Quotenregelung

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Ear-Catcher

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In Deutschland wird derzeit wieder über eine gesetzliche Regelung über den Anteil an heimischer Musik bei Sendern diskutiert.
Ein Thema das immer wieder aufgewärmt wird.
In Frankreich zum Beispiel gibt es eine solche Regelung schon seit Jahren, wenn ich mich nicht täusche gibt es dort die Bestimmung, daß 40% der gespielten Titel aus Frankreich kommen müssen.
- Eingriff in die gestalterische Freiheit?
- Sinnvoll um heimische Szene zu fördern?
- was aber wenn es gar keine Szene gibt die man fördern kann...?
Auch in Österreich ist dieses Thema auf politischer Ebene schon diskutiert worden.
Meiner Meinung nach wäre es am österreichischen Markt schwer eine solche gesetzliche Vorgabe einzuhalten, wenn die "Szene" über Jahrzehnte kaputt gemacht wurde.
Es müsste eher erst eine Basis geben auf der man dann aufbauen kann.
Abgesehen davon hätten wir ja ein öffentlich-rechtliches Programm das hier diesem "Auftrag" nachkommen könnte/sollte.
Meinungen dazu?

LG, Ear-Catcher


Rot-Grün will Musikquote in Deutschland

Berlin - Die rot-grünen Kulturpolitiker im Bundestag wollen sich für die Einführung einer nationalen Musikquote in den deutschen
Rundfunksendern stark machen. Das bekräftigten Antje Vollmer (Grüne) und Eckhardt Barthel (SPD) bei ihrer Halbzeitbilanz der "Kulturpolitik mit rot-grüner Handschrift".

Sie unterstützen damit zahlreiche Forderungen von Künstlern wie Reinhard Mey, aber auch von politischer Seite wie Bundestagspräsident Wolfgang Thierse. Dazu soll es am 29. September auch eine öffentliche Anhörung im Bundestag mit Künstlern sowie Vertretern der Sender und der Musikbranche geben.

"Die hier lebenden Künstler müssen eine Chance haben, am Markt überhaupt teilnehmen zu können", sagte Vollmer. Die Auswirkungen der Globalisierung auf die nationale Kultur sei auch von den Sendern lange nicht ernst genommen worden. Außerdem hätten junge Künstler in Deutschland "längst ein neues Selbstbewusstsein und nicht mehr das Problem, sich in der eigenen Sprache auszudrücken", zitiert "dpa" die Bundestagsvizepräsidentin.

Eine Musikquote sei so wichtig wie die Buchpreisbindung in der Literatur oder Filmpreise und Filmförderung auf dem Kinomarkt. "Wir haben eine kulturelle Tradition und einen Spitzenplatz zu verteidigen."

Insgesamt zogen die beiden Kulturpolitiker eine positive Halbzeitbilanz. "Kultur wird von der Politik in diesem Land wichtig genommen", meinte Vollmer. "Die Kulturlobby im Parlament, in den
Ministerien und beim Kanzler steht." Auch Barthel meinte: "Die Kulturstaatsministerin Christina Weiss sitzt am Kabinettstisch und greift ein. Die Kultur ist präsent."
 
AW: Quotenregelung

Die Behauptung vieler österr. Musiker, Radio würde heimische Musik boykottieren, ist in der Regel eine Schutzbehauptung, um die eigene Erfolglosigkeit zu kompensieren und zu erklären. Kein Radiosender – weder öffentlich-rechtlich noch privat – spielt Titel nicht, weil sie aus Österreich kommen – das wäre auch absurd. Schließlich würden heimische Stars den Sendern viele Vorteile bringen: man hat sie leichter und kostengünstiger zur Hand als internationale Stars (Interviews, Auftritte auf Off-Air Events, etc.).

Allerdings ist die Nationalität der Musiker kein Auswahlkriterium, die Musik muss bei der angepeilten Zielgruppe gut testen – sprich, sie muss den Hörern gefallen. Wenn ein heimischer Musiker einen Titel auf den Markt bringt, der ankommt, kommt er genauso in die Rotation wie englische, amerikanische, rumänische, schwedische, etc. Künstler.

Leider ist das Angebot an österreichischer Popmusik, die internationalen Standards entspricht, äußerst dürftig (ganz im Gegenteil zur Dance-, Club- oder Alternativszene, hier gibt es einige Österreicher die in der internationalen Musikbranche erfolgreich mitmischen).

So wie Buchautoren (deshalb ist der Vergleich mit der Buchpreisbindung absurd), Modeschöpfer, Wurstfabrikanten, Autohersteller, etc. müssen sich auch die Musiker der internationalen Konkurrenz stellen. Es ist nicht einzusehen, warum die Österreicher mit zumeist zweit- oder drittklassigen Produktionen zwangsbeglückt werden sollten. Man kann aus Österreich keine geschützte Werkstätte für durchschnittlich begabte Musiker machen.
Die Qualität der heimischen Musikszene steigert sich nur dann, wenn sie sich mit internationalen Produktionen messen muss.

Die Musiker sollten sich ein Beispiel an den heimischen Winzern nehmen. Sie haben sich der starken französischen und italienischen Konkurrenz gestellt und produzieren nun internationale Spitzenweine.
 
AW: Quotenregelung

Das Rot-Grün über Staatsinterverntionen einen kulturellen "Spitzenplatz" Deutschlands verteidigen will, ist wenig überraschend. Überraschend hingegen der vermeintliche Spitzenplatz: Klar hat Deutschland einen Spitzenplatz im Kino gehabt - in den 20er Jahren des vergangen Jahrhunderts.

Und in der Musik: Zur Zeit der Walzer-"Kriege" Wien vs. Berlin 1890-1910 waren Deutschland (und Österreich) das letzte Mal auf einem Spitzenplatz. Spätestens mit dem Siegeszug des Tangos in den 20ern ging es bergab mit originärer Wertschöpfung. Schon die Comedian Harmonists waren ja eine deutsche Version der amerikanischen Revellers.

In den Bereichen der Popularkultur schaut´s in Europa traurig aus - Belletristik, Popmusik, Kino, TV-Serien - bis auf einige Ausnahmen kommt da alles von den den vorgeblich "kulturlosen" Amerikanern.

Vielleicht weil Europa zulange übersehen hat, dass die Menschen, wenn man ihnen die freie Wahl läßt, das wählen, was ihnen selbst zusagt. Und nicht das, was sich - politisch korrekterweise - g´hört.

Die logische Reaktion der Ordnungspolitik: Man limitiert wieder die Wahlmöglichkeiten, damit alles wieder gut wird. Warum schlägt die Ordnungspolitik nicht dort zu, wo sie im Aufsichtsrat sitzt - im öffentlich-rechtlichen? Der soll doch per definitionem ein Korrektiv zum Markt sein? Weil man Angst hat, dass die Quote sinken könnte? Also doch leichte Zweifel an der Qualität österreichischer und deutscher Popularmusik hat?

Besonders lustig wird es, wenn Linke "Internationalisten" auf einmal vor den Auswirkungen der "Globalisierung auf die nationale Kultur" warnen. Ich dachte immer, kuschelige Biedermeier-Provinzialität sei USP der Konservativen.

Wie haben eigentlich die Amerikaner ihre Vormachtstellung erreicht? Obwohl sie nie Musik in anderen Sprachen in den USA verboten haben?

Und warum haben die Briten die erfolgreichste Musikszene in der EU - obwohl sie keine Quoten haben?

Weinerlicher Anti-Globalisierungs-Protektionismus - wenn das alles ist, was unseren Politikern zum Thema Kultur einfällt, dann sieht das alte Europa noch älter aus, als seine Kritiker meinen.
 
AW: Quotenregelung

Witzig ist auch, dass in Deutschland gerade Udo Lindenberg einer der Vorkämpfer für eine nationale Musikquote für Radiosender ist. Jener Mann, der in den 80ern mit „Sonderzug nach Pankow“ einen seiner größten Hits hatte. Dass Lied war eine Abrechnung mit Honecker und der DDR, weil westliche Musiker kaum in der DDR auftreten durften und kaum im DDR-Staatsfunk gespielt wurden.

Der gleiche Mann will offenbar jetzt Deutschland - mittels Staatsintervention (so wie seinerzeit Honecker in der DDR) - vor der bösen amerikanischen und englischen Populärkultur beschützen.
 
AW: Quotenregelung

Es ist nicht ganz so einfach Radiowatch.
Die prägende Rolle der USA in der Unterhaltungsindustrie ist nicht zu bestreiten aber die USA hat eigene Musik sehr wohl durch harte Einreise und Arbeitsbestimmungen für ausländische Musiker geschützt.(und tut das zb.: in der Filmindustrie bis heute.)
Österreich:
Ich bin natürlich auch gegen staatliche Zwangsmittel.
Aber eines muss man schon sehen :
die österreichische Medienszene agiert seit einiger Zeit ausgesprochen verantwortungslos österreichischer Popularmusik gegenüber.
Der ORF sieht seinen öffentlichrechtlichen Auftrag nicht auch auf Pop(ular)musik bezogen und es herrscht seit Jahren faktisch Flaute.
So bringt der staatliche bayrische Rundfunk zb: mehr über österreichische Popmusik als der ORF.
Die Jahre der Rundfunkliberaliserung haben leider auch eine Negativdynamik eingeleitet:
Aus Angst vor Quotenverlusten gegen die auftragsfrei sendende Privatkonkurrenz hat der damalige ö3 Boss Roscic das Thema Pop aus Österreich zur negativ behafteten Nebensächlichkeit erklärt.
Die Szene ist vom Roscic'schen Zynismus (nachzulesen in zahlreichen Interviews aus dieser Zeit) entmutigt in Agonie erstarrt . Sie ist tatsächlich immer unkreativer und schwächer geworden.
Und 2004 ?
Ein positiver Ansatz ist nach FM4 (Soundpark etc) ,den Starmania Impulsen (immerhin ein Beweis dass Poperfolge in Österrich möglich sind) sicher die neue ö3 Aktion Soundcheck spezial.
Hier gehts um Bands, die Aktion hat keinen Castingcharakter.
 
AW: Quotenregelung

Roscic hat doch primär den Austropop als identifizierbaren Musikstil zu den Landesstudios entsorgt - andere Österreicher wie zB Marque, Falco wurden sehr wohl gespielt.

Und da der Austropop keine Affinität zu den Ö3 Kernclustern besaß, ist Roscic´ Entscheidung imho nicht zynisch, sondern absolut produktaffin. Austropop hatte und hat immens viele Plays bei den Landesstudios.

Die Szene war bereits zuvor erstarrt, und hatte sich nicht wirklich weiterentwickelt. Die eigentlichen Totengräber des Austropop (oder allgemein von in Österreich hergestellter Popularmusik) heißen nicht Roscic, sondern Ambros, Danzer, Fendrich, Werger oder Cornelius - allesamt haben sie sich in 20 Jahren kaum weiterentwickelt.

(genauso könnte sich Rod Stewart beschweren, dass Ö3 Maggie May nach 1996 nicht mehr gespielt hat)

Warum haben sich die Austropopper nicht weiterentwickelt? Weil sie in Österreich so schön im eigenen Saft braten konnten. Weil eh alles bussifein war, sich alle auf die Schultern geklopft haben, dass sie in einem regulierten Markt eh erfolgreich waren!

Nicht vergessen: Es war eine Zeit, in der Ambros Liedtexte wie "Du bist so zart wie eine Gazelle, doch so kalt wie eine Forelle" veröffentlichte....

Und dann kommt ein Ö3 PD und sagt: Jungs, unser Job ist es eine Milliarde Schilling pro Jahr in einem liberalisierten Markt umzusetzen. Klar, dass da 70er Retros auf der Strecke bleiben...


Die ORF/Ö3/FM4 Aktionen sind sicher zu begrüßen (auch Roscic hatte einst eine Ö3 Nachwuchs CD mit dem Titel "Ich will auch" rausgebracht)

Und außerdem sind viele Amerikaner im Filmbusiness Europäer, ebenso viele Musikproduzenten. Wer hat den seine Intelligenz vertrieben vor 70 Jahren? Europa oder Amerika? Viele Europäer haben ihre besten Filme in den USA gemacht, oder als Produzenten den größten Erfolg dort gehabt.
 
AW: Quotenregelung

radiowatch: ich stimme dir zu bezüglich klassischem,deutschsprachigem austropop.

de facto war der zug aber auch für zeitgenössischen radiopop made in A abgefahren. marque war übrigens in germany verlegt und hat nie als österreicher"gezählt",falco konnte den radioruhm auch nicht mehr so recht genießen.
die von dir angesprochene bogdan aktion war vor der reform- die kontakte zur szene wurden mit der ö3 reform de facto gekappt. in dieser vehemenz war dies nicht erwartbar und notwendig.
es wurde auch nie sachlich argumentiert (von keiner seite)und es entstanden bis heute existente gräben zwischen radiomachern und musikschaffenden in diesem land.
rundfunk hat auch aber bitte sehr nicht nur den zweck umsätze zu erzielen.
ö3 hätte es damals keinen hörer gekostet ein wenig für die erneuerung der österr. musikszene zu tun (auch so manchem privatsender hätte dies professionell aufbereitet gut getan)
ich stehe auch auf freie marktwirtschaft und amerikanische werte (voe allem auf den rock'n'roll)
aber eines darf man nie vergessen :
gar nicht so lange her hat amerika fast seine gesamte ursprüngliche bevölkerung ausgerottet und bis heute ihrer wirtschaftlicher grundlagen beraubt!
 
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