Radioproduktion mit Open-Source-Software-Alternativen?

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syndicat

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Hallo,

seit einiger Zeit betreue ich u.a. ein StadtRadio in der Migration wie dem Betrieb von Open Source Anwendungen und Netzwerk/IP-Technologien.

Während wir einige Komponenten im kompletten Produktionsnetz durch Open Source Alternativen erfolgreich und zu aller hohen Zufriedenheit ersetzen konnten - z.B.: zentrale Fileserver (Samba, FreeNAS), Routing/Firewall per IPCop, IP-Live-Stream per darkice / icecast, Backup-Systeme und einige andere Komponenten, wird die Produktion immer noch auf Basis einer proprietären, allein Windows-spezifischen Software-Lösung eines österreichischen Entwicklers betrieben, die wohl vom Entwickler nicht weiter fortentwickelt oder gepflegt wird.

Spätestens mit Windows 7 wird die Anwendung wohl nicht mehr unterstützt werden. Deshalb suchen wir nach Alternativen - auch modularweise - um auf eine neue (möglichst offene) Lösung migrieren zu können. Leider sind die Datenformate der Produktionssoftware binär und closed source, so das z.B. ein sukzessiver Ersatz durch eigens entwickelte Anwendungen nur schwer denkbar wäre.

An den Arbeitsplätzen ist Windows wie Linux in Betrieb.

Wir haben bereits ein plattformunabhängiges (bisher allein web-basiertes) "Beitragsarchiv" zur Archivierung von Beiträgen oder Beitragsfragmenten mit Metadaten usw. entwickelt und die Software wäre mit kleinen Modifikationen auch als allgemeines "Audioarchiv" verwendbar (inkl. Schnittstellen zu Samba, Website, iTunes, Playlists u.m.). Auch einzelne andere Module der bisherigen Software haben wir bereits teilweise oder ganz erfolgreich durch Open Source und Linux ersetzt.

Die Arbeitsplätze sollen plattformunabhängig bleiben - also z.B. mit Windows, Linux und/oder auch Mac ausstattbar sein.

Inzwischen existieren ja eine ganze Reihe professioneller Applikationen im Open Source Umfeld, die zumindest Teile des Betriebes technisch übernehmen könnten.

Darüberhinaus überlegen wir, ob und wie weit wir ev. selbst - Modul für Modul - selbst entwickeln und unter Open Source Lizenz veröffentlichen. Das macht vor allem dann Sinn, wenn es noch andere interessierte Radios / Anwender an einer offenen, freien modularisierten Anwendung gäbe (immerhin sind auch unsere personellen Ressourcen begrenzt...). Besonders wichtig ist uns Offenheit zu Standards und - soweit möglich - Plattformunabhängigkeit.

- Wer hat ev. bereits Erfahrungen mit diversen Open Source Anwendungen im Radiobetrieb?
- Welche Applikationen gibt es bereits? Wie sind Erfahrungen damit?
- gibt es ev. kommerzielle Anwendungen, welche derart offen und transparent arbeiten, das auch mit Open Source Mitteln eigene Anwendungen / Anpassungen entwickelt werden können?
- wer hätte womöglich Interesse an einer Kooperation in der Entwicklung eines ""Open Source Radios"?

Vielen Dank und beste Grüße,


Niels.
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Niels Dettenbach
 
AW: Radioproduktion mit Open-Source-Software-Alternativen?

Mit Hinweisen auf Open-Source-Projekte kann ich leider nicht dienen, aber...

- gibt es ev. kommerzielle Anwendungen, welche derart offen und transparent arbeiten, das auch mit Open Source Mitteln eigene Anwendungen / Anpassungen entwickelt werden können?

..der Ausspieler von mAirList lässt sich per selbstprogrammierten Script an beliebige Datenquellen koppeln. Das Script vermittelt dabei zwischen der eigentlichen Datenquelle (z.B. SQL-Datenbank oder XML-Dateien) und dem Datenbank-Browser von mAirList.

Heißt konkret, hier für das Beispiel Datenbank-Suche: Der Benutzer gibt einen Suchbegriff ein, das Script wird aufgerufen und sucht die gewünschten Daten aus seiner Datenbank (oder woher auch immer) zusammen, erzeugt zu jedem Treffer ein entsprechendes Playlist-Element-Objekt (unter Angabe von Dateinamen, Titel, Interpret, Cuepunkten, ...), und gibt schließlich die Liste der Objekte an mAirList zurück, wo sie dann als Treffer angezeigt werden.

Nach dem gleichen Schema lässt sich auch der hierarchische Datenbank-Browser und der Datenbank-Playlist-Browser befüllen. mAirList fragt also z.b. "Gib mir mal die Playlist für Samstag, 12 Uhr", und das Script liefert die gewünschten Objekte. Diese Playlisten lassen sich dann auch aus der Eventverwaltung heraus nutzen, um einmal pro Tag oder pro Stunde die Playlist nachzuladen.
 
AW: Radioproduktion mit Open-Source-Software-Alternativen?

Vielen Dank für's Verschieben in das passende Thema (hab ich vom Handy aus nicht finden können)

hallo,

Vielen Dank für Deine Aw.

Die von Dir beschriebene Funktionalität erinnert mich an die open source software "Liquidsoap", welches auch per (eigens entwickelter) Skriptsprache Audiodaten aus verschiedenen Quellen zu kompilieren.

Inzwischen gibt es als "Beispielanwendung" auch eine "grafische Entwicklungsumgebung" - ebenfalls Open Source - mittels derer an per Klick die wichtigsten / gebräuchlichsten Kommandos erreicht.

Liquidsoap hatte ich schon mal mit in die engere Auswahl gezogen - eine ähnliche Komponente hat auch der eingesetzte Radioclient, wenngleich der bei uns wohl einige zusätzliche "Anpassungen" erhalten hat (die liquidsoap zumindest technisch bietet).

Praktische Erfahrungen mit Liquidsoap hab ich bisher noch nicht - ev. mal austesten?

Oder macht mAirlist etwas ganz anderes bzw. was macht es "besser"?


Beste Grüße,

Niels.
 
AW: Radioproduktion mit Open-Source-Software-Alternativen?

Also ich kann mAirList nur empfehlen. Es läuft sehr stabil, ist kostengünstig, frei konfigurierbar.

Wir haben das bei uns per Script an unsere Zenon-Datenbank (MySQL) angehängt (Vollzugriff auf alle Audiotakes inkl. aller Daten wie Mixpunkt, Introzeit etc.)

Wir nutzen es momentan für Ausseneinsätze.
 
AW: Radioproduktion mit Open-Source-Software-Alternativen?

Hallo Niels,

erstmal vorweg: Wir (Campusradio) fahren seit Jahren genau den beschriebenen Ansatz. Redaktionsserver, Contentmanagement und Streaming-Infrastruktur sind bei uns zu 100% mit Open Source Software realisiert. Das ist nicht aus der Not heraus, sondern aus vollster Überzeugung und durch entsprechenden Background der verantwortlichen so entstanden und hat sich an endlos vielen Stellen extrem bewährt. Die entstandene Flexibilität und Zuverlässigkeit kann sich durchweg sehen lassen. Die Situation in kommerziellen Sendern kann ich nicht endgültig einschätzen, denke aber dass vielerorts gerade für Integrationsthemen richtig viel Geld und/oder Ressourcen aufgewendet werden müssen, um proprietäre Systeme unter einen Hut zu bringen, sofern man nicht mit einem vollintegrierten System eines Einzelanbieters (und vollständiger Abhängigkeit von diesem bei jeder Problemstellung) arbeitet.

Leider sind die Datenformate der Produktionssoftware binär und closed source, so das z.B. ein sukzessiver Ersatz durch eigens entwickelte Anwendungen nur schwer denkbar wäre.

Genau hier liegt die Kernproblematik. Ich habe kein Problem mit Closed Source Software oder kommerziellen Produkten, sofern sie ein gestelltes Problem lösen und sich an meine Infrastruktur anpassen. Konkret sind die Unterstützung von offengelegten, standardisierten Schnittstellen (REST, XML-RPC, ...) und offene Datenhaltung (XML, SQL-Datenbanken, standardisierte Dateiformate) zwingend. Ein geschlossenes Datenformat hat heutzutage keine technischen Gründe und dient einzig dem Zweck, mich von Systemen des selben Herstellers abhängig zu machen. Das ist für uns ein Ausschlusskriterium, entsprechende Software wird nicht angeschafft.

Ganz abgesehen davon, dass ich große Abneigung gegen jede Art von Softwarebloat empfinde. Für (oft anzutreffende) Software, die einen eigenen Datenbankserver, kiloweise Middleware und Abstraktionslayer benötigt um ein simples Problem zu lösen (und sofort den Dienst einstellt, wenn ich in am Windows-System irgendwas ändere) habe ich nur ein Lachen übrig.

Bezogen auf die ursprüngliche Frage: Wir setzen als einzige kommerzielle Software Adobe Audition (Produktion) und mAirList (Automation, Live-Ausspieler) ein, und sind damit hochzufrieden. Annähernd gleichwertige OpenSource-Alternativen für diese Pakete gibt es nicht. Da wir ein Ausbildungssender sind müssen und möchten wir den Radiomachern an der Stelle eine Arbeitsumgebung bieten, die annähernd äquivalent zu der im späteren Berufsalltag ist. Alles andere wird von den Redakteuren eh nur als schwarze Magie wahrgenommen.
 
AW: Radioproduktion mit Open-Source-Software-Alternativen?

Hallo Niels,
wir benutzen seit ca. 5 Jahren Rivendell
Wir sind damit extrem zufrieden und jeder Laie bei uns (Hochschulradio) kommt auf Anhieb mit der Software klar.
Rivendell läuft auf Linux, ist modular aufgebaut, verfügt über Musikbibliothek, Cartwall etc.
Erwähnenswert ist noch, dass Rivendell auf Touchscreen-Bedienung ausgelegt ist. Es kann aber natürlich auch über Faderstart o.ä. angesteuert werden.

Auf der Website gibt es irgendwo auch eine bootfähige Live-CD zum spielen und testen.

Solltet ihr Interesse daran haben, können wir euch natürlich gerne weiterhelfen!

Viele Grüße,
KalleHolzfuss
 
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