Seltsamer Lösungsansatz eines Technikers?

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Gabriel538

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Liebe Kollegen,

An erster Stelle möchte ich Euch ein gesundes und erfolgreiches neues Jahr wünschen.

Seit gestern Nachmittag weist unser „Musik-Server“ sehr lange Zugriffszeiten auf. Im Laufe des heutigen Vormittags wurde die Länge der Zugriffszeit so unerträglich, dass ich mich gezwungen sah, einen „externen Techniker“ in den Sender zu bestellen, da sich „mein Haustechniker“ stationär im Krankenhaus befindet.

Ich möchte mich gerne mit einigen Frage an Euch wenden, welche sich durch das Gespräch mit dem Techniker ergeben haben:

Unser Musik-Server speichert alle Audiobeiträge mitsamt Stammdaten (Titel, Interpret, Kategorie, usw...) zentral im Datenbankmanager. Alle Software-Module der SAS stehen in Verbindung mit dem Datenbankmanager um Änderungen oder Suchanfragen an den Stammdaten vorzunehmen. Die Datenbank selbst in ein Client/Server-System. Anfragen der Benutzer greifen also nicht direkt auf die Datenbank zu, sondern richten die Anfrage an den Datenbankmanager der dann die entsprechenden Datensätze bearbeitet. Das Problem mit den Zugriffszeiten macht sich zum Glück „on air“ nicht hörbar (z.B.mit „Drop-Outs“), da alle auszuspielenden Beiträge auf der lokalen Festplatte des Senderechners vom Archivserver „vorgepuffert“ werden.

Der Techniker konnte das Problem mit den Zugriffszeiten zwar auch nicht lösen, doch kam er zu einer Art „Verdachts-Diagnose“ (mitsamt Problemlösung) die für mich einige Unklarheiten aufweist:

Unsere Datensätze liegen grundsätzlich als WAV vor. Der Techniker meinte, dass sich aufgrund des Einsatzes von WAV-Files eine „erhöhte Datenmenge“ ergibt und dies zu einer „erhöhten Fragmentierung“ der Netzwerkplatten führe. Er empfahl von Tools wie „Disk Defrag“ und „Registry-Cleaner“ Gebrauch zu machen, um das Problem zu lösen. Im nächsten Moment fragte er mich, ob wir unsere Audiobeiträge mit einem Schnittprogramm vor dem Einspielen in die Datenbank „korrigieren“. Auch wenn es eher unüblich und zeitraubend ist, so bereiten wir tatsächlich jedes File vor dem Einspielen auf, indem wir u.a. die „stille Zeit“ am Anfang und Ende der Beiträge wegschneiden. Nachdem ich seine Frage bejahte, änderte der Techniker seine Meinung: Er sagte mir, dass WAV-Files am Anfang und Ende eine „Mindeststille“ von 2 Sekunden aufweisen „müssen“, da es ansonsten bei einer Defragmentierung der Daten zu „Störgeräuschen“ in den Musikdateien kommen kann.

Ich bin kein Techniker. Und es kann gut sein, dass ich mich täusche oder etwas falsch verstanden habe. Aber laut meinem technischen Verständnis sollten Festplatten mit Musikdateien ohnehin nicht mit Defragmentierungs-Software "bearbeitet" werden?

Das WAV-Files diese Mindeststille im Bezug auf eine Defragmentierung haben sollten - da es ja sonst zu „Störgeräuschen“ kommen kann - ist mir völlig fremd. Ich habe das heute zum ersten Mal gehört und kann es nicht ganz nachvollziehen, denn das würde doch bedeuten, dass eine Defragmentierung die Inhalte einer Datei ändern oder gar ansatzweise zerstören würde, oder?

Von Registry-Cleaner und anderen „Optimierungstools“ halte ich grundsätzlich nicht viel. Ich kann mir nicht vorstellen, dass der Einsatz solcher Software im Bezug auf Rechengeschwindigkeit, Zugriffszeit oder System-Performance die Leistung steigert. Wenn ich es richtig verstehe, dann ist die „Registry“ von Windows doch auch nur eine Datenbank? Da frage ich mich wie es (technisch) möglich sein kann, dass „Registry Einträge“ eine Auswirkung auf die Systemperformance haben ? Sind es nicht eher Programme oder Dienste die einen Rechner langsam machen?

Wie schon gesagt: Es ist gut möglich das ich etwas falsch verstanden habe oder mit meiner Meinung auf dem Holzweg bin. Gerade bei Themen wie „Disk-Defrag“ oder „Registry-Cleaner“ scheiden sich ja die Geister... Ich frage mich, ob der Lösungsansatz dieses Technikers „inhaltlich“ richtig sein kann? Und da mein technisches Verständnis begrenzt ist, möchte ich lieber mal nachfragen, ob mir vielleicht bitte jemand hier im Forum weiterhelfen kann, wie die „Richtigkeit der Aussagen“ dieses Technikers zu „bewerten“ sind?

Liebe Grüße,
Gabriel
 
Das WAV-Files diese Mindeststille im Bezug auf eine Defragmentierung haben sollten - da es ja sonst zu „Störgeräuschen“ kommen kann - ist mir völlig fremd.
Und das ganz zu Recht!

Es gab lediglich mal den Ansatz eines sogenannten "Optimierten Headers", was meinte, dass der Header einer Wave-Datei auf die volle Größe eines Clusters auf dem Datenträger aufgeblasen wird. Das hat sich aber nie durchgesetzt, da das Headerformat genormt ist und die Audiodaten direkt hinter ihm beginnen. Ausspielsoftware hätte also stets so programmiert werden müssen, dass es die Audiodaten formatwidrig irgendwo in der Botanik sucht, außerdem bringt das wenig, wenn man die Dateien auf Datenträger kopiert, die andere Clustergrößen verwenden.

Als Stille am Anfang und Ende eines Waves haben sich indes zumindest ein paar Millisekunden durchaus bewährt, da es angefangen von CD-PLayern bis hin zu einigen Ausspielprogrammen (in Verbindung mit Audiohardware zu betrachten) immer mal welche gibt, die bei Ausspielstart ein paar Buffer initialisieren, in denen ein paar Millisekunden verloren gehen können. Über die Jahre der Arbeit mit dem Zeug habe ich die Erfahrung gemacht, dass 40...50 ms aber reichen, um alle zu befriedigen und abgehackte Titelstarts zu vermeiden.

Zu unterscheiden ist bei Stille aber noch zwischen der einen und der anderen. Die eine Art Stille meint die digitale Null, also wirklich das reine Nichts. Mir persönlich ist diese aber nicht die angenmehmste. Ich beorzuge bei jeder Arbeit an digitalen Signalen das Noise Shaping. Dessen eigentlicher Zweck ist es, nach dem Dithern bei Reduktion der Auflösung (Bittiefe) dem Signal ein extrem niederpegeliges Rauschen beizufügen, um damit die unvermeidlichen digitalen Artefakte zu überdecken. Je nach Software und ggf. deren Einstellung verhindert dies aber gleichzeitig eine digitale Null, was in jedem Fall eine Fehlinterpretation bei Software und Wandlern verhindert.

Ein Fade-In und -Out von einigen Millisekunden ist also die sicherste Methode, Störgeräusche von vorn herein zu vermeiden.

Ansonsten ist eine Wave-Datei für das Dateisystem auf dem Datenträger nichts anderes als jede andere auch. Wenn Du also auf ein und demselben Datenträger nicht nur ablegst, sondern auch editierst, ist es sehr wahrscheinlich, dass über die Laufzeit des Gesamtsystems das Dateisystem zunehmend fragmentiert. In welchem Umfang das geschieht und wie dramatisch sich das auf Ladevorgänge auswirkt, ist unmöglich abzuschätzen.
Sich den Datenträger mit Defrag zumindest einmal anzusehen und gegebenfalls tatsächlich neu zu ordnen, ist aber auf jeden Fall nichts, was man nicht auch als Laie einfach mal machen kann.

Was die Registry anbelangt, müsste man wissen, was die schon alles hat "erleben" müssen und ob sie der Gefahr drastischer Vermüllung und Fragmentierung überhaupt ausgesetzt war.
Die gesunde Skepsis gegenüber entsprechen Cleaningtools ist durchaus berechtigt, wobei die Erfahrung gelehrt hat, dass es auch hier diese und diese gibt. Die Gefahr, Windows mit so einem Tool unbrauchbar zu machen, hängt von der Eingriffstiefe ab, also davon, was der Softwarehersteller sich selbst und seiner Software zutraut, und wovon er lieber gleich die Finger ließ. Aber auch hier gilt: Eine Analyse ist das eine, die Durchführung einer "Reparatur" etwas anderes.
 
dea, ich danke Dir für Deine kompetente und schnelle Antwort. Deine Hilfestellung ist super, ich habe mich sehr darüber gefreut. :thumbsup:

Über die Jahre der Arbeit mit dem Zeug habe ich die Erfahrung gemacht, dass 40...50 ms aber reichen, um alle zu befriedigen und abgehackte Titelstarts zu vermeiden.

Ich schätze es sehr, wenn Tipps aus einer langjährigen, praktischen Erfahrung kommen. Vielen Dank, wir werden Deinen Tipp in Zukunft beim "Einspielen" berücksichtigen.

Wenn Du also auf ein und demselben Datenträger nicht nur ablegst, sondern auch editierst, ist es sehr wahrscheinlich, dass über die Laufzeit des Gesamtsystems das Dateisystem zunehmend fragmentiert.

Das Editieren der Files "geschieht" auf einem anderen Datenträger. Selbst die Audiofiles, wie auch der "eigentliche" Serverkomponent (wo alle Stammdaten der Musikfiles wie z.B. Titel, Interpret, Ramp, Mark In, Mark Out verzeichnet werden) befinden sich auf getrennten Laufwerken. Das Einspielen der Musikfiles in den Datenbankmanager erfolgt ebenfalls über ein eigenes Netzwerk-Laufwerk, auf welchem eine spezielle Importverzeichnisstruktur angelegt ist, welche die Musikfiles automatisch in das "Audiofile-Archiv" einspielt. Somit wird auf der Netzwerkplatte wo sich die Audiofiles befinden tatsächlich "nur abgelegt". Sollte sich das Dateisystem - aus welchen Gründen auch immer - zu stark fragmentieren, so haben wir direkt am Datenbankmanager die Möglichkeit die "interne Indizierung" der Datenbank zu optimieren.

Was die Registry anbelangt, müsste man wissen, was die schon alles hat "erleben" müssen und ob sie der Gefahr drastischer Vermüllung und Fragmentierung überhaupt ausgesetzt war.

Das Aufspielen der Hardware-Treiber und Controller sowie die Installation des Datenbankmanagers und eines Importagenten.
 
Das klingt doch alles recht entspannt. Von der Registry dürfte man damit wohl getrost vorläufig die Finger lassen können.

Defrag zu benutzen, um den Datenträger zumindest zu analysieren und sich anzeigen zu lassen, wie der Zustand gerade ist, schadet aber dennoch nicht. Sollte der Fragmentierungsgrad wirklich sehr hoch liegen und dir viel Rot entgegenleuchten, dann halt einfach den Vorgang anstoßen. Danach kann eine neue interne Indizierung des Datenbanksystems hilfreich sein, da sich die Lokalitäten der Files ja tatsächlich auch geändert haben.
Wenn das alles keine spürbare Verbesserung bringt, müsste man eventuell das Augenmerk doch eher auf die Netzwerkverbindungen legen. Dazu gibt es auch Helferlein, vom einfachen Ping und Trace (in der DOS-Box) bis hin zu LANBench, mit dem man die Verbindungen nicht nur auf Paketlaufzeiten, sondern echte Performance testen kann.
 
Danke Gabriel, das war seit langem ein wirklich hilfreicher und professioneller Beitrag!

Würde mich freuen, wenn wir in Kontakt kommen würden.

Rudolf
 
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