Radio und Coronavirus: Wirtschaftliche Auswirkungen

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Solange die Sender noch Hörer-Rechnungen bezahlen können, ist alles gut.

Du wirst lachen (eigentlich ist das eher zum Weinen) aber RSH hat sogar einen
eigenen "Corona-Special" - Spot von "Wir zahlen Ihre Rechnung im Programm.
(sinngemäß: Auch in diesen Zeiten machen wir Ihnen das Leben etwas einfacher)
 
Zu spät könnte sein. Denn die Digitalangebote spielen derzeit ihren USP aus, während Radio zeitversetzt irgendwelche "Wir bleiben zuhause" oder "wir helfen irgendwas" Aktionen promoten. Behäbig und nur gut im Nachmachen. Das ist aber das Gegenteil von schnell und kreativ. Aber das betrifft nur die Frage des generellen Wettlaufs Radio vs. Digitalangebote.

In der aktuellen Situation geht es darum, ob Radio sich wirtschaftlich über die Krise retten kann. Und wenn ja, wie. Das Hauptproblem für die Sender ist, dass die Senderstrukturen zu kleinteilig und zu teuer sind. Daher bleiben sie auch, was die Professionalität anbelangt, hinter den Möglichkeiten zurück. Corona kann dieses Defizit im wahrsten Sinne bereinigen. Wenn ich mir die Stornos bei dein einzigen Geldbringern auf Gesellschafterseite der Radios anschaue (nämlich die Anzeigenblätter, die Tageszeitungen verdienen schon lange nur noch bedingt oder gar kein Geld mehr), dann dürfte es für die Verlegerkaste in den nächsten Wochen doch sehr eng werden. Und dann wird es auch für Radio eng. Denn statt Kohle abzuliefern, wird Radio Kohle benötigen. Das wird sich im ersten Schritt in der Liquidität zeigen, die fehlen wird. Zieht sich Corona, dann wird man um grundlegende Stukturveränderungen (endlich) nicht umhin kommen. Und dann nähern wir uns dem interessanten Part.

Dass es da eher die lokalen und regionalen Sender treffen wird, steht außer Frage. Aber brauchen die eigentlich die ganzen Doppel- und Mehrfachstrukturen? Selbst kleine Gruppen von Sendern (NRW, Bayern, Radio Group, NRJ) werden nicht ausreichen, um notwendige Kosteneinsparpotentiale auszuschöpfen. Dazu stellt sich die Frage, ob man überhaupt in Bayern oder NRW in jedem Pusemuckeldorf einen eigenen Sender benötigt. Und dass man sich in Niedersachsen eine derart unprofessionelle Struktur noch vor einigen Jahren zu leisten, anstatt ein Network an lokalen Sendern auszuschreiben. Alles, von wirtschaftlicher Seite betrachtet, ein einziger Murks. Da bedarf es großer Lösungen. Die übrigens mittlerweile auch bei großen Sendern. Die würde auch das Produkt verbessern und endlich in Deutschland echte, gute nationale Produkte (durchaus mit regionalen Fenster für Inhalte und Vermarktung ermöglichen).

Das Schlimmste, was passieren kann, ist, dass man wieder eine sozialistische Lösung per Subventionen hinbekommt, um die Sessel der ganzen regionalen Fürsten zu retten.
 
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Nur mal so zum 'stabilen' nationalen bzw. RMS Werbemarkt. Coca Cola hat heute seine Werbung eingefroren und schaltet ab April, dem Start der Softdrinksaison, nicht mehr. Gut das ist öffentlichkeitswirksam und Radio ist nicht unbedingt für CC das Hauptmedium. Andere Firmen werden das auch machen, nur veröffentlichen sie es nicht.

Um es einmal für einen nicht BWLer holzschnittartig darzustellen. Gut geführte Sender haben eine Umsatzrendite von durchschnittlich 20 - 35% vor Steuern. Einen Einbruch der Werbeumsätze in diesen Dimensionen würden Sender plus/minus Null noch mit Bordmitteln chnitten verkraften. Wird es mehr, muss entsprechend gespart werden. Allerdings, Sender zeichnen sich durch einen großen Fixkostenblock aus.

@Wanderdüne
Es ist der Doppelaxel aus zu hoher Kleinigkeit, fehlenden Reserven und Gesellschafter, deren Geschäft selbst schrumpft. Sollte es jetzt eine Investor geben, der könnte sich sehr schnell eine nationale Kette zusammenkaufen.
Warum machen die A-Sender der RMS jetzt nicht die beste Radioshow aller Zeiten und fusionieren ihre Kapazitäten und machen ein Programm von Flensburg bis nach Garmisch. Von 05.00 bis 24.00 alles Live, in Stereo und Farbe. Moderation, Beiträge, Reports? Echtes Live Radio mit Verstand & Herz. Würde am Anfang rumpeln, nach 3-7 Tagen würde es klappen.
Bekanntlich bringt in Gefahr und Not der Mittelweg stets den Tod. Aber das Motto der Radiomanager ist wohl eher: "Artisten unter der Zirkuskuppel, ratlos." Jungs dann spielt mal schön weiter Golfsimulation. Bald habt ihr genug Zeit auf'm Platz.
 
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(sinngemäß: Auch in diesen Zeiten machen wir Ihnen das Leben etwas einfacher)
RTL machte es letzte Woche so ähnlich (finanzieren von Corona-bedingten Lücken), jetzt zahlt Arno den EDEKA-Einkauf (ein Exklusiv-Partner muss ja sein :rolleyes:) für Krankenschwestern und -pfleger...
 
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Ich bin mal gespannt, ob die ARD dann auch ein Einsehen hat und endlich auf eine marktgerechte, digitale Zukunft setzt. Mit der Audiothek und echt guten Podcast-Angeboten hat man damit ja auch schon angefangen.

Und was ist nach der in spätestens 10 Jahren zwangsläufig erfolgenden UKW-Abschaltung, die vor allem durch die Veränderung der Nutzungsgewohnheiten auch wirtschaftlich unabwendbar ist? Spendiert die GfK dann jedem Bürger eine Mobil-Flatrate, mit der man u.a. in allen Ecken der Republik beim Joggen Spotify hören kann?
 
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Warum sollte ein Marktforschungsinstitut im Besitz eines Investmentsfonds (zu dessen Töchtern höchstens Tele München zählt) Audio-Flatrates spendieren?
 
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Krisen machen um Radio Gong Würzburg offenbar einen großen Bogen.

Radio Gong gönnt sich immer noch ein 19,5-stündiges Live-Programm (5.30 bis 1.00) - jedenfalls von Montag bis Donnerstag. Und auch am Wochenende senden sie bis 23.00 oder 24.00 live. Im Studio sitzen meist Leute, die schon lange für Gong arbeiten und sich sicher nicht mit einem Praktikanteneinkommen zufrieden geben. VT: Fehlanzeige. Corona-bedingte Programmausfälle: Fehlanzeige.

Wie machen die das?
 
Die "GEZ" spendiert gar nichts mehr! Diese Einrichtung ist seit etlichen Jahren aufgelöst und meist wissen die jenigen die heute bewusst noch von "GEZ" schreiben oder den Begriff "GEZ-Beitrag" verwenden das sehr genau...
(Hätte nie gedacht dass ich als Kritiker des Rundfunkbeitrags das mal schreibe)

Im Übrigen haben weder die ARD-Audiothek, noch Spotify oder der ARD-DLF-ZDF-Gebührenservice irgendwas mit der Coronakrise zu tun. Vor allem eben dank der Gebührenpflicht werden die ARD-Radios nichts zu befürchten haben. Die Finanzierung ist auf Jahre gesichert, der reinste Sozialismus. Davon träumen die regionalen Zeitungen, die jahrzehntelang die Lokalpolitiker hofiert haben...

Und die Privatradios (landesweit) werden mit die ersten sein die laut "Hier" schreien wenn es hinterher darum geht dass man Anträge stellen kann als Firma, an der sich der Staat beteiligt.
 
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Einfach den Rundfunkbeitrag der kommenden Monate gerecht zwischen Öffentlich-Rechtlichen und Privaten aufteilen 🤣🤣🤣. Problem gelöst.
 
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Performance deutscher Medienaktien lt, meedia seit Jahresbeginn:
  • Axel Springer -13%
  • RTL - 30%
  • New Work SE (xing) -32%
  • Ströer -37%
  • ProSiebenSat1 -50%
Also ein ziemliches Massaker. Der Unternehmenswert anderer Medienhäuser, damit auch die Möglichkeiten Kredite aufzunehmen, wird sich in ähnlichen Dimensionen verändert haben.

In so einer Situation werden nur noch zukünftige Wachstumsträger, der jetzt Verluste machen am Leben erhalten. Das Portfolio wird bereinigt. Schlechte Zeiten für Dogs und Fragezeichen. Oder gute Zeiten für Käufer. Immer eine Frage des Standpunktes.

Im Moment arbeiten verdammt viele Planer daran, die Pläne auszudünnen. Soll doch bitte keiner denken, dass Firmen, die ihre Ladenmiete nicht bezahlen, weiter in Werbung + Marketing im gewohnten Maße investieren. Erste Anzeigenblätter haben ihre Verteilung eingestellt.

Nur mal so als kleines Beispiel:
Der gute Arist von Harpe (New Work Manager) hat Anfang des Jahres die Hamburger Mopo übernommen. Der ganze Deal fußt auch darauf, dass jedes die Radio Hamburg Gewinnausschüttung immer richtig Geld in die Verlagskasse gebracht hat. Ohne die Schecks aus der Spitalerstraße wäre die Bilanz tiefrot gewesen. Diese Jahr wird bestimmt wesentlich weniger, wenn überhaupt, ausgeschüttet. Da braucht es wenig Fantasie was dann in der Barnerstraße passieren wird.

@Neper
Leider ziemliche Tautologie. Im Preis eines Produktes oder Dienstleistung sind mittelfristig immer alle Kosten + Gewinn enthalten. Deshalb gibt es auch keine Steuern, die nur Unternehmen belasten. Jede Steuer, Abgabe und Marketing/Verkaufsaufwand wird einkalkuliert und im Endeffekt vom Endverbraucher bezahlt. Ist BWL im ersten Semester. Der Unterschied ist, die Rundfunkabgabe wird von jedem erhoben. Egal ob das Angebot der Öffis überhaupt nutzt. Und was Traumschiff, Musikantenstadl (gibt's das noch?) mit der Demokratie zu tun haben, weiß nur der ständige Framing-Beauftragte von ARD und ZDF.

Werbeverbote

Natürlich werden die Privatradios Werbeverboten vehement fordern. Da aber die Öffis rund 50% Marktanteil haben, wäre dann der Vorteil, ein reichweitenstarkes Medium zu sein, eingeschränkt. In etlichen Regionen ist der Privatradioanteil nicht besonders hoch. Gleichmäßiger nationaler Werbedruck, wäre mit hohem Aufwand verbunden.

Auch wenn die Foristen diese Sender kaum mögen, NDR2, Bayer3 & Co. wären als werbefreie Programme durchaus attraktiver. Ein zukünftiger Reichweitenverlust bei den Privaten wäre nicht ausgeschlossen. Der Ausweg höhere TKPs ist auch nicht einfach. Die Brutto-Nettoschere geht seit Jahren auf. Den Trend dreht so schnell kein Vermarkter um.
 
Erste Anzeigenblätter haben ihre Verteilung eingestellt.
Das hat aber erstmal andere Gründe, die in den Corona-ungeeigneten Arbeitsabläufen beim personalintensiven Beilegen der Prospekte zu den Blättern bedingt ist. Man möchte damit sicherstellen, daß nicht die Produktion der normalen Tageszeitung gefährdet wird. So kommunizierte zumindest die hiesige NWZ die vorübergehende Einstellung ihrer Beiboote Hunte-Report & Co.
 
@iro
Die Verteilungseinstellung ist nicht monokausal. Deshalb sind die Gründe der NWZ nicht ganz unplausibel. Allerdings, wenn ein Anzeigenblatt seine Verteilung einstellt, dann springen irgendwann die Verteiler ab und machen etwas anderes. Beim Anzeigenblatt sind Verteilung und Druck die zwei Hauptkostenfaktoren. Der redaktionelle Aufwand hält sich in sehr engen Grenzen. Jetzt rächt sich, das man sich fast immer auf eine Haushaltsverteilung konzentriert hat. Wobei, genau das haben die Hauptwerbetreibenden immer gefordert. Auch in ihren Webauftritte haben viele Anzeigenbläter wenig investiert.
 
Allerdings, wenn ein Anzeigenblatt seine Verteilung einstellt, dann springen irgendwann die Verteiler ab und machen etwas anderes.
In dem Punkt ist die erwähnte Zeitung auch ganz gut aufgestellt ;) Sie betreibt ja neben Tageszeitung und Anzeigenblättern auch gleichzeitig noch einen privaten Postdienst, der auch die Verteilung der Zeitungen übernimmt.
 
@Neper
Leider ziemliche Tautologie. Im Preis eines Produktes oder Dienstleistung sind mittelfristig immer alle Kosten + Gewinn enthalten.
Unbestritten, Herr Doktor.
Nur ist diese Tatsache (dass wir alle den Privatrundfunk mitfinanzieren) in der breiten Öffentlichkeit eher nicht so bekannt, oder sagen wir besser, präsent; und verdient im Sinne der Transparenz meiner Meinung nach eine Erwähnung, spätestens wenn mal wieder die "Gebührenkeule" hervorgezogen wird.
Betriebswirtschaftlerisches Denken ja nun auch nicht direkt jedem Erdenbürger qua Geburt mit auf den Weg gegeben...
 
Das Thema Werbeverbot für Öffis könnte der gesamten Gattung schaden, da es Gegenden gibt, in denen keine ausreichender Werbedruck mehr aufgebaut werden kann (z.B. NRW).

Die Frage der Abgabenfinanzierung dürfte problematisch sein, da hier beihilferechtliche Fragen zu klären wären. Anders formuliert: Wird verfassungsrechtlich schwer. Die Frage ist zudem, warum man ein Unternehmen, dessen Unternehmenszweck auf Gewinnerzielung gerichtet ist, über eine Zwangsabgabe finanzieren sollte. Damit Herr Verleger künftig noch auf seinem Hochsitz seiner Jagd sitzen kann? Ich lach mich schlapp! Außerdem müsste man die Abgaben deutlich erhöhen, was politisch kaum durchsetzbar wäre. Ein lustiger Gedanke aber.

Die gute alte NWZ ist immer noch solide aufgestellt wie die meisten holzverarbeitenden Betriebe dieser Branche, die ländlichen Gebieten sitzen. Ob Postdienste profitabel sind, lasse ich mal dahingestellt sein. Tatsächlich verdienen die Verlage überwiegend über Vertriebserlöse (also Abozahlungen und Einzelverkauf) und über die Anzeigenblätter. Letztere kommen dank Corona gerade so richtig ins Straucheln und dürften das ein oder andere Haus in den nächsten Wochen ordentlich ins Trudeln bringen.

Eine MoPo, man mag zwar aus Tradition und Gewohnheit das Blatt mögen (ich übrigens auch), aber am Ende ist das Verfallsdatum von Boulevardblättern längst überschritten. Andere Boulevardblätter werden noch durchgeschleppt, andere sind eingestellt, die Bild ist der letzte Saurier, der dank bundesweiter Verbreitung immer noch Erlöse generiert, wobei man das Papier noch ein wenig braucht bis das Digitalangebot als Verkaufsförderer für die ganzen digitalen Geschäftsprozesse im Springer-Haus auch ohne Druck auskommt. Aber in der Tat ist bei der MoPo der RHH der einzige Teil des Unternehmens, was das Asset interessant macht.

Spannend dürfte sein, in welchen Häusern es bei der Liquidität zuerst eng wird. Auch eine Reihe von Privaten hat schon Kurzarbeit und prüft die Einstellung von Mietzahlungen. Wobei ich da auf die Rechtfertigung gespannt bin. Ist es beim Einzelhandel auf Grund des staatlich verordneten Schließens der Wegfall der Geschäftsgrundlage, in Radiosendern wird ja munter weiter gearbeitet und auch noch Geld verdient (wenn auch weniger).

Die MA wird zudem dafür sorgen, dass man nun weiter Bettelbriefe (wie schon in Bayern) an die Politik schickt. Oder man in Berlin die MABB die Vielfalt in der Hörfunklandschaft (kein Witz!) gefährdet sieht.
 
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