Samstag, MDR Figaro: Wiederhören mit DT 64 zur Wendezeit

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Moment, SR2! Ich bin dran. Nur leider gibt es technische Probleme mit dem Upload.
 
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Ich versuche es nochmal. Guess, sollte das nicht gelingen, dann lösche dieses Posting bitte.


EDIT: Der Upload gelang nicht. Guess, ich schicke dir dieses Video zu - und du "heftest" es dann hier bitte irgendwo an. Das alles kann ja wohl nicht wahr sein...

@SR2: Bitte Geduld. Auf ein paar Tage mehr oder weniger kommt es nicht an.


Grüßle Zwerg#8
 
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Warum ausgerechnet der Punkt? Da hätte ich jetzt eher an den Zeitpunkt gedacht, als es ein Vollprogramm mit eigener Frühsendung wurde. Was nicht vor Dezember 1987 geschah. Viel zu spät also.




Vor genau 20 Jahren war das noch Standardeinstellung im SKR 700, mitgebracht von den Zeitgenossen, deren Eltern die Kohle dafür hatten. Mit der Wende krähte dann in der Tat auf einmal niemand mehr danach.

Ich denke, das Phänomen lag schlicht darin, daß RIAS 2 ab ca. 1985, mit der großen Programmreform, halt das erste durchformatierte Popformat war. Da braucht man sich nichts vorzumachen.




Ich mache mal eine steile These auf: Der Deal von Singelnstein und Drück war der von zwei Männern, die beide für ihre Sender die Felle wegschwimmen sahen. Und Drück mag schon ohne sein zweites Programm kalkuliert haben.

Ansonsten ist eine spannende Frage, ob die, die sich damals aufgeregt haben, gern RIAS 2 als Ersatzprogramm genommen hätten. Ich wäre mir da nicht ganz so sicher, denn dazu unterschieden sich die Konzepte m.M.n. dann doch zu sehr.




Und der Beitrag von Marion Brasch stimmt auch heute noch sehr nachdenklich. Mir erzähle keiner, das mit den Scheren im Kopf, über die man viel zu selten hinauswächst, sei Schnee von gestern.

Hallo,

ich denke auch, dass der Punkt mit dem Vollzeitprogramm erreicht war. Spektakulär waren damals die sogenanten Ratgebersendungen wie Mensch Mensch oder Mensch Du mit Jürgen Maaz. Am spektakulärsten war eine Sendung 1987 mit dem Thema "Mensch du - ich bin homosexuell", weil es in den FNBL damals eigentlich gar kein offizielles Thema war, obwohl es nicht rechtlich verfolgt wurde. Ich hörte damals als 14-jähriger zum ersten mal davon und es war spannend. Weiterhin wurde ab 1988 auch regelmäßig ein Song von Pankow gespielt. "Aufruhr in den Augen". Also ich denke schon, daß der Punkt mit der Einführung des 20-Stunden-Programmes kam.

Flipchen
 
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Am spektakulärsten war eine Sendung 1987 mit dem Thema "Mensch du - ich bin homosexuell", weil es in den FNBL damals eigentlich gar kein offizielles Thema war, obwohl es nicht rechtlich verfolgt wurde.
Das stimmt so nicht ganz. Ende 1987 erschien eine viel beachtete Broschüre zum Thema Aids, herausgegeben von der Charite, verbunden mit einer breit angelegten Aufklärungskampagne. Zwangsläufig ging es darin natürlich auch um Homosexualität, die übrigens auch im Westen Mitte der 80er nur selten ein Thema war.
Der Spiegel schrieb am 04.01.88 sogar einen Artikel über das Werk, Klick.

Mir gehts hier übrigens nicht um Besserwisserei, sondern in dem Fall darum, dass sich auch um die DDR so manche unwahre Legende rankt.
 
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Hat man dt64 in der DDR gehört oder doch ehr Westradio? Ich kennen den Sender nicht! Allerdings weiß ich von meiner Verwandschaft, dass sie immer NDR2 gehört haben und mit Ostradio nichts am Hut hatten.

Meine Eltern haben mich neulich mit der Aussage überrascht, dass sie auch hin und wieder DT64 gehört haben.
Habe ich jedoch nie mitbekommen. Bei uns lief vor der Wende immer SFB1 oder SFB2 - je nach Programmreform und Verschiebungen der Formate...
 
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Abends dann bei meinem Onkel im Fernsehen: Honecker ist weg.

Hassu gesehen? „Herzlichen Glückwunsch, Egon Krenz, vom Massenmedium Fernsehen!“
567.gif



Wäre übrigens sinnvoll (ist aber wohl nicht unbedingt zu erwarten), wenn in besagtem Feature die Sache mit dem abgestürzten Sputnik mal in voller Länge zu hören wäre (bzw. halt das, was davon noch vorliegt). Sie bestand nämlich nicht etwa nur aus diesem einen Satz.

Überhaupt war die Streichung des „Sputnik“ aus dem Vertriebssortiment eine Zäsur, bei der für mich völlig unverständlich ist, wie wenig Beachtung ihr heute noch geschenkt wird. Aber vielleicht hängt das auch mit der Feststellung zusammen, daß sich viele Leute garnicht so genau erinnern wollen. Womit m.M.n. auch zusammenhängen dürfte, wie alles mit dem Blickwinkelkonzentrator auf den Fall der Berliner Mauer starrt.
 
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Wir driften ab - und ich habe nix dagegen...
Ratgebersendungen wie Mensch Mensch oder Mensch Du mit Jürgen Maaz.
Hans-Joachim Maaz.
Aus meiner Sicht ein wirklich exzellenter Therapeut. Ging übrigens 2008 in den Ruhestand. Seinen 60ten habe ich miterleben dürfen - unglaublich, wie die "alten Herren" (Therapeuten) feiern konnten. :D

Maaz macht übrigens wieder Radio.

Also ich denke schon, daß der Punkt mit der Einführung des 20-Stunden-Programmes kam.
Und ich habe das alles verpaßt und war erst seit 1990 regelmäßig dabei. :wall:

Hassu gesehen? „Herzlichen Glückwunsch, Egon Krenz, vom Massenmedium Fernsehen!“
567.gif
Ich glaube ja. Weil Farbe und Kameraführung irgendwie nicht nach Westfernsehen aussahen, muß es die DDR-Variante des 18. Oktober gewesen sein.
 
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Das stimmt so nicht ganz. Ende 1987 erschien eine viel beachtete Broschüre zum Thema Aids, herausgegeben von der Charite, verbunden mit einer breit angelegten Aufklärungskampagne. Zwangsläufig ging es darin natürlich auch um Homosexualität, die übrigens auch im Westen Mitte der 80er nur selten ein Thema war.
Der Spiegel schrieb am 04.01.88 sogar einen Artikel über das Werk, Klick.

Mir gehts hier übrigens nicht um Besserwisserei, sondern in dem Fall darum, dass sich auch um die DDR so manche unwahre Legende rankt.
Mir scheint, dass eher du es bist, der hier wieder Legendenbildung betreiben will.

Das Westfernsehen war gerade Mitte der 80er ausgesprochen schwul, man musste nur hingucken. Von der 'breit angelegten Aufklärungskampagne' zum Thema Aids hätte ich sicher was mitbekommen müssen, denn ich ging zu der Zeit noch zur Schule.

Ach ja, die Honecker-Version von DT64 hat mich nie angesprochen, sondern eher abgestoßen. Die politische Ausrichtung entsprach so gar nicht meiner. Das, worum es den meisten ging, West-Popmusik, war im westlichen Thüringen ja auch wirklich kein Problem.

Als die Chinesen dann im Sommer 89 ihr Gemetzel starteten, soll ja der große Sinneswandel losgegangen sein. Respektabel für die Leute, die dafür ihren Kopf hinhielten (man wusste ja damals nicht, wie die Sache auch bei uns ausgehen würde). Aber ich kenne sehr viele, die davon überhaupt nichts mitbekommen hatten. Der Westen hatte da große Teile des Landes zumindest schon medial überrannt.
 
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Gibt es diese "Ost-Kombi" eigentlich öfter? WDR 3 und NDR Kultur spielen ihre Features ja auch öfter mal parallel ab.

Ja. Es gibt sogar gemeinsame RadioDok-Featureblätter zum Download, in denen man nachlesen kann, daß diese Ost-Kombi die Regel ist.

Eine Koproduktion von RBB und DLF, und im DLF wird das Teil am 8. September um 19:15 Uhr laufen.

Die Koproduzentenschaft des DLF wird in besagtem Featureblatt seltsamerweise unterschlagen...
 
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Nun Westradio hin oder her: DT64 war eine Alternative für diejenigen, die Westradio irgendwie verhindern wollten. Zum Beispiel gab es in meiner Familie einen Fall, da bekamen die Kinder auf einmal im Radio Testsendungen von Antenne Bayern rein, schließlich auch den Sendestart. Eltern kriegen das mit und wollen, dass ein anderer Sender eingestellt wird, damit sich die Kinder nicht verplappern in der Schule => DT64 gefunden und dabei geblieben. Im Konsument-Kaufhaus, Jugendabteilung, lagen Flyer mit dem ausgedruckten Programm, war evtl. eine Info-Offensive anläßlcih der Programmerweiterung?
Schließlich gab es "MUSS"-Sendungen: Morgenrock, Hit-Globus, Podiumsdiscothek, Duett - Schallplatten für den Rekorder und auch eine Computersendung, in der es Tipps für das Schreiben von Programmen für die robotron-KC 85, KC 87 usw. gab, inkl. der vollständigen akkustischen Übertragung von BASIC-Programmen (Fax-Geräuschen ähnlich), die auf Kassette aufgenommen und dann per Kassette in den Computer eingespielt tatsächlich ein Computerprogramm zum Laufen brachten. Das muss man sich mal überlegen: Digitale Datenübertragung über UKW.

Schließlich plärrte auch in manchem Ferienlager morgens DT64 aus den Lautsprechern. Also eine ALternative zu den Feindsendern war DT durchaus. Und das auch vor 10/89.
Was die Positionierung angeht: Erinnere ich mich richtig, dass bis 10/89 das "DT64" eher weniger kommuniziert wurde und eher "Jugendradio" on Air vorkam? Ich erinner mich an Jingles und auch einen längeren Jingle, evtl. als Füller, ca.1:30 lang, in dem das Motiv immer wieder gespielt wurde und ein Chor in versch. Variationen "Jugendradio" sang.
Die Jingles waren doch recht amerikanisch, denn es gab tatsächlich gesungene Station-ID. Wie gesagt schon vor Herbst 89.
 
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Wir driften ab - und ich habe nix dagegen...

Dann will ich auch mal :D

Hassu gesehen? „Herzlichen Glückwunsch, Egon Krenz, vom Massenmedium Fernsehen!“

Ja, selbstverständlich. Und mich damals schon fremdgeschämt, obwohl ich dieses Wort erst seit kurzem kenne...

Und vorher lief immer zur vollen Stunde eine Sonderausgabe der Aktuellen Kamera, in der die Meldung von Honeckers Rücktritt unters Volk gebracht wurde.

Überhaupt war die Streichung des „Sputnik“ aus dem Vertriebssortiment eine Zäsur, bei der für mich völlig unverständlich ist, wie wenig Beachtung ihr heute noch geschenkt wird. Aber vielleicht hängt das auch mit der Feststellung zusammen, daß sich viele Leute garnicht so genau erinnern wollen. Womit m.M.n. auch zusammenhängen dürfte, wie alles mit dem Blickwinkelkonzentrator auf den Fall der Berliner Mauer starrt.

Vollste Zustimmung! Die Kette war für mich so: Gorbatschow-Buch mit Radierungen von Kurt Hager (kleiner Insidergag) -> Sputnikverbot -> Wahlbetrug -> Wem glaube ich, wenn’s um Politik geht (wer kennt’s noch?) -> Demonstrationen -> Honeckerrücktritt -> täglicher Dialog mit Egon Krenz, womit der Damm m E gebrochen war und es kein Halten mehr gab.

Das stimmt so nicht ganz. Ende 1987 erschien eine viel beachtete Broschüre zum Thema Aids, herausgegeben von der Charite, verbunden mit einer breit angelegten Aufklärungskampagne. Zwangsläufig ging es darin natürlich auch um Homosexualität, die übrigens auch im Westen Mitte der 80er nur selten ein Thema war.
Der Spiegel schrieb am 04.01.88 sogar einen Artikel über das Werk, Klick.

Mir gehts hier übrigens nicht um Besserwisserei, sondern in dem Fall darum, dass sich auch um die DDR so manche unwahre Legende rankt.

Mir scheint, dass eher du es bist, der hier wieder Legendenbildung betreiben will.

Wenn Du damit auf „selten ein Thema war“ abhebst, magst Du recht haben, bzw könnte man darüber diskutieren, was man unter „selten“ und „ausgesprochen schwul“ versteht. An eine direkte Aufklärungskampagne kann ich mich zwar auch nicht erinnern (bzw ist diese dann an mir vorbeigegangen), aber die Homosexualität war ab Mitte der 80er durchaus Gegenstand in Jugendzeitschriften und auch Thema einiger interessanter Bücher.
 
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da bekamen die Kinder auf einmal im Radio Testsendungen von Antenne Bayern rein, schließlich auch den Sendestart. Eltern kriegen das mit und wollen, dass ein anderer Sender eingestellt wird, damit sich die Kinder nicht verplappern in der Schule

Da sieht man mal, wie facettenreich der Alltag in der DDR doch war. In meiner Heimatstadt waren die Westmedien normales Gespräch auf dem Schulhof, das auch nicht in Gegenwart der Lehrer verstummte. Diese 'wir gucken/hören' keinen Westen kenne ich persönlich nur aus Erzählungen meiner Eltern bezogen auf die finsteren 60er Jahre. Mag sein, dass das in anderen Regionen wieder anders war. Dem entgegen steht aber, dass seit Mitte der 80er alle DDR-Kabelnetze (Antennengemeinschaften) explizit die Westkanäle übertrugen, sofern sie nur irgendwie empfangbar waren.

Schließlich gab es "MUSS"-Sendungen: Morgenrock, Hit-Globus, Podiumsdiscothek,
Also meine Muss-Sendungen waren Pop und Weck und die Hitparade International. Ohne gleichgeschaltete Nachrichten, Ost-Quote und ähnliches unerwünschte.
 
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Lief bei DT64 nicht am Sonntag von 11.00 bis 13.00 die "Maxi-Stunde"? Ja, das war wirklich ein 1-A-Sendeplatz! :rolleyes:
Teufel noch eins, was hing da der Familiensegen regelmäßig jedes Wochenende schief. Die "Maxi-Stunde" war nicht nur eine der wenigen Sendungen im DDR-Rundfunk, in der richtig gute, populäre westliche Musik lief, sondern diese auch noch in Versionen, die sonst eben nicht zu bekommen waren und die man auch noch hervorragend tapen konnte. Für Bewohner des Landstriches ARD (außer Raum Dresden) unverzichtbar!

Problematisch waren nur die biederen Eltern, bei denen es eben Punkt 12 Mittagessen geben musste. Es ist ja OK, wenn die Familie zum Essen versammelt am Tisch hockt, aber den Zeitpunkt am Sonntag eine Stunde zu verschieben, da führte partout kein Weg rein. Tobende Mutti, tobender Sohn und kein Ende, weil er halt dennoch auf Krampf versuchte, aus der 2. Stunde noch etwas mitzuschneiden und deshalb entweder nicht brav pünktlich bei Tisch saß oder gar explosionsartig von diesem verschwand, wenn die Pausentaste des "Geracord GC-6020 portable" dies' erforderte.

... bis es kein DT 64 mehr gab - Unvergessen.
 
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UPLOAD TEST! Bitte nicht antworten!

Die beiden Ausschnitte stammen aus der Doku "Das Ende des Ostfernsehens", einer zweiteiligen Doku, die Ende 1991 im DFF gesendet wurde.

@Guess: Falls der Upload klappen sollte, lösch bitte all meine irrelevanten Postings oben.
 
AW: Samstag, MDR Figaro: Wiederhören mit DT 64 zur Wendezeit

In meiner Heimatstadt waren die Westmedien normales Gespräch auf dem Schulhof, das auch nicht in Gegenwart der Lehrer verstummte. Diese 'wir gucken/hören' keinen Westen kenne ich persönlich nur aus Erzählungen meiner Eltern bezogen auf die finsteren 60er Jahre.
Ich kenne es auch so. Aus Gera ("Russischklasse", also schon was etwas "abgehobeneres") und auch aus Jena (Spezialschule mathematisch-naturwissenschaftlich-technischer Richtung). In ersterer hatte ich mehrere Hauptberufs-Stasi-Eltern in der Klasse und Wismut-Leute, die durchaus als was besseres galten und deren Stimme mehr Gewicht hatte. Ich weiß allerdings, daß es zwei Mitschülerinnen gab, die zu Hause kein Westradio hören durften und deswegen gab es durchaus "Stutenbeißen" gegenüber den anderen.

Und letztere Schule war vor dem Mauerfall derbe staatslastig. Im Internat wurde trotzdem RIAS 2 gehört und als auf NDR 2 der "Ärztekongress" lief, rannten alle mit ihren Recordern rüber in die Zimmer auf der Westseite des Gebäudes. ;)

Die Hammerszene schlechthin gab es aber gleich zu Beginn in Jena. Anfang September 1988, wir neu in der 9. Klasse, keiner kannte keinen, sehr staatslastige Schule. Kurze Pause. Olympiade in Seoul. Wenn da schon sogar ein Farb-TV im Klassenzimmer steht, schaun wir doch mal, ob Olympia kommt. Kam auch... aufm ZDF, der nach bissl Drehen problemlos drin war. Keiner hat gemerkt, daß die Pause irgendwann vorbei war. Plötzlich stand ein neuer (wie auch sonst?) Lehrer in der Tür. Vorne lief ZDF. Der Lehrer war der Staatsbürgerkunde-Lehrer, ein junger Mann. Alle saßen wie versteinert da, das Gespenst des Schulverweises ("Ihr dürft hier zur Schule gehen, ihr müßt es nicht" - Zitat vom Direktor) wirkte gut.

Der Lehrer schaut nach oben aufs Bild. Irgendeine Ballsportart, BRD (!) gegen wen-auch-immer.

Kurze Pause...

Lehrer: "wie steht es?"

Schüler antwortet.

Lehrer: "Wie lange läuft es noch?"

Schüler: 10 Minuten.

Lehrer setzt sich vorne hin und guckt mit.


Ein Jahr später sagte dieser Stabü-Lehrer vor der Partei-Grundorganisation der Schule "ich vertrete die Meinung der Partei, solange sie vertretbar ist." In der Wendezeit verschwand der Mann. Weiß nicht, was aus ihm geworden ist.
 
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Zwerg: Es gab aber schon viel früher eine Knast-Reportage von DT 64, als es noch nicht selbstverständlich war. Im Dezember gehörte kaum noch Mut dazu.

Zur Maxistunde: Richtig, mir war der Name der Sendung nicht mehr eingefallen.

Zum Thema nicht verplappern: Ja Auf Achse und Colt für alle Fälle, Trio mit 4 Fäusten, Schwarzwaldklinik: Das war ein Thema auf den Schulhöfen. Doch jene Eltern wollten nicht, dass ihre Kinder darüber reden (können).
Die Schlager der Woche von Bayern 3 waren auch bei mir ein "Muss".
 
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Weil Farbe und Kameraführung irgendwie nicht nach Westfernsehen aussahen, muß es die DDR-Variante des 18. Oktober gewesen sein.

Die Kameraführung...?

Wenn ein Standbild der Aktion „jeder macht sich so gut zum Plins, wie er kann“ weiterhilft:
http://1989.dra.de/themendossiers/d...g/berichterstattung-der-aktuellen-kamera.html


Von der 'breit angelegten Aufklärungskampagne' zum Thema Aids hätte ich sicher was mitbekommen müssen, denn ich ging zu der Zeit noch zur Schule.

Mir wäre auch nichts dergleichen geläufig. Und die fragliche DT64-Sendung könnte der erste Fall gewesen sein, in dem das Thema Homosexualität nicht nur in einer Printnische vorkam (nun gut; hier könnte man sagen, daß das Abendprogramm im Radio auch damals schon eine mediale Nische war).

Aber ich kenne sehr viele, die davon überhaupt nichts mitbekommen hatten. Der Westen hatte da große Teile des Landes zumindest schon medial überrannt.

Womit wir wieder im hier und jetzt angelangt wären. Man kann es nur nicht mehr nach „Westen“ und „Osten“ unterscheiden.


Im Konsument-Kaufhaus, Jugendabteilung, lagen Flyer mit dem ausgedruckten Programm, war evtl. eine Info-Offensive anläßlcih der Programmerweiterung?

Natürlich gab es Werbematerial, auch schon vor Dezember 1987. Der Idee, man habe es nicht nötig, sich bei potentiellen Hörern zu empfehlen, dürfte man doch höchstens doch da oben im Turm nachgehangen haben. Vielleicht nicht einmal mehr das.

Was die Positionierung angeht: Erinnere ich mich richtig, dass bis 10/89 das "DT64" eher weniger kommuniziert wurde und eher "Jugendradio" on Air vorkam? Ich erinner mich an Jingles und auch einen längeren Jingle, evtl. als Füller, ca.1:30 lang, in dem das Motiv immer wieder gespielt wurde und ein Chor in versch. Variationen "Jugendradio" sang.

Alles richtig. Dieses Layout dürfte ungefähr auf 1988 datieren; evtl. hatte man auch den Beginn des 20-Stundenprogramms zum Anlaß genommen (sachdienliche Hinweise bitte an unser Aufnahmestudio!). Im Einsatz blieb es bis ca. Herbst 1990.


In meiner Heimatstadt waren die Westmedien normales Gespräch auf dem Schulhof, das auch nicht in Gegenwart der Lehrer verstummte.

Die Lehrer haben sich nicht an diesen Gesprächen beteiligt?

Mag sein, dass das in anderen Regionen wieder anders war. Dem entgegen steht aber, dass seit Mitte der 80er alle DDR-Kabelnetze (Antennengemeinschaften) explizit die Westkanäle übertrugen, sofern sie nur irgendwie empfangbar waren.

„Irgendwie“ zu diesem Zeitpunkt = Satellit. Womit die Sache eine jähe Wendung nahm: Keine Sau hat sich mehr für ARD und ZDF interessiert. Die waren auf einmal ähnlich abgemeldet wie Adlershof. Das Phänomen, daß im Osten wesentlich mehr Privatfernsehen geschaut wird, rührt genau daher.


Hauptberufs-Stasi-Eltern in der Klasse und Wismut-Leute, die durchaus als was besseres galten und deren Stimme mehr Gewicht hatte.

Und genau diese Klientel betrachtete es als unter ihrer Würde, sich mit einem Radiosender da aus der Ödnis hinter den Kleingärten von Oberschweineöde einzulassen. Da mußte was schillerndes her.
 
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Die Kameraführung...?
Sorry, falsches Wort. Mir fällt bloß nix besseres ein. Kameraperspektive, Farbe und Berichtstil waren eben irgendwie typisch DDR.

Und genau diese Klientel betrachtete es als unter ihrer Würde, sich mit einem Radiosender da aus der Ödnis hinter den Kleingärten von Oberschweineöde einzulassen. Da mußte was schillerndes her.
Nee, genau die waren 100% Partei. Und teilweise (!) so dermaßen panne und primitiv, daß mans kaum beschreiben kann. So richtig mit "Samowarabend" im Haus der Deutsch-Sowjetischen Freundschaft inklusive Besäufnis als Beweis der politischen Brüderschaft. Das waren ganz, ganz kleine Lichter, sie hielten sich aber für was wirklich besonderes. Gesellschaftliche Stellung als Hirn- und Niveauersatz...
 
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Um eins nur mal noch zu sagen: Diese Aids-Kampagne fand bei mir sehr wohl statt, und zwar im Schulunterricht. Daher weiß ich auch davon. Ich weiß aber auch, dass das an anderen Schulen damals durchaus anders gehandhabt wurde. Die Kampagne war ja wenn man so will tatsächlich eine kleine Revolution. Erst viel später wurde mir bekannt, dass es im damaligen Lehrkörper einige sehr heiße Diskussionen darüber gegeben haben soll, ob man das nun macht oder nicht. Und da man Aids ja auch heute noch in erster Linie mit Homosexuellen in Verbindung bringt, kam halt auch das zur Sprache.
Alle hier mitlesenden Ex-DT64ler müßten eigentlich sogar kleinlaut zugeben, dass diese damalige Kampgane vor allem bei DT durchaus ein Thema war. Schließlich zielte das alles ja hauptsächlich auf die Jugend ab.

In meiner Heimatstadt waren die Westmedien normales Gespräch auf dem Schulhof, das auch nicht in Gegenwart der Lehrer verstummte.
Stimmt, die diskutierten eher noch mit. Ab Mitte der 80er war das beinahe was normales würde ich behaupten. Mit Aufkommen der Verkabelung und dem westdeutschen Privat-TV sowieso. Das Schreckgespenst von drakonischen Strafen und Senderstörungen etc. hörte wohl irgendwann in den 70ern auf.
Bei offiziellen Stellen, Armee etc. war Westfunk freilich absolutes Tabu.

Dieses Layout dürfte ungefähr auf 1988 datieren; evtl. hatte man auch den Beginn des 20-Stundenprogramms zum Anlaß genommen (sachdienliche Hinweise bitte an unser Aufnahmestudio!). Im Einsatz blieb es bis ca. Herbst 1990.
Stimmt, siehe oben verlinkte 90 min-Sendung. Auch innerhalb der Nachrichten ist da immer nur die Rede vom Jugendradio, nicht von DT64.

Mir scheint, dass eher du es bist, der hier wieder Legendenbildung betreiben will.
Keinesfalls. Mir ist nur dieses starre, verkrustete Bild der vorwiegend westdeutschen Medien von der DDR schlicht zu blöd. Sie war, wie du ja selbst festgestellt hast, sehr viel fasettenreicher als man glaubt. Manches was an meiner Schule ging, ging an der Schule einen (Luftlinien-)Kilometer weiter eben nicht. Und genau deshalb ist mir auch die Differenzierung oft so wichtig. Und das hat nichts, ums nochmal klar zu sagen, mit Heroisierung oder ähnlichem Schmarn der DDR zu tun. Mir sind nur manche Betrachtungen des ganz normalen Alltagslebens in diesem Staat DDR einfach zu schwarz/weiß.
 
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Hallo Radiokult!
Ich fände es besser, wenn du deine Zitate kennzeichnest, von wem sie stammen. Da hätte ich bei der Quelle gerne noch einmal im Zusammenhang nachgelesen.
Auch ich finde diese Schwarzweißmalerei oft belastend. Gestern gab es bei Phönix eine interessante Diskussion, u.a. mit Herrn Gauck, in der es auch um diese Verklärung ging. Vielleicht wird das noch irgendwann, irgendwo wiederholt. Das nur als Tipp für Interessierte.

Die Sendezeit morgen ist nicht unchristlich, weil du einen Termin hast. Leider habe ich kein Kabel von der Anlage an meinem PC, sonst könnte ich auch mitschneiden.
 
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Ein Glück, dass ich noch ein Kassettendeck in meiner Compactanlage habe...

An meiner Schule gab es eine strenge Direktorin. Während Freunde von mir mit mir in Polen waren und sich Bermuda-Shorts mit Pepsi-Aufdruck kauften, kam das bei mir nicht in die Tüte, weil ich diese Hose nie und nimmer in der Schule hätte anziehn können, im Gegensatz zu den Freunden.
 
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Kameraperspektive, Farbe und Berichtstil waren eben irgendwie typisch DDR.

Typisch DFF, würde ich eher sagen. An den beiden ersteren Sachen hat sich nämlich bis zum bitteren Ende nichts wesentliches geändert. Ich weiß heute noch, wie mich nach der großen Umschaltung im ersten Programm die Lottozahlen aus Frankfurt mit ihrem quietschbunt anmutenden Bild irritierten.

Auf der genannten DRA-Seite stehen auch längere Aufzeichnungen aus der Volkskammer. Ist ganz interessant, da mal genauer wiederzusehen, wie der DFF so etwas aufgenommen hatte. Ruhige Kameraführung, viele Einstellungen mit langen Brennweiten usw.


Um eins nur mal noch zu sagen: Diese Aids-Kampagne fand bei mir sehr wohl statt, und zwar im Schulunterricht. Daher weiß ich auch davon. Ich weiß aber auch, dass das an anderen Schulen damals durchaus anders gehandhabt wurde.

Nämlich, indem es keine derartige Kampagne gab.

Darüber sollte nun niemand überrascht sein. Man hüte sich davor, Beobachtungen von nur einer Stelle für repräsentativ für die ganze DDR zu halten. Auch da gab es bemerkenswerte, nicht zu vernachlässigende Unterschiede.

Erst viel später wurde mir bekannt, dass es im damaligen Lehrkörper einige sehr heiße Diskussionen darüber gegeben haben soll, ob man das nun macht oder nicht.

Da es halt nicht von den Leuten des lila Drachens angewiesen war.

Das Schreckgespenst von drakonischen Strafen und Senderstörungen etc. hörte wohl irgendwann in den 70ern auf.

... und PAL-Decoder tauchten in den Fernsehern auf. Ist übrigens keine DDR-Spezialität, in der Tschechoslowakei waren ebenso Fernseher mit beiden Tonnormen und Farbsystemen handelsüblich.

Mir ist nur dieses starre, verkrustete Bild der vorwiegend westdeutschen Medien von der DDR schlicht zu blöd.

Siehe auch diese vollkommen sinnlose Diskussion um die Wortschöpfung „Unrechtsstaat“, die immer nur Dinge betrifft, mit denen die jeweils diskutierenden Personen nichts zu tun hatten.
 
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Mir sind nur manche Betrachtungen des ganz normalen Alltagslebens in diesem Staat DDR einfach zu schwarz/weiß.


Das sehe ich ebenso, obwohl man immer auch die jeweilige Zeit betrachten muß. In den frühen Achtzigern - und ich kann natürlich nur für mich sprechen - war "Westfernsehen" jedenfalls kein Problem mehr. Ich hatte zwar einen Blogeintrag angedroht, aber wenn wir schon so gemütlich zusammensitzen, kann ich meine Stories auch gleich hier erzählen.


Ende 1981 sind meine Eltern nach Leipzig-Grünau gezogen. Ich ging daher bis Mitte 1983 dort in Grünau in eine Neubau-Schule. Da die Schule neu war und sich die Klassen erst langsam füllten, war das am Anfang relativ langweilig. Mein Physiklehrer hatte die rettende Idee und gründete eine Arbeitsgemeinschaft. Diese hieß bedeutungsschwanger "Musik & Film". Da sich kein anderer (Dummer) gefunden hat, wurde ich dann auch gleich Vorsitzender dieser AG. ;) Damit verbunden war natürlich der Aufbau der PA auf dem Schulhof, wenn es mal wieder etwas zu feiern gab oder Freiheit für *wasweißichwen* gefordert wurde. Ihr kennt das sicher.

Nun, in der Schule in "Schlammhausen" füllten sich langsam die oberen Klassenstufen und irgendwann mußte auch ein Freizeitangebot her - sprich Disco im Speisesaal. Nachmittags, selbstverständlich. Kein Problem - das übernimmt die AG "Musik & Film", meinte mein Pluspunkte sammelnder Physiklehrer. Und da sich wiederum kein anderer Dummer gefunden hat...

Jedenfalls durfte ich ein schuleigenes TESLA-Tonbandgerät mit nach Hause nehmen und hab damit praktisch nur Westmusik von NDR2 und HR3 aufgenommen - und später während der Schuldisco abgespielt. Ich erzähle sicher nichts neues, wenn ich erwähne, daß die "Crowd" während "Ich will Spaß" immer schön an der Stelle "Deutschland, Deutschland - spürst du mich" mitgesungen hat...

Eigentlich hat sich niemand über die gespielte Musik aufgeregt: 60:40 Quote? Was ist das? Das hat keine Sau interessiert. ;)




Und wie sich die SED-Betriebsparteileitung im Jahre 1984 schützend vor den kleinen Zwerg gestellt hat, weil er eine "Westantenne" auf dem Dach installiert hat, erzähle ich euch später.



Grüßle Zwerg#8
 
AW: Samstag, MDR Figaro: Wiederhören mit DT 64 zur Wendezeit

Und wie sich die SED-Betriebsparteileitung im Jahre 1984 schützend vor den kleinen Zwerg gestellt hat, weil er eine "Westantenne" auf dem Dach installiert hat, erzähle ich euch später.

Alles Verklärung, was Du hier betreibst! :wow:

Im Ernst, statt ewig in der Vergangenheit rumzustochern und Stasi-Leute in der West-Polizei zu entlarven sollten wir uns lieber den gegenwärtigen Problemen stellen, die höchstwahrscheinlich erst nach der Bundestagswahl wirklich auf uns zu kommen werden. Aber diese interessieren die BRD-Führung ebensowenig wie Glasnost/Perestroika und die Ausreisewelle 1989 die damalige DDR-Führung interessierten.

Wie sagte "Herbst in Peking"-Sänger Rex Joswig (jahrelang übrigens bei DT64 "Grenzpunkt Null") diese Woche im ARD-Morgenmagazin treffend: "Auch dieser Laden (gemeint ist die BRD 2009, Wuffi) steht schon wieder vor dem Konkurs." Siehe Link ganz am Ende.

http://mediathek.daserste.de/daserste/servlet/player?vcrid=crid://daserste/Morgenmagazin/090685376
 
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