Na, da habe ich ja bei einem Diskutanten einen Nerv getroffen
. Das kann man aber auch nicht so im Raum stehenlassen!
Dieser Satz könnte aus meinem Mund sein, aber was deinen vorherigen Beitrag betrifft, muss ich doch ein bisschen was dazu loswerden.
Da der Rundfunk in Deutschland zum Glück Ländersache ist, braucht man darüber eigentlich gar nicht zu diskutieren. Vor allem bezweifle ich, dass das Einsparpotential hier höher wäre als den Verlust an Inhalten, der damit einhergehen würde. Vor allem von Radio Bremen würde wohl kaum mehr als ein NDR 1 Landesprogramm übrig bleiben - wenn überhaupt. Dann sollte man auch gleich die beiden Bundesländer in ihrer Gänze mit den Nachbarn verschmelzen, das hätte mit Sicherheit ein deutlich größeres Einsparpotential in Sachen Verwaltung.
Rundfunk ist Ländersache. Aber was hat das mit einer Strukturreform zu tun? Offensichtlich ist Dir entgangen, dass es Mehrländeranstalten schon seit Bestehen der Republik gibt. Und von Ländern, die eher einen Anspruch auf etwas "Eigenes" gehabt hätten. So gibt es den NDR als Mehrländeranstalt, die es schon vor der Wende gegeben hat (Niedersachsen, Hamburg, Schleswig-Holstein und später Meck-Pomm). Davor war es übrigens der NWDR, bevor man diese Anstalt in WDR und NDR getrennt hat. Aber auch im Süden gab es den SWR als Mehrländeranstalt der Länder Rheinland-Pfalz und Baden-Württemberg. Bremen ist gerade mal so groß wie Dortmund. Dortmund? Ja, noch so gerade Großstadt. Über das Saarland im Verhältnis zu Rheinland-Pfalz oder Baden-Württemberg wollen wir nicht ernsthaft reden, oder? Wo ist also Dein Problem?
Wenn nur noch ein Vorabendprogramm für Bremen übrigbleibt und ein NDR 1 Landesprogramm - so what? Mehr braucht es wirklich nicht. Inhalte? Welche relevanten Inhalte denn, die aus dem Saarland oder Bremen kommen und nicht in einem TV-Fenster, Digitaleangeboten oder einem Regionalradioprogramm beigesteuert werden können?
Es erübrigt sich aus meiner Sicht überhaupt nicht, diese Diskussion zu führen. Im Gegenteil. Ich glaube sogar, dass es die Diskussion sein wird, die in spätestens 5-10 Jahren Realtität sein wird. Du führst genau die Argumente an, die von den Öffis immer angeführt werden. Aber seien wir ehrlich, es geht nicht um Inhalte, sondern um Besitzstandswahrung und Status Quo Sicherung!
Ist das eine Feststellung oder Wunschdenken? Wenn es eine Feststellung deinerseits ist, entspricht sie in den meisten Bundesländern schlicht und ergreifend nicht den Tatsachen. Das Deutschlandradio ist das öffentlich-rechtlichste Funkhaus aller Funkhäuser, die wir haben, und ist das letzte, was auf den Prüfstand muss/darf.
Wozu braucht es denn eines "Deutschlandradios"? Es folgt einer der wenig begrüßenswerten Traditionen in diesem Land. Nie wurde in der Geschichte der Bundesrepublik eine Behörde oder Institution aufgelöst, obwohl es keine Notwendigkeit mehr für ihr Fortbestehen gab. So existiert selbst die Treuhandanstalt heute noch in einer anderen Rechtsform. Der Deutschlandfunk wurde ins Leben gerufen, um DDR-Bürgern die Sichtweise der Bundesrepublik - oder wenn man so will - ein objektiviertes Bild der DDR-Propaganda (vorzugsweise der Stimme der DDR) zu vermitteln. Mit der Einheit hatte sich der Auftrag faktisch in Luft aufgelöst. Doch da gab es noch DS Kultur und einen gewissen Herrn Mühlfenzl. Den Rest der Geschichte und das Ergebnis kennen wir und findet sich heute im Deutschlandradio wieder. Weder für das eine noch das andere Programm gab es eigentlich eine Notwendigkeit. Ob es nun öffentlich-rechtlicher ist als die anderen Anstalten, vermag ich nicht zu beurteilen. Will ich aber auch nicht. Faktisch gibt es eigentlich keine wirkliche Existenzgrundlage für dieses Radioprogramm. Und wenn man ehrlich ist, dann stellt es im Rahmen der Organisation der Anstalten auch einen Anachronismus dar. Im Übrigen widersprichst Du Dir, wenn Du behauptest, dass Rundfunk Ländersache ist. Dann sollten die Länder auch Rundfunk machen und nicht eine mit Hilfskrücken zusammengezimmerte Anstalt (die faktisch eine Tochter der ARD-Anstalten ist). Lange Rede, kurzer Sinn: Schon dogmatisch passt das Deutschlandradio nicht in die Medienlandschaft.
Großartig! Arbeitnehmerüberlassungen, unsichere Arbeitsplätze, schlechtere Altersversorgung, Menschen, die an keinem Punkt mehr mit "ihrem" Haus verbunden sind. Ist es das, was man heutzutage will?
Nein, genau das Gegenteil muss stattfinden! Die Tätigkeiten, die bereits jetzt in viel zu vielen Fällen von externen Firmen übernommen werden müssen (da keine Planstellen zur Verfügung stehen), müssen wieder raus und die Arbeitnehmer müssen ins Haus geholt werden. Dafür: Mehr Zusammenarbeit unter den Rundfunkanstalten um Doppel- und Parallelarbeiten zu minimieren. Vermutlich wäre das vorhandene Personal dann auch ausreichend. Aber Outsourcen? Das ist das dümmste, was man tun kann - für alle Beteiligten.
Was genau ist denn ein Skandal, wenn man in den letzten Jahren bei einer Landesrundfunkanstalt einen Arbeitsvertrag abgeschlossen hat? Die Zeiten, in denen man mehr Rente als zuvor Gehalt bekommen hat, sind schon sehr, sehr lange vorbei. Natürlich gibt es noch Altverträge, aber die kann man - zu Recht - nicht einfach wegzaubern. Aber möglicherweise weißt du da mehr als ich?
Polemik. Es geht darum, dass die Altersversorgungen der Anstalten erdrückend sind. Allein 7,4 Mrd. Euro (!!!) hatte die ARD schon 2015 für Rentenansprüche gebunkert. Noch Fragen? Wohl kaum! Die Problematik zeigt sich heute schon, wird aber in den nächsten Jahren dramatisch werden. Dies ist die eine Seite. Die andere Seite ist, dass es gravierende Ungerechtigkeit gegenüber den Versicherten bei der BfA gibt. Wer Lust hat, kann das Thema "Rentenansprüche bei öffentlich-rechtlichen Anstalten" o.ä. Begriffe einmal googeln. Da gibt es durchaus seriöse Links. Und spätestens da erkennt man da den Skandal. Wer sich etwas intensiver mit dem Thema beschäftigt, der wird erkennen, dass es hier, und zwar nur, um die Sicherung von Besitzständen geht. Recht hast Du, wenn es darum geht, dass die Öffis in den letzten Jahren sehr stark auf Outsourcing gesetzt haben. Aber warum? Weil Arbeits(verhinderungs-)recht in den eigenen Läden sowie völlig überzogene Altersversorgungsansprüche sie faktisch dazu gezwungen haben. Deshalb sind hier gerade einschneidende Maßnahmen erforderlich, um diese Auswüchse der letzten Jahrzehnte endlich in den Griff zu bekommen. Dein Hinweis bzgl. der Altverträge ist (z.T.) richtig. Es gibt Korrektive für diejenigen, die noch nicht im Ruhestand sind. Daher rührt natürlich auch die Besorgnis. Verständlich. Aber das erzähle bitte einmal einem Erwerbstätigen, der sich mit der Absenkung des Rentenniveaus oder der Regelarbeitszeit bis 70 auseinandersetzen muss. Die übrigens mit ihren Abgaben den Bediensteten der Öffis bezahlen. Vielleicht merkst Du an der Stelle, dass in diesem Land etwas aus dem Ruder läuft. Das mag man sich in einer Anstalt der Öffis vielleicht nicht vorstellen, aber der Wind draußen weht mittlerweile etwas stärker.
Ich verstehe nicht, warum 17,50 € zu viel sind. Nirgendwo sonst bekommt man für vergleichsweise so wenig Geld ein so enorm großes Angebot. Warum muss der Beitrag sinken und warum darf er nicht zumindest im Sinne der Inflation geringfügig steigen? Warum passiert das überall, aber dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk gesteht man das nicht zu?
Tja, das ist das Problem vieler Mitarbeiter des öffentlich-rechtlichen Rundfunks. Sie verstehen nicht, dass die Haushaltsabgabe vielerorts als ungerecht oder zu hoch empfunden wird. Es gibt dazu mehrere Sichtweisen. Eine geht so: Ich muss für etwas bezahlen, was ich entweder garnicht, oder nicht in dem Umfang so haben möchte. Es ist halt eine Zwangsabgabe. Das löst bei vielen Menschen Widerstand aus. Besonders dann, wenn sie sehen, dass es immer mehr davon gibt. Und viele Dinge, die sie nicht möchten. Das ist immer eine singuläre Betrachtung (denn der eine möchte kein Sport, der andere keinen Schlager, der nächste keine Talkshows). Deshalb mein Ansatz: Ein Grundangebot, welches mit der Haushaltsabgabe abgedeckt ist, der Rest gegen Aufpreis. Das ist fair im Wettbewerb und ich kann mir das raussuchen, was ich will. Oder eben auch nicht. Aber über eine reduzierte Haushaltsabgabe ist immer noch eine Grundversorgung abgedeckt.
Deine Aussage zur Inflation ist übrigens entlarvend. Die wirtschaftliche Situation eines Unternehmens (und auch des Staates) hat selten etwas mit der Inflation zu tun, sondern mit anderen Faktoren. Wenn es in einem Unternehmen nicht läuft, kann man auf Produktseite auch nicht Kostensteigerungen hereinholen über das Argument des Inflationsausgleichs. Wenn es nicht läuft, muss an anderer Stelle gespart werden. Und ganau DAS ist es, was öffentlich-rechtlichen Anstalten vollständig abgeht. Sie kennen weder das Wort SPAREN, noch wissen sie, wie man überhaupt spart (das ist nicht getan, wenn in Onkel Toms Hütte die Kunstsammlung des WDR verhökert wird).
Ja, es geht um Inhalte, um zu Deinem vorletzten Punkt zu kommen. Dazu muss ich aber nicht derartig viele Mehrfachstrukturen vorhalten, oder? Und ich muss mich dann auch nicht in das Privatrecht flüchten, oder? Dann schaue Dir einmal Studio Hamburg (NDR-Tochter) oder die Bavaria oder die WDR-Mediagroup an. Merkst Du eigentlich, dass Du Dir widersprichst?
Zu Deinem letzten Punkt: Auch da widesprichst Du Dir. Wenn dem so wäre, warum stürzt sich denn der öffentlich-rechtliche Rundfunk an allen Ecken und Kanten in den privaten Wettbewerb? Dann schau Dir doch mal an, was Öffis treiben (exemplarische Liste, die nicht auf Vollständigkeit besteht):
- Sendernetzbetrieb
- Vermarktungsaktivitäten
- Filmproduktionen
- Dienstleistungen sonstiger Art (u.a. Atelierdiesnste etc.)
- Softwareentwicklungen
- Beteiligungen an Privatfunk (Radio Salü und Radio NRW)
- Produkte, die von Schlagerboom (weil es gestern lief), Sportrechten, Popwellen der ARD u.s.w. weitgehend im Bereich des privaten Wettbewerbs stattfindet.
Nochmals, ich glaube, dass wir einen starken öffentlich-rechtlichen Rundfunk brauchen. Aber ich bin auch davon überzeugt, dass die Auswüchse mittlerweile unerträglich sind. Und es wäre gut, wenn der öffentlich-rechtlich Rundfunk wie die BBC seinerzeit, gravierende, einschneidende und schmerzhafte Reformen vornimmt. Denn ich befürchte, dass im anderen Falle die Fehlentwicklung von nicht sonderlich demokratischen Kräften in diesem Land als Vorwand genutzt werden, das Thema ganz anders anzugehen. Und das ist das Letzte, was ich mir wünsche. Im Gegenteil!