Radio und Coronavirus: Wirtschaftliche Auswirkungen

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@echte Spezialisten
  1. Es gibt eine Höchstgrenze für Werbung im TV + Radio = 20%, aber keine Untergrenze. Einzelne Lizenzen können abweichen.
  2. Geringe Programmproduktionskosten durch Werbung? Einfach mal nachdenken. Wenn ein Werbeblock entfällt, wird stattdessen was? Richtig: zumeist Musik gesendet. Wenn ein Mod ein paar Sätze sagt, kostet auch nicht mehr. Der erhält ein Stundenhonorar und wird nicht nach Worten, wie bei der Zeitung z.B., bezahlt.
  3. Die Stellschrauben für Leistungsrechte im Radio sind im wesentlichen: Wort-, Musikanteil und die Werbeeinnahmen. Sinkende Werbeeinnahmen führen zu proportional sinkenden Zahlungen an GEMA & Co.
  4. Ich möchte gern einmal die Lizenz sehen, in der Verkehrsfunk Lizenzauflage ist. In der Regel wird nur eine allgemeine Wortquote festgelegt. Service-Infos gelten sowieso nicht als vollwertiges Wort. Davon abgesehen ist die Wortquote eine der größten Schimären im deutschen Medienrecht.
 
Es gibt eine Höchstgrenze für Werbung im TV + Radio = 20%, aber keine Untergrenze. Einzelne Lizenzen können abweichen.

Die Höchstgrenze von 20 % für Radiosender im Rundfunkstaatsvertrag ist vor einigen Jahren entfallen. Die 20% gelten nur noch für TV. Einzelne Landesmediengesetze oder Lizenzauflagen mögen etwas anderes festlegen, ich kenne nicht jedes Landesmediengesetz auswendig.

Geringe Programmproduktionskosten durch Werbung? Einfach mal nachdenken. Wenn ein Werbeblock entfällt, wird stattdessen was? Richtig: zumeist Musik gesendet. Wenn ein Mod ein paar Sätze sagt, kostet auch nicht mehr. Der erhält ein Stundenhonorar und wird nicht nach Worten, wie bei der Zeitung z.B., bezahlt.

Das mag im Radio so sein, bei TV (und in dem Post, auf den ich mich ursprünglich bezog, war von "Sendern" die Rede, daher mein vielleicht etwas unpräziser Einwurf) sieht die Welt ganz anders aus. Selbst wenn etwas aus der Konserve abgespielt wird, müssen dafür in der Regel Tantiemen/Honorare/Lizenzgebühren etc. bezahlt werden.

Die Stellschrauben für Leistungsrechte im Radio sind im wesentlichen: Wort-, Musikanteil und die Werbeeinnahmen. Sinkende Werbeeinnahmen führen zu proportional sinkenden Zahlungen an GEMA & Co.

Da muss man meines Erachtens die Gesamtmechanik beachten. Wenn ich weniger Werbung habe, mag das zu sinkenden GEMA-Kosten führen. Wenn ich aber stattdessen mehr Musik spiele, dürfte das den Musikanteil erhöhen, also höhere Zahlungen auslösen. Deshalb muss man gucken, wie sich das zueinander verhält. Ich kenne die Verträge zwischen Sendern, Vermarktern und GEMA nicht im Detail, daher habe ich mich mit einer pauschalen Aussage zurückgehalten.
 
Die Werbezeitengrenze von 20% ist schon vor einiger Zeit weggefallen (ich glaube 2009, würde mich aber nicht festlegen). Intern gibt es bei vielen Sender Limitierungen, dass krasseste was ich kenne, ist Radio Gong (zumindest mal gewesen). Die lagen deutlich über 20%. Stellt sich die Frage, ab wann so etwas nicht mehr programmverträglich ist. Auch wenn ich Blöcke von mehr als 5 Minuten höre, stelle ich mir die Frage, ob der Kunde nicht besser beraten wäre, wenn er das Geld aus dem Fenster wirft (zumindest, wenn man ab der fünften Stelle kommt).

Ich habe mir den Vertrag unter dem Link von Chapri nicht durchgelesen, daher weiß ich nicht ob dieser für die deutschen Privatsender einschlägig ist. Diese haben, sofern einem Verband zugehörig, einen Gesamtvertrag abgeschlossen. Man kann rund 9,5% für GEMA/GVL auf die (Werbe-)Erlöse abzgl. Akquisitionskosten rechnen. Dazu kommt die Einbeziehung des Musikanteils. Sollte es stimmen, dass im März rund 30% der Umsätze zurückgehen, ist die Frage des Musikanteils das geringste Problem. Sollten sie im April um 60-70% zurückgehen (wie man hört), so ist der Musikanteil eigentlich irrelevant. Zudem haben GEMA/GVL sich bereit erklärt, die Zahlungen zu stunden.

Wie ich sehr früh hier anmerkte, ist die Frage der Liquidität bei einigen Sendern das eigentliche Thema. Der ein oder andere Sender soll schon im Sommer Liquiditätsengpässe bekommen, andere Sender verfügen noch über Rücklagen bzw. Gewinne aus 2019, die noch nicht ausgeschüttet wurden, sodass sie durchaus länger in der Lage sind, ohne Werbeeinnahmen den Betrieb fortzuführen.

Die Frage der Lizenzen/Honorare/Tantiemen dürften sich eher auf die Öffis beziehen, die ganze Heere in Honorarabteilungen beschäftigen. Im Privatfunk findet in der Regel eins Rechte-Buyout statt, d.h. der Freie verkauft sich, der Angestellte hat sich bereits verkauft. Zugegeben, etwas zugespitzt, aber im Grundprinzip ist es so. Relevante Kosten entstehen hier nicht. Aber ganz ehrlich: Was will man außer Schnipseln im Privatfunk wiederholen? Features? Reportagen? Bei Zukäufen wie Comedy externer Produzenten ist dies eher ein anderes Thema.

Die Aktion von RTL ist eher programmgetrieben. Die anvisierten Kleingewerbe sind eher atypische Werbekunden. Möglich, dass man die Daten an den Vertrieb weitergibt und hofft, dass der ein oder andere Interessent künftiger Kunde wird. Auch wenn es für den Gewerbetreibende unbezahlte Werbung ist, ist dies kein Verschenken klassischer Medialeistung.
 
Es wird seitens der Länder keine sektorspezifischen Hilfen geben.

Ja, die Politik sollte sich allmählich sortieren und klar benennen was sie tun möchte:
- die Leute mit Lohnersatz unterstützen
- die Leute mit Grundsicherung unterstützten
- Solo Selbständige und kleine Unternehmer vor dem privaten Ruin retten
- Firmen vor der Insolvenz retten
- Arbeitsplätze erhalten
- Wirtschaftszweige erhalten
- den Nachfrageausfall gering halten.
- die Leistungskraft der Volkswirtschaft erhalten

Zur Zeit gibt es Maßnahmen in alle diese Richtungen. Leider ohne rechtes System. Dafür habe ich ein gewisses Verständnis. Es musste schnell gehen. Jetzt ist aber die Zeit auf eine klare Strategie umzuschwenken und nach zu justieren, sonst wird das viele Geld ineffizient ausgegeben.
Von den großen Unterschieden/Ungerechtigkeiten der, staatlich verordneten, finanziellen Belastungen möchte ich erst gar nicht anfangen.
 
Man soll niemals nie sagen. Aber, wirklich relevant ist Privatradio schon seit einiger Zeit nicht mehr. Allerdings haben die Sender ihre Eigentümer zuverlässig mit Top-Renditen seit x-Jahren verwöhnt. Jetzt kracht das Modell zusammen und Rücklagen gibt es kaum, stattdessen sitzt man auf einem großen Fixkostenblock.

Den möchte man irgendwie staatlich finanziert haben. Alles verständlich, nur es gibt jede Menge Branchen, die noch stärker unter Druck sind und viel mehr Arbeitsplätze und Umsatz/Steueraufkommen haben. Nach den Regeln der Logik sieht es schlecht aus. Doch die Eigentümer (Verlage) sind politisch gut vernetzt. Insofern, ich würde nicht unbedingt wetten wollen...

Denken wir einmal positiv (was ich nicht als positiv bewerte) und es gelingt eine staatliche Krisenfinanzierung. Dann landen wir irgendwo im Herbst. Dann ist die Zeit der Herbst- und Weihnachtskampagnen und normalerweise ein Einnahme-Peak.

Was im Moment keiner seriös beantworten kann, wie sieht dann das Werbeverhalten aus? Wie hoch werden die Budgets sein? Welchen Mediamix wird es geben? Dafür gibt es noch keine halbwegs fundierten Prognosen. Eigentlich gilt nur eine Aussage, es wird Veränderungen geben.

Vielleicht gelingt den Sendern ein Weiter-So, aber nach meinen Erfahrungen spricht vieles dagegen. Wir haben jede Menge dynamische Prozesse. Wer da der festen Auffassung ist, Privatradio ist da der Fels in der Brandung, an dem sich die Wellen brechen und sich nichts ändert, der hat in meinen Augen eine mutige Auffassung.

@20% Grenze
Stimmt, die ist gefallen, habe ich total verdrängt. Bei Gong betraf das Problem die Weihnachtszeit und die üblichen Timeslots mit hoher Auslastung. Da ist man an die Grenze gegangen. Timeslots so mit Werbung zuzupacken, ist hart an der Grenze...
 
Neues aus der SVRNRW (Sozialistische Volksrepublik Nordrhein-Westfalen): Die Abteilung Rundfunk beim VEB Holz und Druck braucht Hilfe! Bitte helfen Sie mit, das Kulturgut Lokalradio in der SVRNRW zu erhalten und gegen die bösen Verfechter eines freien Marktes zu verteidigen! Keine Macht den Bonner Ultras!
 
Das Problem ist doch: Hinter den meisten Sendern stehen die Zeitungsverlage. Schon seit Jahren verkaufen die kaum noch Zeitungen. Also werden die Miese mit den Einnahmen der Radiosender ausgeglichen. Heißt: Rücklagen gibt es so gut wie keine. Vielleicht sollte man einfach mal die Beteiligungen von Zeitungen auf ein Minimum beschränken?
 
Aber, wirklich relevant ist Privatradio schon seit einiger Zeit nicht mehr. Allerdings haben die Sender ihre Eigentümer zuverlässig mit Top-Renditen seit x-Jahren verwöhnt. Jetzt kracht das Modell zusammen und Rücklagen gibt es kaum, stattdessen sitzt man auf einem großen Fixkostenblock.

Tja, die Relevanz nimmt ab. ABY, FFH und NRW stemmen rund 1/3 der Reichweite der RMS. Alle haben extrem verloren, trotz, sagen wir einmal, "veranstalterfreundlicher" MA. Wären nicht die Nischenprogramme, die signifikant dazugewonnen hätten, würde man sich jetzt in den RMS-Büros die Kante geben. Bei Rücklagen aber Wahrschau! Da unterscheiden sich Sender und Sendergruppen signifikant. Es gibt Sender da lungern reichlich Rücklagen herum, entweder weil die Gesellschafter zu blöd waren dies zu bemerken und immer schön den GFs beim Jahresabschluss gefolgt sind, oder weil sie ihnen Spielraum gelassen haben. Für RTL Radio ziemlich dumm, dass die schönen Rücklagen nach dem Wechsel des "Vorgesetzten" von Zimmer brav in Köln abgegeben werden mussten. Für einige Sender kann es in der Tat schon in zwei bis drei Monaten sehr, sehr eng werden. Zur Zeit dürften noch sämtliche Gewinne aus 2019 auf den Konten schlummern. Dank Corona dürften die Beschlüsse über die Gewinnverwendung in den Gesellschafterversammlungen noch nicht gefasst sein. Sollten irgendwelche Märchenanstalten oder Staatskanzleien auf die die Idee kommen, dass man Beihilfen gewährt, während hintenrum die Gewinne aus dem Vorjahr klammheimlich aus den Unternehmen geschleust werden, dann bedarf das einer Prüfung. Auch öffentlich.

In einem Punkt würde ich auch der chinesischen Weitsicht widersprechen wollen: Es geht nicht um Staatshilfe für den Kostenblock. Einigen ja, aber anderen geht es darum, den Gewinnausfall des Unternehmens auf Kosten des Staates zu kompensieren. Daher kämpfen die Verbände derzeit für die Systemrelevanz und Beihilfen statt Kredite. Kredite musst Du doch dummerweise zurückzahlen. Beihilfen kannst Du behalten (und am Ende des Jahres ausschütten). Es ist schon zum Teil perfide! Selbst gut laufende Lokalsender hatten die letzten Jahre noch Renditen im höheren einstelligen Bereich, wenn Du es richtig gemacht hast im zweistelligen Bereich. Am Ende des Jahres kam aber der Staubsauger der Gesellschafter und ging in die Ecken. Das Geld war dann halt weg.

Den möchte man irgendwie staatlich finanziert haben. Alles verständlich, nur es gibt jede Menge Branchen, die noch stärker unter Druck sind und viel mehr Arbeitsplätze und Umsatz/Steueraufkommen haben. Nach den Regeln der Logik sieht es schlecht aus. Doch die Eigentümer (Verlage) sind politisch gut vernetzt. Insofern, ich würde nicht unbedingt wetten wollen...

Ja. Und die Politik wird wieder Kohle springen lassen. Und ein blöder Schraubenfabrikant aus dem Siegerland oder dem Thüringerwald mit einem vielfachen Umsatz eins privaten Radiosenders kann halt keine O-Töne in seine dämlichen, aber halt viel nützlicheren Schrauben pressen (oder wie das heißt, hab es nicht so mit Schrauben). Das Problem für den Schraubenfabrikant ist halt, dass ihn und seinen Laden keiner kennt und er halt nur Kredite bekommt und eben keine Beihilfen. Soll er doch sehen, wie er klarkommt. Aber Politik können halt die Medien nur ins rechte (oder linke) Licht setzen. Gut, funktioniert nicht mehr so ganz, aber das ist in der Politik noch nicht so ganz angekommen.

Was im Moment keiner seriös beantworten kann, wie sieht dann das Werbeverhalten aus? Wie hoch werden die Budgets sein? Welchen Mediamix wird es geben? Dafür gibt es noch keine halbwegs fundierten Prognosen. Eigentlich gilt nur eine Aussage, es wird Veränderungen geben..

Da nähern wir uns der Kernfrage. Es fehlt eine Exitstrategie der Radio-GFs bzgl. Mimi-Phase. Derzeit beschäftigen sich Schunk & Co damit, die Politik mit erbärmlichen Bettelbriefen zu behelligen. Das mag funktionieren, um die Sender über den Sommer zu bekommen. Ich würde im ersten Schritt mir noch das Jahr 2020 anschauen wollen. Jeder Werbetreibender (Möbler, Automotiv, Handel) versucht dieses Jahr irgendwie zu retten. Heißt, ich fahre, so gut es geht, das Werbebudget runter. Möglichst auf Null. Das wird die Sender ab Sommer nicht mehr retten. Da wird man schon mal kreativ sein müssen, um überhaupt 2020 ansatzweise über die Runden zu bekommen.

Dann, wenn die Jahresplanung 2021 im Spätsommer/Herbst läuft und der Forecast-Blues in den Sendern stattfindet, stellt sich die Frage nach 2021. Da dürfte bei dem ein oder anderen Werbetreibenden die Frage aufkommen, ob er nicht generell sein Werbebudget (auch auf Grund der Ungewissheit für 2021) deutlich reduzieren muss und ob evt. "etwas" über die Klippe springen muss. Ganz ehrlich? Ich bin alter Radiofan. Nach wie vor habe ich eine Schwäche für das Radio. Aber es wäre auch das erste Medium, welches ich nicht mehr belegen würde. Da gibt es digital wesentlich effizientere Werbeformen. Und der weise Chinese hat es bereits bemerkt. Wir befinden uns derzeit in der Mimi-Phase der Corona-Krise. Was morgen oder geschweige denn übermorgen ist, darüber macht sich kaum jemand Gedanken.

Neues aus der SVRNRW (Sozialistische Volksrepublik Nordrhein-Westfalen): Die Abteilung Rundfunk beim VEB Holz und Druck braucht Hilfe! Bitte helfen Sie mit, das Kulturgut Lokalradio in der SVRNRW zu erhalten und gegen die bösen Verfechter eines freien Marktes zu verteidigen! Keine Macht den Bonner Ultras!

Gut auf den Punkt gebracht. Komisches Land.
 
Ich möchte noch diesen Gedanken aufgreifen, auch wenn er das Thema nur am äussersten Rand streift.

Stimmt die mündliche Info, dass etliche Sender zur Zeit unbezahlte Werbung senden, damit überhaupt Werbung gesendet wird ?

Einige dt. Sender (BR, HR, SWR1 + SWR 4) haben in den letzten Tagen schon deutlich weniger Werbung als noch vor einigen Wochen. Das fällt richtig auf. Die ARD-Popwellen sind ja immer gerne gebucht von den üblichen Unternehmen.

Und jetzt? Manchmal nur ein einziger Spot (und viele Füllmusiken, Programmhinweise, Eigenwerbung für Aktionen, Sondersendungen usw., einminütige Corona-Durchhalteparolen - gibt es eigene für jedes BR-Programm, Radio1 RBB hat seit ein paar Tagen nachts zu jeder vollen Stunde vor den Nachrichten einen langen Hinweis auf diverse Musikspezialsendungen...), manchmal fallen Blöcke ganz aus wo sonst welche waren (den vor um halb haben die meisten ARD-Sender mittlerweile eingestampft oder packen die Werbung von zwei Blöcken eben in einen, damit es nicht so auffällt).

Wenn die nervigen Supermärkte nicht wären hätte man z.B. einen fast werbefreien SWR-Hörfunk. Achso und Saitenbacher ("Woisch Karle") natürlich, um dieses wichtige Unternehmen von Welt macht die Krise natürlich auch einen großen Bogen. Wenn uns Corinna von diesen Spots befreien würde, das wäre mal ein wahrer Segen zum Osterfest!

Im Ausland merkt man davon nichts. Beispiel: ANR-Aalborg, da waren in den letzten 2 Tagen alle (!) Werbeblöcke exakt (!) 5,00 Minuten lang, jede Stunde, Tag und Nacht. Auch heute am Feiertag wieder, wo fast alle Geschäfte geschlossen haben (in Dänemark ist der heutige Skaertorsdag höherwertig als der morgige Langfredag). Da liegt der Schluss schon nahe, dass da einiges aufgefüllt wird, um auf diese Länge zu kommen.

Die Bauer-Sender in Dänemark haben zwei oder sogar dreimal (je nach Tageszeit) pro Stunde einen 4 Minuten-Block, das sind dann mit Eigenwerbung/Programmvorschau davor: 10 Minuten in jeder Stunde. Auch jetzt in der Krise. Andere Länder, andere Sitten. Bei ContactNOW Eupen läuft mehrmals am Tag ein mehr als einminütiger Hinweis-Spot der Regierung zu Corona im Werbeblock. Das gleiche auch bei Radio Lübeck. Ob sowas nicht eher kostenlos läuft? Wer soll dafür bezahlen?
 
Zuletzt bearbeitet:
Bei Kleinstsendern wie Radio WSW laufen im normalen Programm schon mal Spots von Hilfsorganisationen, wo ich vermute, das die auch gratis laufen. Das wird vielleicht generell zunehmen, aber nichts genaues weiß man gerade nicht.
 
@Wanderdüne
Wir liegen eigentlich nicht weit auseinander. Im Moment wird in den Mediaagenturen mal wieder Tango Brutalo getanzt. Der werden Pläne zum 17. Mal (!) überarbeitet. Gern auch in der Kombi mit Kurzarbeit. Da wird dann mal wieder eine weitere junge Planergeneration verheizt.

Richtig übel sieht es für die Shared TV Deals aus. Genauso gut könnte man Inflationsgeld in Zahlung nehmen. Richtig Geld verdienen Mediaagenturen schon lange nicht mehr mit Planung und Kundenberatung.

Was heißt das in der Praxis? Es muss mal wieder mehr gearbeitet werden. Die Leistung wird natürlich von keinem Kunden vergütet und die Hauptprofilquelle hat Ladehemmung. Viel Spaß liebe Kollegas von der Vermarktungsfront. Da gibt es nette Gespräche mit dem Einkauf. Denn egal wie, Geld muss reingeschaufelt werden, sonst sinken die Tantiemen der Leistungsebene und die internationalen Gesellschafter schicken ihre Controller. Schaut man da in den Stammbaum landet man bei den Römischen Zöllern...

Schon vor Corona ging die Brutto-Netto-Schere jedes Quartal ein Stück weiter auseinander. Im Herbst wird es jede Menge Bonusspots, Freischaltungen und Sonderrabatte geben. Bei den Kunden selbst gibt es noch einige die warten nur auf den Startschuss, die wollen dann mehr oder weniger weiter machen und ein paar Sonderrabatte abstauben. Budgets werden auch dort gekürzt.

Ein Teil überarbeitet schon jetzt die gesamt Strategie. Das blöde, den Creativ-Agenturen ist noch nichts neues eingefallen. Motto: Der Berlin Mitte Agentur Hipster in der Krise: RATLOS. Ohne Creativ-Strategie kann auch kein Media gebucht werden, wie auch?

Die dritte Gruppe, da schwingt das Controlling den Zepter und richtet im Marketing-Etat ein Kettensäge-Massaker an. Mit den Etatresten wird man dann, wie ein Känguru, mit nem leeren Beutel ganz große Sprünge machen wollen.

Aber egal welche Strategie gewählt wird: Lineare Medien werden verlieren, verlieren, verlieren...

Mein Fazit, in der Mediawelt ist momentan verdammt einsam und wohl dem, wer noch ne Dose Bohnen im Sattelsack und einen gefüllten Patronengurt hat. Beides wird er brauchen.

Ach ja liebe GFs Motivationsansprachen und wilde Mails an den Vertrieb könnt ihr euch sparen. Mit Druck erreicht ihr nämlich gar nichts. Neue Kundengruppen für's Radio? "Ja, wo laufen sie denn...?"

Ich empfehle für die nächsten 18 Monate No Country for Old Men oder Steiner - Das eisenre Kreuz als passende Filme. Tja, das Bibi & Tina-Land ist abgebrannt...
 

An dem Text im verlinkten Bericht ärgern mich zwei Dinge:

a) "im ohnehin schon ungleichen Wettbewerb mit den haushaltsabgabenfinanzierten öffentlich-rechtlichen Angeboten": Ich wüsste nicht, dass ein öffentlich-rechtlicher Sender schon einmal (öffentlich) die Abschaffung oder Zusammenschrumpfung von Privatsendern gefordert hätte. Umgekehrt gibt es unzählige Beispiele, in denen die Holzverarbeiter und ihre Anhängsel die Öffis angegriffen und deren Finanzierung attackiert haben. Es gibt dabei weder eine Bestands- noch eine Entwicklungsgarantie für Privatsender. Wenn der Markt es nicht hergibt, ist eben finito. Dafür haben unsere privaten Freunde über viele Jahre fürstlich verdient (auch auf Kosten der öffentlich-rechtlichen Sender, deren Werbeeinnahmen mit der Einführung des Privatfunks kräftig in den Keller gerauscht sind. Der Gebührenzahler hat das in der Konsequenz mit höheren Rundfunkbeiträgen ausgeglichen). Öffentlich-rechtliche Sender haben eine öffentliche Aufgabe und deshalb das Beitragsprivileg. Welche öffentliche Aufgabe ist mit dem Abspielen von Musiklaufplänen, dem Verlosen von 100.000 EUR und dem Senden von billigst produzierten/eingekauften Nachrichten verbunden? Ich würde wetten, dass manch privater Senderchef sich schon mit dem Gedanken getragen hat, alles Informierende aus den Programmen zu tilgen, weil es 1. Geld kostet und 2. auch nicht unbedingt Hörer bringt. Diese ganzen Lizenzauflagen waren nur irgendwie das Problem. Ganz davon ab: Es war die Gesellschaft, die bei der Einführung des Rundfunks voll ins Risiko gegangen ist. Wenn die Menschen gesagt hätten "nee, Rundfunk, Fernsehen. Das wollen wir nicht. Wir wollen nur Zeitungen lesen", wären alle vom Bürger getragenen Investitionen der Öffis von heute auf morgen komplette Makulatur gewesen und die Privatsender hätten ihr Geschäftsmodell nie auf einer derart großen "installierten Basis" an Rundfunkempfangsgeräten aufbauen können.

b) Es wird nach Beihilfen gerufen. Das steht doch da ganz deutlich: "Es braucht vor dem Hintergrund der aktuellen Krise dringend eine Förderung zugunsten der privaten Radioanbieter. Lediglich zinsfreie Darlehen sind nicht ausreichend, um unsere Mitgliedsunternehmen in dieser Situation wirtschaftlich wieder zu stabilisieren". Nochmal, es gibt keine Bestands- und Entwicklungsgarantie für Privatsender. Wenn der Markt es nicht hergibt, dann ist Feierabend.
 
Zuletzt bearbeitet von einem Moderator:
Der Artikel bringt es auf den Punkt. Herr Thölen "lotet" aus. Soll er mal loten. Herr Schunk kommuniziert, dass die Sender drei Jahre brauchen werden, um wieder in stabile Verhältnisse zu kommen. Soll er mal weiter sich in Briefen üben. Herr Müller...ach lassen wir das mal. 30% weniger von nix ist was?

Nur mal als Beispiel: Ein Bekannter von mir hat sich auf Services im Bereich Crew-Transport spezialisiert. Er betreibt eine Flotte von rund 20 Sprintern, mit denen er Crews vom Airport in Hotels und umkehrt oder in andere Städte transportiert. Ein 24/7 Betrieb, inklusive aller Zusatzkosten (Prüfungen/Zulassunge für Vorfeldberechtigung etc.). Und momentan? Bis auf 2 Busse sind alle stillgelegt, d.h. die Fahrzeuge stehen abgemeldet auf dem Betriebshof, um Versicherungen und Steuern zu sparen. Die festangestellten Mitarbeiter sind alle in Kurzarbeit. Die Freien gehen leer aus. Dummerweise drücken die Raten für Fahrzeuge und den Neubau des Betriebshofes/-zentrale. Mit den Leasinggesellschaften und der Bank wird bzgl. Stundung seit Wochen verhandelt. Für diese Art von Bussen gibt es jetzt auch nicht unbedingt einen Markt, sodass sie verwertbar wären. Die Fördermittel und die Kredite reichen, um zu überbrücken. Zwei Monate, drei Monate?

Eine gute Freundin ist Gastronomin. Sie betreibt einen Laden mit 80 Innen- und 20 Außenplätzen. Saisonbetrieb. Seit Anfang März sollte das Geschäft losgehen. Die Reserven sind aufgezehrt, die Darlehen für Gebäude und Modernisierung müssen bedient werden. Die Mitarbeiter sind in Kurzarbeit. Es wird "außer Haus" gekocht. Läuft aber schlecht. Wie lange sie das durchhalten kann? Zwei Monate, drei Monate?

Zwei Beispiele, die sich unbegrenzt fortsetzen ließen. Der Zustand der vorgenannten Beispiele dauert schon drei bis vier Wochen an. So, und jetzt findet den Fehler. Während in anderen Branchen die berühmte K**** bereits am Dampfen ist, "lotet" man woanders "verschiedene Optionen" (die es wohl ja noch reichlich gibt) in aller Ruhe aus und kann sich Gedanken machen, ob man in drei Jahren wieder in sicheren Verhältnissen ist. Darüber, was in zwei bis drei Jahren ist, machen sich die beiden vorgenannten Unternehmer (!) derzeit keine Gedanken. Die wissen nicht einmal, ob ihre Läden in drei Monaten noch existent sind und ob sie als persönlich haftende Gesellschafter hier überhaupt heil noch rauskommen können. Das zeigt aus meiner Sicht recht deutlich, dass in der Radiobranche bei den Schönwettergeschäftsführern mit gut dotierten Verträgen und langen Laufzeiten ordentlich was falsch läuft. Was mich richtig ärgert ist, dass keiner der beiden derzeit nach Hilfe ruft, sondern sie von morgens bis abends nach Möglichkeiten suchen, wie sie ihr Unternehmen und ihre Existenz retten können und sich sogar im privaten Umfeld Hilfe und Geld besorgen. Im Radiobereich höre ich nur Mimi, obwohl es dann nicht so schlecht laufen kann, wenn man noch viel Zeit zum "loten" hat oder sich Gedanken darüber machen kann, ob es denn nun zwei, drei oder vier Jahre dauert, wie es wieder wie vor Corona läuft. Na, herzlichen Glückwunsch!

Und Frau Raab aus RP? Finde ich gut, dass sie Telkos macht. Da hält man Abstand. Abstand einhalten ist in diesen Zeiten gut. Auch Abstandhalten zu einigen Privatradioforderungen in diesen Zeiten ist ein gutes Zeichen.
 
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Nur kurz dazu:
einminütige Corona-Durchhalteparolen - gibt es eigene für jedes BR-Programm
Die aber leider alle von den Bayern 3-SV eingesprochen wurden und insbesondere bei Bayern plus wie ein Fremdkörper daherkommen, sollte man vielleicht für jede Welle die entsprechenden Leute machen lassen.
 
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sind seitens der Medienpolitik Maßnahmen zu ergreifen, die dazu führen müssen, dass der private Rundfunk handlungsfähig bleibt”,

Aha, ja dann....:cool:
 
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Ob eine Kontingentierung der Werbezeit bei den Öffis helfen würde? Da würde ich ein großes Fragezeichen setzen. ProSiebenSat.1 Media hat im April einen Einbruch von 30-50% zu verkraften. Bei RTL soll es ähnlich sein. Nationale Radio-Etats werden dem folgen. Auch Online Etats werden kräftig gekürzt. Wochenblätter werden bald reihenweise eingestellt.

Wer denkt, die Radiostrukturen werden so wie sie sind einfach fortgeschrieben, soll das denken. Nur soll er dann auch beantworten, woher das Geld kommen soll.

Ein alter Unternehmerspruch lautet: "Entweder ändern sich die Zahlen oder die Köpfe." Im Falle des Radios kommt hinzu "... und ganz bestimmt die Struktur."

Die Frage ist, wer wird das neue Kraftzentrum?
 
Ein Blick zu unseren Nachbarn im Norden:
https://www.nordschleswiger.dk/de/d...ellschaft/180-millionen-fuer-daenische-medien
.....besonders betroffene Medien können bis zu 80 Prozent der verloren gegangenen Werbeeinnahmen vom Staat erstattet bekommen.
.........
Die Zeitung „Berlingske“ hatte bereits Entlassungen angekündigt, bei „Altinget“ sind sie Wirklichkeit geworden, und das „Helsingør Dagblad“ wird von seinem Eigner zum Verkauf angeboten. Sollte der Verkauf nicht glücken, soll die Zeitung geschlossen werden.

und im Süden:
https://www.leadersnet.at/news/42946,so-viel-corona-geld-gibt-es-fuer-oesterreichs-medien.html
soll besagte Medienförderung 15 Millionen mehr für kommerzielle Privatsender beinhalten, womit nach der Auflagenrechnung die höchsten Fördergelder mit drei Millionen Euro an die Kronen Zeitung und mit jeweils 2,3 Millionen Euro an die Gratiszeitungen Heute und Österreich bzw. Oe24 aus dem Hause Fellner gehen würden.

...Neben den Tageszeitungen soll es auch Geld für die privaten Rundfunkanstalten geben...

Geld für kostenlose Werbezeitungen, ein Traum. Dass in Deutschland noch keiner auf die Idee gekommen ist, die Wochenblätter zu subventionieren?
 
Geld für kostenlose Werbezeitungen, ein Traum. Dass in Deutschland noch keiner auf die Idee gekommen ist, die Wochenblätter zu subventionieren?

Du merkst selbst, wie abwegig dein Gedanke ist. Natürlich kam man in der Verlagslandschaft nicht bloß auf die Idee, für die Reklameblätter staatliche Subventionen herbeizulobbyieren. Es gibt seit letztem Jahr, tada, die Zustellförderung.

https://www.dnv-online.net/services/detail.php?rubric=Logistik+&+Technik&nr=140283

Zitat:
Damit werden 40 Millionen Euro für Beihilfen zur Finanzierung der Zustellung von Abonnementzeitungen und Anzeigenblättern in den Haushalt eingestellt.
 
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