AW: "Latrinenfunk" Folge angeblich geänderten Hörverhaltens?
> Immer wieder wird hier behauptet, geändetes Hörverhalten sei ursächlich für
> das heutige, in Deutschland vorherrschende Konzept einer Kombination aus
> infantilem Kasperltheater, Abzockspielchen und einer Minirotation der
> ausgelutschtesten Hits aller Zeiten.
Guter Beitrag! Aber eine Anmerkung: es ist durchaus eine Folge geänderten Hörverhaltens, wenn man dies als Entwicklung über längere Zeit versteht. Nach den vielen Jahren des Dudelfunks ist die Nachfrage nach anspruchsvolleren Musikprogrammen infolge mangelnder Alternativen einfach erlahmt. Die Hörer wurden an das bestehende Angebot gewöhnt, und die Sender gehen auch nur den Weg des geringsten Widerstandes, wenn sie genau diese Nachfrage weiter bedienen. Das ist der Ist-Zustand.
Dies bedeutet aber auch, das man die Hörer genauso gut wieder an andere Programme gewöhnen könnte - wenn man denn nur wollte! Daß dies geht, hat ffn vor 20 Jahren erfolgreich vorgemacht: der Sender verstand es, seine Hörer an seine eigene, an unbekannteren Künstlern ausgerichtete Musikfarbe zu gewöhnen und so mit dem damaligen Marktführer NDR2 quasi gleichzuziehen.
Sendelizenzen sind inzwischen nichts anderes ein reines Wirtschaftsgut. Ein Programm darf soundsoviel kosten und bringt, beispielsweise mit AC, Gewinnspielchen und Gedöns bestückt, ungefähr soundsoviel Rendite. Jede Abweichung vom Formatradio oder sonstwie geartete Versuch, etwas ambitionierteres auf die Beine zu stellen, stellt ein unkalkulierbares unternehmerisches Risiko dar, von dem man denkt, daß dies von den Programmverantwortlichen den Investoren gegenüber nicht verantwortet werden könne. Eine Zwickmühle, die nicht unbedingt zu Hoffnung Anlaß gibt.
In der Anfangszeit des Privatradios in Deutschland war die Methodik des Geldverdienens mit dem Radio weit weniger entwickelt, was den Programmachern mehr Freiräume ließ.