AW: Medien inklusive Radio völlig grundlos frauenfixiert
Mein lieber Tom,
erstmal herzlichen Dank für diesen köstlichen Thread! Habe in der letzten Zeit selten so viel Spaß gehabt beim Lesen wie hier und mußte ständig an die Blue-Oyster-Bar aus den "Police Academy"-Filmen denken. Damals, als ich 18 war und die Filme sah, hatte ich bei diesen Szenen nur so ein seltsames kribbelndes Gefühl, 10 Jahre später hatte ich einiges von der dazugehörigen "Ausstattung" im eigenen Schrank, ich bin also nicht ganz außenstehend und auch nicht ganz abgeneigt.
Dennoch paar ernstgemeinte Worte von mir, auch wenn sich das eigentlich schon nach Deinem Eröffnungsposting weitgehend verbietet.
Warum wird im Radio und den anderen Medien - ich kann und will es nicht mehr hören - immer nur von schönen Frauen berichtet?
Wird es das überhaupt? Ich bin nun inzwischen ein sehr sparsamer Mediennutzer, faktisch kein TV und nur noch selten Radio. Die Programme bzw. die Sendungen, die ich da nutze, berichten eigentlich gar nicht speziell über "schöne Menschen", also auch nicht über "schöne Frauen". Zumindest steht das nicht im Fokus von kulturell angehauchten Sendungen und auch nicht im Fokus ernstzunehmender Nachrichten / Beiträge.
Wo ich hingegen mitbekomme, wie heftig von sogenannnten "schönen Frauen" berichtet wird: auf der GMX-Startseite beim Einloggen, wenn ich von unterwegs auf meine Emails zugreife. Das, was ich dann zu sehen bekomme, hat aber leider in fast allen Fällen absolut nichts mit wirklicher Schönheit zu tun. Das sind Wichsvorlagen für sabbernde heterosexuelle Männer (vielleicht auch für verklemmte, nicht sabbernde heterosexuelle Bürohengste) und "so-wär-ich-gern"-Vorlagen für instabile junge Frauen. Schließlich muß das Geschäft mit Markenklamotten, Schminke, Schmuck bis hin zu chirurgischen Eingriffen doch am Leben gehalten werden.
Aber sorry, die meisten der dort auf die Startseite zum nicht-übersehen-können hingekleisterten Fotos von "Top-Models" (ja, auch GNTM) und "Superstars" zeigen alles mögliche, oft richtig abstoßendes, aber keine Schönheit. Wirklich nicht. Schönheit ist was anderes als aufgeklebte Fingernägel, die aussehen, als habe man große Mistkäfer getötet, den Chitin-Panzer runtergerissen und sich auf die Finger geklebt. Schönheit ist was anderes als zugepuderte, zugekleisterte Gesichter mit dunkel nachgezogenen Augenhöhlen, die aussehen, als habe die Frau erst mit der Faust eins reinbekommen und dann stundenlang geheult. Ja, "trendige" junge Frauen, die sich sehr an Privat-TV und den allgemein angesagten Massen-Hypes orientieren, halten das tatsächlich für attraktiv und erscheinen dann auch mal zur Firmen-Weihnachtsfeier wie ein überaus häßliches Gespenst, das ob seiner dunkel umrandeten Augenhöhlen gewisse optische Ähnlichkeiten zu einem im Kriegsgebiet durch Beschuß seine Fensterscheiben verloren habenden Haus hat. Oder sie sitzen glasiert wie Porzellanpuppen im Büro. Ich kenne da die unfassbarsten Entgleisungen aus eigenem beruflichen Erleben. Faustregel dabei: je weniger man real mit solchen Leuten anfangen kann und je weniger an intellektuellem Potential drinsteckt, umso heftiger die Fassade. Da werden Hosen einer bestimmten Marke ("G-Star") zur "Religion". Es können trotzdem ganz umgängliche, liebe Kolleginnen sein, aber das Gefühl von "andere Welt" bleibt immer und verhindert jedes weitergehende Interesse an ihnen. Mit Schönheit hat das nichts zu tun, das ist alles nur Oberfläche. Und die Oberflächen-Medien stürzen sich halt da drauf, damit die auf Oberflächen fixierten Menschen was zum Festhalten haben.
Ich kenne durchaus schöne Frauen, besonders eine - kein Wunder, daß es die ist, wegen der ich seit Monaten nicht mehr schlafen kann, weil ich weiß, wie unerreichbar sie für mich ist. Bei ihr zu Hause im Badezimmer ist ein Stück rissige braune Kernseife beinahe das einzige aus der Rubrik "Haushaltschemie". Statt weißer Nuttenstiefel gibt es Wanderschuhe, die zu ihrem Erstaunen schon 10 Jahre lang mitmachen, im Sommer gibt es Sandalen, aber welche, die wald-und-wiesen-kompatibel sind. Wenn die Jeans ein Loch hat, kommt ein Flicken drauf, fertig. Vielleicht kannst Du Dir bei soviel Jagd auf Fassaden nicht vorstellen, wie wunderschön es ist, so einer Frau gegenüberzustehen, in ein lebendiges, liebevolles, ungeschminktes Gesicht zu schauen, die lebendigen, leuchtenden Augen zu sehen, die schon Anfang 30 langsam grau werdenden Haare zu mögen und sich in jedes Fältchen zu verlieben. Sich zu wünschen, ihre von Gartenarbeit rissigen Hände berühren zu dürfen, mit ihr wandern zu gehen oder Zelturlaub zu machen. Mit ihr und ihrem wundervollen kleinen Sohn die Natur zu entdecken oder was gesundes zu kochen.
Das ist wahre Schönheit! Frauen, die so wunderschön sind wie eine von Menschen noch nicht zerstörte Landschaft. Frauen, mit denen man sich so gerne geistig und seelisch austauscht, daß ein Gedanke an den Austausch von Körperflüssigkeiten gar nicht erst aufkommt. Frauen, die für eine "Wichsvorlage" viel zu schade sind. Zumindest ich kann das sehr präzise trennen. Und ich kann - nun weiß ichs ja - solche Frauen lieben und muß mir nicht weiter einreden, wohl doch schwul zu sein, bloß weil ich in meinem Leben bis hierhin keine Frau kennengelernt hatte, die ich gerne ein zweites mal angeschaut hätte. Ich wäre lieber mit dieser Frau zusammen als mit dem geilsten Kerl, mit dem ich bisher Körperkontakt hatte. Immer hat dabei etwas gefehlt, gefunden habe ich das Entscheidende bei dieser Frau.
Um Mißverständnissen vorzubeugen: ich finde Kerle durchaus auch heute noch "geil", aber da muß es schon um bestimmten Fetisch gehen. Es geht also letztlich nicht um den Menschen, sondern um irgendwelche Dinge. Und das ist keine Basis für eine dauerhafte, erfüllende Beziehung.
Klar, es gibt auch Männer, die ich auf anderer Ebene mag - und einen, den ich sogar liebe: meinen besten Schulfreund. Aber da ist es auch wieder die Ebene, die ich bei dieser Frau beschrieb. Einen "Schönheitspreis" nach gesellschaftlich anerkannten Mainstream-Kriterien würde er ebensowenig gewinnen wie daß er ob seines zurückgezogenen, bescheidenen Lebensstils irgendwo medial präsent sein könnte.
Tom, vergiß es einfach mit der Präsenz von "schönen Frauen" in den Medien. Sind sie meist nicht, sind meist nur Fassaden. Dagegen hilft eine gewissenhaftere Auswahl der Medien.
Um es richtig krass zu machen: in der TV-Reihe "Lebenslinien" gab es in den 90er Jahren einen Film über zwei alte Schwestern, die gemeinsam eine Sägemühle betreiben, auf dem technischen Stand von vor 100 Jahren.
„Der Herrgott weiß, was mit uns geschieht – Die Schwestern von der Albmühle“ hieß der Film, er zeigt zwei real schöne Menschen - trotz der im hohen Alter komplett abhanden gekommenen Zähne, trotz aller Falten, trotz gebeugten Körpers. Wenn ich die Zeit zurückdrehen könnte, die beiden hätte ich gern kennengelernt, dort, in ihrer Mühle. Dafür hätte ich jedes "Meet and Greet" mit Lady Gaga abgesagt (gut, das hätte ich auch so nicht wahrgenommen).
Falls sich der Film mal wieder nachts in eines der Dritten verirren sollte, schau ihn Dir an und lerne wahre Schönheit kennen. (Ja, ich weiß: schon wieder Frauen, aber immerhin keine Wichsvorlagen.)
Die Mehrheit der Künstler, Wissenschaftler und Welteroberer (die, die uns aus der Wiege der Menschheit - Afrika - herausgeführt und zu anderen Erdteilen gebracht haben) waren und sind Männer.
Und?
In der Wiege begleitet wurden die meisten von uns aber von... Frauen. Hoffentlich nicht von solchen, wie sie medial heute so präsent sind.
[Mann]
Sein Verhalten in der Öffentlichkeit ist auffälliger - im positiven Sinn. Nur bei ihm wirken lässige Posen. Er sitzt auf coolen Motorrädern, bewegt coole Schlitten.
Und?
Wärmt das Herzen? Tröstet und ermutigt das Kinder?
Der schönste Mann, den ich kenne, ist nicht lässig, sondern demütig. Er ist nicht cool, sondern liebevoll. Der beste Vater, den ich mir vorstellen kann. Er hat 2 kleine Söhne.
Übrigens: eine Frau Anfang 30, die mit der Sense umzugehen weiß, kann auch sehr "cool" wirken... hinterläßt bei mir definitiv den angenehmeren und bleibenderen Eindruck als eine, die weiß, wie man mit einer Wii umgeht.
Der Männliche Körper ist viel knackiger und strammer: Dafür sorgen fette Muskeln und sein breites Kreuz. Er hat eine viel markantere, dominantere und damit viel präsentere Ausstrahlung.
Und?
Es gibt Fälle, wo ich bei solcher Präsenz einfach nur den Raum verlassen möchte. Wenn diese Präsenz nur dem Selbstzweck oder der Machtdokumentation dient, kommt dabei selten was wirklich wertvolles raus.
Er hat die größere Fangruppe: Alle Frauen und ein Großteil der (schwulen und bisexuellen) Männer.
Zumindest ich bin "Fan" von Menschen, unabhängig von den primären Geschlechtsmerkmalen. Da sind andere Kriterien entscheidend.
Zum Sex kann man ja, wenns nicht anders geht, immer noch wahlweise eine Prostituierte nehmen oder den knappen Lederfummel anziehen und in den Darkroom gehen. Aber was hat das jetzt mit "Schönheit" zu tun? Im Darkroom isses nicht ohne Grund weitgehend dunkel...