört.
Es ist aber auch klar, dass man mit Moderation, die zu locker daherkommt, die alteingesessenen Klassikfreunde hin und wieder vergrault.
Zum einen, weil sie es noch besser und noch genauer wissen, zum anderen, weil dann die Grenze zur Flapsigkeit und zu vermeintlichen Inkompetenz sehr schmal ist.
Die "Initiativen" dazu kennen wir vermutlich beide sehr gut... ;)
 
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Ich habe eine guta Alternative zu Klassikradio gefunden: Apolloradio. Die Senden in Sachsen, soweit ich das weiß und spielen Klassikhighlights und auch anspruchsvolle Stücke sowie Jazz. Kann ich nur empfehlen. Ist aber nicht unbedingt ein Sender zum Entspannen!
 
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Nähkästchen schrieb:
Vielleicht ist es dann doch eine Erkenntnisbereicherung, wenn jemand sagt: "Ach, das ist doch die Haffnersinfonie, das ist doch aus dem 3. Brandenburgischen, das ist doch die Zuckerfee, die mir so gefällt...".
Das ist Erkenntnisbereicherung für die Teilnahme an "Wer wird Millionär". Viel mehr aber auch nicht.

Ich glaube einfach nicht dran, dass der durchschnittliche Hörer zwischen Kaffeemachen und Zähneputzen "Interpretationen im Vergleich" hören möchte.
Ich glaube einfach nicht dran, dass er sich vors Radio setzt und denkt "Ei, der Allessandrini nimmt das aber deutlich schneller als Harnoncourt".

Das stellt sich bei den bekannteren Werken mit der Zeit von selbst ein.

Ich glaube einfach nicht dran, dass er den zwanzigsten "völlig zu Unrecht vergessenen Mozart-Zeitgenossen" hören möchte, der "auch ein reichhaltiges sinfonisches Werk" hinterlassen hat.
So? Gerade die Mozartzeitgenossen und Vorläufer eignen sich doch wunderbar zum Nebenherdudeln. Die Großwerke zwingen da doch viel zu sehr zum Hinhören.
Zumnidest nicht im Tagesprogramm.
Aber z.B. im Frühprogramm. Die Musikauswahl etwa bei WDR 3 finde doch recht angenehm, und da kommen relativ viele vermeintliche Kleinmeister des 18 Jhdts. zum Zuge. Und das ein oder andere originelle Werk haben diese auch zustande gebracht. Angenehme Tafelmusik zum Frühstück. Ohne nervige Claims und aufdringlicher Gute-Laune-Moderation.
Ich glaube auch, dass eine Pariser Sinfonie oder eine Eroica nicht schlechter wird, je öfter man sie hört - im Unterschied zu manchen Popsongs.
Wenn es nur eine kastrierte Fassung in Form eines Einzelsatzes ist, nervt es auf die Dauer schon. So kann man auch Werke zerstören und totdudeln.
Eine
Und was Interpretationen angeht - es ist leider schwer zu ändern, dass immer nur einer gleichzeitig singen oder spielen kann; es gibt unter Klassikfreunden doch immer einen, der eine Interpretation kennt, die viiiiiel besser ist.
Und die hat er sowieso zu Hause (auf Schallplatte).

Gerade bei den bekannteren Werken ist glaube ich jedem Liebhaber Abwechslung in den Interpretationsansätzen willkommen. Man will gerade nicht die Interpretation, die man schon auf CD hat.
 
AW: Klassikradio - was ist daran Klassik?

Ich gebe Dir Recht, physiker, nicht etwa weil ich so wankelmütig wäre, sondern weil es eben keinen Königsweg gibt.
Mancher will Kleinmeister hören, mancher nicht.
Mancher will dann aber Erklärung dazu, mancher will's nur als Tafelmusik zum Frühstück. Der eine morgens, der andere lieber tagsüber, der dritte am Abend.
Dem einen reicht "Wer-wird-Millionär" Wissen, der andere will Neues kennenlernen, der dritte kennt schon alles und weiß es immer besser.
Der will neue Interpreten, der will bemerken, dass XY das in den Fünzigern viel besser gesungen hat.
Es ist wie bei Wunschsendungen - mancher wünscht sich das, was er schon kennt, damit andere auch dran teilhaben können, mancher wünscht sich Brahms mit einen Interpreten, den er schon mit Schubert kennt, um zu sehen, wie er den spielt.
Es gibt, glaube ich, keine wirkliche Lösung - so wie auf die Frage, ist eine Konzertkritik für die, die drin waren, oder für die, die nicht drin waren...
 
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