Noch ne Programmreform: WDR3 und die Radioretter

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Ja, richtig! Hier nochmals zur Erinnerung: WDR III, die Langwellen 153 kHz, 177 kHz oder die Mittelwelle 990 kHz einschalten.
Beginn: Jetzt!
 
Mein Gott, zieht sich die Diskussion langweilig dahin! Keine Kontroversen, obwohl am Anfang groß angekündigt, keine erkennbare Zielführung, nur Monologe. Frau Piel heuchelt dreist Interesse an der Meinung der Hörer vor, Herr Brinker spielt gut Kasperletheater (sagt er zumindest), Frau Bruhns verliert sich in wissenschaftstheoretische Exkurse und die Zuschauer bringen die kulturellen Aspekte von Lady Gaga ins Gespräch ein. Das alles wird von einem sich geradezu anbiedernden Uwe Schulz in einer Eierkuchensoße aus Harmonie erstickt.
Wenn ich daran denke, daß für die Verbreitung dieser Farce alleine zwei Großsender à 500 kW mißbraucht werden, kann ich die KEF-Mitglieder gut verstehen, wenn sie beim Gedanken an die Stromrechnung den AM-Sendern den Saft abdrehen wollen.
 
Sehr schön geschrieben! Aber auch diese klug formulierten Gedanken werden leider wieder an der WDR-Führung rückstandslos abprallen.

Dennoch möchte ich eine Passage besonders herausstellen:
Hans-Joachim Lenger zur Frage‚ ob ein „Hochkulturprogramm“ auch Mainstream-Filme diskutieren solle schrieb:
Zu keinem Zeitpunkt jedoch kommt die heilige Einfalt, die sich hier aus den Höhen der Intendanz artikulierte, auf die Idee, dass nicht die Gegenstände, sondern der publizistische Zugang, das Niveau und die Reflexionshöhe den Ausschlag geben, auf der sich ein „Kulturradio“ solchen Gegenständen zuwenden müsste. [...] Um Frau Piels Scheinprobleme zu lösen, hätte die Frage nach Formen einer Kulturpublizistik deshalb hilfreich sein können, die solchen Porositäten Ausdruck verschaffen würde. Doch weil man bei WDR 3 gerade alle Anstrengungen fortsetzt, solche Formen nachhaltig auszuschließen, wäre dieser Hinweis nur degoutant gewesen.
Das paßt m E gut zu der in diesem Forum lang und breit diskutierten Frage, ob gewisse Titel der populären Musik nicht gespielt werden dürfen, damit das Publikum ja nicht wegschaltet. Ich behaupte: Mit Herzblut und wirklich kompetent präsentiert kann man im Prinzip alles spielen. Sogar klassische Musikstücke auf hr1!

Ach, und als Fußnote noch: Der Radiorentner-Mohr hat offenbar seine Schuldigkeit getan.
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Passend dazu gibt es einen zusammenfassenden Bericht in "Fazit" auf Deutschlandradio Kultur/Deutschlandfunk vom Deutschlandfunk-Kulturredakteur/-moderator Michael Köhler:

http://ondemand-mp3.dradio.de/file/dradio/2012/06/14/drk_20120614_2349_13efc2ac.mp3

Er hat (wahrscheinlich) auch dieses Grundsatzpapier vom Frühjahr 2011 mit unterschrieben "Gegen die Entkulturalisierung".

Für mich ist es aber auch eine Form der Entkulturalisierung, die Musiksendungen beim DLF aus dem Programm zu streichen.
 
Aber auch diese klug formulierten Gedanken werden leider wieder an der WDR-Führung rückstandslos abprallen.

Wenn's denn nur dort wäre. Daß das Deutschlandradio meinte, diese tolle Veranstaltung auch noch auf Langwelle rausblasen zu müssen (wie hier ja schon bemerkt), stimmt nicht gerade hoffnungsfroh.

Von dort vernimmt man übrigens (kann mich nur gerade nicht erinnern, wo ich das gelesen oder gehört hatte), daß die Kulturredaktion des DLF um Haaresbreite der Abwicklung entgangen ist. Die Sache mit dem Nachtprogramm könnte von daher die Spitze eines furchterregenden Eisbergs sein.


Dennoch möchte ich eine Passage besonders herausstellen:

Die Frage nach publizistischem Zugang, Niveau und Reflexionshöhe betrifft ja nicht nur das Herangehen an Popkultur. Auch in der eigentlichen Domäne der Kulturradios, der sogenannten Hochkultur also, wird es da manchmal schon verdammt dünn.


Das paßt m E gut zu der in diesem Forum lang und breit diskutierten Frage, ob gewisse Titel der populären Musik nicht gespielt werden dürfen, damit das Publikum ja nicht wegschaltet.

Paradebeispiel ist das, was sie bei MDR Figaro dem Vernehmen nach „gehobene Popmusik“ nennen. Das kann alles sein, bis hin zu totgedudelten Superhits. Es darf nur nicht Rattattattaschränggg machen, nicht die wohlige Loungeatmosphäre stören.

Ist es übrigens nur eine vom RBB-Kulturradio geprägte Wahrnehmung oder haben sie beim Frisörfunk ihre Klassik- und Barockhäppchen jetzt tatsächlich noch weiter gekürzt, runter auf die übliche Länge von Popsongs?


Ich behaupte: Mit Herzblut und wirklich kompetent präsentiert kann man im Prinzip alles spielen. Sogar klassische Musikstücke auf hr1!

Hat es auf DT64 gegeben.


Ach, und als Fußnote noch: Der Radiorentner-Mohr hat offenbar seine Schuldigkeit getan.

Klar. Mit einem nicht durch Dreistufentest genehmigten Telemedienangebot hätte der WDR auf Dauer wohl Ärger bekommen ...
 
So, wie die Inhaltsangabe der letzten Musikpassagen im September schon vielsagend andeuten, greift die Reform pünktlich zum 1. Oktober.
Werktags ändert sich vom Wegfall des Journals abgesehen am Programmschema erstmal nichts, für das Wochenende erscheint der genaue Ablauf morgen, die Pressetipps verraten aber schon ein wenig. "Gutenbergs Welt" wandert zwecks neuem Kulturmagazin um 12 Uhr auf den Sendeplatz (18.05-19.00 Uhr) der ersatzlos entfallenden "Resonanzen weltweit".
Und das Hörspiel wird voraussichtlich sonntags zur selben Zeit wie am Samstag, also von 15 bis 16 Uhr wiederholt, dafür entfällt bis auf den Platz an den Feiertagen -ebenfalls wie angedroht-das Musikfeature.
 
Schon spannend, die neuesten Nachrichten aus Wallrafistan. Man hat also die monothmematischen Musikpassagen im Jahre 2008 von einer täglichen Sendung auf den Samstag zusammengestrichen, nur um sie vier Jahre später ganz zu vernichten. Wieso eigentlich dieser Aufwand, warum sagt man dem Hörer nicht gleich ganz klar und ehrlich: Verpiss Dich!
Eine genauso substanzlose Idee jenes Jahrgangs waren wohl die achtminütigen Journale. Zu lang für Nachrichten, zu kurz um einen Sinn zu haben. Die vorhergehenden "Themen des Tages" jedoch entpuppten sich mit 15 Minuten als zu lang für die Aufmerksamkeitsspanne des von Marketingspezialexperten hochwissenschaftlich synthetisierten Durchschnittshörers. Achja, die nun ebenfalls entsorgten "Resonanzen weltweit" sind genauso eine 2008er Schnapsidee gewesen. Sieht man also selbst ein, dass die hektische Reform von 2008 triumphal versagte? Lief wohl so wie mit den Gedichten im DLF. Da hat man nach ein paar Jahren festgestellt: Gibt keine mehr! Und weg waren sie wieder.
Den Platz jener verhallenden Resonanzen nimmt nun ausgerechnet "Gutenbergs Welt" ein - eine wunderbar kantige Sendung alter Schule. Eine Schicksalsentscheidung? Insbesondere vor dem Hintergrund, dass WDR 3 bei der letzten Ziehung der gottgleichen MA-Zahlenkolonnen wieder deutlich abstürzte. Die Einführung weiterer Flächensendungen ist daher alternativlos.

Die Parallele zur Politik ist durchaus interessant. Politische Systeme verstehen es, ihre Blütezeit unbeschadet um Jahrzehnte zu überdauern. Liegen Mißwirtschaft und Prekarisierung noch so deutlich auf der Hand - die Lage bleibt ruhig. Nur ein paar verbohrte aber ungeheuer wichtige Maskottchen in Anzug und Krawatte werden mit der Zeit nervöser und verkaufen immer neue Streichhölzer, um das längst fundamental geschädigte Kartenhaus aufrechtzuerhalten. Irgendwann kommt der Knall frecherwese trotzdem. Ob ich bei der ARD noch ganze Jahrzehnte auf dieses Happening warten will, bezweifle ich allerdings stark...

Im froschfarbenen Nachbarcafé hat dieser Tage übrigens jemand eine Verknüpfung hinterlassen. Ein Artikel über den Wandel und die Legitimation der Kulturwellen sowie WDR 3 im Speziellen. Ein erstaunlich differenzierter Text.
 
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