Radio 100 kehrt für einen Tag zurück (4.3.17)

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...noch ein Zufallsfund (der ebenfalls einige "Faktenverzerrungen" ein für allemal ausräumen sollte):
http://fmkompakt.de/File0887.PDF

Interessant, dass im November 1986 bereits auch schon zur Frequenz 103,4 MHz entschieden wurde (die ja erst zur IFA 1987 in Betrieb ging). Leider fehlt im pdf der offenbar unter "B. Frequenz 103,4 MHz" behandelte Tagesordnungspunkt der Kabelrat-Sitzung.

Hier ist die zweite Seite:
http://fmkompakt.de/File0888.PDF
 
Zufallsfund, aber hochinteressanter (vor allem authentischer) Abriss der (West-)Berliner Hörfunk- bzw. Mediensituation anno 1987 in einem "Zeit"-Artikel (18.12.1987).
Autor Mathias Greffrath ist übrigens auch kein Unbekannter...
http://www.zeit.de/1987/52/wem-gehoert-der-himmel-ueber-berlin
Hochinteressante Zusammenstellung, kannte ich in dem Umfang noch nicht. Etliche Details erscheinen mir aus der Erinnerung heraus durchaus geläufig (nur mit dem Abstand in der Erinnerung verblasst), zumeist vermutlich aus dem Radio100-Programm selbst, während anderes mir neu ist. Auch wenn ich zum Thema Hundert,6 nix wissen wollte, der Text ist wohl wesentlich fürs Verständnis der seinerzeitigen Situation rund um diese Frequenz! Und ich ahne nach der Recherche über einige seinerzeitige im Text direkt und indirekt genannte Akteure, dass einer seit etlichen Monaten hier inaktiven Forumspersönlichkeit (die Diskussionen um diese Frequenz auf dieser Plattform nur indirekt und professionell distanziert kommentiert hatte - wenn ich mit meiner Mutmaßung richtig liege) der Schaum vor dem Mund noch ganz und gar nicht eingetrocknet ist, auch im Kontext mit dem Bericht über die weiteren Entwicklungen auf der Frequenz, die ich größenteils aus der Ferne wahrgenommen habe.

@Radiowaves
Deiner Bewertung kann ich ganz und gar nicht zustimmen. Die heile Welt der DDR war (mit heutigem Wissen) ein Kartenhaus, das in den 80ern Schritt für Schritt zusammengebrochen ist und wohl durch Strauß etwas länger am Leben gehalten wurde. Das hat man in Berlin deutlicher mitbekommen (ohne genaues zu wissen), als z.B. im fernen Thüringen (besonders, wo Westfernsehen vom BR geprägt war). Inwieweit das Kant-Zitat genauso wie die seinerzeitige Vision von einer besseren DDR ein Irrtum war, müsste man anderswo diskutieren. Das Event am kommenden Wochenende wären sicher ein geeigneter Platz - ich selbst werde da wohl leider nicht nach Berlin kommen können (auch wenn der Termin bereits vor diesem Faden hier vorgemerkt war...).

BTW, ich sehe in den Zeitungstexten nirgendwo eingerahmte Zitate, liegt das an meinen Browsereinstellungen?
 
@Radiowaves

Wir hatten uns ja mal per PM unterhalten: Gottseidank, wir haben uns nie persönlich getroffen. Was für ein widerwärtiges Zeug du schreibst. Ich bin einer der Ostdeutschen, die die DDR nicht eine Sekunde vermissen. Ein-insbesondere in den 80ern- stinkendes, bröckelndes und alkoholisiertes Land, das seinem Ende entgegen taumelte. Die Infrastruktur war ca. 20 Jahre(gefühlt 50 Jahre) zurück. Die Leute wollten WEG, aus einem vergammelten, verbogenen Land, das alles verloren hatte: die größten Köpfe, Künstler, selbst große Teile der wirklichen Linken hat man vergrault. Distanzlosigkeit machte diesen Staat aus, was die Individualität betrifft. Jeder windige Nachbar oder Parteisekretär fummelte mit seinen klebrigen Händen in deinem Privatleben herum und meldete alles verdächtige weiter, ALLES. Und was den Zusammenhalt betrifft: du warst auch in der DDR ein 'Nichts', wenn du nichts hattest. Bäcker, Fleischer, Angestellte im 'delikat', Parteisekretär, Sohn/Tochter eines Parteisekretärs ? Da warst du was!!! Pfarrerinnen, Punk, Individueller, Liberaler? NICHTS!! Wenn du nichts bieten konntest, nicht konform warst, dann wurdest du abgeschrieben: keine Chance auf sozialen Aufstieg. Auch Bildungschancen wurden dir rundheraus verwehrt, selbst mit einem Notendurchschnitt von 1,0000, wenn du nicht gepasst hast. Aber wer sich an Schlaglöcher in der DDR erinnert, an graue Fassaden, an vergiftete Seen und Seelen, an verschlagene, verlogene Charaktere, die dich in der DDR aushorchten und ihren 'Kleingarten im Kopf' pflegten, der weiß, was er heute hat. Nur in der Erinnerung wirken viele Dinge positiv, im Nachgang. Ich vermisse dieses versiffte Land 'DDR' nicht.
 
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Vorsicht mit der Nostalgie ist immer geboten, in allen Richtungen. So eine Bewertung des alten Systems ist immer sehr subjektiv, und Gewinner des Wandels sehen das sicher ganz anders als die Verlierer, von denen es reichlich gab. Apropos Gewinner/Verlierer: Abseits des Freudentaumels war die Wiedervereinigung in Wahrheit eine feindliche Übernahme, da gibt es nichts zu beschönigen. Aber der Grund war schlicht und einfach, die DDR war bankrott und zwar nicht nur finanziell, sondern auch geistig-moralisch. Bankrott. Es gab da keine Verhandlungsmasse, auch wenn das manche damals anders sahen. Es folgte die konsequente Installation der westlichen Systeme, Treuhand, Mühlfenzel, all das, was auch hier schon lang und breit diskutiert wurde.

Mitte der 90er lernten wir dann, dass auch Kohls Bundesrepublik einen beträchtlichen Refomrstau aufgebaut hatte, ausgerechnet ein Sozialdemolkrat hatte dann die bittere Medizin verabreicht, die heute noch Bauchschmerzen macht. Und heute scheint das demokratische Deutschland wieder in Gefahr zu sein sich zu verlieren.

Also immer mit Respekt vor jedes einelnen persönlicher Geschichte und den sicher großen Macken unseres Landes - wir dürfen immer noch (!) offen streiten über den besten Weg, es ist nicht alles alternativlos, vom Mainstream abweichende Meiningen sind nicht 'nicht hilfreich'. Und jeder, der etwas tüchtig ist, kann entscheiden, was er werden will und dies auch erreichen. Und selbst der, der nicht tüchtig ist, endet nicht in einem Slum oder unter der Brücke.

Keine Ahnung, wie hier thematisch noch die Kurve zum Radio zu kriegen ist. Ich höre ja nicht mehr so viel. Mir macht nur eine gewisse gefühlte Gleichschaltung Sorgen, die mich an die Medien in der DDR erinnert. Insofern war das doch eine tolle Zeit in den 80ern, als sehr Linke oder auch rechtskonservative auf derselben Frequenz auf Sendung gehen konnten. Mehr Pluralität im Diskurs tut vielleich weh, aber ist auch wichtig für eine offene demokratische Gesellschaft.

Ach ja, auch die DDR hatte mal goldene Zeiten nach Ende der Ulbricht-Ära. Die Wirtschaft florierte, der Diskurs war relativ offen, Westempfang wurde toleriert. Dann kam die Meinungsdiktatur und (Zufall?) der wirtschaftliche, finanzielle, geistig-moralische Abstieg.
 
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sendete er nicht auf 103,4 ??

Hier noch einmal zusammengefasst die Fakten zu Radio 100:
1.3.1987 bis 30.11.1987
Frequenz 100,6 MHz (Berlin-Kreuzberg/Postscheckamt)
Sendezeit 19 bis 23 Uhr
(Frequenzsplittung mit Radio Hundert,6 (ab 10.4.1987, 12 Uhr), das von 23 bis 19 Uhr sendete)

1.12.1987 bis 28.2.1991
Frequenz 103,4 MHz (Berlin-Kreuzberg/Postscheckamt)
1. Sendezeit 17 bis 23 Uhr (bis 3.9.1989*)
(Frequenzsplittung mit Radio in Berlin / City-Radio / Hit 103, das im Frühjahr 1989 Konkurs anmeldete (Sendestart 30.12.1987))
2. Vollprogramm 0 bis 24 Uhr (ab 4.9.1989*)
*Das Datum ist aus der Erinnerung konstruiert, da Radio 100 an einem Montag nach der IFA 1989 als Vollprogramm startete. Das war der 4.9.1989.
 
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Keine Ahnung, wie hier thematisch noch die Kurve zum Radio zu kriegen ist. Ich höre ja nicht mehr so viel. Mir macht nur eine gewisse gefühlte Gleichschaltung Sorgen, die mich an die Medien in der DDR erinnert. Insofern war das doch eine tolle Zeit in den 80ern, als sehr Linke oder auch rechtskonservative auf derselben Frequenz auf Sendung gehen konnten. Mehr Pluralität im Diskurs tut vielleich weh, aber ist auch wichtig für eine offene demokratische Gesellschaft.

Vielleicht mit Folgendem (Quelle: Neues Deutchland, 17.02.1988):
ND_1988-02-17_Auszug.jpg

Das ist der vielbemühte (und wohl einzige) Artikel der offiziellen DDR zu den Aktivitäten auf der Frequenz 100,6 MHz, abgestrahlt von der konsequent verhassten selbständigen politischen Einheit Westberlin (den "Schaum vor dem Mund" dabei bitte selbst zudenken...).
Fakten (wie Vermischung von Radio Hundert,6 und Radio 100) oder Hintergründe spielen keine Rolle, Hauptsache die Ideologie passt.

Auch wenn der von mir verlinkte "Zeit"-Artikel eine gewisse und nicht geringe Pervertierung einer Gesellschaft zeigt, möchte ich ebenfalls unter keinen Umständen zu dieser Form von "DDR-Diskurs" zurück. Das muss aber nicht heißen, aktuelle gesellschaftliche Umstände nicht zu kritisieren. So verstehe ich in der Regel Radiowaves.
 
Ah ja der Zeit-Artikel. Im Grunde reicht es, wie oft bei unseren Qualitätsmedien mit Erziehungsauftrag, die Überschrift zu lesen oder die Anmoderation zu hören. Dann kennt man die Meinung des Autors oder Redakteurs und weiß, was dann in epischer Breite folgt. Medienpolitik in Deutschland war schon immer vom Parteienfilz getrieben (in der DDR stellte sich diese Frage aus naheliegenden Gründen nicht). Dass bei der Entstehung des Privatfunks bestimme Parteien und Gruppen Morgenluft witterten, ist ja heute ein alter Hut. Auch dass es in den 90er Jahren im jungen deutschen Privatfunk durchaus einige Versuche gab, guten Journalismus zu machen. Warum es bei Versuchen blieb, dazu lagern Gigabyte an Erklärungsversuchen unter anderem auf den Festplatten dieses Forums.

Am Ende scheinen sich aber alle Beteiligten, also Parteien, Investoren der Privaten (Verlage) und die öffentlich-rechtlichen geeinigt zu haben: Das flache Gedudel machen ausschließlich die Privaten, die ARD darf aus Proporz mit fleißig gegendudeln, ansonsten haben aber die Öffentlich-Rechtlichen die Deutungshoheit über die zu geltende politische Berichterstattung. Da passt es schon, dass ein Ministerpräsident den ZDF-Chefredakteur bestimmt und sich nicht mal dafür schämt.

Alles nicht wirklich schön. Aber wenn ich dann den eingestellten Artikel aus dem neuen Deutschland mit Schmerzen lese, denke ich, was wir haben ist immer noch weit besser als das. So einen üblen Schund würde nicht mal ein Autor bei der 'Zeit' abliefern.
 
Ich weiß nicht, wo ich das posten kann. Hier kann es noch etwas passen:
http://www.rbb-online.de/kultur/beitrag/2017/03/s-f-beat-vor-50-jahren.html
...und wie mir am Sa wieder in Erinnerung gerufen wurde, gab es sogar ein sehr skurilles "Aufeinandertreffen" von Radio 100 und dem s-f-beat in Form einer Unterlassungsklage (Radio 100 gegen s-f-beat wohlgemerkt...). Anlass war ein sogenannter "Kubat-Mix", der Radio-100-intern erstellt auf "John F. und die Gropiuslerchen" aufsetzte (Michael Moon alias Michael Schulz), und im SFB quasi als Mitschnitt gesendet wurde. Das Stück lag zu diesem Zeitpunkt offiziell noch gar nicht vor. Anno 1988.
 
Etliche Tonbandspulen mit Radio Glasnost (einschließlich der Folgen mit Störrauschen - wo trotzdem die Aussage von Frau Marenbach zu verstehen ist, dass die Störung auch bei Ihr ankäme...) müssten noch in einem Keller schimmeln - wenn die Ent-Magnetisierung nicht schon ihr Werk vollbracht hat. Bräuchte ich zwei Monate Urlaub und ein geeignetes Abspielgerät zum Heben, Sichten und digitalisieren. Aber sie haben ja angeblich bereits alle Folgen bei der Havemann-Stiftung vorliegen...

Das Sonderprogramm hat echt einige Highligts in Erinnerung gerufen (und diverse interne Konfliktlinien nur angedeutet). Und ein Dejavu zu Personen, die mir aus anderen Medien geläufig sind und dort positiv aufgefallen sind, aber nicht vom Radio 100 Programm (namentlich) in Erinnerung sind...

Interessanterweise hat sogar die Süddeutsche das Ereignis gewürdigt:
http://www.sueddeutsche.de/medien/hoerfunk-in-alter-schoenheit-1.3398995


Der rbb-Beitrag zu 50Jahre s-f-beat erscheint mir da inhaltlich etwas sehr mager.
 
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