Neun Bewerber für Digitalradio in Baden-Württemberg

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Der das Rad neuerfinden will, hat den fundamentalen Unterschied zwischen den Übertragungstechniken noch nicht kennengelernt. Da ich so eine geduldige Katze bin, erkläre ich es auch Dir mal:
Das ist ein UKW-Sender. Ein UKW-Sender überträgt ein Programm auf einer Frequenz. Du bei Dir zuhause nimmst Dein Radio, stimmst es auf diese Frequenz ab und hörst einen Sender. Der Sender hat eine begrenzte Reichweite und versorgt etwa das Gebiet, in dem man den Sender sehen kann. Um ein ganzes Land zu versorgen, braucht man also mehrere Sender. Da sich die Sender gegenseitig stören würden, wenn sie alle auf derselben Wellenlänge (Frequenz) senden würden, sendet jeder Sender auf einer anderen Frequenz und bekommt das Programm entweder von einem der anderen Sender, oder über Kabel oder über Satellit zugeführt.
Prinzipiell arbeitet jeder dieser Sender unabhängig voneinander und könnte zu jeder Zeit auch ein anderes Programm ausstrahlen. Somit kann zu bestimmten Zeiten ein Sender Regionalprogramm A auf Frequenz x.y übertragen und ein anderer Sender überträgt auf Frequenz y.z das Regionalprogramm B. Ist das Regionalprogramm zu Ende, übertragen beide Sender wieder dasselbe Programm. Wer also in Ort A wohnt, hört das Programm und seine Regionalnachrichten, wer in Ort B wohnt, dasselbe Programm mit anderen Lokalnachrichten.

Und das da ist ein DAB-Sender. Ein DAB-Sender überträgt mehrere Programme auf einer Frequenz. Damit sparen die Programmanbieter Geld, da sie gemeinsam einen Sender verwenden können. Die Technik, mit der die einzelnen Programme in ein Datenpaket gewurschtelt werden, nennt sich Multiplex. Da Dein Radio bei Dir zuhause Datenpakete empfängt, die es dann wieder in Töne umwandelt, machen leichte Verzerrungen oder Empfangsstörungen nicht so viel aus, so lange innerhalb eines bestimmten Zeitraums alle nötigen Daten ankommen. Bei DAB strahlen alle Sender einer Kette auf derselben Frequenz aus. Würde nun Programm 1 über Sender A ein anderes Regionalprogramm ausstrahlen als über Sender B, würde das System nicht mehr funktionieren. Alle, die mehrere Sender empfangen, und das sind eigentlich alle Leute, die nicht unmittelbar direkt neben einem Sender wohnen, würden somit ein Kauderwelsch aus den verschiedenen Regionalprogrammen empfangen, ein Datensalat, den der Empfänger nicht verarbeiten könnte. Alle Sender müssen also exakt dieselben Programme ausstrahlen.
Für Regionalprogramme gibt es bei DAB also drei Möglichkeiten:
- ein regionales DAB-Multiplex. Dieses Programmpaket ist dann nur in einer bestimmten Region zu empfangen. Jede Region braucht dann eine eigene Frequenz, ähnlich wie bei UKW. Allerdings können nach wie vor mehrere Programme abgestrahlt werden. Diese Methode lohnt sich also nur, wenn es mehrere regionale Programme mit demselben Verbreitungsgebiet gibt. In Bayern wird das bei den lokalen Privatsendern so gemacht.
- Alle Regionalvarianten werden ständig über den Multiplex ausgestrahlt, im gesamten Verbreitungsgebiet. Das ist für den Anbieter (in dem Falle den SWR) etwas teurer, weil er ja relativ viele Kapazitäten braucht. Für den Hörer ist es evtl. von Vorteil, weil er auch in Freiburg das Regionalprogramm aus Ulm hören kann, wenn er daran interessiert ist.
- Der Anbieter strahlt sein Programm auf einem sogenannten Slot aus, teilt diesen aber, wenn Regionalsendungen kommen, in mehrere Slots mit geringerer Bitrate auf. Das hat bislang nur das Fußballradio 90elf zur gleichzeitigen Übertragung mehrerer Spiele gemacht. Der Vorteil für den Anbieter: Er braucht nur einen Slot, fährt also günstiger. Der Nachteil für den Nutzer: Er hat eine schlechtere Klangqualität, während die Regionalsendungen ausgestrahlt werden. Selbstverständlich sind auch dann alle Regionalprogramme im gesamten Verbreitungsgebiet zu empfangen.

Verstanden? Rad erfunden? Glückwunsch!
 
Und wieso zum Henker strahlt man bei DAB regionale Programme überregional aus? Auf UKW ging das doch noch. Fazit leider mal wieder: Rückschritt.
Eines der Argumente, dass die pro-UKW-Fraktion gerne vorbringt, ist der Overspill, dank dem man auch entfernte und örtlich gar nicht zuständige Programme empfangen kann und somit vor Ort mehr Auswahl hat. Und wenn nun DAB genauso mehr Auswahl vor Ort schafft, ist das gleiche plötzlich ein Rückschritt?
 
Für die erhöhte Auswahl werden aber selten irgendwelche, zeitlich meist sehr kurze, regionalen Einsprengsel genannt. Der Rückschritt besteht für mich darin: Man muss recht verschwenderisch mit den DAB Kapazitäten umgehen. Die Programmliste der Radios wird zugemüllt. Und eine Regionalisierung von z. B. Verkehrshinweisen, wie bei Ö3, wäre nur praktikabel, wenn das Autoradio (per GPS?) den für die Region zuständigen Kanal automatisch auswählen würde. Hm. Ich bin überrascht, dass das "Radio der Zukunft" schon im technischen Standard hier Funktionen rückbaut.

Danke Radiocat für die Erläuterungen. Jetzt weiß ich auch die technischen Hintergründe dieser bei DAB nicht mehr vorhandenen Funktion in einem Sendernetz.

Mein Fazit bleibt: Wo bleibt der Fortschritt beim mobilen Digitalradio? Ich warte... Und ja, ich warte sehnsüchtig.
 
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Moment, beziehst Du Dich jetzt auf die Parallelverbreitung verschiedener RegionalVERSIONEN desselben Programms (i.d.F. SWR4) oder auf die landesweite DAB-Verbreitung der auf UKW nur regional verbreiteten Privatsender?

Erstere sehe ich in der Form, wie sie etwa der SWR in RLP betreibt, auch kritisch, und habe einen Gegenvorschlag gemacht, aber das Problem besteht auf UKW genauso. Frag mal einen NRWler hier im Forum, ob er auf UKW WDR-2 empfangen kann. ;)

Habe ich das richtig gelesen bei der LfK: Auch der Berliner Sender Paradiso wird hier über DAB+ zu empfangen sein?
Welches Interesse haben die denn am Südwesten?
Paradiso ist allgemein gerade auf Expansionskurs und will demnächst auch in Hamburg auf DAB+ senden.
 
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Das mit der "richtigen" Versorgung auf UKW ist so eine Sache - da bestimmt häufig quasi definitionem die UKW-Empfangbarkeit das Sendegebiet - function follows Form - und nicht umgekehrt. So ist "Badens Hitradio" Radio Regenbogen auf UKW zwar in weiten Teilen Württembergs zu empfangen, aber nicht in Pforzheim, Tauberbischofsheim oder Konstanz. Der HR stahlt HR2, HR-Info und You FM weit nach Niedersachsen/Thüringen, NRW und Baden-Württemberg hinein, während diese Programme in Hessen selbst an erheblichen Empfangslöchern leiden, und der SWR musste bei der Aufteilung seiner SWR4-Regionen erhebliche Kompromisse zwischen traditionellen landsmannschaftlichen Zugehörigkeiten und der technischen Abbildbarkeit auf UKW schließen.

Technisch lassen sich gewünschte Sendegebiete auf DAB+ sehr viel präziser abbilden als auf UKW. Nur solange es nur eine begrenzte Anzahl an Muxen gibt, die verschiedene Programme mit verschiedenen Empfangsinteressen abbilden, muss eben zwischen diesen noch ein Kompromiss gefunden werden. Wenn es später mal Lokal-, Regional-, Landes-, überregionale, bundesweite und Metropolen-Muxe gibt, werden solche Kompromisse nicht mehr notwendig sein - und im übrigen auch die Mehrfachverbreitung von SWR4 & Co.
 
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Ich kann es auch als Frage formulieren. Warum nimmt man für Programme, die regionale Sendungen enthalten nicht "Variante 1", also regionale Multiplexe? Siehe SRF, SWR, BR und die Regionalversorgung von WDR 2 auf DAB.
 
Weil es diese regionalen Muxe zumeist noch nicht gibt. Wo es sie gibt, wird es - sinnvollerweise - so gemacht. So wird Bayern 1 München im München-Mux verbreitet, nicht bayernweit wie die restlichen Bayern-1-Versionen. In der Schweiz und in BaWü (ab nä. Woche) laufen die Regionalversionen auch nicht landesweit, sondern jew. nur eine Version.
 
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Aus Kostengründen, würde ich sagen. Die landesweiten Muxe müssen so oder so bezahlt werden, ob sie nun voll sind (mit all den Regionalversionen) oder halb leer, das macht kostenmäßig kaum einen Unterschied. Wenn auch mal die Regionalnetze aufgebaut sind, wird es wahrscheinlich anders aussehen.
 
Donau3FM setzt permanent aus und steigt gepuffert wieder ein. Liegt das am Webstream, der als Zufuhrung dient?
Und mit welcher Veranlassung hat der verbliebene SWR4BW auf 11B die alleinige Priorität bei Verkehrsdurchsagen? Wurden irgendwelche Durchsageflags noch nicht gesetzt?
 
Auseinanderschalten kannst Du ein DAB-Sendernetz nicht, wenn es im Gleichwellenbetrieb läuft. Du kannst eben entweder einen Kanal splitten (wie 90elf das tat), oder Du müsstest in jeder Region auf einem anderen Kanal senden.
Das könnte man machen:
Ein SWR-Paket, das eben in jeder Region auf einem anderen Kanal ausgestrahlt wird. Alle Programme wären gleich, ausser SWR4, das jeweils in einer anderen Regionalversion käme.
Das wäre quasi Möglichkeit 4. Natürlich wäre das absolut nicht frequenzökonomisch, da man für Baden-Württemberg dann schon 8 Kanäle bräuchte. Zudem müsste man noch eine erhöhte Anzahl Sender betreiben bzw. mit höherer Leistung, damit auch jeder in der Region die richtige Regionalvariante bekommt. Man hätte also einen riesigen nutzlosen Overspill, da Du natürlich in Deiner Region auch noch die Kanäle aus den Nachbarregionen bekommst.
Der Vorteil von DAB wäre damit total zunichte gemacht.

Für Verkehrsmeldungen gibt es in DAB andere Implikationen, es sind nämlich Datendienste möglich. Das ist auch ein ganz grosser Vorteil von DAB, da ist viel mehr möglich als via RDS, nur wird es bislang total unzureichend genutzt. Dafür kann aber die Technologie nicht.
Ein Nachteil, wenn Du so willst, ist tatsächlich, dass ein Sendernetz aufgrund der Gleichwellennutzung nicht aufsplitbar ist.
 
Ich war vor kurzem mal wieder in BW unterwegs. Auf Sendung sind derzeit neben den bisher bekannten Anbietern: bigFM WorldBeats, Schwarzwaldradio, egoFM, auch RADIO REGENBOGEN, RADIO 7, RadioTon (erstmal mit Testschleife), DONAU 3FM, die neue welle, HITRADIO OHR, baden.fm, DIE NEUE 107.7, Radio VHR und Radio ParadisoBW.

Antenne 1 ist offenbar nicht dabei, und auch das bisherige "Liveradio" empfing ich nicht. ?

Die Programme scheinen alle eine landesweite Lizenz von der LfK fuer BW bekommen zu haben. Leider ist der Empfang in der Bodensee-Region nicht moeglich.
 
gelten nun Radio Regenbogen oder Radio 7 als sogenannte "Bereichssender" in BW? oder als landesweite Anbieter? Eher "landesweit Sender", nachdem sie nun eine landesweite Verbreitung von der LfK bekommen haben? Und Antenne 1 ist noch "Bereichssender"?
 
Die Kategorie "Bereichssender" bezieht sich konkret auf die UKW-Lizenz; die DAB+-Lizenz ist davon unabhängig. "Sunshine live" ist beispielsweise "Lokalsender", was die UKW-Frequenzen im Rhein-Neckar-Gebiet betrifft, aber bundesweites Programm, was Kabel, Satellit, DAB+ und die UKW-Frequenz in Stuttgart betrifft.
 
Im DRS BW-Ensemble sind zumindest laut "dab-player" noch 102 CU frei, das würde noch für einen weiteren 72kbit/s-Sender reichen und Radio Ton könnte zusätzlich auch auf 72kbit/s erhöhen... Ob da noch was kommt?
 
Ob da noch was kommt?

Im Suedwesten kursiert das Geruecht, dass der SWR noch einige Regionalsender von SWR 4 auf DAB+ aufschalten will. Ob das stimmt, und ab wann dies sein soll weis ich nicht?

Vermutl. wird man nicht das DRS BW Ensemble nehmen, sondern den SWR Mux und dort duerfte noch etwas frei sein.

Ob Antenne 1 jemals auf DAB+ sein wird, weis ich auch nicht. Allerdings vermisse ich Antenne 1 nicht so sehr, da ich das Programm weniger toll finde.
 
Kein Gerücht, sondern feststehende Planung. Das wird schon kommen. Rom wurde auch nicht an einem Tag erbaut ;)
 
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Auf 11B soll dauerhaft (also bis auf weiteres) SWR4 Radio Stuttgart senden, was dort heute schon sendet. Ein anderes SWR4-Regionalprogramm macht auf 11B keinen Sinn, weil Radio Stuttgart das einzige SWR4-Fenster ist, in dessen Bereich 11B überall verfügbar ist. Dass dort noch ein anderes SWR4-Fenster senden solle, ist meines Wissens nicht geplant.
 
Da ist ja auch gar kein Platz für mehr Varianten. Wieso auf 11B überhaupt noch SWR4 sendet, ist mir eigentlich schleierhaft. Ist das rein territoriales Verhalten, durch das man den Fuß in der Tür behalten will?
 
Was die Frage des Grundes für den Beibehalt von SWR4 Stuttgart auf 11B betrifft, so haabe ich eine Vermutung. Allerdings möchte ich mich zwei Tage vor der vermulichen Auflösung nicht in die Nesseln setzen.
 
Im Nachbarforum wurde schon von einem "Eiern" (Gleichlaufschwankungen) bei "Donau 3 FM" im Kanal 11B berichtet. Jetzt habe ich sowas auch bei SWR1 im Kanal 8D zufällig festgestellt. Darüber werden sich die Techniker beim SWR am Montag sicher "freuen".

Klingt echt wie von Kassette oder ausgeleierter Cart...
 

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Eier? Das muss saisonal bedingt sein. Jetzt ist doch bald Weihnachten, das ist doch das Fest mit den bunten Eiern...oder verwechsel ich da irgendwas?
 
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