Lesetipp: ZEIT-Dossier ""Rettet das Radio!"

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Ich denke, da ist sehr wohl was wahres dran, wenn jemand behauptet, dass die (Mehrheit der) deutschen Radiohörer das Programm so wollen, wie es ist. Denn Radio spielt nur eine absolute nebensächliche Rolle: Wichtig ist die Information am Morgen und ein bisschen Verkehrsinfo und Unterhaltung im Auto. Als Dudler im Hintergrund wird Radio schon fast überhaupt nicht mehr eingesetzt, da hier eben ein einfacher PC als Jukebox bessere Dienste erweist. Richtige "Radiohörer" gibt es nur noch sehr wenige und für die gibt es schon noch ein paar wenige (öffentlich-rechtliche) Sender, die mit gelegentlichen aus dem Mainstream-abweichenden Sendungen aufwarten.

Würde bei uns ein Programm klingen, wie die Briten, die Holländer, die Spanier oder sonstwer im Ausland, es würde gleich gemeckert, wie ich so manche "Normalmenschen" in meinem Umfeld beim Hören solcher Stationen erlebt habe, dass die viel zu viel labern, dass da lauter Musik kommt, die sie nicht kennen, etc.

Allerdings will ich das nicht den Deutschen Genen oder sonstigen Ursprüngen anlasten, sondern wir wurden nunmal in Deutschland zu dem Radio herangeführt, das uns jetzt in unserem Leben begleitet. Ausserdem brauchen wir auch immer etwas zum meckern. Wäre das Radio anders, würden wir auch darüber klagen und meckern...

Und solange sich mit dem deutschen Prinzip des Formatradios Geld machen lässt und demnach für das Unternehmen Radiosender alles gut läuft ist alles andere egal. D.h. weiter versuchen, einzusparen wo es geht (also an der Qualität und Quantität) und trotzdem noch genauso viel Werbung vermarkten. Solange alle das gleiche Prinzip anwenden, bewegt sich alles in einem kalkulierbaren Rahmen und es gilt einfach des Rennen um ein paar Quotenpunkte mehr.

Solange Fernsehsender wie Neun live zeigen, wie man heutzutage in den Medien Geld macht, solange wird es auch den Dudelfunk geben, bzw. vielleicht sogar noch viel extremere Formen.

Trotzdem, dass hier eine Sache übersehen wird, muss auch erwähnt werden: Es wird nur der Nutzerkreis betrachtet, der für solche Angebote ansprechbar ist. Der mag zwar gewinnbringend, gut beeinflussbar, etc. sein. Aber jede Statistik und jede Befragung hat ihre gesteckten Grenzen und kann niemals das Ganze erfassen. Vielleicht liegt ausserhalb der Grenzen etwas, das noch viel mehr (ein)bringen kann? Das wird, wie so immer, ausser Acht gelassen, denn das würde ja ein Risiko bedeuten, und wäre ein blose Theorie, die nicht getestet, gemessen oder irgendwie fundiert wäre.

Zum Schluss noch ein paar kurze Worte zu den öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten: Die Angleichung zu den Privaten geschah größtenteils im Kampf um die Hörer (Quote). Demnach bevorzugten vor einer Veränderung der öffentlich-rechtlichen Programmangebote die Mehrheit der Hörer einen Privatsender mit seiner engeren Rotation und seinem "Format" inklusive "gut-gelaunten" Moderatoren und Claims etc.
Es klingt "frischer", "hipper", "gestylter", "runder", "moderner", etc.

Fragt doch einfach mal zum Test einfach ein paar Passanten auf der Strasse, und lasst euren Bekanntenkreis mal aussen vor. Ok, ihr müsst natürlich viel Glück haben, auch Leute zu finden, die Radio hören...

Allerdings wird iPod und Co. nicht das klassische Radio ersetzen, denn das Radio bietet noch ein paar Dinge, die (bislang) kein individueller Player bieten kann: Aktuelle Informationen, Music-Product-Placement (d.h. über das Radio bekomme ich erst vermittelt, welche neuen Lieder ich auf meinen iPod laden möchte!), und ein gewisses Gemeinschaftsgefühl (bei Aktionen und Gewinnspielen z.B. -> "ich bin dabei", "ich gehöre dazu", "ich bin auch ein XYZ Hörer"). Letzteres allerdings inzwischen sehr beschränkt, weil dieses Grundbedürfnis leider immer mehr verkommt. Die steigenden Singles-Zahlen zeigen ja schön auf, wie wir immer mehr vereinsamen, und da sind solche technischen Entwicklungen mitunter nicht ganz unschuldig daran.

So, jetzt aber genug. Ich könnte noch stundenlang weitermachen, aber das will sicherlich keiner mehr lesen... ;)
Aber das, was gesagt wurde, musste gesagt werden. Ich war nämlich über den Artikel höchst erfreut und habe endlich mal wieder etwas, was ich ggfs. zitieren kann.
 
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Allerdings wird iPod und Co. nicht das klassische Radio ersetzen, denn das Radio bietet noch ein paar Dinge, die (bislang) kein individueller Player bieten kann: Aktuelle Informationen, Music-Product-Placement (d.h. über das Radio bekomme ich erst vermittelt, welche neuen Lieder ich auf meinen iPod laden möchte!), ...

Wenn Du den Zeit-Artikel richtig gelesen hättest, dann wüsstest Du, dass diese Beschränkung bereits aufgeweicht wird und bald nicht mehr existiert.
 
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@junkfm
7% in augsburg hören anstelle mainstream rock antenne.
glaubst du nicht, eine solche zahl an rockhörern findet sich auch andernorts?
 
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Frischling & Grenzwelle, mag ja sein, dass der Branchenkenner das schon weiß, aber auch der nichtbranchenkennende ZEIT-Leser weiß es längst, er hat ja sein Blättchen regelmäßig aufmerksam gelesen. Aber egal, war ja nur meine bescheidene Meinung zu der Tatsache, dass seit Jahren die inhaltlich gleichen Artikel durch die Presse geistern. Das ist, finde ich, auch ganz ohne Branchenkenntnis genauso langweilig wie die andere Themen, die manche Medien mit beständiger Regelmäßigkeit wiederkäuen, ohne dass sie besser werden oder auch nur in Ansätzen Neues bringen.
 
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beobachterchen das stimmt schon! Es gibt so viele Zeitungen und andere Printmedien. Viele käuen immer das Gleiche weder. Aber so ist das nun mal. Nur deswegen ist nicht ausgerechnet diese Dossier schlecht. Das meinte ich nur.
 
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Ich möchte widersprechen :)

Das Thema "Radiosender, ihre Ausrichtung, Formatierung & Co." wird mitnichten in den Printmedien, die sich nicht an Radioleute richten, regelmässig oder häufig wiedergekäut.
Und wenn, dann eher selten so ausführlich wie im hier diskutierten Artikel.

Wann gab es denn das letzte ZEIT-Dossier zu diesem Thema ? Ich muss gestehen, ich war ein lange Zeit abstinenter ZEIT-Leser ( aus diversen Gründen, die den Rahmen hier sprengen würden ).
Ich erinnere mich an gelegentliche Feuilleton-Ergüsse, an viel mehr leider nicht....
 
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...ohne dass sie besser werden oder auch nur in Ansätzen Neues bringen.

Das stimmt im konkreten Fall nicht. Insbesondere der Ausblick auf innovative Technologien ist neu und nicht das ewiggleiche Jammerlied vom Dudelradio.

Bezeichnend fand ich auch, dass der Programmchef von Radio Hamburg keine Hemmungen hatte, zuzugeben, dass er mit seinem Konzept des abgegebenen Geschmacks die meisten Hörer hat und Geld verdient (Warum sollte er auch?), während sich die Zeit vom öffentlich-rechtlichen Rundfunk mit Allgemeinplätzen aus der Pressestelle abspeisen lassen musste.
 
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Eigentlich ist es eher merkwürdig, warum in vielen Sendern der Informationsgehalt so gering ist. Schließlich ist schnelle und aktuelle Berichterstattung heute so preisgünstig wie nie zu haben. Per Laptop und ISDN-Anschluß lassen sich Live-Einblendungen in wunderbarer Qualität realisieren. Davon hat man vor 20 Jahren noch geträumt!

Ich frag' mich, warum manche Lokal- und Regionalsender überhaupt noch Hörer haben. Für die Musikberieselung brauche ich ganz sicher kein Radio. Bin ich ein Ausnahmefall? In der Altersklasse um die 40 sicher. Aber wer unter 20 hört eigentlich noch Radio? Da gehören MP3-Player zur Standardausrüstung.

Was MP3-Player nie ersetzen können ist eine pfiffige Regionalberichterstattung.
 
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Dem ist soweit durchaus zuzustimmen. Dummerweise macht er sich mit diesem Lapsus selber angreifbar:
http://fm4.orf.at/blumenau/192497/main schrieb:
Die 16 Bundesländer sind im öffentlich-rechtlichen Bereich in sieben Einheiten zusammengeschlossen (BR, SWR, HR, WDR, NDR, RBB, MDR).
 
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Ich finde den Punkt nicht, dem ich zustimmen würde, oder den ich ablehnen könnte. Blumenau hat den Zeitartikel wiedergekäut, will ihn kritisieren und weiß nicht recht, wie.

Ist sicher auch schwer, wenn man bei FM4 quasi im Wolkenkuckucksheim arbeiten darf und sich mit Begriffen wie Stundenreichweiten, Research und Redundanz gar nicht auseinandersetzen muss.
 
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Und hier die Reaktion des NDR-Rundfunkrates:
Der NDR Rundfunkrat nahm mit großer Empörung den am 24.02.2005 in der "Zeit" erschienenen Artikel mit dem Titel "Rettet das Radio" zur Kenntnis. Die Vorsitzende des NDR Rundfunkrates bezeichnete den Artikel als "Paradebeispiel für eine journalistische Entgleisung".
 
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Die Vorsitzende des NDR Rundfunkrates bezeichnete den Artikel als "Paradebeispiel für eine journalistische Entgleisung".

So viel Lob vom NDR-Rundfunkrat hätte ich dafür gar nicht erwartet! :D
 
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Die Damen und Herren des NDR-Rundfunkrates haben also reagiert. Das beruhigt mich zutiefst, auch die Art der Reaktion. Solche Reaktionen zeigen oft nur eins: Treffer - und zwar voll rein in die bekannte, aber gern geleugnete Wunde.
 
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