Nürnberger Radiosender will eine Frequenz - der Streit eskaliert

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Nürnberger Radiosender will eine Frequenz - der Streit eskaliert „Wir werden diskriminiert“

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Im Anecken, Auf-die-Füße-treten und Unbequem-sein hat Hörfunkjournalist Reinhard Müller Erfahrung, von Berufs wegen. So groß war sein Gegner aber noch nie: die Bayerische Landeszentrale für neue Medien (BLM). Müller hat gegen die BLM Rechtsaufsichtsbeschwerde eingelegt, er will sie verklagen und zusätzlich Verfassungsbeschwerde beim Bayerischen Verfassungsgerichtshof einlegen. Der Grund: „Diskriminierung und Ideenklau.“

Der ganze Ärger begann im Juni 2005. Da beantragte Reinhard Müller die Nutzung einer UKW-Frequenz, hilfsweise einer digitalen Frequenz und einer Einspeisung ins Kabelhörfunkprogramm für seinen Sender „Die weisen Wölfe“. Der bietet ein 24-Stunden-Programm, zugeschnitten auf die Interessen von Menschen ab 50 Jahren: viele Wortbeiträge, Hörspiele, Musik vor allem von deutschen Interpreten. „Die weisen Wölfe“ kann aber nur hören, wer über einen Internetanschluss verfügt. Das wollte Müller mit seinem Antrag ändern.

„Sämtliche Frequenzen belegt“

Vergeblich: „Gegenwärtig sind . . . sämtliche nutzbaren digitalen Frequenzen in Nürnberg durch genehmigte Angebote belegt“, teilte ihm die BLM im Juli in einem Schreiben mit. Auch UKW-Frequenzen seien belegt, eine Kabeleinspeisung nicht möglich. Die Korrespondenz liegt der NZ vor. Müller wehrte sich, er schrieb zurück, er mailte — ohne Erfolg. Denn die öffentliche Ausschreibung für die Organisation eines digitalen Hörfunkangebots sei im November/Dezember 2004 bereits abgeschlossen worden, beschied die BLM. Pech für Müller: der Verein und Sender „Die weisen Wölfe“, dessen erster Vorsitzender und Programmchef er ist, besteht offiziell erst seit August dieses Jahres.

Trotzdem schöpfte er Hoffnung. Für die Zukunft. Denn das Sender-Programm schien der BLM gut zu gefallen. „Ein Programmangebot, welches sich speziell an die Zielgruppe der älteren Generation wendet, ist sicherlich in der Hörfunklandschaft unterrepräsentiert. Die meisten von der Landeszentrale genehmigten Programme richten sich in der Tat an die für die Werbewirtschaft relevante Zielgruppe der 14- bis 49-Jährigen“, steht in einem Schreiben vom 13. Juli 2005. Am 29. September las Müller: „Gleichwohl hat der Hörfunkausschuss zu verstehen gegeben, dass sich die gute Idee an den Vorgaben des Gesetzes und den tatsächlichen Gegebenheiten messen lassen muss.“

Vielleicht war Müllers Idee allzu gut gewesen? Jedenfalls will der Programmförderungs-Ausschuss des Medienrates der Landeszentrale seit dem 7. Oktober bayerische Hörfunk- und Fernsehanbieter besonders berücksichtigen, falls sie ein bestimmtes Thema in ihr Programm aufnehmen: „Die Generation 49 plus — die unterschätzte Kraft“. Dass die BLM gerade dieses Thema ausschreibt, dass sein Antrag gestern im Hörfunkausschuss endgültig abgelehnt wurde — Reinhard Müller mag nicht an einen Zufall glauben. Er spricht von „Ideenklau“ und „Willkürherrschaft“. Die BLM weist die Vorwürfe zurück.

Doch mit der Ausschreibung sind „Die weisen Wölfe“ aus dem Rennen. Bewerben dürfen sich nämlich nur Radioanbieter, also Stationen, die bereits auf einer Frequenz senden. Und eben diese ist Reinhard Müller verweigert worden. „Weil mich keiner der großen Medienkonzerne finanziert“, mutmaßt er. „Ich will unabhängig bleiben, um auch politisch unbequem sein zu dürfen. Das ist in Bayern offenbar nicht gewünscht.“

Der Verein „Die weisen Wölfe“ in der Zeltnerstraße will Treffpunkt sein und Senioren an neue Medien heranführen. Müller lässt sich seine Idee — ein Freizeitzentrum mit Radiosender — nicht kaputt machen. Und das wäre der Fall, wenn „Die weisen Wölfe“ nur im Internet zu hören seien. Die meisten aus seiner Zielgruppe haben „nur ein Kofferradio“, kein Modem.

Daher will sich Müller eine Frequenz erklagen. Eine von ihm eingereichte Rechtsaufsichtsbeschwerde gegen die BLM läuft bereits. Nächste Woche werde ein Rechtsanwalt eine einstweilige Verfügung erarbeiten, um die BLM-Ausschreibung zu stoppen. Zusätzlich will er Verfassungsbeschwerde beim Bayerischen Verfassungsgerichtshof einreichen. Übrigens: Bundestagsabgeordnete Dagmar Wöhrl ist Schirmherrin der „weisen Wölfe“. Sie werde den Vorgang beobachten, meldete sie sich aus Berlin. Ngoc Nguyen

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