AW: Radiomoderatoren bei PULS TV
@toyota
Ich teile deinen Optimismus nicht.
Okay, schenken wir dem Sender mal die Pannen - die gabs bei vielen anderen Projekten auch. Und gehen wir auch davon aus, dass die Videoreporter ihr Handwerk Beitrag für Beitrag verbessern - auch das ist wahrscheinlich. Rechnen wir sogar hinzu, dass das Licht besser wird (wobei ich da wegen der PRO7-Österreich Nachrichten so meine Zweifel habe - Volker war gestern wieder ein graues Grieseln) - aber okay. Und meinetwegen wird auch das Studio mal optisch auf 21. Jahrhundert gebracht.
Was aber bleibt (und das ist nicht unmittelbar eine Frage des Geldes):
- Absolut Zapperfeindliche Gestaltung: Keine Inserts bei den Interviews, die aber über 10 Minuten dauern. Wenn ich nach 2 Minuten reinschalte und den Gast vom Gesicht her nicht erkenne, habe ich keine Chance.
- Visuelles Design, das den USP nicht unterstützt, sondern beliebig - pseudo jugendlich daher kommt. Wenn man die Verpackung eines Lokalsenders auch 10.000 km entfernt verwenden kann, dann ist sie suboptimal. Ausnahme: Die Werbetrenner. Im Gegenzug gibt es praktisch nichts, was den Zuseher animiert, auf dem Kanal zu bleiben (Teaser, in denen man das beste Bildmaterial möglichst oft pusht, wie bei RTL)
- Am schlimmsten: Das publizistische Selbstverständnis: Themen, die kaum interessant sind (Stadtspaziergänge) werden in hyper-öffentlich-rechtlicher Beschaulichkeit dargeboten - was aber auch n-tv auszeichnete. Wo ist "Die neuen Tricks der Banken gegen Überfälle", "Drogen verchecken in der U3", "Wahnsinn - so rasen die Irren auf der Tangente", etc. - ich versteh schon, dass man die Stadtpolitik wegen Buchungen abfeiern muss - that´s life - aber darüber hinaus ist nicht einzusehen, warum alles so fad sein muss.
Und ich fürchte, dass sich dieser Punkt nicht ändern wird, sondern beabsichtigt ist, weil er als "Qualität" missverstanden wird. Trotzdem wünsche ich dem Sender alles Gute und freue mich über ein neues Programm mit neuen Jobs - ob sich die durch Werbung refinanzieren lassen hängt aber leider nicht von meinen Wünschen ab.
Was ich nicht verstehe: Warum klappt das in den USA - und warum kapiert außer RTL fast niemand, dass man dort Anleihen nehmen kann.
Selbst wenn man in kleineren US-Märkten unterwegs ist (Salt Lake, Buffalo, San Diego) sieht man Fernsehen, das spannende, aktuelle und wahre Geschichten erzählt (was die Basis von Nachrichten darstellt), und nicht getragen ist von "Mir san halt in Salt Lake, und deswegen machma einen Report so ist das Viertel rund um den Tempel, weil das ist lokal" - sondern Spitalskrise, Steuerskandal, Chronik wie Überfälle, hohe Benzinpreise sowie Kontextuierung von nationalen Themen in ihrer lokalen Auswirkung (Familien von Irak-Kämpfern, was bedeuten Kerrys Pläne runtergebrochen auf Bürger in Salt Lake) u.v.a.m. - UND NOCHMALS: DAS LIEGT NICHT AM GELD: Salt Lake/Ogden/Provo haben zusammen knapp 2 Millionen Einwohner. Das Spending pro Kopf ist in den USA zwar höher, dafür ist Wettbewerbssituation bei uns deutlich einfacher.
Ballungsraum TV im deutschen Sprachraum hat bisher imo in Großstädten noch nie dauerhaft gewinnbringend funktioniert - insoweit ist auch die Konzeption von Puls-TV als Businessmodell zu hinterfragen, aber das ist eine andere Geschichte.