Quote als Qualitätskiller

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So sehr ich die hier x-te Diskussion um Sinn oder Unsinn von Quotenmessungen beim ÖR schätze, glaube ich, sie bringt nichts, obwohl ich wirklich viele Argumente in diesem Faden befürworte. Die Privatsender müssen den Anfang machen, indem sie für den Hörer etwas anderes bieten, mit DAB+ und durchaus verschiedenen Angeboten, wohl gemerkt, privater Anbieter, ist ja schon mal ein Anfang gemacht. Der ÖR ist in vielen Teilen nämlich dazu nicht bereit und kopiert seit Jahren die Privaten. Jetzt müssen nur noch die Hörer für die neue Technik und das neue Programmangebot begeistert werden und (hoffentlich) auf Dauer umschalten, dann wacht vielleicht die ARD auch mal auf.
 
Na du hast ja lustige Ideen, @grün: Die rein werbefinanzierten und den üblichen marktwirtschaftlichen Spielregeln ausgesetzten Privaten sollen also auf eigenes Risiko DAS machen, was der gebührenfinanzierte und mit einem Funktionsauftrag versehene öffentlich-rechtliche Rundfunk nicht tun will! :wall:

Ich glaube, ich bin im Tollhaus :(
 
Was verstehst Du unter einem Funktionsauftrag?
In totalitären Staaten gibt es Rundfunkprogramme mit einem Funktionsauftrag.
 
Berry, du irrst, denn genau der öffentlich-rechtliche Rundfunk hat einen "Funktionsauftrag"; die GEZ zum Beispiel meint, dass
Dieser [...] insbesondere in der Sicherung der demokratischen Werte, der Ausgewogenheit der Berichterstattung sowie der Vielfalt und der Qualität der angebotenen Programminhalte [liegt]. Im Rahmen seines Auftrags sorgt der öffentlich-rechtliche Rundfunk auch für die Erhaltung und Weiterentwicklung der kostengünstigsten Rundfunkverbreitungsmöglichkeiten und engagiert sich in der Filmförderung und der Realisierung und Übertragung von Musikkonzerten und -wettbewerben aller Musikrichtungen.

Übrigens macht der Staatsvertrag für Rundfunk und Telemedien (Rundfunkstaatsvertrag – RStV –) eindeutige Aussagen dazu:

§ 11 Auftrag
(1) Auftrag der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten ist, durch die Herstellung und Verbreitung ihrer
Angebote als Medium und Faktor des Prozesses freier individueller und öffentlicher Meinungsbildung zu
wirken und dadurch die demokratischen, sozialen und kulturellen Bedürfnisse der Gesellschaft zu erfüllen.
Die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten haben in ihren Angeboten einen umfassenden Überblick
über das internationale, europäische, nationale und regionale Geschehen in allen wesentlichen Lebensbereichen
zu geben. Sie sollen hierdurch die internationale Verständigung, die europäische Integration
und den gesellschaftlichen Zusammenhalt in Bund und Ländern fördern. Ihre Angebote haben der Bildung,
Information, Beratung und Unterhaltung zu dienen. Sie haben Beiträge insbesondere zur Kultur
anzubieten. Auch Unterhaltung soll einem öffentlich-rechtlichen Angebotsprofil entsprechen.
(2) Die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten haben bei der Erfüllung ihres Auftrags die Grundsätze
der Objektivität und Unparteilichkeit der Berichterstattung, die Meinungsvielfalt sowie die Ausgewogenheit
ihrer Angebote zu berücksichtigen.
 
Ja, macht er. Aber halt nicht in jedem einzelnen Programm. Auf Sendern wie NDR 2 oder N-JOY wird eigentlich nur der Auftrag zur Unterhaltung erfüllt, auf NDR 1 ist sie inzwischen auch sehr dominant. Bildung, umfassende (!) Information, Beratung und Förderung der Völkerverständigung wurden vielerorten auf Wellen verschoben, die aufgrund ihrer Konzeption oder Präsentation kein großes Publikum erreichen. So erfüllen viele Anstalten das ganze Spektrum ihres Auftrages so, dass bei der breiten Masse nur die Unterhaltung ankommt.
 
Bildung, umfassende (!) Information, Beratung und Förderung der Völkerverständigung wurden auf Wellen verschoben, die aufgrund ihrer Konzeption oder Präsentation kein großes Publikum erreichen

Zwangsweise auf Pop oder Adultwellen eingefügt werden sie auch kein größeres Publikum erreichen. Im Gegenteil, die dortigen Hörer schalten dann nämlich ab oder um oder aus.
Es ist eben so, daß Info- und Kulturwellen traditionell eine kleine Hörerschar haben. Die Hauptsache ist doch, daß es dieses Angebot überhaupt gibt und somit stattfindet.
Richtige umfassende Grundversorgung erreichen wir doch erst dann, wenn wir jeden Radiohörer zwangsweise verpflichten, täglich mal zwei Stunden DLR,wdr5,DLF oder hrInfo zu inhalieren? Oder?
:eek:
 
Ich bin dankbar, dass die öffentlich rechtlichen Sender nicht in allen Programmen elitäre Hochkultur anbieten.
Ach, ist es doch schon so weit, dass alles, was über Superhits und Schlagzeilen hinausgeht, als elitäre Hochkultur anzusehen ist!?

Bildung, umfassende (!) Information, Beratung und Förderung der Völkerverständigung wurden auf Wellen verschoben, die aufgrund ihrer Konzeption oder Präsentation kein großes Publikum erreichen

Zwangsweise auf Pop oder Adultwellen eingefügt werden sie auch kein größeres Publikum erreichen. Im Gegenteil, die dortigen Hörer schalten dann nämlich ab oder um oder aus.
Es ist eben so, daß Info- und Kulturwellen traditionell eine kleine Hörerschar haben. Die Hauptsache ist doch, daß es dieses Angebot überhaupt gibt und somit stattfindet.
Richtige umfassende Grundversorgung erreichen wir doch erst dann, wenn wir jeden Radiohörer zwangsweise verpflichten, täglich mal zwei Stunden DLR,wdr5,DLF oder hrInfo zu inhalieren? Oder?
:eek:
Was für ein Quatsch :) Die Hauptsache ist also, dass es dieses Angebot gibt, und ob jemand zuhört, ist nebensächlich? Da bin ich anderer Meinung. Der Auftrag, "als Medium und Faktor des Prozesses freier individueller und öffentlicher Meinungsbildung zu wirken", beinhaltet, dass bei entsprechenden Programmteilen auch jemand zuhört. Sonst ist der Auftrag nicht erfüllt. Dazu müssen die Inhalte in attraktiver Form dargeboten werden.

Dröge vorgetragene Nachrichten in Dauerschleife sind für die Bevölkerungsmehrheit eben nicht attraktiv. Behäbig und altbacken präsentierte Informationen, ständig unterbrochen durch Dudellarifarimusik und Klassik, wird offensichtlich auch nicht von vielen als attraktiv empfunden. Aber meinst du wirklich, damit seien schon alle Möglichkeiten ausgeschöpft, Informationen und Bildung an den Mann zu bringen?

Mit "es ist eben so" unterstellst du eine Zwangsläufigkeit, von der ich nicht glaube, dass sie besteht. Komisch ist nämlich, dass es so vielen Rundfunkanstalten und Kommerzfunkern in so vielen Ländern gelingt, auch Informatives einem großen Publikum schmackhaft zu machen. Ohne Inhalierungsverpflichtung. Und ohne boulevardesken Populismus. Es ist möglich! Yes, they could!
 
@stereo: Du müsstest Dich vielleicht konkreter und deutlicher ausdrücken. Was und wen Du meinst...?
Da bin ich anderer Meinung. Der Auftrag, "als Medium und Faktor des Prozesses freier individueller und öffentlicher Meinungsbildung zu wirken"
Papier ist geduldig und mir fehlt der Glaube an die Umsetzung. Da jeder etwas anderes darunter versteht bzw. als erfüllt glaubt.
beinhaltet, dass bei entsprechenden Programmteilen auch jemand zuhört. Sonst ist der Auftrag nicht erfüllt
Das ist der Punkt, richtig.
Dazu müssen die Inhalte in attraktiver Form dargeboten werden
Das bedeutet, die Musik muss stimmen Dann kommt es immer noch auf die Zielgruppe an. Der hr versucht ja mit dem Brechhammer, den Kids bei youFM auch Buchtipps, Börsennews und komplizierte Sachverhalte in den Nachrichten näher zu bringen.
Aber hr1 finde ich ein überaus gelungenes Programm, wenn es um die Verpackung geht. Ich versäume nichts an Hintergrundwissen und aktuellen News.
 
...Komisch ist nämlich, dass es so vielen Rundfunkanstalten und Kommerzfunkern in so vielen Ländern gelingt, auch Informatives einem großen Publikum schmackhaft zu machen...

Ich fände es besser, statt Informatives einem großen Publikum schmackhaft zu machen, einem großen Publikkum Informatives schmackhaft zu machen.
 
Heute ließ ufomedia (Thomas Koch) einen prima Kommentar zur Einstellung der Harald Schmidt Show los. Anwendbar durchaus auch auf den Rundfunk.

Bei den miesen Einschaltquoten von Schmidt zwischen 3 und 7 % bei den 14-49-Jährigen kann niemand beim Werbeverkauf noch ernsthaft auf die Zuschauerstruktur verweisen (und wer weiß, wie die überhaupt aussah)... Nein, bei Schmidt wurden so viele Fehler begangen, dass man dem Quotendenken nun wirklich nicht die Schuld geben kann: Schmidt selbst ist schon seit der ARD unmotiviert, das Autorenteam hat keine Ideen, seine Sender- und Formatwechsel haben die Sendung völlig verbrannt und die Programmierung auf nur zwei bis drei Tagen in der Woche war zuletzt auch nicht gerade optimal... Andererseits: Schmidt hatte einige sehr gute Lead-Ins dank der Champions League und da blieb am Ende trotzdem keiner hängen. Die Sendung war einfach nicht gut. Ich habe mir mehrere Ausgaben angeschaut und die waren nun mal einfach unlustig... Besonders peinlich wurde es dann, wenn das Publikum nicht auf die schwachen Gags reagierte und Schmidt immer genervter und arroganter wurde – das mag mal ganz lustig sein, aber als Dauerzustand ist das erbärmlich. Mit Qualität hat das wieder einmal nichts zu tun.

Dass das Argument "Zuschauerstruktur" nicht zieht, stimmt auch nicht unbedingt... Zumindest in den USA hat das mit schwachen Quoten geplagte Network NBC einige Sitcoms im Programm gehalten, weil diese in Haushalten mit überdurchschnittlichem Einkommen beliebt waren. Ob das dem Network dann allerdings wirklich geholfen hat, mag ich mal bezweifeln, denn die Quotenprobleme sind immer noch da und das liegt nicht zuletzt an den Serien, die man auf Gedeih und Verderb in die nächste Saison schleppt. Einzig und allein "The Office" hat sich für einige Jahre zu einem Quotenhit entwickelt.
 
Wer bestimmt eigentlich was Quote ist? Und - wenn wir schon über Quoten sprechen - es gibt auch sog. Leitmedien. Darunter Radio und Fernsehen. Fernsehen ehemals weit abgeschlagen vor dem Rundfunk.
Die Frage nach dem Leitmedium stellte sich gestern auch schon jemand, auf dessen Artikel ich gern verlinken mochte.
Wer möchte mein Leitmedium sein?
 
stereo schrieb:
Dazu müssen die Inhalte in attraktiver Form dargeboten werden

Das bedeutet, die Musik muss stimmen
Was auch bedeuten kann, dass die Musik stimmt, indem sie nicht vorhanden ist oder äußerst sparsam verwendet wird. Manche Hörer wird der öffentlich-rechtliche Rundfunk zwar nur aufgrund von Musik erreichen. Aber was ist mit den (potenziellen) Hörern, die an Radiomusik kein Interesse haben, die aber trotzdem belustigt und informiert werden wollen und sollen?
Ich fände es besser, statt Informatives einem großen Publikum schmackhaft zu machen, einem großen Publikkum Informatives schmackhaft zu machen.
Hm, ich stehe wohl gerade aufm Schlauch, zumindest verstehe ich den Unterschied nicht.:thumbsdown:
 
Qualitätsnachrichten gerade im Hessischen Rundfunk: Da wurde allen Ernstes das Abstimmungsergebnis der ARD-Sendung "Die beliebtesten Komiker-Duos der Deutschen" vom Abend in der 23:00-Sendung verkündet. Das ist noch nicht mal als bunte Meldung irgendeiner Erwähnung wert.
Es ist dann auch nicht mehr weit zur Nennung des Gewinners eines Gewinnspiels der eigenen Welle in den Öffi-Nachrichten.
 
Die Erhebung eigener Aktionen und Aktivitäten in den Nachrichtenstatus praktizieren die Öffis ja schon seit geraumer Zeit. Sie merken dabei nicht, wie sie die einst eisenharte Währung ihrer eigenen Nachrichten zu einem Brei inflationärer Beliebigkeiten machen.
 
Heute lief bei ZDFlogin eine Sendung zum Thema: Ist das Netz zu schnell fürs Zweite?
Sie lässt sich hervorragend auf das Thema hier übertragen, da es oftmals um Quote ging.
Hier der Link zur Mediathek.
 
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