Rundfunkgebühren

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Wenn man den Artikel liest, hat man den Eindruck, der KEF ginge es weniger um die korrekte Ermittlung des Finanzbedarfs der Anstalten, als um ihre eigene Existenzlegitimtion.

Zudem würde mich mal interessieren, auf welcher Basis die KEF ihre "Empfehlungen" erarbeitet. Um den Finanzbedarf von ARD und ZDF ermitteln zu können, müßte eigentlich eine Unternehmensberatung die Anstalten komplett analysieren, Sparpotentiale aufdecken und dann feststellen, wieviel Geld tatsächlich BENÖTIGT wird.

Ich bezweifele sehr stark, daß die KEF das leisten kann. Insofern wird dort vermutlich ein Bedarf geschätzt und nicht ermittelt. Es kann ja wohl kein Zufall sein, daß die KEF-Empfehlung genau zwischen "Null" und dem Wunsch der Anstalten liegt. Pi mal Daumen scheint mir aber nicht unbedingt die geeignete Methode zu sein, wenn es um das Geld von -zig Millionen Gebührenzhlern geht.
 
Interessant fand ich auch, dass es mittlerweile sogar 25.000 ABMler beider ARD gibt. Mir waren "nur" 24.000 bekannt.
 
Langsam wird mir klar, wohin die Reise von ARD und ZDF gehen soll:

1. Einsparung bei den Mitarbeitern und somit zwangsläufig bei der Qualität der Programme

2. Kreation von immer mehr Kanälen und Angeboten

Daraus resultiert eine anscheinend gewollte Zumüllung der Kanäle bzw. technischen Resourcen mit immer mehr belanglosen Inhalten. Was das noch mit Grundversorgung zu tun hat, wissen wohl nur die Verantwortlichen selber.

Ich vermute, es geht nur darum, technische und programmatische Übertragungsresourcen zu besetzen, die somit kommerziellen Anbietern fehlen.

Wie wäre es zur Abwechslung mal mit einer Verschlankung und Zusammenlegung von Kanälen um Kosten zu sparen?
 
Tom2000: "Die 24.000 Mitarbeiter hatte sie doch auch schon vor 15 Jahren, also vor ihrer Expansion. Wenn die Zahl also konstant geblieben ist, die Sendeminuten sich aber vervielfacht haben, sind die Mitarbeiter entweder furchtbar produktiv geworden oder die Qualität ihrer Arbeit hat nachgelassen."

Man darf sehr bezweifeln, dass die Zahl der Mitarbeiter konstant geblieben ist. Die der Mitarbeiter, die direkt von den ÖR bezahlt werden - vielleicht. Aber die ÖRs haben sich in den vergangenen Jahren immer weiter darauf verlegt das heißgeliebte "Outsourcing" zu betreiben. Damit werden diese Mitarbeiter real vom ÖR bezahlt, ihr Gehalt taucht aber nicht unter Personalkosten auf, sondern unter Rechnungen. Der Stellenabbau bei einigen ÖRs ist deshalb auch nur zum Teil ein echter Abbau.
Wenn Mitarbeiter gehalten werden, indem sie in einer ausgelagerten Firma untergebracht werden, dann gibt das eine schöne Personalbilanz bei augenscheinlich sinkenden Personalkosten. Real bleibt der Personalbedarf konstant, die Gesamtkosten sinken nur leicht, wenn überhaupt.
Wer den direkten ÖR-Personalbedarf hält und auslagert, hat dagegen beim Personal und damit auch bei den Kosten real zugelegt, die erhöhten Kosten aber bilanztechnisch in den Rechnungsbereich verschoben. Nehmen wir dann noch Inflationsausgleich und gelegentliche Tariferhöhung hinzu, ergibt sich ein deutlich erhöhter Finanzbedarf hat. Zur Deckung sind Gebührenerhöhungen dann doch ein elegantes Instrument.

Dass daraus ein in meinen Ohren immer uninteressanter werdendes Programm wird, finde ich bitter.
db
 
Das war jetzt aber eine sehr wertvolle Erklärung und wesentlicher freundlicher, als im NRW-Thread.
Hätte ich es vor dem NRW-Thread gelesen, hätte ich dort nicht so zurückgeknurrt.

Schönen Sonntagabend!
 
Höhere Rundfunkgebühr

Gastkommentar von Professor Jobst Plog, ARD-Vorsitzender und NDR-Intendant.


Zum Jahreswechsel ist vieles teurer geworden. Die Rundfunkgebühr bleibt dagegen weiter konstant. Seit Januar 2001 beträgt sie 16,15 Euro, und dafür bekommen die Hörer und Zuschauer eine Menge.

Zum Beispiel das erfolgreichste Radioprogramm in Deutschland, NDR 1 Niedersachsen, das übrigens komplett werbefrei sendet. Oder das NDR Fernsehen mit seinen vielen Sendungen aus und für die Menschen in Niedersachsen. Gerade haben wir die regionale Berichterstattung ausgebaut. Die neue regionale Tagesschau um 18Uhr ist bereits in kurzer Zeit auf eine beachtliche Resonanz getroffen. Natürlich wird auch der "Tatort" im Ersten aus der Gebühr bezahlt, also auch die erfolgreichen Filme um die neue niedersächsische Kommissarin Charlotte Lindholm. Wussten Sie, dass auch das pädagogisch wertvolle Angebot des Kinderkanals oder der deutsch-französische Kultursender ARTE aus Ihrer Rundfunkgebühr (GEZ-Gebühr) finanziert werden?

Dies sind nur einige Beispiele aus dem breiten Leistungsspektrum der ARD. Über unsere Kernaufgabe hinaus, das Programm, übernehmen wir zahlreiche weitere Aufgaben im Interesse der Allgemeinheit. Eine lange Tradition haben die Orchester der ARD, unter denen die NDR Radiophilharmonie aus Hannover sich ein besonderes großes Renommee erarbeitet hat. Aber auch technische Leistungen werden durch die Rundfunkgebühr ermöglicht. Der Großraum Braunschweig/Hannover nimmt bei der Einführung des digitalen Antennenfernsehens DVB-T Ende Mai nächsten Jahres eine Spitzenstellung ein: Künftig können unsere Zuschauer deutlich mehr Programme terrestrisch empfangen.

Um dieses umfangreiche Angebot auch in Zukunft aufrecht erhalten zu können, hat die ARD bei der unabhängigen Kommission zur Ermittlung des Finanzbedarfs der Rundfunkanstalten (KEF) eine maßvolle Anpassung der Gebühr ab Januar 2005 beantragt. Denn uns geht es nicht anders als allen Menschen im Land: Die Preise, die wir für Filmproduktionen, Technik und anderes zahlen müssen, steigen. Wir wissen um die allgemeine wirtschaftliche Lage. Sie ist uns nicht gleichgültig. Es geht uns deshalb nicht um Ausweitung unserer Programme, sondern um den Erhalt des Bestehenden.

Die KEF hat unsere Anmeldung penibel geprüft und nachgerechnet. Sie wird voraussichtlich eine Anpassung der Gebühr um monatlich 1,09Euro empfehlen. Für den ARD-Anteil macht das eine Steigerung von gerade einmal 1,4Prozent pro Jahr aus. Erstaunlich ist, dass darüber in Teilen der Politik eine lautstarke Debatte entbrannt ist. Als dagegen die staatliche Aufsichtsbehörde der Telekom eine Erhöhung der Grundgebühr für Telefonanschlüsse ab September genehmigte, krähte kein Hahn danach. Und das, obwohl der Anstieg um 1,94 Euro die Haushalte stärker belastet als die KEF-Empfehlung.

Diese Fakten haben die Ministerpräsidenten der Länder Bayern, Nordrhein-Westfalen und Sachsen nicht daran gehindert, mit wenig sachdienlichen, teilweise sogar verfassungswidrigen Vorschlägen an die Öffentlichkeit zu gehen. Ihr Ziel war eine Schwächung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks und damit eine Stärkung der kommerziellen Privatsender mit ihren Konzernsitzen in München und Köln. Andere Länder haben dieses Standort-Spiel durchschaut. Niedersachsens Ministerpräsident Christian Wulf hat zu Recht darauf hingewiesen, dass alle anderen Länder nur verlieren könnten: Was dort möglicherweise an Arbeitsplätzen abgebaut werden müsste, weil die finanziellen Grundlagen de facto beschnitten werden, wäre unwiederbringlich verloren.

Die Folgen für die Medienvielfalt wie für das regionale Kulturleben wären dramatisch. Der Ministerpräsident hat auch deutlich gemacht, dass eine Verknüpfung von Strukturdebatte mit dem gesetzlich geregelten Verfahren zur Gebührenfindung mit ihm nicht zu machen ist, denn sie widerspricht der Idee eines freien und unabhängigen Rundfunks.

Die ARD ist seit jeher reformfähig. Gerade die Menschen im Norden wissen das: Der NDR mit seiner effizienten und stabilen Vier-Länder-Konstruktion macht heute mehr denn je Angebote, die nicht allein wirtschaftlich sind, sondern vor allem den Bedürfnissen der Hörer und Zuschauer entsprechen. Daran wollen wir uns auch künftig orientieren, denn der öffentlich-rechtliche Rundfunk gehört weder der Politik noch den Intendanten, sondern der Gesellschaft – also Ihnen allen.

Quelle: Braunschweiger Zeitung
http://www.newsclick.de/index.jsp/menuid/472071/artid/2371705

Montag, 05.01.2004
 
Als dagegen die staatliche Aufsichtsbehörde der Telekom eine Erhöhung der Grundgebühr für Telefonanschlüsse ab September genehmigte, krähte kein Hahn danach. Und das, obwohl der Anstieg um 1,94 Euro die Haushalte stärker belastet als die KEF-Empfehlung.
Nur, daß man bei der Telekom kündigen und zur Konkurrenz gehen kann. Immer wieder faszinierend, wie die Herren Intendanten ohne jeden Skrupel Äpfel mit Kiwis vergleichen.
der öffentlich-rechtliche Rundfunk gehört weder der Politik noch den Intendanten, sondern der Gesellschaft – also Ihnen allen
Na prima, dann können wir (und stellvertretend für uns die Landesregierungen) ja wohl auch entscheiden, was wir für den Spaß ausgeben wollen. Und wenn es uns nicht mehr wert ist, dann ist es eben so.
 
Makeitso & radiohexe, ihr kriegt das wieder hin bis zum Jahresende! Da drück ich euch ganz fest die Daumen! :D
Was den Artikel angeht: Wenn man mal die Möglichkeit hat, sich einigermaßen uneingeschränkt über sich selbst äußern zu dürfen, wer würde die Gelegenheit nicht wahrnehmen.
Was in der Sache allerdings nichts an deiner Kritik, Makeitso, einschränkt, wenngleich dir der ehrwürdige Autor wahrscheinlich aber in Parallele zu deinem Telekom-Gegenargument antworten würde, du habest ja auch hier ohne weiteres die Möglichkeit, auf das Angebot zu verzichten, zudem bringe dir in dem Fall der dann allerdings notwendigen Abmeldung samt Verkauf deiner Geräte, schließlich sei Schwarzhören verboten, bares Geld. :p So böse ist die ARD nämlich gar nicht. :D
db
 
Sparpotenziale ergeben sich bei den Öffis durch Einsparung:

-- von überflüssigen Inhalten
-- von unproduktiven Mitarbeitern.

Die GEZ Gebühren sollten mindestens halbiert werden. Marienhof. Brisant und Christiansen können die privaten in gleicher Qualität herstellen.

Im Grunde können die Programme "Das Erste" und ZDF ersatzlos gestrichen werden, und die wenigen erhaltenswürdigen Sender in die ARD-Regionalprogramme verlegt werden. "Das Erste" würde einen klasse Nachrichtenkanal abgeben, damit n-tv endlich 24 Stunden Teleshopping senden kann.

Um es klar zu sagen: Die Qualität von privaten Höfunk- und Fernsehprogrammen ist durchgehend unterirdisch, normalerweise gehört so was verboten. Aus diesem Grund brauchen wir die Öffis, welche sich aber inhaltlich nicht den privaten Annähernd dürfen und sich organisatorisch nicht zu Mega-Behörden mausern dürfen.
 
Mit der Diskussion, was die Privaten genausogut herstellen könnten, kommt man nicht weit, bzw. zu weit, weil nicht mehr viel übrig bliebe.

Information und Unterhaltung wurden in der Gründerzeit dieser Republik richtigerweise als öffentliches Allgemeingut definiert. Inzwischen sind Information und Unterhaltung jedoch pure Ware und sonst nichts. Daher kann die Diskussion um die Berechtigung des Öffentlich-Rechtlichen Rundfunks zu keinem vernünftigen Ende finden, es sei denn, man negiert diese vollständig.

Was würde für die Öffentlich-Rechtlichen übrig bleiben? Fernsehen wie arte und Hörfunk wie das Deutschlandradio. Wäre das schlimm? Ich sage nein. Die privaten Anbieter würden eine anspruchsvolle Klientel genausogut bedienen können, wie ARD und ZDF behaupten, dies zu tun.
 
Ich habe etwas gegen Ärzte, die zuerst die Hand aufhalten und dann helfen oder mir Krankheiten einreden, um zu verdienen.

Ich habe aber auch etwas gegen Radio- und Fernsehsender, die mir nur dann etwas präsentieren, wenn der Profit stimmt. Oder Sendungen einstellen, weil damit kein Geld zu verdienen ist. Private Sender müssen so handeln bei Strafe ihres Untergangs. Was die Sache nicht besser macht. Nicht alles sollte man dem Markt überlassen. Die Öffentlich-rechtlichen nur das machen zu lassen, wozu die Privaten aus kaufmännischen Gründen keine Lust haben, wäre der Tod des Dualen Systems. Da bezahle ich lieber Gebühren, die Privaten finanziere ich ja auch mit jeder Coca Cola.
 
@Grenzwelle:

Offensichtlich aber streben die privaten, audiovisuellen Medien zur Eliminierung jeglichen qualitatives Standards zu gunsten einer leicht verdaulichen, massenkompatiblen Marge miminmierter Qualität für eine maximierte Anzahl von Mediennutzern.

Dabei ist zuachten, dass die medien gleichzeitig Spiegel und Idol der Gesellschaft sind. Einerseits reflektieren sie den kulturellen Zustand, andererseits beiienflussen sie ihn massiv. Dies bedeutet, dass Medien einen dermaßen großen Einfluss auf die Gesellschaft haben, was eigentlich eine besondere Vernatwortung der Medien rechtfertigen würde.

Die privaten Medienbetreibenen, an Kapitalgewinn, nicht jedoch an gesellschaftlicher Verantwortung interessiert, nehmen darauf keine Rücksicht. Aus diesem Grund hat man sich in Deutschland 1984 nach der höchstrichterlichen Erlaubnis zum privaten Rundfunk für eine starke Rolle des öffentlich-rechtlichen Rundfunks entschlossen und den Vollversorgungsauftrag nicht angetastet.

Nach 20 Jahren stellt sich aber nun heraus, dass die öffentlich-rechtlichen Programme sich meistenteils* nicht mehr von denen der privaten Anbieter unterscheiden. Dies bedeutet: Obwohl aus öffentlichen Geldern finanziert, übernimmt der öffentlich-rechtliche Rundfunk in seinen Hauptprogrammen keine besondere Verantwortung, sondern schiebt diese in seine Spartensender ab. Davon gibt es eine erkleckliche Anzahl, so dass niemand zu darben braucht.

Sö könnte jeder zufrieden sein und wie Jasemine selektiv die Medien nutzen, nur ärgert es mich immer noch, mit meinen GEZ-Geldern (theoretisch) den ganzen Volksverdummungsmusiksendungen und Soapoperas und Proletentalkshows (Sabine Christiansen usw.) mit bezahlen und mich damit zwangsweise an der Massenverblödung beteiligen muss.

Und Dummheit können die privaten wirklich perfekt, wie sie jeden Tag erneut beweisen.

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* (c) by robbyugo
 
''Ich habe etwas gegen Ärzte, die zuerst die Hand aufhalten und dann helfen oder mir Krankheiten einreden, um zu verdienen.''

@K13

Dein Vergleich passt aber genauso gut auf Herrn Plogs Gardinenpredigt. :D

''nur ärgert es mich immer noch, mit meinen GEZ-Geldern (theoretisch) den ganzen Volksverdummungsmusiksendungen und Soapoperas und Proletentalkshows (Sabine Christiansen usw.) mit bezahlen und mich damit zwangsweise an der Massenverblödung beteiligen muss.''

@alqazar

Was meinste, wie es erst den Proll ärgert, Arte und 3sat zu finanzieren, und der ist sogar in der Mehrheit! Der einzige und schmerzliche Ausweg ist eine klare Trennung der Kompetenzen, sonst hören wir noch in zehn Jahren Gardinenpredigten von Intendanten, Lamentiererei von Gebührenzahlern und überweisen 30 Euro im Monat an die GEZ.
 
Deine Worte, Grenzwelle, sind mal wieder höchst wertvoll, denn genau das ist es doch:

Natürlich könnte ich kotzen, wenn ich sehe, wie bescheuert "Marienhof" ist und welche Komplettverblödung sich sonstige Vorabendserien, Christiansens, Pilawas und Beckmanns erlauben.
Natürlich renne ich fast(!) nonstop Richtung Klo, wenn ich ör-Kopien der Privaten wie SWR3 und hr3 meine Ohren beleidigen lasse.
Aber eben genauso geht es eben der Mehrheit der Leute, wenn sie SWR2, DLF und arte auf die Ohren und Augen bekommen. Sie laufen schreiend davon. Und sie haben dafür GUTE Gründe!

Die ÖR-Finanzierung ist eine Solidarfinanzierung nicht nur zwischen den einzelnen Anstalten, sondern auch zwischen den Zahlern.

Wenn wir also, berechtigterweise:D, das mangelnde Niveau vieler Programme kritisieren, so bleibt auch für uns zu bedenken, dass ein in unseren Augen "gutes" Programm, bei der Mehrheit nicht ankommt. Und damit ist sie mit "unserem Programm" sicher nicht grundversorgt, sondern gar nicht versorgt. Das bessert die Lage nicht, ist vermutlich sogar nur teurer, aber es gibt auch die vertretbare Ansicht, dass zur Grundversorgung Unterhaltung gehört. Vom "Großstadtrevier" fühle ich mich übrigens köstlich unterhalten, von Kai Karsten (SWR3) auch.
So lange erstens Unterhaltung zur Grundversorgung gezählt wird und Grundversorgung darüber hinaus ein weitgehend ungeklärter Begriff bleibt, ist den ör-Anstalten schwerlich an den Karren zu fahren.
Bei all meiner ausgesprochenen Liebe zu Hörspielen, Informationssendungen und Studiogesprächen also, ist das Interesse eines Hörers, dessen Leben Fußball, Bild und Golf V einen hübschen Wert geben, dem aber Heine, Hegel und "Hermeneutik" böhmische Dörfer sind, genauso hoch zu schätzen wie meins.
Und schon gar nicht ist die Gebühren- und ÖR-Frage eine, die sich am Können oder Wollen der Privaten orientieren darf. Damit nämlich macht man die Privaten, deren einziges Bestreben finanzielle Gewinnoptimierung ist, zum Maßstab einer ÖR-Existenzberechtigung. Was die Privaten aus Desinteresse oder Geldmangel vernachlässigen, müssen dann die ÖR-Anstalten erledigen? Dann hinge der ÖR-Auftrag indirekt, aber sehr deutlich vom Geld ab und nicht vom Inhalt. Und genau das wolltet ihr doch nicht, oder?!
db
 
Aus der "Welt" von heute:
"Nicht auf jeden Zünder treten"

Ministerpräsident Kurt Beck findet es richtig, wenn die Rundfunkgebühren steigen. Aber gespart werden soll trotzdem - Interview

Auf 17,24 Euro pro Monat soll im kommenden Jahr die Rundfunkgebühr steigen. Jedenfalls dann, wenn die Länder dem Vorschlag der unabhängigen Expertenkommission KEF folgen. Doch diesmal ist der Widerstand groß und parteiübergreifend. Warum sollen ausgerechnet ARD und ZDF zulegen, wenn alle anderen sparen müssen? Christian Seel sprach mit Kurt Beck, SPD-Ministerpräsident aus Rheinland-Pfalz und Vorsitzender der Medienkommission der Länder.


Die Welt: Die Stimmung im Lande ist gegen eine Gebührenerhöhung. Ist es da überhaupt wahrscheinlich, dass es zu der vorgeschlagenen Anhebung kommt?


Kurt Beck: Wenn man die Leute fragt: Wollen Sie das bezahlen?, dann werden sie immer sagen: Ich bin dagegen. Auf diese Weise könnte man das System beerdigen. Aber eine öffentliche Aufgabe hat nun mal einen gewissen Preis. Deshalb muss man sorgfältig begründen, welchen Wert die Öffentlich-Rechtlichen haben. Und dann müssen wir uns entscheiden: Wollen wir dieses kulturell, informations- und unterhaltungsmäßig hohe Niveau, oder sind wir mit einer gewisse Informationsgrundversorgung zufrieden und überlasen alles andere dem Markt. Dann haben wir in einigen Jahren eine Qualität wie im japanische Fernsehen. Ich jedenfalls will ebenso die Öffentlich-Rechtlichen leistungsfähig halten wie den Erfolg der privaten Anbieter, denen wir deshalb zusätzliche Spielräume verschafft haben. Und man muss den Leuten ja auch sagen, dass sie für 16 bis 17 Euro nicht einmal einen halben Monat lang eine gute Tageszeitung bekommen. Die Erhöhung um gut einen Euro sollte man als angemessen akzeptieren.


Die Welt: Nun bringt die Erhöhung aber nicht nur Zuschauer und Hörer auf die Palme, sondern auch wichtige Teile der Politik. Bayern, Sachsen, Nordrhein-Westfalen sind mindestens dagegen, die FDP-Fraktionen in den Ländern ebenfalls.


Beck: Drei von 16 Ländern sind nicht die Mehrheit . . .


Die Welt: . . . aber es reicht zum Scheitern.


Beck: So geschlossen sind die Fronten nicht. Mein Koalitionspartner und FDP-Fraktionsvorsitzender hat diesen Beschluss nicht mitgetragen, wie er mir gesagt hat. Gleichwohl teile ich die Sorge, setzte aber auf eine Versachlichung der Diskussion. Ich kann mir nicht vorstellen, dass jemand einen ARD-Sender schwächen soll, der ja so unfreundlich nicht mit der Landesregierung umgeht. Andererseits haben diejenigen, die mehr Effizienz im öffentlich-rechtlichen Bereich nachgewiesen sehen wollen, ja gar nicht Unrecht. Aber die Schlussfolgerung, es darf so lange keine Gebührenerhöhung geben, bis alles so ist, wie wir es uns wünschen, die ist weder verfassungsrechtlich noch in der Sache haltbar. Ich denke deshalb, dass wir das in der zweiten Jahreshälfte klären werden.


Welt: Wirklich? Die Forderungen von Stoiber, Steinbrück und Milbradt gehen sehr weit: Arte und 3Sat zusammenlegen, ARD-Radios streichen, Orchester abschaffen, Gebühren einfrieren.


Beck: Man wundert sich schon über manches, was in diesem Papier steht. Man kann sicher bewusst auf vermintes Gelände gehen, muss aber ja nicht gleich auf jeden Zünder treten. Bei manchen Vorschlägen, etwa der Zusammenlegung von bundesweiten Kulturradios, müsste man erst fünf oder sechs Landesgesetze ändern und einen neuen Staatsvertrag machen. Außerdem springt diese Idee ein ganzes Stück zu kurz, wenn man gerade den öffentlich-rechtlichen Charakter stärker betonen will. Arte und 3Sat zusammenzulegen, das ist ein ausgesprochen mutiger Vorschlag. Der eine soll Europäisch-Deutschsprachiges, der andere deutsch-französisches Kulturgut zusammenfassen. Wenn man das eine oder das andere nicht will, muss man das klar sagen. Aber eine solche Konstruktion geht nicht wie bei der Kreuzung von Pferden und Eseln, wo dann ein Maultier rauskommt. Oder der Vorschlag, aus der Digitalisierung auszusteigen: das wäre ein industriepolitischer Flop ersten Grades Da würden wir uns in Deutschland mal wieder mit Vehemenz hinter einen Zug werfen.
Die Welt: Also alles prima und weiter wie gehabt?


Beck: Nein, die Diskussion ist richtig und notwendig. Der jetzt vorliegende Bericht der Gebührenkommission enthält ja auch eine Reihe ganz konkreter Vorschläge, wo der öffentlich-rechtliche Rundfunk sparen kann. Zum Beispiel bei der Altersversorgung der Angestellten. Wenn diese Regelungen jetzt an die des öffentlichen Dienstes anglichen werden, ist man schon bei Einsparungen im Bereich von 50 Millionen Euro. Sicher ist auch nicht jedes Hörfunkprogramm sakrosankt, nur darf die Politik das nicht vorher festlegen. Gerade bei der regionalen Berichterstattung spielt der ARD-Hörfunk für die Meinungsvielfalt eine wichtige Rolle. Schließlich gibt es in vielen Regionen nur noch eine Regionalzeitung. Den Königsweg zum Sparen, den gibt es aber leider nicht. Das ist mühsame Kleinarbeit über alle Bereiche.


Die Welt: Eine Verschiebung der Gebührenerhöhung um ein halbes oder ein Jahr, wie sie jetzt in der Diskussion ist, könnte da doch den nötigen Spardruck in den Sendern erzeugen.


Beck: Die Strukturdiskussion muss man zumindest formal sauber von der Gebührendebatte trennen. Alles andere wäre verfassungsrechtlich bedenklich. Eine Verschiebung ist aber auch aus anderen Gründen nicht akzeptabel, und es gibt darüber, anders als es schon zu lesen war, auch keine Gespräche oder gar Beschlüsse. Man macht den Leuten etwas vor, wenn man behauptet, es ließe sich ein Haufen Geld sparen, wenn die Erhöhung nicht zum 1. 1. 2005, sondern später kommt. Wenn man den Termin kippt, müsste die Gebührenkommission nämlich die nötigen Kreditaufnahmen der Sender neu bewerten und einen neuen Erhöhungsvorschlag machen.


Die Welt: Die Sender drohen auch schon mit dem Gang nach Karlsruhe. Ist das hilfreich?


Beck: Ich gebe den dringenden Rat, dass wir uns in dieser Frage nicht auseinander dividieren. Wir müssen den Rundfunk als Länderaufgabe immer 16:0 organisieren. Wem soll es nützen, wenn wir uns da in einen Verfassungsclinch begeben?


Die Welt: Anderes Thema: Ihr Parteifreund Wolfgang Clement bereitet in Berlin eine Kartellrechtsnovelle vor, die Fusionen und Übernahmen im Pressebereich weit gehend erlaubt und damit tief in die Medienhoheit der Länder eingreift. Sind Sie schon hellhörig geworden?


Beck: Natürlich ist uns diese Entwicklung nicht verborgen geblieben. Wir müssen eine sorgfältige Balance suchen in diesem Diskussionsprozess, der erstens nicht einfach eine weitere Konzentration der Printmedienlandschaft vorsieht und hinnimmt. Auf der anderen Seite sehe ich natürlich den harten Kampf kleinerer Medienhäuser, um wirtschaftlich zu bestehen. Es hat ja auch keinen Sinn, bestimmte Konzentrationen zu verbieten, um Vielfalt zu erhalten, wenn im Gegenzug die Vielfalt kaputt geht, weil die Medienhäuser kaputt gehen. Insgesamt macht mich die Entwicklung besorgt. Ich gehe jedenfalls davon aus, dass dies Gesetz mit den Ländern medienpolitisch erörtert und im Bundesrat behandelt wird - ob es ein zustimmungspflichtiges Gesetz sein wird oder nicht. Aber darauf kommt es nicht entscheidend an. Es kommt darauf an, dass wir uns auf eine medienpolitische Linie, was die Printmedien in Deutschland angeht, verständigen.


Artikel erschienen am 8. Jan 2004

Unschuldige Frage am Rande: Wenn Gebühren "angepaßt" werden sollen - warum dann eigentlich nie nach unten? :confused:
 
Lieber Alquaszar,

dass

Um es klar zu sagen: Die Qualität von privaten Höfunk- und Fernsehprogrammen ist durchgehend unterirdisch, normalerweise gehört so was verboten. Aus diesem Grund brauchen wir die Öffis, welche sich aber inhaltlich nicht den privaten Annähernd dürfen und sich organisatorisch nicht zu Mega-Behörden mausern dürfen.

ziemlich kurz gedacht ist, wirst Du feststellen, wenn Du den Gedanken mal zu Ende spinnst. Nun stell Dir doch mal vor, die Bedingungen ändern sich (was z.B. durch die Konzentration auf dem Markt gar nicht so unwahrscheinlich ist) und Formate mit Musiksparten oder Talk- bzw. Nachrichtenformate werden "privat-tauglich". Müssten wir dann den Öffis nicht auch verbieten, sich den Privaten anzunähern und folglich Programm wie MDR Figaro oder NDR Info verbieten?! Nein? Warum nicht? Weil das "gutes" Programm ist? Ja, aber wer entscheidet denn, was "gutes" Programm ist? Ein paar elitäre Kulturkritiker? Gott bewahre. Genau deshalb existieren beide Säulen unseres dualen Rundfunksystemes nebeneinander und es gibt keinerlei Einschränkungen, wer was produzieren darf. Denn es zahlen ja - wie bereits mehrfach erwähnt - nicht nur die elitären Kulturkritiker die Rundfunkgebühren. Und es gibt durchaus Programme, die deren Bedürfnisse befriedigen. Ein Grund für die massiven Beschwerden ist meiner Meinung nach die Tatsache, dass die Freunde aus der Kulturkritik-Front lediglich nicht bereit sind zuzugeben, dass auch die weniger elitäre Masse das Bedürfnis nach Mediennutzung hat und es eben auch Programme geben muss, die deren Bedürnisse befriedigen müssen. Aber das ist ja nicht intellektuell. Huch.


Und auch


Offensichtlich aber streben die privaten, audiovisuellen Medien zur Eliminierung jeglichen qualitatives Standards zu gunsten einer leicht verdaulichen, massenkompatiblen Marge miminmierter Qualität für eine maximierte Anzahl von Mediennutzern.

ist eine höchst subjektive Sicht. Also freue Dich an den Spartenprogrammen, die Deine Bedürfnisse befriedigen und lasse denjenigen, die Medien anders nutzen, doch einfach ihr Vergnügen.

MFG
Die Hexe
 
Original geschrieben von radiohexe
Ja, aber wer entscheidet denn, was "gutes" Programm ist? Ein paar elitäre Kulturkritiker? Gott bewahre. Genau deshalb existieren beide Säulen unseres dualen Rundfunksystemes nebeneinander und es gibt keinerlei Einschränkungen, wer was produzieren darf.

Das sehe ich auch so. Die Öffis müssen auch Angebote für die breite Masse haben. Deswegen bewerte ich eine Öffentlich-rechtliche Anstalt in erster Linie nach der Vielfalt der Angebote. Eben weil es anmaßend wäre, gutes Programm zu definieren, kommt es darauf an, dass sich möglichst viele Menschen durch das Programm angesprochen fühlen, das Programmangebot
V I E L F Ä L T I G ist!
 
Original geschrieben von radiofreund
Das sehe ich auch so. Die Öffis müssen auch Angebote für die breite Masse haben. Deswegen bewerte ich eine Öffentlich-rechtliche Anstalt in erster Linie nach der Vielfalt der Angebote. Eben weil es anmaßend wäre, gutes Programm zu definieren, kommt es darauf an, dass sich möglichst viele Menschen durch das Programm angesprochen fühlen, das Programmangebot
V I E L F Ä L T I G ist!

Das mag ja alles stimmen - Nur: wäre es der Vielfalt abträglich, wenn es deutschlandweit nur noch EINE ARD-Popwelle gäbe, die die privaten Dudler kopiert? Würde ein Programm wie Bayern3 nicht auch in Schleswig-Holstein funktionieren? Im Bereich der Regionalen Programmangebote sehe ich durchaus eine Existenzberechtigung für die Landesfunkhäuser - mit der "Folklore" eines Bayern1 wird sich die Hausfrau aus Meck-Pomm sicher nicht identifizieren können, aber die Massen(Pop-)programme könnten durchaus auf eine deutschlandweite Welle zusammengestutzt werde. Hier sehe ich massives Einsparpotential...
Ebenso wäre eine (!!) deutschlandweite Kultur- und eine (!!!!) Klassikwelle nach meiner Ansicht völlig ausreichend.
 
@mischpultschorsch

Sehe ich etwas anders. Eine bundesweite Popwelle würde nicht funktionieren, weil die Landesprogramme natürlich auch von ihrer regionalen Affinität leben. Ein Programm wie Bayern 3 hätte in Schleswig-Holstein wenig Erfolgsaussichten. In Bezug auf die Musik ist das natürlich relativ wurscht (auch wenn das nur teilweise so stimmt), im Wortprogramm sowie in der Moderation brauchst Du aber eine regionale/lokale Anmutung, damit die Hörer sich auch mit dem Sender identifizieren können.

Enormes Einsparpotential sehe ich in der Tat bei den Kultur- und Infosendern, die übrigens sehr viel teurer sind als die Popwellen. Weisst ja, jede Landesanstalt eigenes Rundfunkorchester etc.

Da ist es in der Tat ziemlich wurscht, ob man jetzt morgens sein Brahms-Konzert aus dem Landesstudio in Hannover oder Halle übertragen bekommt.
 
Original geschrieben von Keek
@mischpultschorsch
In Bezug auf die Musik ist das natürlich relativ wurscht (auch wenn das nur teilweise so stimmt), im Wortprogramm sowie in der Moderation brauchst Du aber eine regionale/lokale Anmutung, damit die Hörer sich auch mit dem Sender identifizieren können.
SWR3 z.B. erfreut sich auch weit ausserhalb seines Sendegebiets großer Beliebtheit.


Ich fordere die Vielfalt der Inhalte! Vielleicht wäre eine Popwelle für ganz Deutschland zu wenig, man könnte ja ruhig 2-3 verschiedene AC-Formate nehmen. Kommt aber jetzt nicht mit dem Argument, es gäbe zu wenig Frequenzen! Es wird Zeit, dass UKW langsam mal abgeschafft wird!
 
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