Interessant wäre für mich vor allem, was nutzt die "große Gruppe" der Migranten, wenn es um klassische Medien geht? Die Gruppierung ist ja nicht homogen, sondern zerfällt in viele Teilmengen, die sich durch Herkunft, Religion, Kultur in der Heimatregion, Intergrationsstatus und Integrationswillen (bzw. auch "Integrationsbereitschaft" seitens der urdeutschen Bevölkerung) unterscheiden.
Junge Schwedinnen, die zum Studium und für das Nachtleben in die Stadt gekommen sind, werden sich da sicher völlig woanders wiederfinden als es ein junger Kameruner, der in Berlin Zuflucht fand. Und der wiederum wird eine andere Lebensrealität haben als eine ältere Frau aus der Türkei, die seit ewig hier ist, aber nie wirklich in Berlin ankam - zumindest nicht auf dem Level gesellschaftlicher Achtung, wie es den meisten "Urdeutschen" vergönnt ist.
So wie die Frau, die ich vor Jahren in Neukölln vor der Rewe stehen sah, eindeutig Türkin, sie war auf Almosen aus (ob sie eine Obdachlosenzeitschrift zu verkaufen versuchte, weiß ich nicht mehr, vermute aber: nein). Ich bin - wie oft, wenn ich überrumpelt werde - erstmal mit Tunnelblick automatisch vorbei und rein in die Rewe. Bis zur Gemüseabteilung hatte ich mich aber schon wieder sortiert, kaufte etwas angepasst ein und riss mir noch 2 Folienbeutel ab. Beim Einpacken füllte ich die Beutel mit Orangen, Bananen etc. (hab vergessen, was noch, war jedenfalls "gesundes Zeugs") und übergab es der Frau draußen. Es war kurz vor Weihnachten und die Reaktion war heftig. Die Frau war den Tränen nahe und sagte, das bekämen ihre Enkel.
Welche Medienangebote nutzen diese Bevölkerungsgruppen? Spielen klassische Medien überhaupt eine Rolle? Wenn ja - spielt der deutsche öffentlich-rechtliche Rundfunk eine Rolle?
Sind die Kinder und Enkel einstiger Migranten heute so weit, dass das Thema "Migration" überhaupt keine Rolle mehr spielt? In welchen Milieus ist das eher, in welchen seltener der Fall?
Ganz ehrlich: ich habe da absolut keine Ahnung. Habe in den vergangenen Jahren zwar mit Menschen aus über 50 Nationen zu tun gehabt, jedoch stets in der Schweiz und die waren dort genau wie ich nur Gäste auf Zeit. Meine letzten intensiveren Kontakte zu türkischstämmigen Menschen in Berlin sind nun lange her - das waren für mich tatsächlich "Berliner" ohne Wenn und Aber. Lernte man sie dann besser kennen, öffneten sich Türen zu den Unterschieden. Familiengröße und Familienzusammenhalt seien da nur als Thema genannt.
Spinnen wir doch mal: wäre die ARD finanziell fett ausgestattet - bräuchte es da in einer Metropole wie Berlin ein englisch-, ein französisch- und ein wie auch immer arabischsprachisches öffentlich-rechtliches Programm? Wäre das einer Integration dienlich oder stünde es ihr eher im Wege?