AW: Kommt Walli wieder zurück ins Saarland?
Hallo in die Runde!
Das alles in meiner derzeitigen physischen und psychischen Verfassung lesen zu müssen, ist echt nicht leicht und ich weiß nicht, ob es klug ist, sich jetzt und an dieser Stelle offensiv damit auseinander zu setzen - anderseits: was habe ich zu verlieren…
Das Schlimme ist: Ihr habt alle irgendwie, irgendwo Recht…
Die, die mich mögen, mich für einen guten Moderator und für NRW-Lokalfunkverhältnisse vielleicht sogar überdurchschnittlich guten aber in jedem Fall leidenschaftlichen Radiomacher halten – weil sie mich besser kennen gelernt haben, auch außerhalb des Funkhauses, die schon mitgekriegt haben, dass ich etwas tiefsinniger bin, als man im Radio hören kann. Die mitbekommen haben, dass ich mich und mein Handeln selbst immer wieder hinterfragt habe, gehadert habe, unglücklich war, unsicher – und dass mein „divenhaftes Auftreten“ oft nur Fassade war und sich dahinter ein sich noch entwickelnder und vielleicht zu früh gehypter, trotzdem verletzlicher und bei Weitem nicht unfehlbarer Mensch verbirgt, der aber schon Prinzipien hat, moralische Grundsätze, um die er auch immer wieder kämpft, an die er glaubt.
Die, die mich für ein Arschloch halten, weil sie über die Jahre mit mir zusammenarbeiten mussten und dabei nicht glücklich waren. Weil sie mein Auftreten als arrogant und ignorant empfunden haben, ich sie – nur weil ich in einer stärkere Position versetzt wurde und der Meinung war, alles habe immer so zu laufen, wie ich es für richtig halte, geschasst habe oder habe schassen lassen. Die, die sich von mir nicht ernst genommen fühlten – ich habe mich wahrscheinlich auch für unantastbar gehalten oder zumindest so gewirkt haben. Die, die ich durch mein Verhalten gekränkt, verletzt oder gar beruflich benachteiligt habe. Ihr habt auch Recht.
Die, die mich rein fachlich für keinen guten Moderator halten. Man kann schlicht nicht jedem gefallen und es war auch nie mein Ziel „everybodys Darling“ zu werden. Und ich habe mich selbst auch nie mit den John Ments, Mike Thiels oder Thomas Bugs dieser Welt auf einer Stufe gesehen, sondern stets zu denen aufgeschaut, versucht, nachzueifern ohne abzukupfern und dabei eigenes Profil zu entwickeln.
Und sogar die, die mich gar nicht kennen oder für unwichtig halten und sich fragen, warum ich hier so mitunter emotional diskutiert werde. Ihr habt vielleicht sogar am meisten Recht…
Unter Euch sind viele ehemalige Kollegen, auch Hörer. Bei den meisten Nick-Names sind mir die realen Personen dahinter gut bekannt. Ich kann – glaube ich – ganz gut einschätzen, was von wem aus welcher Ecke kommt und warum – ich kann den Frust, teilweise den Hass sogar ganz gut nachvollziehen – auch wenn’s weh tut.
Ich weiß, dass die, die hier schonungslos offen schreiben, was sie von mir halten – die, die sich jetzt mal öffentlich auskotzen und froh sind, dass ich im Grunde „raus“ bin, mich genau da sehen wollten, wo ich jetzt bin: unten. Das wäre aber jetzt geschafft Leute, alles, was jetzt noch kommt ist nur Nachtreten…
Ich hatte in den letzten Wochen und Monaten eine Menge Zeit zum nachdenken, zum hinterfragen, warum es z. B. bei Salü damals so zu gelaufen und so geendet ist (was ich nie getan habe, der Wechsel zurück nach Aachen ging letztlich so schnell, dass ich mir keine Gedanken mehr über das gemacht habe, was ich „zurückgelassen“ habe) und warum es bei 100,eins nun wieder schnell und schmerzlich endete und von denen, von den ich es eigentlich erwartet hatte kein: „Bitte bleib’ doch“ kam.
Mir ist heute klar – und dazu war wohl neben persönlicher Entwicklung, dem „einfach älter werden“, Zeit, aber auch das jetzt mal „ganz unten sein“ notwendig – und ich bin mir über meine Defizite und Fehler heute sehr wohl im Klaren. Falsches Verhalten, nicht nur im beruflichen Umgang und Kontakt, sondern leider auch im persönlichen Bereich bei Freunden und besonders der Freundin.
Ich sehe heute – und auch das gilt wieder generell für Beruf und Privat, dass ich mich in der Vergangenheit sehr egoistisch, oft egozentrisch und anderen gegenüber unbewusst oder bewusst verletzend verhalten habe. Das haben sogar die gesehen, die noch heute zu mir halten und die mich heute wie damals mögen oder mochten – aber selbst deren Kritik verhallte bei mir ungehört, dazu war mein Ross zu hoch.
Ja, vielleicht ist mir alles zu Kopf gestiegen. „Im Radio“ zu sein, die Resonanz, der Hörfunkpreis, die Angebote, die ich kurz darauf nach der 100,eins-Insolvenz bekam, Radio Salü, die Citylights, die Mega-Lights, die Autogramm-Karten und die teilweise schon damals für mich selbst überraschend langen Schlangen beim Autogramme geben, die vielen Mails von Mädchen, die den künstlich aufgepumpten Kaspar im Radio anhimmelten… Sogar auf meinem Auto prankte der Schriftzug „Walli on Tour, powerd by…“ – das sagt doch alles. Und das verändert einen, manchmal so, dass man es gar nicht merkt.
Das alles hat mich zwar auf der einen Seite motiviert, mich gut werden lassen, mein Selbstbewusstsein und Selbstwertgefühl vermeintlich gestärkt – aber es hat mich eben auch auf der anderen Seite zum Arschloch werden lassen. „Mir gehört die Welt – was wollt ihr denn?“ Darunter haben natürlich auch Kollegen gelitten, das war nicht zu vermeiden. Und nur selten waren Menschen da, die mich wieder auf den Boden geholt haben – im Saarland hat es gar keiner geschafft, in Aachen war es immer Torsten Manges. Dass meine Halbwertzeit nach seinem Ausscheiden schnell abgelaufen sein würde, wird keinen von Euch wirklich wundern.
So. Das Problem ist nun: Meine Einsicht kommt was spät und meine „Entschuldigung“ will keiner mehr hören. Sabine Kiehn von Radio Salü, die hier schon mal angesprochen wurde, ist so ein Fall. Sie wäre die Erste, die eine Entschuldigung verdient hätte. Sie wurde seinerzeit nach meiner Intervention vom Geschäftsführer aus der Morningshow genommen, weil wir uns überworfen hatten. Ich habe mehrfach versucht, zu ihr wieder Kontakt aufzunehmen, um mich bei ihr entschuldigen zu können – sie hat nie reagiert.
Mein schlechtes Gewissen ihr gegenüber schleppe ich nun seit einem dreiviertel Jahr mit mir rum, aber ich bin wohl einfach zu spät – sie möchte es mir nicht abnehmen und ich kann diesen Stolz sogar verstehen. Ich höre sie ja jetzt wieder öfter und meine sie doch noch so gut zu kennen, um rauszuhören, dass sie sich in der Abendschiene - in der sie durch meine Mitschuld gelandet ist – mittlerweile zumindest wohl fühlt – auch wenn sie zu meiner Zeit genau so für den Morgen gebrannt hat, wie ich und stolz darauf war, ein Teil der Radio Salü-Morningcrew zu sein. Was sie wegen mir nicht mehr ist, da gibt’s leider nix zu beschönigen.
Bleiben wir bei Radio Salü: Ja, ich war dort. Aber es so darzustellen, als habe ich um einen Job „gebettelt“ trifft meine Motive leider überhaupt nicht. Meiner Einladung dort war ein langer Brief an den neuen Geschäftsführer vorausgegangen, in dem ich mich für den seinerzeit erschienenen Artikel in der Saarbrücker Zeitung entschuldigt habe und für ein paar andere Dinge, die ich weiter oben ja schon aufgeführt habe. Ja, ich habe das mit dem Wunsch verbunden, wieder für Radio Salü arbeiten zu können und ja, mir ist (leider erst jetzt, also nach dem Gespräch) aufgegangen, dass eine solche Entschuldigung verbunden mit dem gleichzeitigen Wunsch nach Wiedereinstellung nicht sehr aufrichtig wirkt – und so kam es, wie es kommen musste: Ich habe nichts mehr aus der Richard-Wagner-Straße gehört.
Dabei waren meine Motive ganz andere: Ich wollte was gut machen. Zeigen, dass ich mich verändert habe, Dinge eingesehen habe, reifer geworden bin, es besser kann – ich wollte eine Chance auf Rehabilitierung, Vergangenes und schlechte Erinnerungen durch eine zweite Chance wieder gut machen – dort, wo ich verkackt hatte: Privat und beruflich – im Saarland.
Und ich fand mich eine Zeit lang sogar sehr mutig, weil es doch viel leichter gewesen wäre, sich irgendwo anders, wo mich keiner kennt, einen neuen Job zu suchen, als sich ausgerechnet in die Höhle des Löwen zurückzuwagen, dorthin, wo man verbrannte Erde hinterlassen hat – ins Saarland, zu Radio Salü. Ich dachte, schon diese Aufrichtigkeit und die Tatsache, dass ich für dieses „Wagnis“ bereit war, z. B. eine unbefristete Redakteursstelle als Morgenmoderator, die mir Ende des Jahres bei einem anderen Sender in NRW angeboten wurde, sausen zu lassen, würde Anerkennung erfahren, aber das war leider nicht der Fall.
Ich war bereit, wieder unten anzufangen, Demut zu zeigen, mir Erfolg zu erarbeiten, anstatt wieder von Anfang an für die prominenteste Stelle eingekauft zu werden – aber man wollte nicht. Es gibt offenbar keine zweite Chance in dieser Branche, weder bei Radio Salü noch bei der Mitarbeit an einem anderen Projekt, das über Sender verbreitet wird, bei denen Menschen sitzen, denen ich in der Vergangenheit eher unangenehm aufgefallen bin, um das mal so verklausuliert wie möglich zu umschreiben…
Andererseits – wer soll es denen verdenken? Ich sehe schon an meinem Freundes- und Bekanntenkreis, dass meine „Erleuchtung“ und der plötzliche Wille, ein „besserer Mensch“ zu werden mit… sagen wir Skepsis und Überraschung zur Kenntnis genommen wird. Viele, die mich in den letzten Wochen getroffen und Zeit mit mir verbracht haben, haben gemerkt, dass sich Eigenschaften wie Selbstbewusstsein und Selbstwertgefühl bei mir nicht mehr erkennen lassen, der alte oft so überheblich über den Dingen stehende, vermeintlich selbstsichere Frank, nein anders: Dass Walli weg ist.
Und ich will’s ehrlich gesagt auch nicht mehr werden…
„Walli“ war eine gehypte Kunstfigur und im menschlich ein Arschloch – meistens jedenfalls. Und „Walli“ war leider viel zu lange auch noch der Teil von mir, auf den ich Stolz war, der Teil, der mein Selbstbewusstsein und Selbstwertgefühl ins unermessliche hat steigen und vieles andere hat vergessen lassen.
„Walli“ ist Geschichte, aber trotzdem ein „Verlust“, der erst mal zu verarbeiten ist, was ich grade versuche. Tag für Tag.
Was bleibt ist der Mensch Frank Wallitzek. Der wahrgenommen hat, dass sein Verhalten als „Walli“ in den letzten Jahren einigen Menschen bitter aufgestoßen ist und dem zwischenzeitlich auch schmerzhaft klar ist, dass sich diese Menschen „Walli“ nicht noch mal ans Bein heften wollen, sich auf kein Risiko einlassen möchten. Was für mich die zweite Chance wäre, ist für die eben Risiko.
Dabei waren es oft schlicht nur meine Prinzipien, die einer Zusammenarbeit mit mir im Weg standen oder diese zumindest erschwert haben. Ich wollte nie der Morgen-Kasper sein und als solcher verheizt werden. Wollte immer Content kommunizieren, statt Linercards und Bild-Schlagzeilen lesen zu müssen, Gewinnspiele und Gewinne promoten und Abwechslung verkaufen zu müssen, die es nicht gab. Wollte Radio in erster Linie für den Hörer machen, nicht für den Werbekunden. Hörernah sein, statt unnahbar auf einer Bühne zu stehen. Inhalte kommunizieren, reden, wenn es was zu reden gab. Und das auch schon mal mehr als 90 Sekunden lang.
Diese Ansprüche habe ich durchzusetzen versucht und es gab auch immer Mitstreiter, die wie ich für etwas mehr „Qualität“, Lokalität, für Inhalte gekämpft haben, mein ehemaliger Morningshow-Producer bei Radio Salü Thorsten Wolf zum Beispiel, mit dem mich auch heute noch ein freundschaftlicher Kontakt verbindet. Vielleicht war ich schlicht der falsche Mann im falschen System, fühlte mich stets „reduziert“ auf wenige Attitüden, die einen typischen Morningshow-Host ausmachen, so, wie es sie in Deutschland hundertfach gibt – und sie klingen alle gleich: Nach „Lalala-heile-Welt-immer-gut-drauf“. Und in Aachen war’s letztlich noch banaler: Da wollte ich nur mein Geld. Und zwar pünktlich, regelmäßig und vollständig. Dort ging’s immer nur darum.
Ich war zumindest immer mir selbst gegenüber so konsequent, dann freiwillig den Platz zu räumen, wenn ich erkannte, dass ich diese Ansprüche nicht durchsetzen konnte, um mich selbst im Spiegel noch ertragen zu können – und bin dann immer gegangen, allerdings immer erst nachdem ich „Walli“-like mit allen Mitteln versucht habe, meine „Forderungen“ durchzusetzen.
Ich habe mich zu selten als „Dienstleister“ für einen Auftraggeber gesehen, das war vielleicht der Fehler… Mein Arbeitgeber war immer mehr der Hörer, als der Programmchef oder das Format…
So. Punkt. Ich habe die Dinge so zu akzeptieren, wie sie durch meine Art des Auftretens nun mal geworden sind. Privat und beruflich – ich bin verantwortlich dafür und muss die Suppe nun auslöffeln, auch wenn sie bereits kalt ist. Das aufzuarbeiten, zu verarbeiten, abzuschließen, gleichzeitig zu versuchen, neu anzufangen, nicht noch mehr zu verlieren, zu retten, was noch zu retten ist – das beschäftigt mich im Moment so sehr, dass ich vermutlich der erste Moderator bei radioNRW bin, der im Moment ganz ambitionslos froh ist, dort 10 Tage im Monat die unwichtigste Sendung moderieren zu dürfen, ohne Quotendruck, ohne aufzufallen… die Nacht. Und sich erstmals schlicht als „Dienstleister“ zu sehen, ohne in Frage zu stellen, ob das in meinen Augen so optimal ist, wie es gewünscht wird. Ohne aus dem Format auszubrechen und trotzdem das bestmögliche daraus zu machen.
Es wäre – wie gesagt - viel leichter, sich irgendwo, wo ich noch nicht war, zu bewerben und einfach weiterzumachen wie bisher.
Stattdessen sitze ich in Saarbrücken und fahre 360 km zur Arbeit, jede Woche für ein paar Tage. Weil ich hier näher an meinen Problemen bin, an denen ich Tag für Tag arbeite – weil ich nicht davor weglaufen möchte. Das hier gehört wohl mit dazu…
Das einzige, was mich hier wirklich gekränkt hat, ist, dass sich Leute unter Euch die Mühe machen, einen neue Benutzer zu registrieren, nur um dann was von meiner Homepage zu posten, die hier eh allen bekannt ist – nur, um es so aussehen zu lassen, als wolle ich mich mit falschen Nicks ins Gespräch bringen. Selbst die, die mich nicht mögen – und ich habe meine Solidarität mit Euren Ansichten ja bekundet – sollten wissen, dass ich das nicht machen würde. Ein bisschen Stolz ist mir noch geblieben, außerdem war mir das „sich hinter Nicknames verstecken“ in diesem Forum immer zuwider, wie ihr an meinen älteren Postings auch erkennen könnt – ich bin ich immer offen als der aufgetreten, der ich bin und wenn ich was zu sagen habe, dann habe ich das immer mit diesem (mir einzigen) Nick gemacht – so, wie jetzt auch.
Ich hoffe, ihr seht jetzt alle ein bisschen klarer und die Spannung und das Bedürfnis diesen Threat auf die persönliche Ebene und in teilweise verletzender Form weiter zu führen, ist etwas gesunken. Ich selbst bin gespannt, wie sich die Dinge entwickeln werden und wohin die Reise geht.
Grüße aus Saarbrücken,
Frank Wallitzek