Musik vor 1980 verschwindet immer mehr ins Internet

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Halte ich für eine ziemlich steile These, auch wenn's nur um den Mainstream geht.

Gruß
Skywise

Ich glaube, dass die Unterschiede viel größer geredet werden als sie sind - egal ob im Mainstream oder bei weniger Bekanntem. Oder erklär' Du mir mal eine Differenz zwischen Bee Gees "You Should Be Dancing" und Lykke Li's "I Follow Rivers (The Magician Remix)" - nur als Beispiel.

Wir sind ohnehin in einer Zeit, in der das Alter von Titeln eine nicht mehr so große Rolle spielt. Die 70er hat man schon vor zwanzig Jahren aus dem Radio verbannen wollen (und sie spielen glücklicherweise doch noch eine erhebliche Rolle), an die 80er geht man bis heute nicht dran, obwohl die ältesten Titel mittlerweile 37 Jahre auf dem Buckel haben. Es wurden in den vergangenen 60 Jahren einfach zu viele einprägsame Songs produziert, auf die niemand verzichten möchte. Und auf die auch genügend junge Menschen stehen (dank Streaming-Dienste ist ja vieles zugänglich). Es wird ja schon bei regelmäßigen Cover-Versionen oder Neuinterpretationen von Songs deutlich. Warum also nicht einfach eine Koexistenz neuer und "alter" Lieder? In den Claims ist der Jahrzehnte-Wahnsinn ja schon größtenteils verschwunden (Ausnahmen bestätigen die Regel). Ich kann jetzt nur für mich sprechen, aber sowohl bei Spotify als auch bei meiner eigens gesammelten Musik funktioniert dies wunderbar.
 
Ende der 90er Jahre sind ja die -meist privaten- Oldiewellen wie die Pilze aus dem Boden gesprossen..z.B. RTL-Der Oldiesender, Oldie 95, oldie.fm, etc. Jene sind dann aber kurz nach der Jahrtausendwende mehr oder weniger sang- und klanglos eingegangen bzw. umformatiert worden, eben weil sie niemand mehr eingeschaltet hat, oder weil sie eben nach Meinung der Macher wohl nicht genug Hörer hatten, um sie wirtschaftlich betreiben zu können. Die Antenne Niedersachsen war in ihren ersten Jahren auch sehr "oldielastig" und hat sich damit noch wirklich vom progressiven örtlichen Konkurrenten ffn abgesetzt und diesen zeitweise damit in der Hörergunst sogar überholt. Und heute? Dem geneigten Oldiefreund sei selbst nach dem Verschwinden legendärer Oldiensendungen (wie z.B. Yesterday auf WDR 2) aber (immer) noch das Programm von Bremen Eins zu empfehlen, die spielen leider vermehrt auch nur noch immer dasselbe, aber mit der Oldiebörse immerhin ein letzter Anker in der oldielosen Senderwelt. Die Frage ist nur, wie lange noch.
 
Ich glaube, dass die Unterschiede viel größer geredet werden als sie sind - egal ob im Mainstream oder bei weniger Bekanntem. Oder erklär' Du mir mal eine Differenz zwischen Bee Gees "You Should Be Dancing" und Lykke Li's "I Follow Rivers (The Magician Remix)" - nur als Beispiel.
Na ja, nenne mir das musikalische Pendant zu ... wen haben wir denn aktuell ... zu Bausa "Was du Liebe nennst" (Single-Charts Nr. 1) oder Luciano "Eiskalt" (Alben-Charts Nr. 4) aus den Tagen des Saturday-Night-Fever-Soundtracks.
Klar, es gibt schon viele Sachen, die heute retro sind, die als Abziehbild eines Hits von anno dazumal durchgehen. Aber so gleichgebügelt sind die Sachen halt leider auch nicht, daß man das Jahrzehnt nicht mehr erkennt.

Wir sind ohnehin in einer Zeit, in der das Alter von Titeln eine nicht mehr so große Rolle spielt.
Da bin ich mir offen gestanden nicht so sicher. Das hängt aber auch mit meiner Einschätzung zusammen, daß sich die Hörgewohnheiten anno '77 radikal von denen anno '17 unterscheiden. Ich glaube, der Verschleiß an Musik ist heute allgemein höher, da der Konsum oberflächlicher geworden ist, und Flatrates, schnelle Verfügbarkeit und vor allem der Zugriff auf internationale Quellen tragen deutlich ihren Teil dazu bei, daß der Musikgeschmack individueller geworden ist. Aber ich glaube auch, daß ein Titel aus dem Jahr 1940 ob seiner suboptimalen Tonqualität heute allgemein eher ein Schattendasein fristet.

Die 70er hat man schon vor zwanzig Jahren aus dem Radio verbannen wollen (und sie spielen glücklicherweise doch noch eine erhebliche Rolle), an die 80er geht man bis heute nicht dran, obwohl die ältesten Titel mittlerweile 37 Jahre auf dem Buckel haben. Es wurden in den vergangenen 60 Jahren einfach zu viele einprägsame Songs produziert, auf die niemand verzichten möchte.
Hm. Also - ja, richtig. Verbannt hat man die 70er & Nachfolger nicht, aber doch arg ausgedünnt und zumindest in Sachen 70er und 80er zu einem musikalischen Klischee gemacht, das das jeweilige Jahrzehnt so definitiv nicht verdient hat. Und die einzelnen Interpreten ohnehin nicht.

Und auf die auch genügend junge Menschen stehen (dank Streaming-Dienste ist ja vieles zugänglich).
Mag sein. Allerdings weiß ich zugegebenermaßen nicht, wie die jungen Leute heutzutage so drauf sind mangels Kontakt in die pubertären Altersstufen. In meiner eigenen Jugend herrschte unter meinen Altersgenossen größtenteils die Einstellung "Was interessiert mich die Scheiße, zu der meine Eltern oder Großeltern abgegangen sind, ich will den angesagtesten Hit von heute", nenn's meinetwegen unsere Ausprägung des Generationskonflikts. Und es würde mich wundern, wenn es heute arg anders wäre.

Warum also nicht einfach eine Koexistenz neuer und "alter" Lieder?
Absolut nichts dagegen. Aber dann bitte nicht per Zufallsgenerator von der Festplatte, sondern mit einem Redakteur im Hintergrund, der über Fingerspitzengefühl und/oder Humor verfügt. Und trotzdem glaube ich nicht, daß jeder die Kluft zwischen den Carpenters, Black Sabbath, Mariah Carey und Bushido zu überwinden bereit ist ...

Ich kann jetzt nur für mich sprechen, aber sowohl bei Spotify als auch bei meiner eigens gesammelten Musik funktioniert dies wunderbar.
Ich kann leider jetzt nur für meinen Musikserver sprechen, aber da sind halt auch schon ein paar hunderttausend Lieder drauf: bei mir funktioniert das auch wunderbar, mal von ein paar Kollateralschäden auf diversen Alben mal abgesehen, aber all diese Titel haben halt ein zentrales Bindeglied, nämlich mich selbst. Ich weiß genau, was mich mit Udo Jürgens verbindet, mit Van Halen, John Coltrane, Vangelis, Gisbert zu Knyphausen, den Comedian Harmonists, Battle Beast, Brian Setzer, Wolfgang Amadeus Mozart, Franz Thon oder Meredith Monk. Ich weiß sehr genau, warum ich bestimmte Lieder von Maria Hellwig auf dem Server habe, von Rick Astley, Hukwe Zawose oder von Marek Grechuta & Anawa. Aber ich verstehe jeden, dem die Mischung zu extrem ist, wenn ich keine Überleitung schaffe, denn - meine Brücken sind nicht seine Brücken.

Gruß
Skywise
 
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Na ja, nenne mir das musikalische Pendant zu ... wen haben wir denn aktuell ... zu Bausa "Was du Liebe nennst" (Single-Charts Nr. 1) oder Luciano "Eiskalt" (Alben-Charts Nr. 4) aus den Tagen des Saturday-Night-Fever-Soundtracks.
Klar, es gibt schon viele Sachen, die heute retro sind, die als Abziehbild eines Hits von anno dazumal durchgehen. Aber so gleichgebügelt sind die Sachen halt leider auch nicht, daß man das Jahrzehnt nicht mehr erkennt.

Ich habe mit Absicht zwei "Disco"-Titel gegenübergestellt, um darzulegen, dass sich bestimmte Stile, abgesehen vom Alter des Titels, gar nicht so besonders voneinander unterscheiden, das Alter also nur bedingt eine Rolle spielen muss. Zwei unterschiedliche Genres lassen sich meist nur schwer gegenüberstellen, egal ob die Werke jung oder alt sind.

Zu allem anderen muss ich morgen antworten, da ich momentan keine Zeit habe, ich Dir aber, weil Du Dir auch so eine Mühe gemacht hast, auf jeden Fall ausführlich antworten möchte. :)

Nur so viel vorab (und da bin ich bei Dir):
Absolut nichts dagegen. Aber dann bitte nicht per Zufallsgenerator von der Festplatte, sondern mit einem Redakteur im Hintergrund, der über Fingerspitzengefühl und/oder Humor verfügt. Und trotzdem glaube ich nicht, daß jeder die Kluft zwischen den Carpenters, Black Sabbath, Mariah Carey und Bushido zu überwinden bereit ist ...

Genau, bitte nur mit einem Sachkundigen im Hintergrund, der auch spontan reagieren kann. Nicht dass nach einer Hausbrandmeldung auf einmal die Bloodhound Gang mit "We Don't Need No Water, Let The xxxx Burn..." (aus 'Fire Water Burn') geträllert kommt. Und ja, nicht jeder kann mit einer solchen Mischung wie Deiner etwas anfangen (mit meiner übrigens auch nicht). Man könnte sie aber mit dem Einstreuen von Titeln ähnlicher Art, einem "sanften Übergang" und der entsprechenden Präsentation durchaus schmackhaft machen - wenn man denn möchte und darf. :)
 
Ich finde es dann als fast 50-Jähriger doch etwas seltsam, das gerade in den letzten beiden Jahren die Musik, mit der ich aufgewachsen bin, schon auf die Oldiewellen abgeschoben wird (und bei SWR3 trotzdem noch ständig durchs "Programm" dudeln muss, aber das ist ein anderes Thema). So alt bin ich nun wirklich noch nicht, dass ich inzwischen auf den letzten Sende(r)platz gehören würde. Was sollen denn da nur die Leute sagen, die es noch wagen, 10 Jahre (und mehr) älter zu sein? Die liegen doch noch nicht alle in der Kiste.
also, die Musik, die ich damals zu meiner Zeit, in den seligen 90er Jahren gehört habe, läuft heute auch eher im Oldie-Bereich. Und da gehört die auch hin.
 
Na ja, nenne mir das musikalische Pendant zu ... wen haben wir denn aktuell ... zu Bausa "Was du Liebe nennst" (Single-Charts Nr. 1) oder Luciano "Eiskalt" (Alben-Charts Nr. 4) aus den Tagen des Saturday-Night-Fever-Soundtracks.
Klar, es gibt schon viele Sachen, die heute retro sind, die als Abziehbild eines Hits von anno dazumal durchgehen. Aber so gleichgebügelt sind die Sachen halt leider auch nicht, daß man das Jahrzehnt nicht mehr erkennt.

Zu den Gegenüberstellungen gleichartiger Songs habe ich ja gestern bereits meine Antwort verfasst. Und es spricht ja nichts dagegen, dass man das Jahrzehnt an einem Titel erkennen kann. Man hört ja auch nicht ab einer bestimmten Dekade auf zu leben und Musik zu hören. Natürlich wird man kritischer und sucht sorgsamer aus. Das heißt aber nicht, dass neuere Musik uninteressant sein muss (ein 60jähriger Vater aus meinem Bekanntenkreis fährt beispielsweise total auf "Be Mine" von Ofenbach ab).

Da bin ich mir offen gestanden nicht so sicher. Das hängt aber auch mit meiner Einschätzung zusammen, daß sich die Hörgewohnheiten anno '77 radikal von denen anno '17 unterscheiden. Ich glaube, der Verschleiß an Musik ist heute allgemein höher, da der Konsum oberflächlicher geworden ist, und Flatrates, schnelle Verfügbarkeit und vor allem der Zugriff auf internationale Quellen tragen deutlich ihren Teil dazu bei, daß der Musikgeschmack individueller geworden ist. Aber ich glaube auch, daß ein Titel aus dem Jahr 1940 ob seiner suboptimalen Tonqualität heute allgemein eher ein Schattendasein fristet.

Ich vermute, dass die Tonqualität und das Arrangement, welches bereits seit den mittleren/späten 70ern auch elektronisch begleitet ist (und damit den meisten Standards heutiger Musik entspricht) zum deutschen Hang der versuchten Aussortierung von 70ern und älter und zum Hype der 80er und neuer geführt hat. Einschränkend kommt hinzu, dass es sich um Titel handelt, denen man einen gewissen Hype nicht anhört (oder es handelt sich um dieselben zwei/drei Vertreter) und sie so auch zur heutigen Musik mehr oder weniger problemlos passen.

Hm. Also - ja, richtig. Verbannt hat man die 70er & Nachfolger nicht, aber doch arg ausgedünnt und zumindest in Sachen 70er und 80er zu einem musikalischen Klischee gemacht, das das jeweilige Jahrzehnt so definitiv nicht verdient hat. Und die einzelnen Interpreten ohnehin nicht.

Dieses Problem gibt es seit 1995, als der "80er-und-90er-"Hype losging. Die 80er wurden als braves Jahrzehnt tituliert, welches zwar revolutionär war, aber trotzdem jeden mitgenommen hat. Darum wurden auch seitdem nur die kleinsten gemeinsamen Nenner gespielt. Italo Dance, New Wave, Punk, NDW abseits von Peter Schilling und Nena, Chicago House, der leichte Pop der frühen 80er (Goombay Dance Band, Arabesque, A La Carte) - alle diese Richtungen finden bis auf wenige Ausnahmen gar nicht statt. Gleiches gilt für die 70er. Glam Rock, Psychedelic, Electronic Beats oder gern auch Deutschsprachige Stücke Marke Lindenberg oder Westernhagen werden weiterhin ignoriert. Aber von einer neuerlichen Ausdünnung erkenne ich nichts. Seit zweiundzwanzig Jahren werden dieselben Titel rauf- und runtergespielt.

Mag sein. Allerdings weiß ich zugegebenermaßen nicht, wie die jungen Leute heutzutage so drauf sind mangels Kontakt in die pubertären Altersstufen. In meiner eigenen Jugend herrschte unter meinen Altersgenossen größtenteils die Einstellung "Was interessiert mich die Scheiße, zu der meine Eltern oder Großeltern abgegangen sind, ich will den angesagtesten Hit von heute", nenn's meinetwegen unsere Ausprägung des Generationskonflikts. Und es würde mich wundern, wenn es heute arg anders wäre.

Genau diesen Generationenkonflikt kenne ich aus meiner Kindheit. Gerade Spotify und Konsorten verführen aber auch dazu, "im stillen Kämmerlein" Musik zu hören, die nicht ausschließlich neu ist. Und wenn es 50-Jahr-Feiern der Eltern gibt, gehen die Kinder durchaus auch zu 80er-Musik ab (selbst als DJ schon erlebt; meine Schulklasse hat übrigens im Jahr '97 auch die Fetenhits Classics gehört und ist zu "Some Girls" von Racey abgegangen). Ich kann hier auch einen Bezug zum (zwar niederländischen, aber immerhin) Radio herstellen: 3FM hat sich vor zwei Jahren mehr oder weniger radikal verjüngt und ausgerechnet beim anvisierten Zielpublikum massiv Hörer eingebüßt.

Absolut nichts dagegen. Aber dann bitte nicht per Zufallsgenerator von der Festplatte, sondern mit einem Redakteur im Hintergrund, der über Fingerspitzengefühl und/oder Humor verfügt. Und trotzdem glaube ich nicht, daß jeder die Kluft zwischen den Carpenters, Black Sabbath, Mariah Carey und Bushido zu überwinden bereit ist ...

Ich wiederhole nochmal die Antwort von gestern: Genau, bitte nur mit einem Sachkundigen im Hintergrund, der auch spontan reagieren kann. Nicht dass nach einer Hausbrandmeldung auf einmal die Bloodhound Gang mit "We Don't Need No Water, Let The xxxx Burn..." (aus 'Fire Water Burn') geträllert kommt. Und ja, nicht jeder kann mit einer solchen Mischung wie Deiner etwas anfangen (mit meiner übrigens auch nicht). Man könnte sie aber mit dem Einstreuen von Titeln ähnlicher Art, einem "sanften Übergang" und der entsprechenden Präsentation durchaus schmackhaft machen - wenn man denn möchte und darf. :)

Ich kann leider jetzt nur für meinen Musikserver sprechen, aber da sind halt auch schon ein paar hunderttausend Lieder drauf: bei mir funktioniert das auch wunderbar, mal von ein paar Kollateralschäden auf diversen Alben mal abgesehen, aber all diese Titel haben halt ein zentrales Bindeglied, nämlich mich selbst. Ich weiß genau, was mich mit Udo Jürgens verbindet, mit Van Halen, John Coltrane, Vangelis, Gisbert zu Knyphausen, den Comedian Harmonists, Battle Beast, Brian Setzer, Wolfgang Amadeus Mozart, Franz Thon oder Meredith Monk. Ich weiß sehr genau, warum ich bestimmte Lieder von Maria Hellwig auf dem Server habe, von Rick Astley, Hukwe Zawose oder von Marek Grechuta & Anawa. Aber ich verstehe jeden, dem die Mischung zu extrem ist, wenn ich keine Überleitung schaffe, denn - meine Brücken sind nicht seine Brücken.

Gruß
Skywise

Ich verstehe auch jeden, dem meine Mischung nicht gefällt. Sie erscheint mit einem Mix aller elektronischen Stile (von Jarre über House bis Hardcore) sowie der Musik unserer niederländischen Etherpiraten (alte Schlager aus D und NL gepaart mit Polka, Country und 80ern) vielen ohnehin zu skurril. Aber ich weiß auch (und ich denke, da sind wir uns einig), dass jeder seine eigenen Gründe hat, welche Bindeglieder er/sie wie setzt. Bei mir waren es oft meine Cassetten, deren Songs ich mir heute als Playlisten in meinem Handy eingebaut habe. Glücklicherweise gibt es mittlerweile SD-Karten mit 256 GB. Ich nutze Spotify nur als Ergänzung zu meiner eigens gesammelten Musik. :)
 
Natürlich gehört dieses Jahrzeht dahin. Es wundert mich nur, dass die 80er in den Augen der Senderverantwortlichen ganz plötzlich schon das Ende der Fahnenstange sein sollen.
Liegt es vielleicht auch gar nicht am Alter der Titel, sondern eher an den zur jeweiligen Zeit in den Hitparaden vorherrschenden Musikrichtungen? Was wird denn aus den 80ern gespielt? Gefühlt zu 95% melodische, eher gefällige Popmusik, weitgehend ohne Ecken und Kanten, ideal also für das ecken- und kantenlose Dudelradio! Der Anteil wirklich "radiotauglicher" Musik in den Charts war damals halt auch sehr hoch. Aus den 90ern läuft dann vergleichsweise wenig (das Thema hatten wir doch erst kürzlich), ebenso aus den 70ern und 60ern, vielleicht weil diese Jahrzehnte in den Charts durch sehr viele, zueinander oft konträre Musikrichtungen geprägt waren.

Das ist aber der Grund, warum ich ebenfalls der Meinung bin, man sollte sich mal von diesem Jahrzehntedenken verabschieden. Der Dudelfunk hat ja offenbar gar kein Problem, einen modernen RnB-Titel mit einem abgedroschenen 80er-Rock-Klassiker wie Summer Of 69 zu mischen, hauptsache der Titel ist entweder aktuell, oder gehört erwiesenermaßen zum Kreis der best getesteten Titel. Dass aber im normalen Formatradio dadurch bereits eklatante Stilbrüche vorkommen, fällt offenbar keinem auf, vermutlich weil man halt wirklich die immer gleiche totgedudelte Suppe hört.

Ich finde auch, dass bei einem Spartensender wie Rockantenne immer noch viel zu viel Unterschiedliches in einen Topf geworfen wird. Ich lasse es mal dahin gestellt, ob das Publikum, das Nine Inch Nails und Scorpions mag, wirklich das selbe ist. Rock ist als Genre halt auch so ein weit gehender Begriff.

Als positives Beispiel sehe ich da egoFM. Die haben sich für eine Indie Pop/Rock-Richtung entschieden, in der neben aktuellen Titeln immer wieder auch Klassiker gespielt werden dürfen, selbst bis in die 60er hinein, wenn sie denn zum grundsätzlichen Sound passen. Es gibt aktuell z.B. wieder sehr viel aus der Post Punk-Ecke, dann darf zwischen solchen Titeln auch mal ein Klassiker von The Cure laufen. Oder wenn es mal psychadelisch wird, passt durchaus der eine oder andere Titel aus den 70ern, oder auch mal was z.B. von den Beatles.

Da braucht es dann aber auch jemand, der eine gewisse Ahnung von einer Musikrichtung hat, ja mehr noch: mit Gefühl und Herz dabei ist, und nicht nur nach Listen von am besten getesteten Titeln geht und diese wahllos durcheinander dudelt.

Was immer wieder auch interessant ist, wie z.B. Soundtracks von Filmen oder die Werbung dafür sorgen, dass alte Titel plötzlich wieder aktuell werden. Ich denke nur an die Big Beat-Zeit Ende der 90er mit Fatboy Slim, Chemical Brothers und Co., in der dann wie selbstverständlich auch Dave Pikes Mathar von 1969 in einer Playlist enthalten war, weil es einfach unheimlich gut dazu passte. Natürlich v.a. deshalb, weil es auf dem Soundtrack von 21 drauf war. Aber das zeigt ja, wie passend alte Titel durchaus auch in Playlisten aktueller Titel sein können. Vom Pulp Fiction Soundtrack gar nicht zu sprechen. Plötzlich tanzten Mitte der 90er alle zu Misirlou von Dick Dale, das aber eigentlich von 1962 war. Was ich damit sagen will: wenn Werbung oder Filmsoundtracks so etwas schaffen, dann müsste das auch das Radio möglich sein, dann gibt es keine grundsätzliche Barriere, sondern dann legt sich der Dudelfunk selber Grenzen auf. (Ich schreibe übrigens bewusst Dudelfunk, denn Formatradio im eigentlichen Sinn wäre für mich ja gerade, nach Genres zu gehen, und nicht das, was die CHR oder AC-Dudler da abliefern).
 
Und tatsächlich gibt´s ausgerechnet im vielgescholtenen WDR eine erfreuliche Ausnahme: Alsmann´s Radioshow, Montag Abend 21.05 bis 22 Uhr auf WDR 4. Bis auf ein gekürztes Intro hat die Sendung die Mai - Reform schadlos überstanden - zum Glück!
 
wenn Werbung oder Filmsoundtracks so etwas schaffen,
Beispiel: Die Black Keys, mehrfach mit Musikpreisen dekoriert, in Film und
Werbung oft vertreten - der SWR ist bisher nicht im Stande, die zu spielen.
von diesem Jahrzehntedenken verabschieden.
Jeder, der nicht nur Radio hört, hat das schon getan. Nur die Radioleute
erzählen weiter diese Jahrzehnte-Märchen.
positives Beispiel sehe ich da egoFM.
ego Riff hört sich für mich nach einigen Titeln immer noch gut an.
Wenn sich dieser Eindruck hält, weil entsprechend großes Reservoir,
durchaus eine Alternative.
 
Also mir geht so ähnlich wie @Radio Pumuckl : ich finde auch, dass immer mehr Musik aus den früher Jahrzehnten (20er - 60er) aus den Radioprogrammen verschwindet. Viele Radioprogramme haben doch nur noch Ihre Playlists. Da kommen zwar auch Title aus den 60ern vor. Aber nur die ganz bekannten Hits. Alles andere fällt so zu sagen unter den Tisch. Kann es auch nicht verstehen wieso man da nur noch auf die sogenannten Berater hört.

Irgendwann (wenn nicht schon heute) klinge die meisten öffentlich-rechtlichen Radioprogramm, wenn nicht gleich, dann zumindest sehr ähnlich. Von den Privaten möchte hier gar nicht erst anfangen zu sprechen.

Es wird wieder Zeit für mehr Vielfalt bei der Musik.

Fürchte es wird eher zum Gegenteil kommen! :(:mad::wall:
 
denn woher soll jemand, der unter 30 ist, noch richtige Musik und Vielfalt kennen?
Da mache ich mir überhaupt keine Sorgen! Ich bin zwar schon 50+, aber die Musik, die ich kenne, kenne ich nicht nur aus dem Radio. Eigentlich ist es sogar der geringste Teil der mir bekannten Musik, den ich aus dem Radio* kenne (aber auch da fand sich natürlich vieles, für das ich dankbar bin). Das wird heute nicht anders sein, zumal die U30er das Radio sowieso links liegenlassen und es heute dank Internet um so mehr Möglichkeiten gibt, Musik kennenzulernen. Man wird ja schon fast erschlagen von der Vielfalt des Angebots!

*) das Radio war zu meinen jungen Jahren nämlich schon genausowenig "vielfältig", und aus dem Ausland bzw. bei BFBS/AFN kam eigentlich auch nur mainstreamiger Rock/Pop. Aber die Holländer.... :)

Kennt sich jemand mit K-Pop aus? Im Radio wird das nicht gespielt. Trotzdem ist meine Tochter schon fast Expertin auf dem Gebiet...
 
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das Radio war zu meinen jungen Jahren nämlich schon genausowenig "vielfältig"

Da muss ich Dir widersprechen. Nehmen wir zunächst Radio Luxemburg. Tagsüber lief ein abwechslungsreicher Mix aus deutschem und internationalem Mainstream, ein wenig Volksmusik und Sonntag morgens sogar Klassik. Abends (über UKW) folgten dann Spezialsendungen, beispielsweise Rock-, R&B- oder Country-Sendungen.

Die ör Sender (DLF, WDR, SWR) hatten damals auch einige Musik-Spezialsendungen im Angebot bis hin zu Blues-, Jazz- oder Weltmusiksendungen. An ör Programme, die wie heute wenige hundert Titel in Dauerschleife durchnudelten, kann ich mich hingegen gar nicht erinnern.
 
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Das WDR Radioprogramm war in den siebziger Jahren weniger vielfältig als heute. Schliesslich gab es nur drei Programme, heute sind es fünf oder sechs je nach Zählung.
 
Ich finde auch, dass es heute weniger Vielfalt wie früher gibt. Früher (1970er und 1980er-Jahre) gab es zwar meist nur drei Programme pro Rundfunkanstalt. Diese waren zum einen klar von einander unterscheidbar. Und auch ähnlich ausgerichtete Wellen der anderen Anstalten hatten immer ihre "eigene" Prägung. Man konnte sogar teilweise heraushören welcher Musikredakteur die Titel zusammengestellt hatte.

Heutzutage klingt für mich zumindest alles immer stärker nach einer Art Einheitsbrei. Und die Vielzahl an Programme täuscht hier nur über das Problem hinweg
 
Nehmen wir zunächst Radio Luxemburg. Tagsüber lief ein abwechslungsreicher Mix aus deutschem und internationalem Mainstream, ein wenig Volksmusik und Sonntag morgens sogar Klassik.
Ich komme aus dem NDR-Gebiet. Hätten mich Volksmusik, seichte Schlager oder Klassik irgendwie angetörnt, hätte ich zufrieden sein können... Popmusik und Rock - gab es genau 1 Stunde pro Woche. Das Tagesprogramm aus Luxemburg gab es nur auf der 6090 - aber musikalisch absolut langweilig. Ich hab nur wegen Desiree Nosbusch eingeschaltet. Mit den Nachtprogramm auf 1440 konnte ich mehr anfangen, da lief z.B. auch The Who und vieles anderes gutes.
Ich bin also vagabundiert zwischen den besten Sendungen bei AFN, BFBS, Hilversum 3, Caroline & Co., BBC Radio 1+2 und 2-0-8. Und 1x pro Woche dem NDR...
Wirklichen musikalischen Input abseits des Mainstreams bot mir aber ausschließlich der niederländische Omroep VPRO.
Ansonsten habe ich neue Musik vor allem über Freunde, Festivals, das Jugendzentrum und "meine" sehr spezielle Disco kennengelernt, die damals neue Platten direkt in London und Groningen besorgte. Diese Disco (1962 eröffnet und bis heute existierend) hat den ganzen Landstrich musikalisch geprägt! Zum Teil kamen die Leute aus 120km Entfernung aus Bremen dorthin angereist - über Landstraße (Autobahn gab es noch nicht). Howard Carpendale kam übrigens über den Laden nach Deutschland, Meta hat ihm damals die Aufenthaltsgenehmigung besorgt - und damals spielte er noch Rock!

Irgendwann kam der NDR dann auch noch in die Puschen, Paul Baskerville spielte ab 1982 dann auch Punk, Independent und New Wave. Später kamen auch weitere (abendliche) musikalische Spezialsendungen hinzu. Aber bis dahin war das NDR-Land eine musikalische Wüste.
 
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Kennt sich jemand mit K-Pop aus? Im Radio wird das nicht gespielt. Trotzdem ist meine Tochter schon fast Expertin auf dem Gebiet...
Im Radio nicht, aber im TV bei Viva schon hin und wieder. Die K-Pop-Gemeinde hat scheinbar mit Viva* einen Partner gefunden, der ihre Musikwünsche spielt.

* bzw. Viacom, auch bei der Wunschsendung auf NickNight laufen solche Titel hin und wieder.
 
@ Iro: Moin, ich bin Hamburger, und 46. Ich kannte den NDR (Stand 1987) noch so:
NDR 1: Schlager und Volksmusik
NDR 2: Rock und Pop
NDR 3: Klassik

Mit Start des NDR 4 ab 1989 wurden leider die Grenzen zwischen NDR 1 und NDR 2 verschwischt, so daß im NDR 2-Sonntagskurier auf einmal Schlager liefen und das Dilemma seinen Lauf nahm. Dann kam später das Gewurschtel der einzelnen Wellen hinzu, darüber gibt es viele Threads (NDR 1 NDS, NDR 2, N-Joy etc.), nun spielt NDR 1 die 60er und 70er, die einst von NDR 2 abgeschoben wurden. Habe ich bei meiner Freundin in Schwarzenbek gehört, die hat die "Welle Nord" laufen, wo auf einmal "Dancing in the City" von Marshal & Hain lief, oder ABBA mit "The Name of the Game", aber auch "Little Willy" von Sweet (eine der zahmeren Nummern von denen, die sonst die Clubs krachen lassen, wie just im März in der Großen Freiheit 36 auf dem Kiez erlebt) oder auch "Band on the Run" von den Wings.

Paul Baskerville moderierte ja zeitweise den Nachtclub auf NDR 2 und wechselte dann mit seinem "Offbeat" zu NDR 4. Was macht er heute?
 
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