Schelte oder Denkanstoß

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PFL

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wir diskutieren hier ja desöfteren über qualität und niveau im radio. hier die meinung einiger landesmedienanstalten:

Erfurt/Leipzig (ddp). Die Landesmedienanstalten von Thüringen,
Sachsen-Anhalt und Sachsen warnen vor einer zunehmenden Gewalt im Radio. Eine gemeinsam in Auftrag gegebene Studie belege, dass besonders Spartensender für Jugendliche und Musiksender verstärkt auf Provokation und verbale Entgleisungen setzten, sagte der Chef der Thüringer Landesmedienanstalt, Victor Henle, am Donnerstag der Nachrichtenagentur ddp in Erfurt. "In den vergangenen drei Jahren gab es eine völlige Veränderung in der Sprache und der Art der Moderation", sagte Henle.

Laut Henle werden in den Moderationen, bei Höreraktionen, in den Nachrichten und in den Musiktiteln immer wieder Schmerzgrenzen überschritten. "Hörer werden am Telefon als 'behinderte Spastis' beschimpft, die Moderatoren begegnen dem Publikum unter dem Deckmäntelchen des Spaßes mit Häme, eine dominante Männerrolle wird propagiert", beklagte Henle. Manche Äußerungen und Musiktexte überschritten die Grenzen zur Gewaltpornografie. Einige gespielte Musiktitel stünden auf dem Index der Jugendprüfstelle.

Als besonders bedenklich bezeichnete es Henle, dass die
Spartensender bewusst die Orientierungssuche ihrer jugendlichen
Zielgruppen zwischen 12 und 24 Jahren und deren Abgrenzungsversuche gegenüber der Elterngeneration ausnutzten. So sei ein Programm mitden Worten "Hier ist der Sender, bei dem Deine Eltern kotzen" beworben worden. Die Hörer würden nicht ernst genommen und bei Telefonaktionen selbst junge Anrufer mit wirklichen Problemen herablassend und beleidigend abgefertigt.

"Die Eltern ahnen oft gar nicht, was ihre Kinder da hören", sagte
Henle. Wegen der einseitigen Musikausrichtung würden die
Spartensender nur von sehr jungem Publik konsumiert. Daher gebe es auch keine Beschwerden, auf Grund derer die Landesmedienanstalten aktiv werden könnten.

Absoluter Vorreiter der negativen Entwicklung war laut Henle der inzwischen nicht mehr verbreitete Sender Project 89 aus
Sachsen-Anhalt. Dieser habe sich bewusst als Tabubrecher etablieren wollen. Auch bei Energy Sachsen, dem thüringischen Top 40 und dem hessischen Planet Radio seien gewaltverherrlichende Tendenzen festgestellt worden. Selbst der öffentlich-rechtliche Musiksender MDR Jump sei wegen seiner teils heftigen Sprache zu kritisieren. "Gewalt ist aber auch, wenn Hörer bei der Landeswelle Thüringen Würmer essen oder Moderatoren nackt arbeiten müssen", gab Henle zu bedenken. Die Sender wollten oft um jeden Preis auffallen, um in den Medienanalysen bei der Frage "Schon mal gehört?" möglichst viele Nennungen zu erzielen.


das ist doch mal eine quasi "offizielle" diskussionsgrundlage. wäre doch mal interessant, was ihr darüber denkt. machen wir uns wirklich zur nutte des schlechten geschmacks für ein paar prozent mehr quote oder haben sich einfach die zeiten geändert? ist der hörer nur noch stimmvieh oder doch noch kunde? müssen wir auffallen um jeden preis oder haben es einige (mods/berater/pds) verlernt gutes bzw gut gemachtes professionelles radio zu machen? ich bin gespannt auf eure meinungen.

gruß

pfl
 
Beginn eines Beitrags mit „Radiobezug“

Ich finde es auch schlimm, wenn bei den Energy-Nachrichten in Sachsen über „Schwanz“-Vermessungen in Indien berichtet wird.

Ende eines Beitrags mit „Radiobezug“
 
KISS FM wirbt für seine MoShow unter anderem mit dem Slogan "Nie war Radio schmutziger!". Noch Fragen?

Ich hätte noch eine: Die Landesmedienanstalten warnen? Und warum, bitte, schreiten sie nicht ein? Soweit ich weiß, sind sie doch auch für die Überwachung der Einhaltung von Lizenzauflagen zuständig. Dann müssen sie halt mal ein Exempel statuieren und einem Sender die Lizenz wegnehmen - die Anderen werden sich dann schon überlegen, ob die hier beschriebene Art der "Höreransprache" die richtige ist.
 
Original geschrieben von PFL keine Beschwerden, auf Grund derer die Landesmedienanstalten aktiv werden könnten.
Lieber Karl-Eduard, da liegt doch das eigentliche Problem. Warum klingt LMA so ähnlich wie LmaA? Wenn die Herrschaften wollten, könnten sie sich selber ne Beschwerdemail schicken und aktiv werden. Ich halte die Beschwerde über die "Verrohung" des Radios für lächerlich - denn genau diejenigen, die sich da beschweren, haben den Mist verbrochen. Und sie könnten auch etwas ändern, wenn sie denn wollten.
haben es einige (mods/berater/pds) verlernt gutes bzw gut gemachtes professionelles radio zu machen?
Nein, sie haben nur gelernt, dass professionelles Radio angeblich etwas Anderes ist als früher.
 
Es ist erschreckend, wie weit Gewalt in den Alltag vorgedrungen ist. Gewalt, die von den meisten gar nicht mehr als Gewalt erkannt wird. Da muß man gar nicht ins Radio gehen, ein Blick in die Schulen reicht. Weniger als 5% aller Lehrer erreichen ihr Rentenalter ohne deutliche gesundheitliche Schäden. Viele haben einen dauerhaften Streßlevel von 100% - auch nachts, selbst im Tiefschlaf (gibts Studien darüber, basierend auf Hautwiderstandsmessungen). Lehrer, die knallhart den Unterricht als "Krieg" akzeptieren, einfach ihre Stunden durchziehen und sich anschließend nicht weiter darum kümmern, fahren in der Tat gesünder - erschreckenderweise ist dieses Schutzverhalten inzwischen zwingend notwendig.
Die Schüler agieren ihre Konflikte mit Elternhaus und Gesellschaft untereinander und an den Lehrern ab, mißbrauchen sie als Projektionsflächen. Und diese Konflikte scheinen massiv an Intensität zu gewinnen. Kinder sind die besten Indikatoren für alles, was in Beziehungen nicht stimmt, weil sie ihr gesundes "Bauchgefühl" noch nicht wie die meisten älteren Menschen abgespalten haben. In der Mittelstufe dürfte dieser ungesunde Prozeß aber vollständig vollzogen sein, dann hat man es mit zutiefst neurotischen Jugendlichen zu tun. Ich hatte letztens das zweifelhafte Vergnügen, mit einer Gruppe 14-jähriger eine Besichtigung unserer Räumlichkeiten auf Arbeit durchführen zu müssen. Fazit: Null Interesse, aber das Abwehrverhalten war bemerkenswert. Die sagen nicht, daß es sie nicht interessiert (das hätten alle Beteiligten zu akzeptieren), die beginnen einfach, den Vortragenden anzugreifen, versuchen, ihn verbal zu verletzen, lächerlich zu machen und in den Dreck zu ziehen. Ich konnte beobachten, wie die Lehrerin vor Verlegenheit schwitzte und schließlich 2 besonders aggressive Schülerinnen vor die Tür brachte und ihnen eine Hausarbeit als "Strafe" aufbrummte - und natürlich ihrerseits mit solchem Verhalten bedacht wurde.
Das gezeigte Verhalten der Abwehr durch Herabwürdigung war offenbar der einzige Weg, das als Kind in den völlig kaputten Elternhäusern erfahrene Leid abzuwenden oder abzumildern, nicht an sich ranzulassen. Mit zunehmendem Alter hat der Mensch eigentlich "erwachsene" Formen der Abgrenzung zu bieten, die wichtig und völlig gesund sind. Diese Umgangsformen sind jedoch absolut nicht ausgebildet, ebenso das Bauchgefühl, das frühzeitig unter "das darf nicht" einsortiert und letztlich abgespalten wurde.

In den Köpfen vieler Jugendlicher herrscht Dauerkrieg. Sie sind in Abwehr gegen alles und jeden. Zugefügtes Leid wird nicht als solches erkannt und angemessen zurückgewiesen, da sie als Kinder erfahren mußten, daß es davor kein Entrinnen gibt, daß ihre ICH-Grenze nicht akzeptiert wird. Folglich rennen viele Jugendliche innerlich "bis an die Zähne bewaffnet" herum. Da wird dann halt auch die "Fuck You" - Hotline eines sich als falscher Freund anbiedernden Radiosenders dankbar als Projektionsfläche für die (berechtigte, aber völlig falsch adressierte) Wut angenommen. Eigenes Leid zu erkennen und dabei bei sich zu bleiben, ist eine der schwersten Übungen. Alles, was den damit verbundenen Schmerz nicht wahrnehmen läßt, ist willkommen - nicht nur bei der jungen Generation. Daß die Medien auf diesen Zug aufspringen, weil sich aus diesem Grundbedürfnis Quote machen läßt, ist demnach folgerichtig und marktwirschaftlich zwingend. Letztlich sind auch die, die Programmentscheidungen treffen, in diesen Kreislauf eingebunden, agieren teils in der Abwehr eigenen Schmerzes.

Und nun fordert der Medienexperte der PDS-Fraktion im Sächsischen Landtag, Heiko Hilker, "ein Kinderradio mit öffentlich-rechtlichem Anspruch" - und schießt damit in die falsche Richtung. Ein Entzug der Projektionsflächen für Wut verdrängt die Auswirkungen der oft hochgradig neurotischen Mutter-Kind-Beziehungen nur in andere, vielleicht nicht so offensichtliche Bereiche. Eine scheinbare "Alternative" ohne Beendigung der anderen Angebote würde gar nicht erst angenommen. Der einzige Weg aus diesem Teufelskreis heißt psychosoziale Prävention - und die fängt in den Familien an, _bevor_ Kinder gezeugt werden. Unter gesunden Verhältnissen aufgewachsene Menschen erkennen sehr klar (und ohne den Kopf benutzen zu müssen), was ungesund ist und was nicht. Damit erübrigen sich Projektionsflächen für Gewalt von sich aus - sie würden nicht angenommen.
 
Bin tief beeindruckt, Radiowaves. Sehr treffend auf den Punkt gebracht. Bin gerade an einem Anti-Gewalt-Projekt beteiligt und mache bei verschiedenen Jugendprojekten genau dieselben Erfahrungen.
Ob die bösen Medien an dieser Entwicklung schuld sind, weiß ich nicht. Zumindest sind sie es nicht alleine. Sie spiegeln aber die derzeitige Realität wieder und sind damit Teil des Kreislaufes: "Wir senden, was angesagt ist. - Weil die es senden, ist es angesagt."
Raab&Co verkauft sich einigermaßen gut, und die Radiosender sind mit dabei. Sidekicks sind oft genug die "Deppen" oder diejenigen, die dem Anchor mal so richtig ans Bein pinkeln müssen. Dramaturgisch gut, keine Frage. Aber nötig? Und gar noch intelligent? Kaum, finde ich. Der coolste Spruch ist meist der bösartigste. Sachlich und rhethorisch gutes Kontern, das wär mal ne hübsche Sache. Nach meinem Eindruck geht die Sprachfähigkeit aber immer weiter zurück, gleichzeitig erhöht sich die Gewalt in der Kommunikation. Schlüssige Konsequenz.
Und Radio ist derzeit leider nun wirklich nicht der Ort, in dem Sprachfähigkeit vermittelt wird. Obwohl die Möglichkeit bestünde, selbst im Flachfunk, findet der beobachter.
 
Original geschrieben von Radiowaves
Daß die Medien auf diesen Zug aufspringen, weil sich aus diesem Grundbedürfnis Quote machen läßt, ist demnach folgerichtig und marktwirschaftlich zwingend. Letztlich sind auch die, die Programmentscheidungen treffen, in diesen Kreislauf eingebunden, agieren teils in der Abwehr eigenen Schmerzes.
Haben die Programmverantwortlichen wirklich einen solchen Generalfreispruch verdient? Mein Eindruck ist jedenfalls, daß es sich in solchen Fällen um eine zielgruppenorientierte Höreransprache handelt, die sehr kühl und in voller Absicht so geplant wurde.

Und nun fordert der Medienexperte der PDS-Fraktion im Sächsischen Landtag, Heiko Hilker, "ein Kinderradio mit öffentlich-rechtlichem Anspruch" - und schießt damit in die falsche Richtung. Ein Entzug der Projektionsflächen für Wut verdrängt die Auswirkungen der oft hochgradig neurotischen Mutter-Kind-Beziehungen nur in andere, vielleicht nicht so offensichtliche Bereiche. Eine scheinbare "Alternative" ohne Beendigung der anderen Angebote würde gar nicht erst angenommen.
Bleiben wir hier einmal bei der Rolle der Medien, alles andere sprengt den Rahmen dieses Forums völlig. In der Tat, die Alternative würde ohne Beendigung der anderen Angebote erst garnicht angenommen, einmal ganz davon abgesehen, daß es sie durchaus gibt. Zu denken ist da an Sendungen wie Kakadu in dem Programm, dessen Schreibweisen-Standardverballhornung an dieser Stelle unangemessen wäre, oder auch Zappelduuuuuuster auf Antenne Brandenburg.

Und an dieser Stelle kommen nun die Landesmedienanstalten ins Spiel. Zu Thüringen kann ich nichts sagen, außer daß eine nähere Beobachtung von Top 40 wohl wirklich einmal interessant wäre. In Sachsen-Anhalt ließ man Hit-Radio Brocken mit seinem Project 89.0 Digital gewähren. In Sachsen gab es nach einer Entgleisung bei NRJ ein bißchen Dudu und Beteuerungen einer Führungskraft (PD oder GF, kann mich nicht mehr an Einzelheiten erinnern), "sehr ernst" mit der Frühmoderatorin Friederike gesprochen zu haben, womit sich der Fall erledigt hatte.

Was bleibt ist somit die Feststellung, daß das wahrlich herzzerreißende Krokodilstränen sind, welche die drei LMA's da vergießen.
 
AW: Schelte oder Denkanstoß

Im Verhältnis was Rush Limbough, Howard Stern oder Michael Savage von sich geben, ist Radio bei uns noch immer ein Honigschlecken.

Es wird in dieser Diskussion ähnlich viel in einen Topf geworfen wie beim Start der Rock-Kultur, der Beat-Ära, bei der Punk-Bewegung, bei House etc. Immer versucht die ältere Generation die jüngere an ihren Maßstäben zu messen. Fragen wir doch mal die 12-19 jährigen, ob sie sich durch Gewalt im Radio belästigt fühlen, ob sie schlaflose Nächte haben, wenn Dörti Dani ein Schaf im Radio schlachtet.

Im übrigen schließe ich mich meinen Vorpostern an: Die LMA´s haben ihre Glaubwürdigkeit mit "Das ist aber ur-arg, wir sind die Aufsichtsbehörde und tun aber nix" an den Nagel gehängt.
 
AW: Schelte oder Denkanstoß

ich schliesse mich radiowaves im grossen und ganzen an, möchte aber auf ein allseitsbekanntes "problem" hinweisen:

was auf den meisten jungendsendern hierzulande gespielt wird, lässt sich ausser hier in good ole germany seltenst im radio hören und wenn dann als zugepiepster oder abgemuteter titel. gepiepst und ausgefadet wird nicht nur bei themen wie gewalt, sondern auch im bereich verharmlosender umgang mit drogen, sexuell bezogene aussagen und beleidigungen anderer personen.
es handelt sich dabei in erster linie um diese art von musik, die mit dem netten aufkleber "parental advisory - explicit lyrics" beklebt wurde - in zahlen: mehr als 50% des gesamten genres "black music".
frage man bitte mal heute einen erziehungsberechtigten, ober eigentlich im wissen darüber steht was:
a) der aufkleber auf der cd/platte ihm in seiner funktion als erziehungsberechtigter sagen möchte;
b) er eine ahnung hat, was in den textinhalten dieser musik abgehandelt wird;
c) wie sein nachwuchs unter der volljährigkeitsgrenze denn überhaupt an solche titel herangekommen ist.

wie cool gerade dieses image der "alles-ist-erlaubt-generation" ankommt sieht man täglich:
-viva berichtet über "angesagte" rapper und zeigt sie dabei noch fröhlich kiffend in ihrer behausung
- die bravo interviewt berliner hiphopper und rapper, die dem "null-bock"-leben fröhnen (fernsehen, nintendo, kiffen, saufen, poppen) und adelt sie in art der berichterstattung noch zu helden und vorbildern
- in einer früheren ausgabe wird das komplette vorstrafen- und strafenregister des "wu-tang-clan" veröffentlicht. aufmacher in etwa "und so hart sind die jungs wirklich". wieder ein ritterschlag
- videoclips von heute ersetzen fast jedes gängige schmuddelfilmchen. statt pay-porno-kanälen bleiben viva für die subtilen und arte für die kredibil-erotiker

das verheerende ende der schraube: klar ist mit diesem trend geld zu verdienen, was man einem wirstschaftlich orientierten unternehmen ja auf keinen fall absprechen will. aber die jugend eifert eben den neuen ikonen zu schnell hinterher und machts nach.


was ich damit sagen wollte ist, dass die meisten "kids" heute wohl doch eher unterbewusst diese bereitschaft zum gewaltpotential hinsuggeriert bekommen. dadurch dass das zeug von vorne bis hinten präsent ist, wird es automatisch verharmlost. es ist wie mit dem rauchen: schaff einer mal die automaten ab und weniger jugendliche werden es anfangen, da das angebot die nachfrage zu befriedigen erschwert wird.
selbes thema, anderes beispiel: da regt sich neulich eine mutter auf, dass ihre tochter (etwa 13) "halbnackt" auf einem fischerfest erscheint und rastet aus. sorry, so kriegen sie es nunmal als "in" verkauft und wer "in" und "cool" und "dabei" sein will, der muss da eben durch. so ist es nunmal.

ich hätte nichts dagegen dem heutzutage angesagten "mainstream" (und daher rührt des feuers hitze !) etwas dickere daumenschrauben anzulegen. alleine die tatsache, dass man das gross der us-stars dieser schiene im eigenen land nicht kennt, hat auch eine deutlich begründete ursache: aufgrund ihrer darstellung und aussagen kriegen diese "stars" ihr airplay allenfalls unter auflagen, wenn überhaupt. in europa kann man dagegen aber die schiene fahren, also über den teich damit. es ist nicht so, dass der prophet im eigenen land nichts gilt, man will ihn dort nur nicht so laut propehzeihen hören. wenn er das bei uns europäern doch fast ungebremst darf und dafür noch den teppich ausgerollt bekommt (legendär und vorzeigebeispiel: eminem bei stafen raab) ist klar welchen weg er einschlägt.

ich bin mit absoluter sicherheit kein moralapostel oder spiesser und ein sehr offener mensch. aber gewisse dinge übersteigen einfach den horizont dessen, was mein gefühl mir sagt zu akzeptieren. wir bekommen immer mehr die amerikanischen verhältnisse und das begann mit eben dieser musikbewegung. solange nicht die medien in der lage sind diesem erschreckenden fortschritt einhalt zu gebieten... wer soll es denn bitteschön dann noch tun ???

eins trifft mich angesichts dieser langjährigen beobachtungen und in diesem zusammenhang besonders ins herz: als anhänger und repräsentant der elektronischen musik finde ich es entwürdigend und diskreminierend zu sehen, wie auf unsere szene regelrecht zur jagd geblasen wird und das bei jeder nur erdenklichen gelegenheit. man hat manchmal den eindruck, dass man diese szene regelrecht auslöschen und ersticken möchte, sie zum sündenbock für alles macht und sich immer schön an den gleichen alten klischees hochzieht. die zunehmend schrumpfende elektronische gemeinde wird drangsaliert und zerpflückt wo es nur geht.

dem "wannagannahanna"-mainstream rückt man aber nicht zu leibe, wobei sich da bei genauem hinsehen ein vielfaches an ärgernis erkennen lassen würde. schliesslich wird mit dieser "masche" aus "sex - crime - rudelbums" auch nicht wenig geld umgesetzt. alleine dieses thema brennt in mir wie feuer und stösst auf gänzliches unverständnis.

das war jetzt viel text, ich hoffe dennoch, dass man verstanden hat worauf ich hinaus wollte. ich sage nicht dass man es verbieten soll, gottbewahre, aber etwas mehr achtsamkeit im umgang unsererseits würde vielleicht auf der anderen seite durchaus positive anschläge wecken - hoffentlich unterbewusst eingeatmet und extrovertiert gelebt.

abschliessend: ich denke nach wie vor, dass ein grossteil die provokation der andersartigkeit weniger als protest sucht, sondern eher um dem angesagten leitbild zu entsprechen. sicher gibt es auch andere fälle, aber die unterliegen meiner meinung nach deutlich.


diggy
 
AW: Schelte oder Denkanstoß

Diggy schrieb:
was auf den meisten jungendsendern hierzulande gespielt wird, lässt sich ausser hier in good ole germany seltenst im radio hören und wenn dann als zugepiepster oder abgemuteter titel.
Ich vermute, daß das anders wäre, wenn dieselben Texte auf Deutsch vorgetragen würden.

Statt einer weiteren Antwort (die müßte nämlich lang werden) die beigefügte Graphik, falls dieser alte Hut wirklich noch nicht bekannt sein sollte. Ich würde übrigens vermuten, daß er über den großen Teich gekommen ist ...
 
Die Menschlichkeit ...

Liebe Gemeinde, ich grabe diese Diskussion hier aus aktuellem Anlaß nochmals aus, und zwar nach der Eskalation des Themas Was passiert da gerade bei BIG FM?. Für mein Empfinden ist dieser Veranstalter beim Herumtrampeln auf den Gefühlen anderer Menschen kein unbeschriebenes Blatt, wenn ich daran denke, auf welch' luschtige Art und Weise der Sendestart auf den Frequenzen des früheren RPR 2 zelebriert wurde; zur Erinnerung sind die fraglichen Äußerungen hier nochmals beigefügt.

Was haben wir nun erlebt: Hörer rufen im Sender an, um mitzuteilen, daß ein gesendetes Liebesgedicht zum Doppelselbstmord eines Paares geführt habe; so zumindest das, was ich aus dieser insgesamt eher verworrenen Diskussion herausgelesen habe. Was nun folgte würde ich so beschreiben, daß der Moderator mit dieser Mitteilung offensichtlich nicht umgehen konnte. Vielleicht war sie ein zu unverhoffter Einbruch in eine coole und hippe Scheinwelt, die dieser Sender ja ansonsten zu leben scheint. Wie dem auch sei: Wie ist Big FM letztlich damit umgegangen? Anscheinend überhaupt nicht; der Zusammenbruch des Moderators blieb das einzige, was man davon hörte bzw. las, oder kam doch noch etwas?

Was nun die Diskussion angeht, so stelle ich fest, daß Mitarbeiter von Big FM offensichtlich nicht als Menschen wahrgenommen werden (da will ich mich selbst überhaupt nicht ausnehmen). Das ist natürlich ein Zustand, der schwer erträglich sein dürfte, wenn man die Menschen als solche zu sehen, zu hören oder auch nur zu lesen bekam, aber eines möchte ich dennoch anmerken: Für mein Empfinden würde man es sich zu einfach machen, wenn man sie als Opfer ansieht. Denn daß dem so ist, das dürfte auch etwas mit dem Programm zu tun haben, das sie gestalten bzw. wie sie es gestalten. Der nächste Punkt ist dann natürlich, daß sie das nicht im luftleeren Raum tun; die elektronischen Medien sind ein empfindlicher Indikator für den Zustand einer Gesellschaft, falls das jemand noch nicht gewußt haben sollte...

Soweit meine Meinung, die noch damit zu komplettieren wäre, daß ich das nur für die durch Zufall ins grelle Licht gerückte Spitze eines Eisbergs halte. Nun die Frage: Wie kam es dazu, daß die Menschlichkeit auf der Strecke blieb und bleibt?
 
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