@Grenzwelle hat Recht: das Ost-System hatte wirtschaftlich "fertig". Das wäre ohne den von der Bevölkerung betriebenen beschleunigten Untergang (Triebkraft fast aller Beteiligten: Gier und Hass, nur wenige (Pazifisten, Umweltschützer, ...) hatten ethisch nachvollziehbare Gründe für Protest gegen das System) nach wenigen weiteren Jahren entweder auch zerfallen oder in eine sehr finstere Diktatur geraten.
Gerne übersehen wird (auch von
@Grenzwelle): das West-System hat auch "fertig". Es hätte schon eher sein Ende erreicht, wenn nicht dieser riesige Absatzmarkt Ostdeutschland dazugekommen wäre. Nun hats halt noch paar Jahre Gnadenfrist bekommen, derzeit ist das Zusammenbrechen aber nicht zu übersehen. Nur die
sind andere. Statt
Wartezeit auf einen PKW >10 Jahre
Haushalte mit Telefonanschluss - 6 Prozent
Preis für ein Farbfernsehgerät - ca. 10 netto Monatsverdienste
hat man heute z.B. halt massiven Ausfall an Unterrichtsstunden in den Schulen. Ein Beispiel mit Regionalbezug (Insider-Gag):
http://www.tlz.de/web/zgt/leben/det...errichtsausfall-wegen-Lehrermangels-876324754 (URL in Google kopieren und von dort aus der Trefferliste aufrufen) - und das sind keine Einzelfälle, das ist Standard. Hier wird an der Stelle gespart, die später die höchsten Folgekosten verursacht, wenn an ihr gespart wird: an den Menschen. Ich kann mich nicht erinnern, jemals solche Zustände an einer der insgesamt 3 DDR-Schulen, auf denen ich war, erlebt zu haben.
Oder wie wäre es mit so etwas?
http://www.thueringer-allgemeine.de...ei-neuem-Augenarzt-in-Gera-Schlange-568394028 (Aufruf ggf. wieder über Google-Treffer)? Die Situation hat sich übrigens nicht verbessert, einen fachärztlichen Bereitschaftsdienst kann man inzwischen in Ostdeutschland oft nur noch mit dem eigenen Auto oder dem Taxi erreichen, man muß dazu teils 30 km fahren.
Oder damit?
http://www.zeit.de/2017/02/kinderarmut-deutschland-eltern-chancen-sozialpolitik/komplettansicht
So etwas kenne ich nicht aus meiner einstigen Heimat. Dies hier muß ein anderes Land sein. Ist es ja auch.
Oder das kulturelle Sterben (Theater, Orchester), auch ein Indikator für eine Gesellschaft beim Erreichen des Verfallsdatums.
Abgesehen davon sind Autos, Telefonanschlüsse und Farbfernseher nichts, was man zum "gut Leben" brauchte - damals schon gleich gar nicht. Das mit dem Auto kenne ich aus eigener Erfahrung, mein Elternhaus war immer auto-frei und ich kannte tolle Orte, an die heute kaum je ein Kind noch kommt, wo Kinder aber eine gewisse "Erdung", eine Berührung mit der Quelle des Lebens erfahren könnten. Fernseh-frei war mein Elternhaus, bis ich 10 Jahre alt war, heute ist mein eigener Haushalt wieder fernseh-frei. Es fehlt also so ein Gerät, die Befassung mit "Fernsehen" über einen der neuen Empfangswege, zu denen man keine "Glotze" mehr braucht, beschränkt sich bei mir auf im Schnitt vielleicht 1-2 Stunden im Monat. Der Telefonanschluß war allerdings tatsächlich ein heikles Thema, da meine Mutter schwer herzkrank war und regelmäßig den Notarzt brauchte. Die Telefonzelle 100 m um die Ecke war damals schon nicht immer funktionsfähig (Zerstörungswut).
Und heute ists bei mir so, daß ich z.B. nie in einer Partnerschaft leben könnte, in der Auto, Fernseher und Telefon eine vordergründige Bedeutung haben. Die Frau, die ich liebe, besitzt weder Auto noch Fernseher. Sie besitzt dafür innere Werte, die ich sonst kaum irgendwo noch wahrnehmen kann: Liebe gegenüber dem Planeten, Natürlichkeit, liebevolle und intelligente (!) Beschäftigung mit ihren Kindern, eine gewisse Demut gegenüber der Schöpfung.
Irgendwie habe ich da offenbar ganz andere Vorstellungen von "gut leben" als der Mainstream. Die Menschen aus aller Welt (50 Nationen), die ich in den vergangenen Jahren kennenlernte und die ich als zukunftsfähig erachte, haben auch völlig andere Vorstellungen von "gut leben". Autos und Fernseher gehören jedenfalls nicht dazu. Dazu gehören aber z.B. selbst gelebte Nachhaltigkeit, sauberes Trinkwasser, gesunde, naturbelassene Nahrung.
Kapitalismus funktioniert nur, wenn alles wächst. Das hat 150 Jahre lang weitgehend brauchbar funktioniert und die Zerstörungen großer Kriege waren sehr "hilfreich", danach wieder mit der Wachstumsspirale beginnen zu können. Doch nun wird klar: auf einem endlichen Planeten sind auch die Ressourcen endlich und damit das Wachstum begrenzt. Noch versucht man mit
die Leute beim Konsumieren zu halten. Teils ist es sogar staatliche Propaganda, das Wachstums-Mantra unserer Politiker gehört dazu, aber die erzählen da ohnehin nur, was die Mehrheit hören will - auch wenns völlig irre und zum Scheitern verurteilt ist. Wer die Naturgesetze am konsequentesten leugnet, erhält die meisten Wählerstimmen. Ein krankes System voller kranker Menschen. Aus streng naturgesetzlicher Sicht ist eine solche Spezies zum Untergang verurteilt.
Wer dauerhaft wachsen will, muß ab einer bestimmten Stelle Krieg führen, um weiter expandieren zu können. Um Öl wird von den USA und ihren Verbündeten schon seit Jahrzehnten Krieg geführt. Man ist süchtig nach Öl in den sogenannten "entwickelten Ländern" und muß dafür töten. Da geht es also lang. Zum anderen ist es Werbe-Propaganda innerhalb und außerhalb als "Werbung" deklarierter Bereiche. Mich hat diese Perversion zum weitgehenden Rückzug aus dem "öffentlichen Leben" gebracht, ich kann keine Lebensqualität aus den Gesellschaftsspielchen ziehen, die man heute so spielen muß. Sie laugen mich nur aus.
Ost- und Westsystem sind jedoch dermaßen erschreckend gleich, man muß es nur wahrnehmen wollen. In beiden Systemen ist eine grundlegende Haltung, ein grundlegender Mangel Triebkraft allen Tuns. Der Mangel ist der an Verbindung mit der Natur, an Verbindung mit der Basis des Lebens. Manche nennen es "Mangel an Spiritualität" (und gelten deshalb als durchgeknallt), weniger kompliziert klingt sicherlich "Mangel an Bewusstsein" - es läuft aufs gleiche hinaus.
Aus diesem Mangel an Bewußtsein für die Funktionsweise natürlichen Lebens (also letztlich eine Entfremdung der Menschen vom Leben) erwächst Angst. Angst, unter die Räder zu kommen, Angst, zu den Verlierern zu gehören. Die Menschen schaffen sich aus diesem Selbstverständnis heraus Gesellschaftssysteme, die von vornherein als win-lose-System aufgebaut sind. Eine "Pflicht" dazu gibt es nicht, es geschieht unreflektiert aufgrund der Trennung von den Grundlagen des Lebens. In diesen Systemen werden dann die Gesellschaftsspielchen gespielt, die wir aus der heutigen Zeit kennen. Dabei nehmen sich Ost- und Westsystem nichts, die laufen/liefen beide nach dem gleichen Schema. Nur mit einem Unterschied: das Zentrum der Angst, um das sich alles dreht, ist ein anderes. Heute ist es das Kapital und auch das Geld des "kleinen Mannes", in der DDR war es die willkürlich konstruierte Frage nach der "politischen Konformität". Da diese Willkür leicht als solche zu erkennen ist, die Willkür des Westsystems mit dem Geld als Zentrum aller Angst jedoch "natürlich" wirkt, wollten die DDR-Bürger unbedingt auch als Wirtschaftsflüchtlinge ins andere System rüber, um sich dem anderen Wertesystem zu unterwerfen.
In der DDR galt man was als Prolet oder Bonze.
Und heute gilt man nur als "Bonze" etwas, nur halt nicht als "polit-Bonze", sondern als Mensch mit viel Geld.
War man Intellektueller, Arzt oder gar Handwerker, wurde man beargwönt, beneidet, diskriminiert.
Heute machen rechte Kräfte Treibjagd auf Wissenschaftler, weil ihnen die Wahrheit über Ressourcen, deren Endlichkeit und die Verbindung allen Lebens auf diesem Planeten untereinander nicht ins eigene Machtkonzept passt. Es ist sehr eindrucksvoll zu studieren, wie versucht wird, die niedrigst gebildeten Bevölkerungsschichten zum Hass gegenüber z.B. Wissenschaftlern aufzubauen. Und es funktioniert - wohl nie seit dem geozentrischen Weltbild war die Leugnung der naturgesetzlichen Realität in der Bevölkerung weiter verbreitet als heute. Ich habe vor einem Jahr ein öffentliches wissenschaftliches Kolloqium (Physik) verlassen, weil die hasserfüllten Zwischenrufe aus dem Publikum nicht mehr zu ertragen waren.
Die Ärzte, die ich kenne, sind großteils frustriert über das heutige System, in dem sie keinen Dienst am Leben mehr verrichten, sondern nur noch Profit für Klinikskonzerne scheffeln sollen. Die Handwerker ächtzen unter der irrsinnig ausgeuferten Bürokratie und den damit verbundenen aberwitzigen Nebenkosten ihres Tuns. Ganze Gewerke sterben aus, da gehen jahrhundertealte Traditionen mitsamt ihren Erfahrungen verloren. Im Osten sind manche offenbar auch sauer, weil die Zeit, in der sie von der Bevölkerung als "Götter" verehrt wurden, vorbei ist und es Konkurrenz gibt. Ich habe in einigen Gewerken vor Ort Haltungen und Machenschaften erlebt, die dies sehr nahelegen. Im Ergebnis mache ich die Dinge, soweit mir möglich, am liebsten selbst, statt auf blutigen Knien mit Demutsgeste vor den sogenannten Fachhandwerker zu rutschen.
Auch auf anderen Gebieten findet man die identischen Strukturen wieder. Bei den Bildungsprivilegien beispielsweise. Ich hatte letztens Klassentreffen. Da wurde mir das wieder bewußt: bei uns waren Schüler im Gymnasium, die würden heute sehr wahrscheinlich nicht einmal eine Gymnasialempfehlung bekommen, da sie aus den sozial niedrigsten Schichten stammen. Da ist der Junge aus der kinderreichen und soweit ich mich erinnere vaterlosen Familie - heute studierter Informatiker. Da ist der Sohn eines Baggerfahrers und einer Büroangestellten - heute promovierter Physiker. Zwei Informatik-Professoren stammen aus meiner Schulklasse, bei beiden waren es die fachlichen Fähigkeiten, die früh erkannt und gefördert wurden (für den einen hieß das damals Mathematik, für den anderen eigentlich Physik). Die DDR konnte auf diese Köpfe nicht verzichten und kümmerte sich darum, nachdem sie in den 60er Jahren bemerkt hatte, daß sie sich mit der stumpfsinnigen simplen Umkehrung des alten kapitalistischen Bildungsprivilegs (als dann nur noch Arbeiter- und Bauernkinder studieren durften) selbst ins Knie geschossen hat.
Heute? Heute sieht es wieder so aus wie es "früher" schon war:
http://www.mdr.de/exakt/eslw-bildungschancen-100.html - man erlebt das bei jedem persönlichen Kontakt, man sieht es auch drastisch im Straßenbild.
Bei der medizinischen Versorgung ist es genauso: "haste Geld, kommste an bessere Leistungen". Früher hieß es "biste 'besonderer Personenkreis' (=Polit-Bonze), kommste an bessere Leistungen, ggf. auch an West-Medikamente." Also auch hier das gleiche, nur anders verpackt.
Auch in Unternehmensstrukturen läuft nichts anders als früher. Wahrheit ist unerwünscht, wenn sie den Absichten des Managements entgegensteht. In der DDR wurde einem dann halt politisch der Strick gedreht ("Sie sind wohl gegen den Frieden?"), heute wird man wohlfeil "diszipliniert". Ich habe es durch, ich weiß wie es geht. Irgendwann bringen sie jeden in die innere Kündigung, auch wenn der Job, gut und richtig gemacht, eigentlich ein sehr sinnvoller und befriedigender sein könnte.
Ich seh's ja ein, so einige (Prolet oder Bonze?) fanden es schön in der DDR.
Vorsicht mit solchen Unterstellungen!
Meine Eltern waren weder Prolet noch Bonze. Vater durfte nicht studieren, da er nicht in die FDJ wollte. Mutter brach eine gute Berufslaufbahn ab, als ich geboren wurde, da ich aufgrund körperlicher Behinderungen in den ersten Jahren viel Zuwendung brauchte. Sie stieg erst wieder halbtags in einen einfachen Bürojob ein, als ich in die Schule kam. Meine Eltern blicken auf eine schöne Lebenszeit zurück in der DDR. Auf schöne Urlaube an damals wundervollen und heute teils kapitalistisch geschändeten Orten, auf die Freiheit, sich innerhalb der Grenzen des Ostblocks schöne Dinge zu erschließen (real war der Aktionsradius, der in Anspruch genommen wurde und als persönlich befriedigend galt, noch viel kleiner als das, was möglich gewesen wäre) und auf etwas, das heute kaum noch jemand kennt: das Gefühl, etwas sinnvolles geschaffen zu haben, sowohl beruflich als auch privat.
Aus meinem damaligen schulischen Umfeld kenne ich ähnliches. Viele "einfache" Elternhäuser und keiner litt unter der DDR. Das Leiden der meisten begann erst mit dem Mauerfall und danach mit dem, was ich am Abend des 9.11.89 im Schülerwohnheim vorhersagte: Massenarbeitslosigkeit, Kulturabbau und Rechtsradikalismus.
und das so einiger anderer, die sich im September '89 in Leipzig von der Polizei verprügeln ließen
Angst vor körperlicher Gewalt kenne ich erst, seitdem Mitschüler von mir nach 1989 von Rechtsextremen durch die Stadt gejagt oder das Nasenbein gebrochen bekommen haben. Seitdem es einen Überfall auf unsere Schule gab (!), seitdem ich einen rechtsradikalen Überfall auf eine Regionalbahn erlebte etc. Das hat meinen Aktionsradius jahrelang massiv eingeschränkt. Und da wir heute ja offiziell haben, daß Faschismus in Deutschland verfassungskonform und legal wählbar ist, kann ich nicht anders, als feststellen zu müssen: ich erwarte von diesem Staat auch nicht mehr, daß er die Bevölkerung schützt. Die einzelnen Offenbarungen, die es hier, dort und da immer wieder mal gibt (ich meine z.B.
sowas), lassen keine Illusionen mehr zu.
Genau da hat DT64 (um mal wieder bissl Themenbezug zu bekommen) seit Herbst 1989 den Finger in die Wunde gelegt. Immer und immer wieder. Hinzu kam gelebte kulturelle Vielfalt im Programm, die dazu in der Lage war, den Horizont der Hörer zu erweitern. Beides passte nicht in das feine heutige System und fast überall im Land - auch bei den Westanstalten - wurde Jugendfunk, der mehr ist als Vollpfostenbespaßung, inzwischen abgewickelt. Oder erinnert sich noch jemand z.B. an "Radio unfrisiert" vom hr?
Der engstirnige Dauerparty-Stumpfsinn, der heute gebührenfinanziert als sogenannter "Jugendfunk" angeboten wird, ist nicht dazu in der Lage, der Hörerschaft auch nur den geringsten Hinweis darauf zu geben, daß die Realität da draußen keine Dauerparty ist. Entsprechend wird hier mit Gebührengeldern versäumt, den möglichen Anteil an Lebensvorbereitung zu leisten, der zu leisten wäre. Das Ergebnis ist eine Mittäterschaft der öffentlich-rechtlichen Anstalten an der größen gesellschaftlichen Katastrophe, die dieses Land heimsuchen wird.
Zusammenfassend kann ich nur feststellen: dieses Land hat keine gute Zukunft und läuft geradewegs in die Barbarei. Aus streng naturwissenschaftlicher Sicht muß ich froh sein, wenn dieses System weltweit (!) zuendegeht. Es bedroht nicht nur die Menschheit, sondern alle Lebwesen auf diesem Planeten. Es ist, genau wie das DDR-System davor, nicht nachhaltig und nicht kompatibel mit der "Hausordnung" dieses Planeten. Problematisch sind halt nur die Kollateralschäden an der Bevölkerung, und die werden gigantisch sein.
Ich brauche keine DDR, sie war nicht zukunftsfähig. Ich kann aber auch nicht auf das heutige System bauen, es ist ebenso wenig zukunftsfähig. Die Macht zu Veränderungen liegt nicht in den Händen einer Polit-Elite und auch nicht in den Händen einer Finanz-Elite. Sie liegt in den Händen von mehr als 7 Milliarden Menschen. Sie allein entscheiden, ob was gutes (was wirklich gutes, also nachhaltig und in Kompatibilität mit den Naturgesetzen) kommt oder ob der Untergang kommt. Wenn der grundlegende Mangel der Bindung an diesen Planeten nicht behoben wird, muß zwangsläufig der Untergang kommen.
Ach so,
@Radiokult: wo auch immer Du die Zahlen zum DDR-Einkommen her hast, bei uns war das anders. Ungefähr 750 DDR-Mark waren es bei meinem Vater. Mutter trug jahrelang gar nichts bei und hat deshalb nun wenig Rente. Dennoch kenne ich weder Not noch fehlenden "Wohlstand" noch Kredite oder ähnliches. Hat es hier nie gegeben. Es wurde offenbar gut gehaushaltet und die Prioritäten korrekt gesetzt. Ich erlebe das in der umgekehrten Ausprägung heute so oft: gerade die ärmsten trinken statt Leitungswasser koffeinhaltige Süßgetränke aus der Dose zu einsfünfzig der halbe Liter und rauchen 150 EUR im Monat weg. Weitere Beispiele für selbst gemachtes Elend aufgrund fehlenden Bezugs zur Realität ließen sich finden.