Radio, ein Medium ohne Vertrauen

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dc

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Das fand ich doch erschreckend: Die Europäische Kommission hat 2007 europaweit erfragt, welchen Medien die Rezipientenschaft vertraut und legt dies gern als heftchen (Eurobarometer) bei Wissenschaftskongressen aus oder stellt es in diese riesigen Broschürenhalden in ihren Niederlassungen.
Im Rahmen einer Untersuchung über Medien und der Präsentation von wissenschaftlicher Forschung (Scientific Research In The Media) wurde allgemein das Vertrauen abgefragt (Wich are the information media you trust the most?). Und heraus kam dies, und erst jetzt wird das Wörtchen "erschreckend" aktiv:
47% TV
16% Zeitungen
12% Internet
9% Zeitschriften
9% Radio
Rest: Andere/Keine Meinung
Im europäischen Vergleich, liebe Radioschaffenden, steht Deutschland so richtig schlecht da. Bei der Frage, welches die ersten beiden vertrauenswürdigen Medien der Wahl sind, schaffte es das Radio europaweit immerhin auf 26% (und konnte das Internet mit 23% knapp schlagen, noch...).
Spitzenwert hier:
-Schweden 44%. Dagegen hat
-Deutschland 19% (so schlecht bewertet ist nur noch Portugal und Malta), dadrunter ist nur noch Luft für
-Italien 15%. (Für die Forenstatistik: Österreich 23%)
Und wie zu erwarten, noch 2 gegenläufige Tendenzen: Je älter der mediennutzer, desto höher sein Vertrauen ins Radio, beim Internet dagegen siehts genau umgekehrt aus.
Frauen schliesslich vertrauen dem Medim Radio etwas mehr als Männer (europaweit 28%/25%).

Ist das nun alles ein alter Hut oder ein weiterer Beweis für das Ende einer Ära? Unscharf gefragt, aber ich bin auch ganz schön deprimiert...
 
AW: Radio, ein Medium ohne Vertrauen

Generell ist die Rangfolge bekannt, auch dass Radio ganz weit hinten rangiert.
Bitter ist das sicherlich, aber nicht unerwartet, wenn man Radio hierzulande hört. Gewundert hätte es mich, wenn Radio deutlich weiter oben gelandet wäre. Wenn Information nicht mehr oder kaum noch vorkommt, wenn Informationen regelmäßig von Sponsorings flankiert werden, dann sinkt die Bereitschaft des durchschnittlich intelligenten Hörers, das Gehörte überhaupt für relevant oder gar seriös zu halten. Es ist das selbst geschaufelte Grab. Einerseits.

Andererseits gibt es genügend Sender, denen es nicht (mehr) wichtig ist, als kompetenter Informationsanbieter wahrgenommen zu werden. Was soll's mich auch interessieren, wenn ich als GF oder PD meinen Sender als reines Unterhaltungsmedium definiere!?

Schwer haben es die Sender, die die Richtung ändern wollen, die seriöser und informationslastiger sind oder werden wollen. Sie müssen gegen ein Image ankämpfen, dass ihnen noch ewig anhängen wird. Da können sie noch so gut sein/werden. Ist der Ruf erst ruiniert, bist du ewig abserviert.
 
Zeitschriften, ein Medium ohne Vertrauen

Hat man eigentlich etwas davon gehört, ob Mitarbeiter des Spiegel jetzt ziemlich deprimiert sind und sehen, daß die Ära ihres Mediums zu Ende geht?
 
AW: Radio, ein Medium ohne Vertrauen

Wer spricht vom Ende einer Ära? Es geht um die Frage der Relevanz. (Oder habe ich dich missverstanden, K 6?) Da ist Radio, wenn man es denn von Bayerns Lokalen über NRJ bis zum DLF so allgemein überhaupt sagen kann, durchaus ziemlich am Ende. Das Medium selbst wird's aber weiter geben, hoffe ich (sehr eigennützig). Welche Bedeutung es aber langristig haben wird, das muss man schon fragen. Radio muss nicht zwingend eine nachrichtenjournalistische Relevanz haben, (auch wenn ich das gerne hätte,) es muss aber etwas haben, das nur das Radio hat, ein Alleinstellungsmerkmal, das positiv besetzt ist. Hat es das?
 
AW: Radio, ein Medium ohne Vertrauen

dc fragte doch, ob die von ihm zitierten Erhebungen das Ende einer Ära belegen. Und da wollte ich nur mal ganz dezent bemerken, daß die Zeitschriften auf demselben Niveau rangieren (gibt es im Original eigentlich Nachkommastellen? womöglich wäre der Hörfunk dann sogar an vorletzter und nicht an letzter Stelle zu nennen gewesen). Dazu ähnlich unscharf angemerkt: Auch vom Inhalt eines Pressekiosks sind gefühlte 80 Prozent Schrott.

Erschreckend finde ich vielmehr, wie das Fernsehen alles andere regelrecht plattwalzt. Gegen 47 Prozent sehen 16 und 12 für mich auch nicht besser aus als 9. Anscheinend glauben die Leute wirklich, die bunten Bilder wären immer die Wahrheit.
 
AW: Radio, ein Medium ohne Vertrauen

Nein, K6, es gibt keine Nachkommastellen im Original. Also ab mit den Zeitschriften auf den letzten Platz. Situation gerettet....
Andererseits muss der hypothetische Spiegel-Mitarbeiter nicht deprimiert sein, weil sein Medium nicht zur Disposition steht. Kein Vergleich zum Radio-Snafu.
Ich sehe es wie der Beobachter: Das Image auch der seriösen informationsorientierten Sender hat schwer gelitten - und ist das erstmal vergeigt, wird der eigentliche Nutzwert des Mediums nicht mehr abgefragt werden. Wie und mit welcher Geschwindigkeit es dann schliesslich ausstirbt, ist vielleicht nebensächlich. Die Umfrage zeigt allerdings, dass für die Begräbniszeremonie wohl die kleine Kapelle ausreichen würde, und das hat sich leider geändert...
 
AW: Radio, ein Medium ohne Vertrauen

Yep, habe ich überlesen, K 6. Wie sehr gemachte Bilder für die Wahrheit gehalten werden, finde ich auch erschreckend. Da zeigen uns zahlreiche Billigproduktionsprogramm für den CamCorder, wie schnell sich Bilder manipulieren lassen - und der Denktransfer aufs Fernsehen findet offenbar kaum statt.
 
AW: Radio, ein Medium ohne Vertrauen

Andererseits muss der hypothetische Spiegel-Mitarbeiter nicht deprimiert sein, weil sein Medium nicht zur Disposition steht. Kein Vergleich zum Radio-Snafu.

Sitzt der Spiegel (in Form von toten Bäumen) wirklich fester im Sattel als der Deutschlandfunk?


Ich verstehe einfach nicht so ganz, warum nur das Radio mittlerweile Sodom und Gomorrha sein soll. Aus sicherer Entfernung sehe ich schemenhaft, was so in der Tagespresse los ist: Stetig sinkende Abonnentenzahlen und Werbebuchungen, nur noch Volontäre und Praktikanten, nur noch der dpa-Einheitsbrei (mittlerweile grenzt das an Gleichschaltung) und mies recherchierte, oft geradezu blutrünstige Lokalberichte.

Wenn man pessimistisch sein will, dann ist alles andere außer der Glotze doch mittlerweile auch im Arsch.
 
AW: Radio, ein Medium ohne Vertrauen

zu dem thema sei eins noch in trauer angemerkt. als in wien die 98,3 neu ausgeschrieben wurde, hat sich unter anderem die tageszeitung "der standard" mit einem informations-radio beworben. neben zahlreichen ac und urban-formaten. tatsächlich hat sich die zulassungsbehörde wieder einmal für einen dudelfunker entschieden. meiner meinung unterstreicht das die bedeutung, die die eigentlich dafür zuständige behörde dem ihr unterstehendem medium zumisst. ein armutszeugnis sondergleichen.....
 
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