AW: Reporter-Aufnahmegeräte
Mag ja sein, dass das in Köln so empfunden wird, bei uns nicht.
Die Stimmen klingen kein bisschen unnatürlich. Und bei Interviews arbeitet unser PMD 620 immer im Mono-Betrieb.
Ich muß ja zugeben, nicht (mehr) in Köln zu sitzen, allerdings ändert das nichts am Eindruck des Mikrofonklangs. Ich meckere ja schon auf hohem Niveau, aber selbst die Kombi des "leisen" MD 421 mit PMD 620 gefiel hier für Sprache besser als die internen Mikrofone - trotz des rauschenden Vorverstärkers, der die Arbeit in dieser Kombination schon erschwert. Dennoch: in Interviewsitautionen sind genau so schon viele gute, absolut sendbare Aufnahmen mit verschmerzbarem Grundrauschen herausgekommen - in der Regel überwiegen gegenüber dem Rauschen sowieso leider die Hintergrundgeräusche.
Einen besseren Geräuschspannungabstand bekommt man dann - wie gesagt - mit KMS 105 von Neumann oder MKH 416 von Sennheiser hin, je nach Anwendungsbereich, logisch. Hier bewegen wir uns allerdings schon Richtung Feature, wo sich so ein Aufwand lohnt und der Techniker freiwillig mit ausrückt, häufig am Wochenende. Für nen "schnellen Ton" wird der Aufwand mit der externen Speisung nicht getrieben. Da kommt tatsächlich das MD 421 zum Einsatz.
Was die Pegelautomatik angeht: Selbst die meisten Nagras hatten eine - zuschaltbare - Automatik und die beim PMD 620 funktioniert nicht schlechter als die unserer alten Nagra IS.
Die Automatik des PMD 620 hat allerdings außer mitunter hörbaren Regelvorgängen noch ein anderes Problem: Schließt man den Line-Eingang an eine Splitbox an, die als Refenzpegel mit rundfunkkonformen +6dB(u) eingepegelt wurde, kann die Kiste trotz ACG übersteuern. Auch die Over-LED leuchtet dann auf. Und bevor sich jemand die Aufnahme einer Pressekonfenz zerschießt, rate ich deshalb allen dazu, von Hand zu pegeln, bei Interviews, bei denen man die Anzeige nicht dauerhaft im Blick haben kann dann eben mit genügend Headroom.
Und mit dem Kopfhörer ist das so wie mit vielen alten Zöpfen: Manche werden nie abgeschnitten, auch wenn sie längst unbrauchbar geworden sind. [...] Klar ist er wichtig in schwierigen akustisichen Situationen. Aber früher war er absolut notwendig, weil viele Einstellungen kontrolliert werden mussten: Mikrokabel richtig angeschlossen, Pegel richtig ausgesteuert, Atmo korrekt, Band-/Cassettenlauf, ggf. Hinterband. Bei einem Flash-Recorder wie dem Marantz kann ich darauf vertrauen, dass wenn die rote Aufnahmeanzeige leuchtet im Automatikmodus alles draufkommt, was ich haben will.
Gerade bei Mikrofonanschlüssen, die auf Miniklinke ausgeführt sind, finde ich es wichtig, alles vor der Aufnahme auf zu prüfen. Die Dinger sind so "fisselig", da kann schnell mal was rausrutschen oder sich mangels ausreichender Zugentlastung der meisten Miniklinkenstecker ein Wackelkontakt einschleichen. In den Dingern ist's so eng, das die Tonader(n) trotz eingeschober Plastikisolierung gerne mal ans Gehäuse stoßen können, wenn auch nur eine Lötstelle unsachgemäß ausgeführt ist.
Außerdem gibt's heue ne neue, echte Plage, die den Kopfhörer unabdingbar macht: Mobiltelefone, am Besten noch mit EDGE. Das Geblubber haut durch die Beste Abschirmung durch, macht die Aufnahme nahezu unbrauchbar und ist am Ausschlag des Pegelmessers nicht unbedingt zu erkennen. Erst neulich hatte ich wieder sowas auf dem Tisch, respektive im Multitrack, einhergehend mit der Frage, ob es noch irgendwie zu retten wär...
Leider gibt's oft Situationen, in denen man nicht kontrollieren kann, ob alle ihre Telefone ausgeschaltet haben. Ganz zu schweigen von den Experten, die denken, "lautlos" genüge.
Ich meine mich zu erinnern, dass gerade die Öffentlich-Rechtlichen jahrelang große Fans des Sony-Uraltcassettenrecorders TCD5/Pro waren. Da hält der PMD 620 aber locker mit, mit und ohne Automatik.
Fans ist übertrieben, aber ja, sie waren im Fundus, zumindest kann ich das für den Norden und den Westen sagen. Die privaten Sender dürften sie aber auch genutzt haben. Ich habe auch noch zwei, die jederzeit ausgegeben werden könnten, der direkte Vergleich ist also gegeben. Bei korrekter Aussteuerung sind die Aufnahmen dieser (gewarteten und korrekt eingemessenen) Geräte mit denen des PMD 620 mindestens ebenbürtig. Der Fremdspannungsabstand Hinterband ist wirklich ausreichend, selbst ohne Dolby. Gleichlaufschwankungen kann man bei einem Interview auch partout nicht hören. Einziges Manko der Kasette ist die Phasenlage und das Übersprechen zwischen den beiden Kanälen, bei einer Mono-Sprachaufnahme ist das aber
wurscht.
Ob ein Gerät "uralt" oder nicht ist, ist mir erstmal egal, solange Qualität und die Betriebssicherheit stimmen. Mein Plattenspieler ist beispielsweise auch wesentlich älter als ich selbst, trotzdem nach wie vor exzellent. Bleibt bei den Kassettendinosauriern nur das Problem, sie in der heutigen Workflow einzubinden.
Um mal auf den kleinen Marantz zurückzukommen: ich benutze den PMD 620 gerne und gebe ihn auch gerne an Kollegen aus. Die Internen Mikros taugen zugegebenweise auch gut, um eine Stereo-Atmo aufzunehmen - wenn man oben einen Windschutz "drüberwürgt", sonst rumpelt's und ploppt's ganz gewaltig. Der vom MD 21 / 421 passt gut