Musikplanung im Hörfunk: Völlig am Publikum vorbei?

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Einen winzigen Unterschied sehe ich jedoch zwischen Industrie und Rundfunk: In ersterer gibt es jemanden, der auf's Gesamtwerk schaut, schließlich soll dieses nicht im Regal liegen bleiben; Rundfunk "versendet" sich und, im Gegensatz zum Industriegut, fragt niemand die Qualität beim Empfänger ab und das Produkt "Rundfunk" muss sich nicht am "Weltniveau" messen lassen; es reicht, den "schlechten" Geschmack (wie immer den der Einzelne definiert) anderer mit weniger Einsatz zu kopieren.
Wie definiert man “guten Geschmack”? Was ist schlechter Geschmack? Das kann doch nur eine persönliche Definition des jeweiligen Betrachters sein, keine objektive.
 
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Da hast du vollkommen Recht, Berry. Die "Geschmacksfrage" ist es auch, die diese Diskussionen hier im Forum so fruchtlos machen. Jeder argumentiert nämlich mehr oder weniger auf der Basis seines individuellen Geschmacks.
Aber bei der Frage, was ein gutes oder ein schlechtes Programm ausmacht, bräuchte man Kriterien, die außerhalb des Subjektiven liegen. Deshalb sind die MA-Zahlen ja so beliebt. Sie suggerieren Objektivität, messbare Zustimmung, wo sie aber in Wirklichkeit nur Scheinresonanz darstellen. Solange ich durch Plakat- udn Promoaktionen die MA-Werte für meinen Sender hochtreiben kann, muss ich mir doch nicht einbilden, dass die Zahlen etwas mit meiner Programmqualität zu tun haben. Sie haben bestenfalls etwas mit meiner PER-Qualität zu tun.
 
@Coffey77:
Nein, es gibt in der Bundesrepublik Deutschland nur ein Schwarz-Weiß-Denken; ein Denken zwischen Hochkultur und dem, was (selbst ernannte) Eliten als "Gebrauchskultur" definieren. Dass viele Facetten der "Gebrauchskultur in diesem Gedankengut (vor allem bei den öffentlich-rechtlichen Anstalten) nicht existieren, wem ist es geschuldet? - Ich kenne keine Antwort darauf, dem Hörer jedenfalls nicht. Dieser muss nehmen, was kommt, will er Hörrundfunk ohne großen Aufwand (es komme mir niemand mit den Weiten des Internets) konsumieren.

@Berry:
Im Zweifelsfall soll wohl das, was uns die Macher des Hörrundfunks täglich um die Löffel hauen, "guter Geschmack" sein. Aber, @Mannis Fan hat Recht, jeder argumentiert auf Grundlage des individuellen Geschmacks - auch die ihn für sich "gepachtet" haben, die Macher (zumindest bei den Anstalten des öffentlichen Rechts, beim Privatfunk sieht es etwas anders aus).
 
Solange ich durch Plakat- udn Promoaktionen die MA-Werte für meinen Sender hochtreiben kann, muss ich mir doch nicht einbilden, dass die Zahlen etwas mit meiner Programmqualität zu tun haben. Sie haben bestenfalls etwas mit meiner PER-Qualität zu tun.
Ich denke, so einfach ist das nicht. Da muss schon Substanz und Akzeptanz bei den Hörern vorliegen. Ich erinnere mich, dass Deutschlandradio Kultur vor einigen Jahren hier in NRW einen leistungsstarken Sender in Langenberg (von BFBS) übernommen hat und auch damit Werbung gemacht hat. Trotzdem konnte das Programm seine Hörerzahlen nicht steigern.
 
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Die brauchen nur mal eine pfiffige PR-Agentur. Und dann ein paar Gewinnspiele für die Doofen. Du musst mal sehen, wie dann die MA-Zahlen nach oben schießen.
 
Hallo!
Ich höre gerade "Schwarzwaldradio" (dort hat sich seit meinem letzten Soundcheck nichts geändert) und habe nebenbei diesen Thread gelesen. Bis auf Seite 6 bin ich bisher gekommen, dann habe ich erstmal abgebrochen.


Nach dem Post von "Gegenstromanlage" mit dem Spruch
"Poison Arrow" mag ich sehr, aber der Song fügt sich harmonisch in keinen Musikflow ein und eckt viel zu sehr an
und dem "Tears for Fears" - Beispiel habe ich auch erstmal den Kopf geschüttelt.

Wenn "Poisen Arrow" den "Musicflow" stört , dann mach einfach einen Break mit Transitional-Jingle und/oder Moderation. Selbst unser viel zu früh verstorbener "Musicflow-Verfechter", radiovictoria01, hätte sicher kein Problem damit, den Titel unterzubringen.

"Pale Shelter" wäre übrigens auch mein nächster Titelvorschlag gewesen. NUR wegen diesem Titel habe ich mir nach der Wende die komplette CD "The Hurting" gekauft. Warum? Weil dieser Titel 1983 laufend im NDR2 lief und ich ihn kenne! "Change" kennt man eigentlich auch noch aus dem Radio.

BTW: Dieses hier schon angesprochene und innerhalb einer Stunde aufgenommene Suizit-Cover von "Mad World", lief tatsächlich vor ein paar Wochen wieder im "Hitradio - Ö3"...


Mir geht es eigentich nur um eine Bemerkung, die auf den ersten sechs Seiten etwas untergegangen ist. (Hervorhebung in Fettschrift von mir.)

@Radiocat: Ich befürchte es ist kein Schwachsinn, was Gegenstromanlage da schreibt. Inzwischen bin auch ich der Überzeugung, dass die überwältigende Mehrheit der Hörer tatsächlich musikalisch einfältig ist und das nicht Schuld der Radiomacher ist. Ich stelle es immer wieder fest und habe es auch (zugegebenermaßen nicht repräsentativ) im eigenen Bekanntenkreis erlebt. Alle beschweren sich dass immer das gleiche läuft, läuft aber mal was anderes, heißt es gleich: Was ist denn das für'n Scheiß.

Das ist also wieder einmal das altbekannte "Henne-Ei-Problem" hier im Forum.

Heute schneiden wir diesen Teufelskreis aber endlich einmal auf, denn ich habe auch keine Lust mehr auf dieses Thema:

Wenn ein Radioprogramm möglichst billig werden soll, muß es praktisch von allein - besonders in der Nacht und überhaupt ohne Moderatoren - laufen. Voicetracking - am besten gleich für eine ganze Woche in einer Stunde im Homestudio des Sprechers eingesprochen und dann per eMail zum Sender geschickt - ist doch nicht schlecht...

Wer agiert also zunächst und macht den ersten Zug?
Wer verlässt sich dabei auf den "besten Musikmix aus vier Jahrzehnten", damit diese Nummer erstmal nicht weiter auffällt?
Wer kauft "Nachrichten" ein, um Kosten für eigene Redaktionen zu sparen und schrammt dabei oft nur ganz knapp an einer Rüge der LMA vorbei, weil "Lizenzauflagen" ("regionale Berichterstattung") nur mit viel "Augenzudrücken" erfüllt werden? (Die Regionalzeitung kann sich der Hörer schließlich auch an jedem Kiosk kaufen.)
Wer bezahlt Mitatbeiter überaus schlecht, wohlwissend, daß "hinten in der Schlange" der zahllosen Bewerber noch genug "sendegeile" Idioten sitzen?


Warum "verspielt" man mit solchen Aktionen seinen Nimbus als Radiostation bzw. verhindert damit, daß man bei den Studenten überhaupt ein ernsthaftes Image bekommt?


Ein Titel wie "Pilot of the airwaves" könnte/würde heute ganz sicher nicht mehr geschrieben werden. Charlie Dore würde heute nachts lieber schlafen, als sich dieses "Nichts" reinzuziehen. Und wie wir hier im Forum vielleicht gerade gemerkt haben, geht ein "Nichts" in der Morgensendung von baden.fm völlig unkommentiert am Forum vorbei. Nur Radioszene.de berichtete pflichtbewußt bzw. verbreitete die Pressemitteilung. des Senders. Ihr kennt meine alte These dazu?


Ja, selbstverständlich habe ich in den vielen Postings auch die Worte "Herz", "Herzblut" etc. gesehen. Mit diesen Leuten muß ich mich aber auch nicht ernsthaft wegen der Zukunft des Radios rumsteiten.
 
Inzwischen bin auch ich der Überzeugung, dass die überwältigende Mehrheit der Hörer tatsächlich musikalisch einfältig ist und das nicht Schuld der Radiomacher ist.

Na sicher ist das auch Schuld der Radiosender. Wer Menschen immer nur Comichefte mit geringem Wortschatz zu lesen gibt, darf sich dann nicht wundern, wenn diese mit gehobener Literatur nichts (mehr) anfangen können. Das musikalisch einfältige Publikum ist herangezüchtet worden! Natürlich hat Gegenstromanlage in seiner Analyse (bezogen auf den deutschen "Markt") nicht unrecht. Und es ist typisch, dass bei den ganzen Dudelsendern Leute sitzen, die selber kotzen und zuhause alles hören, nur nicht den Mist, den ihr eigener Sender verzapft. Aber das Problem ist ja nicht die Existenz von Dudelsendern mit geringer Rotation, sondern das Fehlen von Alternativen dazu. Den Verweis auf das Web lasse ich da nicht gelten. Ich bin auch überzeugt, dass sich die Mehrheit gar nicht wirklich für Musik interessiert, aber muss es nur Radio für die geben? Mit Prog Rock wird man heutzutage sicher nicht reich, aber ein klein wenig mehr Vielfalt könnte durchaus wirtschaftlich tragbar sein (siehe Nachbarländer NL und Belgien). Wenn alle dasselbe bringen, machts auch markttechnisch keinen Sinn. Und für ÖR´s, die keiner Rendite, sondern nur kultureller Vielfalt verpflichtet sind, gibt es eh keine Ausrede.
 
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Genau aus dem Grund bin ich so sehr gegen strikte Formatradios, die keinerlei Blick über den Tellerrand ermöglichen. Wenn es das vor 30 Jahren gegeben hätte, wäre auch vermutlich mein Musikgeschmack sehr einfältig, aber dank der damals sehr wilden, freien und kreativen Radioszene, die fast schon wettbewerbsmäßig darum kämpfte, MEHR und INTERESSANTERES zu bieten, als die Konkurrenz, bin ich heute für fast jede Musikrichtung offen - vorausgesetzt, es handelt sich auch wirklich um Musik.

Wie sagt man so schön: Das Angebot bestimmt die Nachfrage.
 
Genau aus dem Grund bin ich so sehr gegen strikte Formatradios, die keinerlei Blick über den Tellerrand ermöglichen.

Wenn es nur formatiert wäre, wäre mir das ja auch weitestgehend egal - sofern es, wie Stefan schreibt, Alternativen gibt. Aber es wird ja ALLES gespielt, was den undurchsichtigen Freigabeprozess erfolgreich durchlaufen hat.

Ich zitiere mal sinngemäß aus Wikipedia, da ich deren Musik nur von den jeweils ausgequetschten Singles kenne und mich teilweise mit Genres extrem schwer tu:

Zaz: Nouvelle-Chanson-Sängerin mit jazzigen Einflüssen
Michael Bublé: Jazz-Sänger
Of Monsters and Men: Indie-Rock
Fun: Indie-Pop
The Asteroids Galaxy Tour: Soul- und Funkband
Emeli Sandé: Soul- und RnB-Sängerin

Also ist es scheinbar vollkommen egal, aus welcher Ecke sich ein designierter Radiohit anschleicht. Wenn irgendjemand den Knopf drückt, heisst es für alle: SPIELEN.
 
@stefan kramerowski: Wenn ich das Wort "auch" im ersten Satz deines Postings oben entfernen darf, bekommst du ein "Like" von mir. Mit dem Rest deines Postings bin ich einigermaßen einverstanden. ;)


Ansonsten und nur als Hinweis: Ich kann zum Thema "Musikplanung und Neuvorstellungen im Radio" - wie Opa - nur "alte Geschichten aus dem Krieg" erzählen - lange her. Natürlich im lässigen Plauderton. ;)

Ich weiß aber, was ich (in Zusammenarbeit mit dem Musikedakteur) 1993 bei "NRJ-Sachsen" gemacht habe. "Return to Innocence" lief bei uns sofort - und wurde später ein Hit. Vergleiche bitte http://www.radioforen.de/index.php?...u-gemischte-gefuehle.13720/page-7#post-218074 letzter Absatz.

Und Achtung! Damals gab es im Tagesprogramm (ich habe in der Nacht die Wiederholung gesendet) die Rubrik "NRJ-Musicnews" - 15 Minuten mit brandaktuellen Neuerscheinungen! Jeden Tag! Fragt mal bei BB oder Arno Köster nach. Die Idee war nicht schlecht!
 
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Ein sehr gutes Beispie für die vollkommene Fehlplanung der Rotationen lieferte gerade erst wieder der Schweizer Rundfunk (SRF3), mit seiner Spendenwoche "Jeder Rappen zählt", in der wirklich so gut wie JEDER Titel gespielt wurde. In der Tat: Es liefen keine kompletten Klassik-Stücke, jedoch Titel mit hohem klassischen (auch Minuten-)Anteil bis hin zu Hard'n Heavy wie zum Beispiel "Metallica - Master of Puppets" und ähnlichem. Solche Tracks hört man ja - wenn - bevorzugt Nachts aber da nahm sich der SRF auch nichts raus und sie liefen im Tagesprogramm.

Eigentlich erstaunlich hätte sein müssen, dass die Hörer sich relativ wenig aktuelle-, Weihnachts-, und dafür relativ viele mainstream untypische Titel gewünscht haben.
Wer sich die Sendung in den vergangenen Jahren angehört hat, dem dürfte aufgefallen sein, dass das in den Jahren bereits ebenfalls so war. - "Ganz anders, als hierzulande."
 
Einen ähnlichen Eindruck erhält man aber auch, wenn man sich die gespielten Titel wegen der "SWR-Herzenssache" im SWR1 ansieht. Ich habe teilweise gestaunt.
 
Man kann die Hörermasse gesteuert einbinden wie man will, es kommt doch immer die gleiche Scheiße dabei heraus. Ein Beispiel, warum SWR III, WDR II, NDR II, etc. so viele Hörer haben, ist gerade eben wieder zu bestaunen. SWR I erfüllt diese Nacht Musikwünsche. Und was wünscht sich irgend so ein .......? Ihr könnt es Euch alle denken. :wall: Es fehlte eigentlich nur noch die bescheuerte Phrase "und ich grüße alle, die mich kennen". Boohh, ist das zum Kotzen!
Diese Leute haben s'e doch nicht mehr alle am Zaun, um es ganz vorsichtig zu formulieren. Diese Einfältigkeit ist so was von beängstigend! Es scheint absolut hoffnungslos, den Massengeschmack in irgend einer Form steuern zu wollen.

EDIT: Es blüht wieder so etwas wie Scheinhoffnung auf, um auch die genervten Hörer irgendwie bei der Stange zu halten. Gerade wird die neue Stunde mit der SWF-Bigband eröffnet.
Ich wußte gar nicht, daß es die noch gibt und sie nicht bereits aufgrund unverschämt dreist hoher Intendantengehälter und Pensionen ins Gras beißen mußte.
 
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@stefan kramerowski: Wenn ich das Wort "auch" im ersten Satz deines Postings oben entfernen darf

...dann würden wir die Hörer ja gänzlich aus jeder Verantwortung entlassen. Der Hörertypus, den Celtic Tiger gerade beschrieb, ist nicht ganz unschuldig an der Entwicklung. Ergo: Finger weg vom "auch"! Naja, in einem Anflug weihnachtlicher Milde erlaube ich Dir, es in Klammern zu setzen. :)
 
Zum Stichwort "steuern wollen".
Moderatoren spielen (Programmchefgesteuert)´heutzutage Titel, von denen sie und ihr Sender glauben, sie erfüllten den Massengeschmack.
Füher spielten sie Titel, der ihrem Geschmack entsprach und es bei entsprechender Qualität dann schafften, die Hörer zu begeistern.
Wer steuert also wen?
 
...dann würden wir die Hörer ja gänzlich aus jeder Verantwortung entlassen. Der Hörertypus, den Celtic Tiger gerade beschrieb, ist nicht ganz unschuldig an der Entwicklung.

Mmm. Zunächst aber vielen Dank für deine Milde. ;)


Ich habe mir ein paar Gedanken zum Thema gemacht, denn ich bin nach wie vor der Meinung, daß nur das Radio daran Schuld hat, daß junge Menschen heute praktisch kein "Musikwissen" mehr haben. Und das liegt m.E. daran, weil heute Rotationen mit 500 Titeln gefahren werden. Woher sollen die jungen Hörer also Oldies kennen?


Wenn ich mir beispielsweise den Thread "40 Jahre Musikkassette" ansehe, dann weiß ich, daß meine Generation (in Ost und West) tausende Stunden vor dem Radio verbracht hat, um die Hits aufnehmen zu können. Im Osten gab es kaum Schallplatten, im Westen hatten die Jugendlichen kein Geld, um sich die damals aktuellen Platten kaufen zu können. Also wurde auf Kassette oder Tonband mitgeschnitten. Ganz nebenbei hat man (selbst noch in den Achtzigern) beim Radiohören auch die Hits der 50er kennengelernt. Tausende Stunden....


Wir könnten ja mal eine Umfrage starten. An der Umfage darf jeder teilnehmen, der im berühmten "Musikquiz" hier im Forum irgendwann auch nur einen einzigen Punkt geholt hat. Natürlich, die Fragen waren und sind mitunter sehr schwer - also nur etwas für Freaks. Das spielt aber keine Rolle, denn Freaks gibt es in jeder Generation. Und dann klickt derjenige seinen "Jahrgangsbereich" (beispielsweise "1960-1965") an.


Ich muß mal gucken, wie viele "Optionsfelder" in einer Umfrage erlaubt sind.
 
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