Österreichischer Radiopreis

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tunerider

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(verliehen am 1. Juni im Wiener Rathaus)

Ganze 20 (!) Jahre hat es seit dem Sendestart des ersten österreichischen Privatradios (Antenne Steiermark im September 1995) gedauert, bis man es hierzulande geschafft hat, ein Instrumentarium einzuführen, mit dem Qualität im heimischen Radio gefördert und auch entsprechend gewürdigt werden kann.

Und ja, 20 Jahre nach dem Start der Privatradio-Ära muss man Qualität im Radio in diesem Land immer noch suchen. Heute sogar noch mehr als damals zu den Anfängen. Vom Pioniergeist und der Lust, vieles ganz anders zu machen als die öffentlich-rechtlichen, ist wenig übrig geblieben. Die Privatsender kopieren sich gegenseitig, aus der beabsichtigten Vielfalt ist in 2 Jahrzehnten ein fader Einheitsbrei geworden. Die „meisten, besten, größten Hits mit der allermeisten besten größten Abwechslung“ – überall.

Qualität im Radio ist immer noch eine Frage der Innovation. Über den Tellerrand schauen, neues ausprobieren, ausgetretene Pfade verlassen, und damit auch ein Risiko eingehen – auch finanziell – dazu ist hierzulande kaum ein Privatsender bereit, zumal sich viele aufgrund bescheidener einstelliger Radiotestergebnisse schlicht kein Risiko leisten können. Nur wer die Mittel hat, um in professionelle Strukturen zu investieren, kann auf Dauer Qualität und entsprechende Kompetenz liefern. Hier beißt sich die Katze in den Schwanz.

Und so ist es auch kein Wunder, dass die finanziell (durch Gebühren- UND Werbeeinnahmen) immer noch deutlich besser gestellten ORF Radioprogramme die großen Abräumer des ersten österreichischen Radiopreises waren. In 6 von insgesamt 9 Kategorien hatten die öffentlich-rechtlichen die Nase vorn. Auch, weil sie es sich leisten können.

Die einzige wirkliche Überraschung des Abends war wohl, dass die „Beste Moderatorin“ dieses Jahr von Energy kommt. Einem Sender, der das „Moderieren“ im eigentlichen Sinn aus programmstrategischen Gründen bereits vor geraumer Zeit ersetzt, und durch leicht verdauliche „Befindlichkeitsmods“ ersetzt hat. So glänzte die „Moderatorin des Jahres“ demzufolge auch auf der Bühne durch „Befindlichkeitsmods“, bezeichnete den Radiopreis als „geilen Scheiß“, und erzählte freudig, dass Ihr Programmchef sie als „seine Zuchtstute“ bezeichnet. Die Gesichter und Reaktionen im Publikum sprachen Bände.

Ansonsten alles beim Alten. Die Veranstaltung per se glänzte durch die typische österreichische „Steifigkeit“, die Preisverleihungen erinnerten eher an eine mündliche Prüfung in der Volksschule, bei der die Schüler vorne an der Tafel vor der ganzen Klasse bewertet werden. Und Universalmoderator Andi Knoll führte souverän durch den Abend.

Der erste österreichische Radiopreis 2015 – 20 Jahre nach dem Start des Privatradios in Österreich ein wichtiger und richtiger Schritt. Für’s erste Mal ganz passabel. Für die Zukunft bleibt aber noch sehr viel Luft nach oben.
 
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