Ich hatte in den 1990er Jahren mit dem Rundfunkrat einer ostdeutschen Anstalt zu tun, die damals mein einstiges Lieblings-Radioprogramm (als ich noch Jugendlicher war) systematisch plattmachte. Sollte sich seitdem nicht viel geändert haben, dann sage ich: alle Versuche, etwas in Richtung Qualitätsbewahrung beim öffentlich-rechtlichen Hörfunk über den Rundfunkrat zu tun, sind zum Scheitern verurteilt. Diese Scheingremien nicken nach meiner Erfahrung ab, was die Intendanz auf den Tisch legt. Nach außen mauern sie, leugnen jeglichen (damals aufgrund der rasanten Geschwindigkeit gut dokumentierbaren) Programmverfall und erklären den Beschwerdeführer möglicherweise letztlich für geistig nicht zurechnungsfähig.
Ähnliches habe ich mit der Intendanz dieser Anstalt auch durch. Besondere Delikatesse war dabei, wie das Thema "inhaltliche Qualität" gerne politisiert wurde. Zuweilen wirkte es auf mich, als bekämpfe man den relevanten Gehalt in den Hörfunkprogrammen, weil man sich vom DDR-Rundfunk abgrenzen wolle und weil man Inhalt, der über "Blödfunk" hinausgeht, als "links" verstand. Das war aber etwas, das damals generell innerhalb der ostdeutschen Öffentlichkeit so gehandhabt wurde. Universelles Totschlags"argument" war in allen gesellschaftlichen Belangen "Sie wollen wohl die DDR zurückhaben?". Die Folgen sehen wir heute eindrucksvoll an der Spaltung Deutschlands in einen Teil, der noch versucht, etwas Anstand zu wahren und die Menschenwürde zu achten und in Ostdeutschland, wo das Grundgesetz mit Füßen getreten wird und nur noch formal gültig ist. Noch.
Jahre später, als ein Programm dieser Anstalt nach einer Phase, in der man versuchte, dort etwas Spirit einzuhauchen, ein zweites mal komplett hingerichtet wurde, lernte ich zufällig ein Rundfunkratsmitglied persönlich kennen. Ich kannte den Mann zuvor schon, schätzte ihn als kompetent und "korrekt", mir war aber nicht bewusst, dass er für eine mir bis dahin völlig unbekannte Einrichtung des "öffentlichen Lebens" dort drin saß. Er winkte nur müde ab: kritische Stimmen hätten dort in den Sitzungen keine Chance. Man könne da nichts mehr machen. Diese Gesellschaft wäre ohnehin "völlig zu" und er habe sich wieder wie zu DDR-Zeiten zurückgezogen und lese im privaten Kämmerlein lieber Bücher.
Ähnliche Erfahrungen wie mit dem Rundfunkrat machte ich damals mit der sogenannten "Medienpolitik". Unglaublich ahnungslos und für so wenig Kompetenz leider schauderhaft viel Meinung. Echte Macht interessanterweise aber nur dann, wenn es der Zerstörung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks diente. Das ist ja auch verhältnismäßig klar: Zerstörung ist immer einfacher und "energiesparender" als Aufbau, außerdem ist Zerstörung schneller gemacht. So verschafft man sich schnellen Erfolg. Kostengünstigen noch dazu.
Nun, inzwischen grassiert in diesem Landesteil eine nicht mehr zu leugnende - da quantifizierbare - Mischung aus abgrundtiefem Hass gegenüber allem "Fremden", ein Hass gegenüber der Landesregierung sowie allen sogenannten "Eliten" und eine von Außen besonders gut erkennbare Aufbruchstimmung hin zum nächsten Faschismus. Mit Resten einer humanistischen Weltanschauung wird man dort schnell zum "Volksschädling". Sollte - was ich durchaus in den Bereich des Möglichen zähle - innerhalb der kommenden 2-3 Jahre die dortige öffentlich-rechtliche Anstalt zur Hölle fahren, wäre mir das wurscht. Es würde zwar nichts besser, aber dieses Grauen wäre dann wenigstens endlich zu Ende. Diese Anstalt hat seit 1992 vollständig versagt und ist - meine Sichtweise - für das verheerende, martialische und lebensfeindliche gesellschaftliche Klima in dieser Region mit verantwortlich. Die kulturellen Belange von "Minderheiten" (= alles außerhalb des Mainstreams) waren nie im Interesse dieser Anstalt, ebensowenig die klare Benennung und Anprangerung der schon seit den 1990er Jahren stockdumpfen gesellschaftlichen Realität. Es darf also auch nicht wundern, wenn im Land alles gehasst und bekämpft wird, was nicht dem dumpfen ostdeutschen Eintopf entspricht. Das geht dort quer durch die Gesellschaft. Die quotenmäßig relevanten Hörfunkwellen dieser Anstalt spielen den Soundtrack zu dieser Dumpfheit - bis heute.
Welches Verständnis für die Aufgabe des öffentlich-rechtlichen Rundfunks z.B. innerhalb des Rundfunkrates des MDR besteht, dokumentierte die Mitteldeutsche Zeitung einst, vermutlich ohne es so zu beabsichtigen, mit einem grandiosen Zitat:
http://www.mz-web.de/kultur/gewinnspiel-2012-schleichwerbe-verdacht-gegen-mdr-jump-3191952
http://www.mz-web.de/3191952 schrieb:
Der sachsen-anhaltische Landtagsabgeordnete Stefan Gebhardt, der für die Linken im Rundfunkrat des MDR sitzt, verteidigte indes Art und Umfang des Gewinnspiels: „Es ging mit dem Gewinnspiel darum, Marktanteile zu sichern - das ist gelungen.“ Die Jugendwelle stünde im Wettbewerb mit privaten Anbietern und würde mit ihren Werbeerlösen werbefreie Angebote des MDR - etwa „Sputnik“ oder „Figaro“ - finanzieren.
Da gibt es von mir nur ein Urteil: Anliegen des öffentlich-rechtlichen Rundfunks nichtmal ansatzweise erkannt, also gefälligst sofort raus aus dem Rundfunkrat. Der Herr sitzt da heute immer noch drin. Wundert mich gar nicht, mit sogar aktiven Abnickern kann man sich doch prima kuschelig einrichten.