Quo vadis, Deutschlandradio?

Ja: Woher nimmst Du Deine Vorurteile?
Immerhin hat der Mann auch die DW und heute-Redaktion von innen gesehen und ist mit Sicherheit kein "Alleinherrscher".
Besser: Abwarten!
Vorurteile? OK, streich den Satz mit dem MDR, der war nicht so ernst gemeint.

Aber alleine rein auf die erste Aussage bezogen, die man von dem neuen Mann hört, die "Generation RTL" besser erreichen zu wollen, schrillen bei mir ganz einfach sämtliche Alarmglocken. Schon der Begriff "Generation RTL" suggeriert doch schon, von welchem Publikum wir hier sprechen. Und ja, diese Leute zahlen auch Gebühren, werden aber doch vom öffentlich-rechtlichen Rundfunk (nicht explizit vom Dradio, aber in seiner Gesamtheit inkl. ARD-Anstalten) m.E. mehr als ausreichend bedient. Gerade im Unterhaltungssektor gibt es genügend Programme, die von Privatfunk kaum noch zu unterscheiden sind. Und wenn man es nicht ganz so "unterschichtig" sehen mag, dann schielt diese Aussage doch trotzdem ganz auffällig nach Quote und Verflachung in einer der letzten Oasen im öffentlich-rechtlichen Rundfunk.

Und ja: ich persönlich bin längst nicht mit allem glücklich, was ich heute im Deutschlandfunk zu hören bekommen. Manches wirkt altbacken, dröge und elitär. Aber auch für diese Art von Programm gibt es gebührenzahlende Menschen, die ja ansonsten im Radio gar keine Alternative mehr haben. Wer, wenn nicht der öffentlich-rechtliche Rundfunk, kann denn sowas noch bieten? Und in einer Zeit, in der eine ARD-Anstalt wie z.B. der MDR nahezu sämtliche anspruchsvolleren Inhalte im Radio quasi über Bord geworfen hat, braucht es doch wenigstens eine Alternative wie den Deutschlandfunk.

Und wenn es dann doch nur um die Jugendlichen, die man auf herkömmlichen Wegen nicht mehr so gut erreicht, und die Online-Angebote gehen soll, dann ist das doch nicht die "Generation RTL". Dann muss man andere Begriffe wählen, und dann hätte das auch eine ganz andere Aussage gehabt.

Ich bleibe weiter sehr skeptisch.
 
Wenn bei RTL überhaupt noch etwas erträglich ist, dann die Nachrichten. Darauf hat Raue sich vermutlich bezogen - der im Übrigen durch Erweiterung des DeRa-Online-Angebots Jugendliche erreichen will. Wer will es ihm verübeln?
 
Vorsicht mit schnellen Urteilen: Das Ziel, auch "die RTL-Generation" zu erreichen, muss ja nicht zwangsläufig heißen, dass sich der Neue auf RTL Niveau begeben will. Es kann auch in die umgekehrte Richtung gehen, nämlich Deutschlandradio auf eine Art und Weise attraktiv zu machen, dass sich sogar die RTL-Generation auf dessen Angebote (und Niveau) einlässt. Qualität ist ja nicht nur etwas für Intellektuelle, sondern kann mit etwas Grips auch für schlichtere Gemüter attraktiv gemacht werden.
 
Wenns doch nur so sein könnte! Aber wohin man schaut im öffentlich-rechtlichen Rundfunk: Ankündigungen derart, den Zuhörenden "auf Augenhöhe" begegnen zu wollen, entpuppen sich i.d.R. alsbald als Geringschätzung der Zuhörenden dergestalt, daß man das Niveau massiv senkt, daß man sich an eine vermeintliche maximale Aufmerksamkeitsdauer von Einsdreißig anpasst usw. Im Ergebnis vertreibt man diejenigen, die Qualität erwarten, nur immer weiter. Eindrucksvoll ist das z.B. über mehr als 10 Jahre an WDR 3 zu studieren: nach den Umstrukturierungen, die jedes mal inhaltliche Substanz gekostet haben, sind die Zuhörerzahlen stetig gesunken. Es reicht also nur zur Resignation der anspruchsvollen Zuhörerschaft, nicht aber zum Anfüttern der anspruchslosen Nicht-Hörerschaft. Die sind ganz glücklich mit den verfügbaren Angeboten auf nahe-Null-Niveau, es gibt keinen Anreiz, den Kopf mal aus dem Sumpf rauszustrecken.

Natürlich hat auch ein "weiter so mit hoher Qualität ohne Rücksicht auf den Sumpf" langfristig keine Zukunft. Der Sumpf erreicht inzwischen Dimensionen, die die Gesellschaft als ganzes ernsthaft gefährden und in die Barbarei kippen können. Der Hass z.B. auf Akademiker ist inzwischen beim besten Willen nicht mehr zu überhören. Er wird inzwischen auch von rechten politischen Kräften aufgegriffen und kultiviert. In nicht allzu ferner Zukunft kann der Sumpf dann das, was an Leuchttürmen noch heraussteht, kraft seiner Mehrheit abreißen. Eine freiwillige Anpassung sämtlicher gesellschaftlicher Einrichtungen an das Niveau des Sumpfes führt zum gleichen, noch vermutlich etwas schneller. In beiden Fällen endet es in der Katastrophe. Vielleicht muß man dann wirklich so direkt sein, das als Darwinismus zu bezeichnen, schade nur für die, die dann als Kollateralschaden geopfert werden. Und es geht dabei nicht um solchen Pillepalle wie ein Radioprogramm, sondern letztlich um die körperliche und seelische Unversehrtheit der Menschen, um die Frage nach Krieg oder nicht Krieg.
 
Ich persönlich glaube ja dass die Generation RTL gar nicht weiß, dass es den Deutschlandfunk gibt! ;)
Bei mir läuft eigentlich immer ein Programm des DLF im Stream oder im Radio und selber schaue ich auch gerne mal bei RTL vorbei, ob es nun Sport, Filme oder Serien sind. Gehöre ich deshalb zur Generation RTL?
 
Rücksturz in die Mittsiebziger. Der DLF hat eine Hörer - Hitparade namens "Schlagerderby" im Programm, die schnell von den damaligen Teenies (wie mir) "adoptiert" wird und die von der musikalischen Auswahl her durchaus mit der Hitparade von RTL vergleichbar war, wenn auch viel seriöser (um nicht zu sagen trockener) präsentiert. Vielleicht meint man ja gerade diese damaligen Teenies, die heute zwar zu angehenden Rentnern gereift sind, insgeheim aber den alten Radiozeiten noch nachtrauern?
 
Was ist denn eine "Generation RTL"?

Jemand, der seit den 60ern mit Radio Luxemburg groß geworden ist?
Jemand, der in den 70ern 208 gehört hat?
Jemand, der ab 1984 mit RTL plus groß geworden ist?

In Frankreich ist RTL als Qualitäts-Hörfunkprogramm bekannt :)

Dass Herr Raue mit "RTL" in erster Linie das Fernsehprogramm aus Köln verbindet, stimmt mich nachdenklich.
 

Dieses Interview finde ich wirklich schreckend. Es ist ja die gesamte Horrorpalette vertreten. "Wir müssen näher bei unseren Hörern sein und an dem, was diese bewegt" ist nur einer dieser Sätze. Und was mich vor allem sehr nachdenklich macht: Er hat mit keinem Wort das Bestehende gelobt - außer bei Nova. Das lässt mich nun wirklich Angst haben, was den Deutschlandfunk betrifft und lässt mich hier größere Veränderungen befürchten. Herr Raue meint mit "Generation RTL" übrigens die 29 bis 59 jährigen.
 
Herr Raue meint mit "Generation RTL" übrigens die 29 bis 59 jährigen.
...womit er meinen Freundes- und Bekanntenkreis also (fast?) vollständig ausblendet. Da gibt es Akademikerhaushalte ohne Fernseher. Da gibt es Haushalte, in denen nur Öffis im Speicher sind und arte weit vorne. Aber diese Leute will Herr Raue ja offenbar auch nicht erreichen. Es sind ja derzeitige DLF-Hörer.
 
Dieses Zitat aus dem DWDL-Artikel macht mir Sorgen...

"Gleichzeitig zeigt sich Raue zufrieden mit Deutschlandfunk Nova und den digitalen Angeboten, hier sei das Unternehmen bereits auf dem richtigen Weg. 'Aber da müssen wir uns noch viel überlegen, um alle Beitragszahler zu erreichen', so Raue."

"alle Beitragszahler erreichen" = Deutschlandfunk Dudel? Indie/Alternative ist nicht massentauglich genug...
 
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Wie dem auch sei, auch dieses Thema wird die Grundsatzdiskussion weiter befeuern, ob eines, und wenn ja welches Öffentlich-Rechtliche und gebührenfinanzierte System Deutschland überhaupt braucht. So lange die ÖR-Programme alles dafür tun, sich überflüssig zu machen, indem sie Privatfunk imitieren und Massenpublikum nach dem Motto des kleinsten gemeinsamen Nenners (= Dudelfunk) bedienen, leisten sie für sich selbst und ihre Sache einen Bärendienst. Sie liefern geradezu die Argumente, warum man auf sie verzichten kann.
 
Und auf diesem Gebiet ist der MDR nunmal traditionell "führend", wodurch es überhaupt erst zu diesem Thread kommen konnte.

Ich sehe sehr klar den Bedarf für einen öffentlich-rechtlichen Rundfunk. Nur wäre dieser im Extremfall (wenn man auf Regionalität verzichtet) mit nur einer handvoll Programme realisierbar. Nähme man Regionalität mit hinzu (was ich für wichtig halte, auch regionalen Rundfunk darf man nicht den Interessen des Kapitals opfern), hätten wir vielleicht 20 öffentlich-rechtliche Programme, teils mit regionalisierten Stunden. Aber gewiß nicht über 60, von denen sich mehr als die Hälfte heute schon nur durch ihre Finanzierung vom Privatfunk unterscheiden.

Heikel ist halt bloß: würde man "das VolK" mehrheitlich abstimmen lassen, was es will, käme das Ergebnis der MA heraus: keine Kulturprogramme (jeglicher Art), bestenfalls noch Infoprogramm. Ansonsten: Volldudel identisch zum Privatfunk, aber dann doch wieder endloses Gemecker über den Rundfunkbeitrag. So kann man sich ewig im Kreis drehen.

Ich erachte einen auf Relevanz jeglicher Art (musikkulturell, literarisch, politisch, naturwissenschaftlich, ...) ausgerichteten öffentlich-rechtlichen Rundfunk für weiterhin sehr wichtig, eigentlich sogar für wichtiger denn je. Eine Gesellschaft, die sich das nicht leisten möchte, auch wenn die Mehrheit mit den Inhalten oft nur wenig anfangen kann, geht auf einen sehr gefährlichen Weg. Das betrifft freilich nicht nur den Rundfunk, sondern generell die Art und Weise, wie wir die Gesellschaft gestatlen. Und da gruselt es mir beim seit etwa 2-3 Jahren eingeschlagenen weg.
 
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Ich sehe sehr klar den Bedarf für einen öffentlich-rechtlichen Rundfunk. Nur wäre dieser im Extremfall (wenn man auf Regionalität verzichtet) mit nur einer handvoll Programme realisierbar. Nähme man Regionalität mit hinzu (was ich für wichtig halte, auch regionalen Rundfunk darf man nicht den Interessen des Kapitals opfern), hätten wir vielleicht 20 öffentlich-rechtliche Programme, teils mit regionalisierten Stunden.

Meine Rede:
https://www.radioforen.de/index.php...e-rundfunkanstalt-ersetzen.38489/#post-678842
 
Na ja,
es ist ja nicht so als hätte man nicht erst einige Reformen durchgeführt wurden:

1) Studio 9 am Mittag wurde zu einem täglichen Schlaglicht umgebaut

2) Der Länderreport wurde ja verlängert

Bei Deutschlandfunk Nova;

1) wurden neue Sendungen eingeführt: Eine Stunde History, eine Stunde Talk

2) Die Redaktionskonferenz wurde neugestaltet

Ich sehe die Gefahr, dass man sich dauerreforniert, man irgendwann gar nicht mehr weiß welche Richtung der Sender geht.
 
Herr Raue hat sich nun auch auf Nova sehr ausführlich geäußert. Auch hier klingt es leider eher nach Umbruch und nicht nach vorsichtiger Entwicklung. Grund meiner Interpretation: Außer zu Nova äußert er sich an keiner Stelle konkret positiv zu DLF und DLF Kultur. Zudem betont er nochmal die geänderten Anforderungen des Netzes, die maßgeblich werden sollen.

https://www.deutschlandfunknova.de/eine-stunde-medien

Knackpunkt für mich ist: Bezieht er seine ganzen Aussagen eigentlich primär auf die Netzpräsenz, die ja wirklich auch gut für Junge attraktiver gestaltet werden könnte. Oder bezieht er das alles primär auf die drei Radiosender. Meine Hoffnung ist, dass es ersteres ist. Meine Befürchtung ist, dass er diese Ziele auch auf die Sender bezieht. Ich hoffe, dass er zumindest DLF als "Leuchtturm" unangetastet bleibt. Der Sender ist erfolgreich wie er ist. Wenn DLF als konstanter Leuchtturm gesetzt ist, wäre ich aber nicht abgeneigt, bei DLF Kultur evtl etwas zu schrauben oder beide noch mehr voneinander abzugrenzen Aber Reformen über alle Sender hinweg würde ich auch als sehr negativ sehen. Es gab in den letzten Jahren ja schon einige Änderungen.
 
Intendanten-Hinterzimmer-Kungelei

1. Schon mal unwürdig, wie Intendant Steul sich erst für eine weitere Amstzeit wählen ließ … und dann gleich die Biege macht!

2. Weiterer DLF-Imageschaden: Trotz intensivster Hinterzimmer-Kungeleien und Mauscheleien konnten sich die Gremien zunächst nicht auf einen neuen Intendanten einigen; Steul musste gebeten werden das Amt weiter kommissarisch zu führen.

3. Jetzt die Wahl von Raue ist nicht richtig überzeugend. Ich habe den Verdacht auf eine Verlegenheitswahl. Vom Hick-Hack berichtete Die Welt:

https://www.welt.de/print/welt_komp...326003/Ein-Streit-unter-Bildungsbuergern.html

Frage ist: „Kann Raue Intendant?“

Ich kenne Raue nicht. Lohnt es sein Buch zu lesen? - Die Vita laut Wikipedia
https://de.wikipedia.org/wiki/Stefan_Raue
berichtet über den Beginn eine geisteswissenschaftlichen Studium … so 10 Jahre nach Abi für 3 Jahre Reporter beim ZDF, stieg dann über viele Stufen in die ö-r. Führungsebene auf, profilierte sich als 'trimedialer' Hans Dampf in allen Gassen. Ist die Wahl zum DLF-Intendanten nun wirklich seinen Fähigkeiten gedankt? - Wir werden hören! - Nicht dass diese Karriere aus der Familie und mit Vitamin B gefördert wurde, oder dass das SPD-Parteibuch zählte, oder dass Raue gar immer nach dem Peter-Prinzip jetzt Intendant wird.

Geben wir Stefan Raue die Chance sich als Intendant zu bewähren. Hoffentlich orientiert er sich nicht so direkt an der RTL-Generation.
 
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Schon bei Deinem Punkt "1" fällt auf, dass es Dich rein gar nix angeht, warum Steul den Gang in die Rente gewählt hat.
Ansonsten: Wenn schon die WELT zwischen den Zeilen eingesteht, dass rote Parteibücher im DeRa nichts zählen, solltest Du erst recht mit Deinem Misstrauen sparsamer sein.
 
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