Also... wo soll ich denn eigentlich anfangen?
Erstmal MTV. Das die keine schwarze Musik gespielt haben sollen in der Anfangszeit ist eine Legende. Richtig ist, dass man bei der US-Mutterversion von MTV schwarze Musik in den ersten zwei Jahren (1981-83) nur ausserhalb des Tagesprogramms sendete. Das gehörte aber mehr oder weniger zum Konzept des damaligen Programms. Dieses soll sich schlagartig nach einem Live-Interview mit David Bowie geändert haben. Davon abgesehen kam man ab Anfang 83 auch an dem damals bekanntlich noch schwarzen Michael Jackson ohnehin nicht mehr vorbei.
In Europa konnte zu der Zeit höchstens eine Handvoll Leute etwas mit dem Begriff MTV anfangen, denn MTV Europe startete erst 1987 und die deutschsprachige Version kam erst weitere 10 Jahre später. 1985 dürfte sich so mancher beim Hören des Dire Straits-Hits "Money for nothing" klammheimlig gefragt haben, wovon Mark Knopfler da eigentlich singt... " Now look at them yo-yo's, that's the way you do it, you play the guitar on the MTV. That ain't workin', that's the way you do it, money for nothin' and your chicks for free."
Was die Musik von Michael Jackson angeht, müßte man dann auch noch ein paar Sachen gerade rücken. Von Quincy Jones allein wurde lediglich ein einziges Album von Michael Jackson produziert, das hierzulande eher unbedeutende fünfte Solo-Album von Jackson "Off the wall", 1979. Bei "Thriller", 1983, war Jones zwar immer noch Produzent, Jackson hatte aber erheblich mehr Einfluss auf die Produktion genommen, weil er bei einigen Titeln als Co-Produzent agierte. Davon abgesehen war "Thriller" auch ein ziemlich deutlicher Bruch, denn auf den Vorgänger-Alben waren wesentlich mehr Discoklänge zu hören. Auf "Thriller" ist deutlich wahrnehmbar, wie verschiedene Musikstile kombiniert werden. Davon völlig unabhängig haben an "Thriller" auch nicht gerade wenige Musikgrößen der damaligen Zeit erheblichen Anteil: Eddie van Halen, fast die gesamte Band Toto, bei "The girl is mine" singt Paul Mc Cartney mit... usw.
Beim darauffolgenden, letzten von Quincy-Jones (mit-)produzierten Jackson-Album "Bad" ist es nicht viel anders. Wieder die halbe Toto-Band an den Instrumenten, Steve Stevens (Gitarrist von Billy Idol und Robert Palmer), bei "Just good friends" singt Stevie Wonder mit... usw. Bei "Bad" agierte Jackson bereits offiziell als Co-Produzent.
Bei allen weiteren Michael-Jackson-Alben variierten die Co-Produzenten. Quincy Jones ist aber nicht mehr dabei. Beim "History"-Album (1995) und bei "Invincible" (2001) taucht unter anderem R. Kelly als Co-Produzent auf, der seit geraumer Zeit bekanntlich ebenfalls dem Vorwurf sexuellen Mißbrauchs Minderjähriger ausgesetzt ist. Übrigens war wohl auch hier die Ursache für die Wiederaufnahme der Ermittlungen eine TV-Doku namens "Surviving R.Kelly", welche ganze sechs Stunden lang ist. R. Kelly lebt noch und kann sich jederzeit entsprechend äußern dazu, Michael Jackson nicht.
Nun kann man sich natürlich lange streiten, ob das alles so war oder nicht, was da in der HBO-Doku alles gesagt wurde. Ich persönlich fand das teils sehr erschütternd. Aber Jackson kann sich nunmal nicht mehr wehren. Und bestraft werden kann er letztlich auch nicht mehr.
Insgesamt ist das musikalische Werk von Michael Jackson schon sehr beachtlich, jedenfalls beachtlicher als hier mancher tut bzw. tat. Wer sich mal die Mühe macht und sich einige Songs jenseits der bekannten Hits anhört, wird da auch eine Menge musikalische Vielfalt entdecken. Vielleicht sollten Radiosender mal davon mehr spielen und nicht immer nur die gleichen abgedroschenen Stücke.