Rassismusvorwurf gegen Matthias Matuschik

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Ist jedes Nachdenken über sensiblen Sprachgebrauch überflüssig, bevor nicht weltweit nachhaltige Produktionsbedingungen hergestellt sind?
Natürlich nicht. Ich halte aber die völlig überdrehte hysterische Reaktion auf etwas, das nicht einmal Rassismus ist, für widerlich. Es ist Rufmord an Matuschik. Das wird nicht besser dadurch, dass vermutlich über 90% der Weiterposter gar nicht wissen, wer dieser Mann ist und wofür er im Leben steht.

So etwas leistet jeder ernsthaft geführten Antirassismus-Debatte (oder besser noch: jedem ernsthaft so gut wie möglich gelebten Antirassismus, denn Debatten helfen nichts) einen Bärendienst. Wenn das, was jetzt mit Matuschke gemacht wird, "Antirassismus" sein soll, will ich damit nichts zu tun haben. Und mit denen, die so etwas durchs Land treiben, ebenfalls nicht.

Wer anderen "Rassismus" vorwirft, fasse sich bitte zuerst an die eigene Nase. In dem digitalen Endgerät, von dem aus die Treibjagd gestartet wurde, steckt mit Sicherheit auch ein Stück vom "längeren Hebel", an dem der weiße westliche Mensch gegenüber z.B. der Bevölkerung Afrikas sitzt. Das wollte ich damit ausdrücken.

(In dem gebraucht gekauften Laptop, an dem ich gerade tippe, steckt auch genug davon.)

Und noch etwas: ich entwickele seit Stunden ein zunehmendes Unbehagen, das inzwischen in einer Eskalationsstufe angekommen ist, in der ich aufpassen muss, nicht selbstverletzendes Verhalten zu entwickeln. Nun wird mir klar, warum es in mir kocht. Ich empfinde es als unerträglich, dass der BR auf den Aufstand der selbstgerechten Online-Empörten überhaupt anspringt. Dass er nach deren Pfeife tanzt, dass er über deren Stöckchen springt.

Warum?

Darum: wie viele hoch anständige Menschen haben in den vergangenen 2-3 Jahrzehnten wegen inhaltlichem Abbau bei der ARD (nicht unbedingt beim BR, aber auch beim BR - siehe Einstellung "taktlos" und Einstellung "Weitwinkel" im BR-Hörfunk) protestiert? Mit Schreiben an Rundfunkräte oder Chefredaktionen, mit Artikeln in seriösen Wochenzeitungen, über den Weg von Hörer-Initiativen?

Wie oft bewegte sich dann überhaupt etwas und wie oft in ihrem Sinne? Selten. Eher wurde man durch ARD-Gremien günstigstensfalls abgewimmelt, schlechterenfalls regelrecht verhöhnt, übelstenfalls juristisch "abgezogen" (ja, auch das gab es).

Und heute reicht es aus, unqualifiziert irgendeine unhaltbare Behauptung in die asozialen Netzwerke zu posten, die Bereitschaftsarmee der Online-Empörten potenziert das ganze - und schon lässt sich eine ARD-Anstalt vor sich hertreiben. Da kommt mir, der ich selbst zig mal gegen echte Missstände in der ARD aktiv war (und derzeit wieder viel Lebenszeit in ein solches Thema investiere) einfach der Mageninhalt hoch.

Wenn Fakten durch Emotionen ersetzt werden und sich gesellschaftliche Einrichtungen (der öffentlich-rechtliche Rundfunk ist für mich eine solche) damit steuern lassen, sind wir wirklich in der postfaktischen Gesellschaft angekommen - und damit dem Ende einer zukunftsfähigen Gesellschaft nahe. Mir macht das Angst, richtig Angst: man hat Fakten, wird aber nicht mehr gehört, weil die mit den Emotionen so laut schreien. Irgendjemand hat das mal "Phonokratie" genannt. Das muss so lange her sein, dass es in der always-offline-Ära war.
 
Songs (im Gegensatz zu Leuten) als Niete zu bezeichnen oder Platten zu zerbrechen hat aber so gut wie überhaupt nichts mit dem hier in Rede stehenden Vorfall zu tun...
Insofern doch, als ja oben gesagt wurde, das nicht verunglimpft werden darf bzecein Moderator Künstler und Songs nicht kritisieren dürfe. Meine Beispiele belegen, das das durchaus erlaubt ist. Nur das Matuschik in seiner Kritik sich massiv in der Wortwahl vergriffen hat, was eben nicht geht.
 
Das könnte eine Erklärung für Vieles sein.


Da ich genau weiß, was Du mit N-Wort oder mit Z-Wort meinst, kannst du es getrost auch gleich sauber ausschreiben. Wo ist der Unterschied?
Es ist wirklich mühsam, gebetsmühlenartig zu argumentieren, wieso man diese Wörter nicht nutzen sollte. Sie zu reproduzieren wäre in meinen Augen nicht richtig: daher die Abkürzung. Und zum Verständnis, damit man weiß, worum es geht: die Abkürzung.
 
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Es ist wirklich schwierig, gebetsmühlenartig zu argumentieren, wieso man diese Wörter nicht nutzen sollte.
Dann akzeptiere einfach, dass es auch Leute gibt, die sich über Problemfälle wie diesen hier austauschen und dabei als Beispiele auch Zigeunersauce oder N****küsse erwähnen wollen, ohne dabei zur Selbstzensur zu greifen. Du verlangst ja schließlich auch, dass Deine Einwürfe und Belehrungen hierzu zu tolerieren seien, also geh mit gutem Beispiel voran und übe auch Toleranz.
 
@_Stefano:
Ich wusste, dass mindestens einer darauf anspringt. Danke!
Nur um es klarzustellen: ich persönlich vermeide diese Wörter, eben WEIL ich mich damit auseinander gesetzt habe.

Was mich einfach stört, ist die Tatsache, dass in allen Diskussionen immer viel zu schnell die Maximal-Keule rausgeholt wird. Rassist, Nazi, aber auch Linksgrün-Versiffte, Gutmenschen.

Es fehlen mir heutzutage die Nuancen, es gibt nur mehr Schwarz-Weiß.

Musste man im Falle von Mattuschke wirklich die Rassisten-Keule auspacken? Ging's nicht eine Nummer kleiner?
Gottschalk ist ja auch so ein Riesen-Rassist, weil er sich mal als Jimmi Hendrix verkleidet hat (weil er den laut eigener Aussage sehr schätzt, aber dieser Nebensatz hat in der Diskussion ja keinerlei Rolle spielen dürfen). Dass er das in der Sendung nur erzählt hat, um zu erläutern, wofür man einen Shitstorm kassiert kann, auch egal. Schon gibt's wieder einen Shitstorm.

Bei Gottschalk wie bei Mattuschke waren das im Grunde missglückte, tlw. geschmacklose, oder anmaßende Gags, ja. Aber kann man es nicht bei dieser Bezeichnung belassen?

In 3sat gab es am Donnerstag eine interessante Doku zu dem Thema, samt Diskussion bei Scobel. Fazit: wir sind alle Rassisten, das gehört zu unserer Natur. Gerade deshalb ist es wichtig, immer wieder genau hinzusehen, klar!

Aber wenn ich jede Kleinigkeit in die Rassisten-Schublade stecke, und jedes mal ein Riesen-Buhei draus mache, was macht man dann mit Leuten, die wirklich rassistisch sind (also was man früher mal damit meinte)? Die sich ganz ernsthaft aufgrund Herkunft/Äußerlichkeiten als etwas besseres sehen?

Mit dieser Aufgeregtheit in der momentanen Diskussion verliert man m.E. sogar die Menschen, die eigentlich politisch links stehen. Und das finde ich gefährlich.
 
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Dann akzeptiere einfach, dass es auch Leute gibt, die sich über Problemfälle wie diesen hier austauschen und dabei als Beispiele auch Zigeunersauce oder N****küsse erwähnen wollen, ohne dabei zur Selbstzensur zu greifen. Du verlangst ja schließlich auch, dass Deine Einwürfe und Belehrungen hierzu zu tolerieren seien, also geh mit gutem Beispiel voran und übe auch Toleranz.
Wieso das N-Wort nie die richtige Bezeichnung für Schwarze Menschen ist – Verfassungsblog

Hier wurde es von dir nicht für Personen verwendet, sondern für den Begriff "Schaumkuss", aber dennoch:

Einfach lesen. Man muss dem nicht zustimmen. Niemand (!?!) wird hier zensiert, wenn man die Meinung nicht teilt. Umgekehrt erwarte ich gute Gründe FÜR die Verwendung. Und eine Auseinandersetzung.

@Habakukk Freut mich!
 
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Absolut übertrieben dieser Vorwurf.
Einfach ohne jeden Sinn was Posten und behaupten.
Sorry aber dafür fehlt mir das Vertändnis.
Hier will man sich nur wichtig machen, mit nix.
"Es lebe der Deutsche gut Mensch"
 
Das hat doch damit gar nix zu tun. In dem verlinkten RND Kommentar wird doch sehr gut erklärt, warum die Rassismusdebatte bei Matuschik richtig ist und warum auch ein Antirassist wie er in diese Falle tappen kann.
Das hat doch nix mit Gutmensch zu tun.
 
Es fehlen mir heutzutage die Nuancen, es gibt nur mehr Schwarz-Weiß.

Musste man im Falle von Mattuschke wirklich die Rassisten-Keule auspacken? Ging's nicht eine Nummer kleiner?
Gottschalk ist ja auch so ein Riesen-Rassist, weil er sich mal als Jimmi Hendrix verkleidet hat (weil er den laut eigener Aussage sehr schätzt, aber dieser Nebensatz hat in der Diskussion ja keinerlei Rolle spielen dürfen).
Nee, das ist ein großes Missverständnis, das immer wieder auftaucht, und ich hoffe, ich kann da zur Deeskalation beitragen.

Die Kritisierten und diejenigen, die sich mit ihnen solidarisieren, denken immer: wenn ein Sprachgebrauch als rassistisch bezeichnet wird, würde gleichzeitig eine Bewertung der Person damit einhergehen. Das ist aber gar nicht so.

Jeder kann sich versehentlich rassistisch äußern, auch wenn er überhaupt kein Rassist ist. Beim Großteil derjenigen, die Kritik äußern, steht das völlig außer Frage. Ihnen geht es vor allem darum, dass eine rassistische Äußerung als solche benannt wird, und dass das auch anerkannt wird. Dass einfach mehr Selbstreflexion stattfindet. Diese Beteuerungen, die wir in solchen Fällen oft hören, "Ich kenn den und weiß, dass der kein Rassist ist" gehen schlicht am Thema vorbei, weil das strittige die Formulierung und nicht die Person ist.

da geht es einfach darum, zu einer angemessenen Sprache im öffentlichen Raum zu finden, um strukturellen und Alltagsrassismus irgendwann überwinden zu können.
 
Beim Großteil derjenigen, die Kritik äußern, steht das völlig außer Frage. Ihnen geht es vor allem darum, dass eine rassistische Äußerung als solche benannt wird, und dass das auch anerkannt wird. Dass einfach mehr Selbstreflexion stattfindet. Diese Beteuerungen, die wir in solchen Fällen oft hören, "Ich kenn den und weiß, dass der kein Rassist ist" gehen schlicht am Thema vorbei, weil das strittige die Formulierung und nicht die Person ist.
Ja genau! Ein großes Problem ist der andere Teil, der jetzt fordert Bayern3 zu "defunden" oder Matuschkes Sendung abzusetzen. Sie tragen genauso dazu bei, dass keine vernünftige Diskussion entstehen kann. Ich würde mir wünschen, dass das alles etwas ruhiger und weniger emotional stattfinden würde.

Zu sagen: "Hey Mattuschke, mit deinen Aussagen hast du Menschen verletzt, die es in letzter Zeit eh schon schwierig genug hatten, wenn sie nur aufgrund ihrer Herkunft/ ihres äußeren Erscheinungsbildes für das Coronavirus verantwortlich gemacht werden. Deine Aussage war rassistisch, weil..."
würde ganz anders wirken als vieles, was auf Twitter herumgeschwirrt ist.
 
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Was denkt ihr passiert mit seiner Show? Kann Bayern 3 ihn noch halten, oder ist der Druck zu groß?
Ich würde es sehr schade finden, wenn er dewegen nicht mehr OnAir geht.
 
Warum sollte gehen müssen. Er hat sich entschuldigt, der BR hat sich geäussert und der Shitstorm ist abgeebbt. Wenn er nicht noch einmal in die Falle tappt, wir sich das erledigt haben.
 
Vielleicht könnte der Admin der radioforen mal eine kurze Anfrage an M schicken, warum er die beliebte Boyband als Pisser bezeichnete ? Alles andere war ja nicht schlimmm. Satire kann ohne Beleidigungen abgehen.
@kalkofe : der ein oder andere hat vielleicht auch die nachfolgende Sendung gesehen. Er ist sehr "kalkig" damit umgegangen, sehr professionell. Eine gewisse Leibesfülle konnte man den beiden ja nicht abstreiten, letztlich waren alle doch wieder (offiziell) wieder versöhnt.
 
Jeder kann sich versehentlich rassistisch äußern, auch wenn er überhaupt kein Rassist ist. Beim Großteil derjenigen, die Kritik äußern, steht das völlig außer Frage. Ihnen geht es vor allem darum, dass eine rassistische Äußerung als solche benannt wird, und dass das auch anerkannt wird. Dass einfach mehr Selbstreflexion stattfindet.
Der Begriff "Rassismus" oder "Rassist" ist aber so dermaßen negativ besetzt, dass ich das für sehr problematisch halte. Es findet da ja keine Abstufung mehr statt.

Dann ist Mattuschke genauso ein Rassist wie der, der Ausländer hasst, auf Neonazi-Demos rumrennt und womöglich schon mal jemandem, der anders aussah, Gewalt angetan hat. Dem Shitstorm und allem was darin gefordert wurde zufolge wirkt es auch fast so, als wäre da kein Unterschied.

Und auch du bist ziemlich sicher ein Rassist. Schau dir die 3sat-Doku von letzten Donnerstag und die anschließende Diskussion an. Oder mach den dort erwähnten Test.

Wenn du als Person der Öffentlichkeit jedes mal so ein Buhei erlebst, ist das doch weit entfernt von einem "mach mal bisschen Selbstreflexion über das, was du gesagt hast".
 
Warum sollte gehen müssen. Er hat sich entschuldigt, der BR hat sich geäussert und der Shitstorm ist abgeebbt. Wenn er nicht noch einmal in die Falle tappt, wir sich das erledigt haben.
Ich hoffe es! Wobei ich mich schon länger Frage ob er sich mit seiner Sendung in dem Bayern 3 Kindergarten eigtl. noch wohlfühlt? Als die Show erstmals auf Sendung ging war Bayern 3 noch ein ganz anderer Sender
 
Alltagsrassismus, vor dem wir hier alle nicht gefeit sind, kann man aber garantiert nicht damit bekämpfen, wenn man auf dem Rummelplatz eines Volksfestes bei der Eisbude den obligatorischen (für mich zumindest) Eismohr nicht mehr bestellen kann, weil er jetzt Eistaucher heißt. Bei solch einem Schwachsinn kann ich dann nicht anders, als einen Eisneger zu bestellen. Und solange in dem Moment keine PoC anwesend sind, braucht sich auch niemand beleidigt fühlen.
 
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