LiebesGrauen,
meinem Eindruck nach wirfst du ein paar Dinge durcheinander. Die journalistische Qualität ist weit weniger subjektiv, als du es darstellst. Ein Kriterium ist sicher die Lesbarkeit. Da mögen FAZ, ZEIT und Süddeutsche hinter BILD bleiben, was allerdings allein eine Frage der Lesefähigkeit des Rezipienten ist. Mir - ganz subjektiv - fällt es wesentlich leichter, einen Artikel der Süddeutschen zu Ende zu lesen als einen BILD-Artikel, und ein ZEIT-Artikel liest sich für mich leichter als ein FAZ-Artikel. Wenn ich das mal so ganz grob sage.
"Journalistisch gut", das betrifft die von postit genannten Kriterien. Ob Leser mit dieser journalistischen Qualität etwas anfangen können und ob Journalisten in der Lage sind, ihre recherchierten Ergebnisse leserfreundlich zu formulieren/präsentieren, das ist zweierlei und lediglich ein Teilkriterium.
Journalistische Qualität unterliegt, wie jeder Qualitätsbegriff, nachvollziehbaren und damit überprüfbaren, was inkludiert: objektivierbaren Kriterien.
Den Journalisten als "4. Macht" in einer Demokratie kommt deshalb eine andere und verantwortungsvollere Aufgabe zu als die, Produkte zu erstellen, die "dem Fisch schmecken". Wer letzteres zu seinem Kernziel erklärt, macht - und genau das ist es, was du augenscheinlich meinst und bzgl. BILD auch selbst sagst - UNTERHALTUNG. Unterhaltung und Journalismus schließen sich nun nicht zwingend aus, scharf zu trennen sind sie dennoch. BILD fokussiert den Unterhaltungswert und sortiert Themen anscheinend nach eben diesem. Unter dieser Prämisse wird dort Journalismus betrieben. Journalistische Arbeit, die nicht unterhaltend/boulevardesk aufbereitet werden kann, kommt nicht ins Blatt.
Andere Zeitungen stellen sich unter die Prämisse des Journalismus und versuchen die Ergebnisse möglichst unterhaltend zu präsentieren. Aber es gilt die alte Regel: Das Thema gibt die Form vor - und schließt damit manchmal die unterhaltende Form aus.
Ob "Heinz" BILD informativer findet als die FAZ, das möchte ich bezweifeln, wenngleich treffend sein dürfte, dass er sich von BILD mehr informiert fühlt. Denn die FAZ liest er kaum, da kann sie ihn nicht informieren. "Das ist mir zu viel und zu hoch, auch wenn sicherlich mehr drin steht. Da lese ich lieber BILD, das geht wenigstens schneller." So darf man sich das wohl vorstellen.
Ob zudem ein BILD-Leser durch BILD "grob über alles wichtige in der Welt bescheid" weiß, auch das wage ich sehr zu bezweifeln. Diese Sicht der Dinge ist lediglich die des (reinen) BILD-Lesers. Um sich von dieser Sicht kurieren zu lassen, muss er mal die FAZ lesen oder die ZEIT oder die Süddeutsche, hin und wieder auch mal den Spiegel, gerne auch dir FR, Stuttgarter Zeitung, Neue Zürcher Zeitung etc.
Das zu lesen, mag für ihn viel, viel Arbeit sein, aber danach wird er wissen, dass die Welt mehr ist als BILD und diese ihn zwar unterhält, aber kaum informiert. db