Sondersendungen zum Thema „30 Jahre Mauerfall“

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Im Übrigen ist das die Region, die jetzt am lautesten gegen alles „Fremde“ schreit.
...und doch wie fast alle Ostdeutschen weitgehend aus Wohlstandsflüchtlingen besteht. Und zwar aus sehr bequemen, "immobilen" Wohlstandsflüchtlingen, die sich den West-Standard frei Haus liefern lassen und zu erheblichen Teilen von ihren westdeutschen Landsleuten bezahlen lassen haben. Bewusst ist ihnen das natürlich so nicht (ich kenne von mehreren ostdeutschen Rassisten und Xenophoben das Mantra "aber wir sind doch die Deutschen, aber wir sind doch die Deutschen, aber wir sind doch die Deutschen, aber wir sind doch die Deutschen..." - die Platte hat da nen Sprung, aber im Unterschied zum sanften Klaps gegen den CD-Player oder den Plattenspieler würde hier nichtmal die Bratpfanne helfen, so tief ist das eingraviert), aber unterbewusst läuft das natürlich und muss als "Schatten" verdrängt werden. Kein Wunder also, dass man so massiv gegen Flüchtlinge agiert. Ein Kampf nach außen, der der Tarnung der Scham im Inneren gilt.

Übrigens nicht nur im "ARD", sondern auch in Ostberlin, in Thüringen, in Mecklenburg-Vorpommern (dort aber umso heftiger, je weiter weg von der einstigen innerdeutschen Grenze, was insofern schräg ist, als dass es "ostwärts" immer touristischer wird und "westwärts" immer mehr "fährt nur noch 2 mal am Tag der Schulbus, wenn überhaupt". Die Wahlergebnisse passen absolut nicht dazu.
 
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Wir haben so viele Aspekte/kollektive Traumata dieser Zeit noch nicht aufgearbeitet. Der Faktor, das z.B. eine ganze Elterngeneration flächendeckend von realer Existenzangst heimgesucht wurde, hat mit Sicherheit auch etwas mit den heutigen Wahlergebnissen im Osten zu tun. Eltern hatten auf einmal soviel mit sich selber zu tun, das viele Kinder psychisch unter die Räder gekommen sind. Wo es der Mehrheit aber so geht, wird das als normal hingenommen.
 
Wir haben so viele Aspekte/kollektive Traumata dieser Zeit noch nicht aufgearbeitet.
Aus "dieser Zeit" (Wendezeit)? Ich habe letztens einen Mann aus der Schweiz kennengelernt, der eigentlich Ingenieur ist (er war dazu in der Lage, unser recht komplexes Audiosystem nicht nur zu bedienen, sondern auch für seine Belange zu konfigurieren, das ist sehr selten), der aber als systemischer Aufsteller im therapeutischen Umfeld unterwegs ist. Erstaunlicherweise hat er intensive "Ostkontakte", weilte teilweise sogar an Orten, die Stationen meiner Biographie waren. Für ihn ist nicht einmal die "erste" Nazi-Zeit (1933-1945) aufgearbeitet. Dieser integrale Bestandteil der deutschen Geschichte wurde nach seiner Wahrnehmung in Ostdeutschland nach 1945 nur abgespalten und erfreut sich deshalb bis heute bester Vitalität.

Ich kann das bestätigen. Hitler-Kult war in den 1980er Jahren normal. Die Witze, die sich Drittklässler 1982 auf dem Schulhof erzählten, sind hier nicht wiedergebbar, es könnte sein, dass sie auch in der heutigen Zeit noch den Tatbestand der Volksverhetzung erfüllten. Die 14-16-jährigen grüßten sich 1988 mit Hitlergruß auf dem Bolzplatz - ganz "normal". Im Wehrausbildungslager (1989, letzter Durchgang!) waren etliche Nazis unter den Schülern dieses Jahrganges aus der ganzen Stadt - und das auch weitgehend offen und stolz.
Das ist die heutige Elterngeneration und der Nachwuchs ist in diesem Konsens aufgewachsen. Einfach mal schauen, welche Altersgruppe heute im Osten was wählt.

Der Faktor, das z.B. eine ganze Elterngeneration flächendeckend von realer Existenzangst heimgesucht wurde, hat mit Sicherheit auch etwas mit den heutigen Wahlergebnissen im Osten zu tun.
Fast alle Eltern in meinem damaligen Umfeld haben ihren Job verloren - oft beide Elternteile gleichzeitig. Einige haben nie wieder einen gefunden, so z.B. mein Vater (Ingenieur), der immer ein eigenständiger Mensch war, keiner Seilschaft angehörte und deshalb auch 1990 sofort komplett "raus" war und u.a. dadurch dann psychisch erkrankte. Andere jobbten sich von einer "ABM" zur nächsten durch bis zur Rente. Trotzdem hatte ich in meinem damaligen schulischen Umfeld keinen einzigen Nazi und meines Wissens nach ist bis heute auch keiner meiner einstigen Mitschüler auf diese Schiene umgeschwenkt.

Die schlimm muss Arbeitslosigkeit dann anderswo gewesen sein, wenn sie dafür zur Rechtfertigung gereichen soll?

Wenn ich heute auf Heimatbesuch bin, sehe ich als dominierend im Stadtbild im wortwörtlichen Sinne hässliche Deutsche. "Hässlich" kommt von "Hass" und der ist das, was meine Heimatregion besonders auszeichnet - und auch schon zu DDR-Zeiten auszeichnete. Die Alten stehen im Sommer abends mit Feinripp-Unterhemd im Garten am Grill, ihre Bierfass-Stimme dröhnt durch die Gärten und hetzt über Vegetarier, Ökos, Linke, Studenten, Tierschützer, CO2-Steuer, "Klimalüge" und alles andere, was ihr kleiner Geist nicht erfassen kann. Die Frauen stimmen keifend zu. Einige haben sich in Psychosen zurückgezogen, halluzinieren wirr in Endlosschleife ihr Mantra "aber wir sind doch die Deutschen, aber wir sind doch die Deutschen, aber wir sind doch die Deutschen, ..." und fühlen sich angesichts 6% nicht-Biodeutscher (mit abnehmender Tendenz) "überfremdet" und durch "Umvolkung" bedroht. Da sind übrigens auch aktive Kirchgänger dabei und Leute, die so viele Weltreisen gemacht haben, dass sie eigentlich mitbekommen haben dürften, dass es noch andere Kontinente gibt, auf denen auch Menschen leben.

Die jüngere Generation ist etwas "robuster": junge Väter sind auffällig oft humpelnde Glatzen oder sehen anderweitig wie "besser mal die Straßenseite wechseln" aus. Die heutigen Väter aus meinem einstigen schulischen Umfeld sind dagegen so filigran, die würden in meiner Heimatregion nie eine Frau abbekommen, weils keine "Männer" sind. Bauarbeiter stehen mit "Wehrmacht"-T-Shirt auf dem Gerüst. Eltern brüllen ihre Kinder in der Öffentlichkeit an. Die Zahl der Kinder, die schon äußerlich als deutlich entwicklungsverzögert erkennbar sind, ist erschreckend hoch. Doch diese Äußerlichkeit darf nicht darüber hinweg täuschen, dass auch in "gediegenen" Elternhäusern mit makellosen" Kindern der Hass zu Hause ist: gerade der gehobene Mittelstand und der KMU-Bereich sind dort oft erschreckend nahe am Nationalsozialismus.

Für mich sind "Stadtgänge" in meiner Heimatregion immer wieder psychisch auslaugend. Wie wohltuend dagegen die meisten Migrantenfamilien! Und die haben wirklich was hinter sich (und auch noch vor sich).

Nee, so einfach, es auf traumatische Verhältnisse zur Wendezeit zu schieben, kanns nicht sein. Zumal nichts von dem, was damals geschah, nicht absehbar war.
 
auch ich war im letzten Jahrgang der Wehrerziehungslager-Teilnehmer und kann auch nachvollziehen, wie anstrengend Spaziergänge in der alten Heimat sein können. Vor allem, wenn der Brain Drain im Stadtbild an allen Ecken sichtbar wird...

Vielen Dank @Shoot_To_Thrill78
 
Für NDR 2 endete die Nacht des Mauerfalls Punkt Mitternacht. Unbegreiflich ab 0.05 Uhr die ARD-Popnacht zu senden, aber eben "typisch NDR 2". Nach Mitternacht ist seit Januar 2018 eine eigene Sendung ein tabu. Man bringt noch nicht einmal mehr wie früher eine Silvesterparty zustande - auch am Neujahrsmorgen lief an 0,05 Uhr die ARD-Popnacht, mehr kann es mit dem ehemaligen Aushängeschild des NDR nicht bergab gehen. Das Schlimme ist das man für diesen Schrott auch noch zahlen muß, egal ob man ihn hört oder nicht.
 
Statt der sehr stark gekürzten Hörspielübernahme kann man auch gleich zur Neuproduktion aus Anlass des Jahrestages greifen.

rbbkultur sendete am Abend des 9.11. zum ersten Mal die neue Serie "Die Jahre aus Gold und Eis" von Tom Peuckert am Stück. Alle Folgen stehen für längere Zeit online zur Verfügung. Wer das Hörspiel jedoch lieber im Radio hören möchte, hat noch einmal an den vier Freitagen ab dem 15.11. Gelegenheit dazu.
 
Und eine "Revolution" war es auch nicht, zumindest nicht in der Begriffsdeutung, die heute üblicherweise verwendet wird. Wenn etwas "revolutionär" ist, gab es das vorher noch nicht. Wir kennen das aus Wissenschaft und Technik, vor allem aus der Technologie-Entwicklung. Was ist aber daran "revolutionär", aus einem pervertierten Versuch eines Möchtegern-Kommunismus in den Imperialismus der 1920er Jahre zurückzukehren, ohne auch nur eine einzige Lehre aus der jüngeren deutschen Geschichte gezogen zu haben?

Es geht doch nichts über ein gesundes Halbwissen.

"Revolutionär" heißt eben nicht, dass es das vorher noch nicht gab. Das nennt man "innovativ". Dass "Revolution" mit "noch nicht dagewesen" übersetzt wird, ist eben genau die Folge von diesen hier vertretenden "gesunden Halbwissen". Vokabeln benutzen, von denen man keine Ahnung hat (man betrachte die Falsch-Verwendung von Begriffen wie "hinrichten" oder auch "merkwürdig" - einfach mal scharf nachdenken, was diese Wörter in Wahrheit bedeuten und wie falsch sie benutzt werden).

Revolution bedeutet "radikale Veränderung bestehender politischer oder gesellschaftlicher Zustände" oder auch "eine tief greifende Wandlung", und von daher ist der Begriff Revolution für die Ereignisse, die sich in der DDR 1989 ergeben haben, absolut korrekt. Dazu kommt noch, dass diese Veränderungen von unten, also aus dem Volk heraus angestrebt wurden. Wären sie von oben , von der Regierung gekommen, müssten sie als "Reform" bezeichnet werden. Wäre der Träger der Veränderungen eine militärische organisierte Einheit, müsste man von einem "Putsch" reden.

Eine "Revolution" kann im schlimmsten Fall tatsächlich zu bereits seit langem bestehenden Folgen führen. Die deutschen Revolutionen von 1848/49 und 1918 hatten das Ziel, die Monarchie abzuschaffen oder zumindest einzuschränken und eine Staats-/Regierungsform in der Art einer Republilk. einzuführen. Gleiches gilt für die Französische Revolution von 1789 und der amerikanischen Revolution von 1773/83 (inkl. Unabhängigkeitskrieg). Ziel war die Republik - und die ist über 2.500 Jahre alt. Die Republik haben die alten Griechen und alten Römer bereits gehabt. Sind damit die Revolutionen von 1773/83, 1789, 1848 und 1918 auch keine Revolutionen?

1989 war mitnichten zu erkennen, was sich 1991 und 1992 im Beitrittsgebiet an Ausländerfeindlichkeit abspielen würde. Dass es einen gewissen Bevölkerungsteil gibt, der Ausländern hasserfüllt gegenüber steht, ist demografisch logisch. Es gibt immer einen Bodensatz an Vollidioten. Dass er sich so schnell in Form von Gewalt äußert (man vergessen nicht Lübeck oder Solingen - keine Städte der ehemaligen DDR), war nicht zu erwarten.

„So was hätt einmal fast die Welt regiert!
Die Völker wurden seiner Herr, jedoch
Dass keiner uns zu früh da triumphiert -
Der Schoß ist fruchtbar noch, aus dem das kroch!“

Ein wohl immerwährende Weisheit.

Die Ereignisse von 2015 (Aufnahme von Flüchtlingen durch Deutschland - ohne Abstimmung mit den EU-Partnern, was das eigentliche Versagen der deutschen Politik war) führten am Anfang auch zu Jubel, Trubel, Heiterkeit. Wie sehen hier die Prognosen für die Zukunft aus? Lässt sich bereits sagen, was in zwei, drei, fünf Jahren in Deutschland los ist? Stellt die AfD in absehbarer Zeit die Bundesregierung und jeder "Bio-Deutsche" hat dann freie Hand gegen Migranten? Oder tun wir was dagegen?

Mir läuft es eiskalt den Rücken runter, wenn ich hier lesen muss, mit welchem Halbwissen sich manche Leute in die Öffentlichkeit trauen.
 
(Aufnahme von Flüchtlingen durch Deutschland - ohne Abstimmung mit den EU-Partnern, was das eigentliche Versagen der deutschen Politik war

Ein Land hilft Flüchtlingen ohne sich mit anderen Ländern darüber abzustimmen. Das soll ein "Versagen" sein? Das war niemals ein Versagen, das war höchstens handwerklich nicht optimal gelöst. Gibt es nicht ein paar grundsätzliche und unumstößliche Gebote der Menschlichkeit und christlichen Nächstenliebe? Ist die deutsche Politik an dieser Stelle nicht vielmehr etwas, worauf jeder Mensch in Deutschland, der für sich das Attribut "menschlich" in Anspruch nimmt, stolz sein müsste. Oder sind die wirklichen menschlichen Attribute vielleicht eher "feige", "egoistisch", "fremdenfeindlich", "eifersüchtig", "kleinkariert"?

Mir läuft es eiskalt den Rücken runter, wenn ich hier lesen muss, mit welchem Halbwissen sich manche Leute in die Öffentlichkeit trauen.

Ganz ehrlich: Mir läuft es eiskalt den Rücken runter, wenn ich hier lesen muss, wie das selbstverständlichste und gebotenste humanitäre Verhalten hier als "Versagen der deutschen Politik" gebrandmarkt wird. Sollten wir die Menschen lieber im Mittelmeer ertrinken lassen?
 
Die Ereignisse von 2015 (Aufnahme von Flüchtlingen durch Deutschland - ohne Abstimmung mit den EU-Partnern, was das eigentliche Versagen der deutschen Politik war) führten am Anfang auch zu Jubel, Trubel, Heiterkeit.
Das eigentliche "Versagen", wenn man es so nennen möchte, geschah deutlich früher und auf vielen Ebenen, und leider nicht nur aus deutscher Sicht.
Daß globaler Handel zu globalen Problemzonen führt, vor denen man die Augen verschließt - weltweites Problem.
Daß die Menschen in diesen Problemzonen nach Perspektiven suchen, und wenn diese beispielsweise von so lustigen Karnevalsvereinen wie etwa dem IS bereitgestellt werden oder [hier den Namen einer beliebigen afrikanischen Untergrundorganisation einfügen, die in ihrem Land auch für Stimmung sorgt] und damit die Krisenherde weltweit befeuert - weltweites Problem.
Daß das zu Flüchtlingen führt ... die auch irgendwo an halbwegs sicheren Stellen versorgt werden müssen - Problem von weltweit tätigen Organisationen.
Wenn diese Organisationen lautstark um Unterstützung bitten, um ihren Aufgaben nachzukommen, da ansonsten die Gefahr besteht, daß sich ganze Flüchtlingswellen auf den Weg machen ... - hier kommen wir an die Stelle, an der das Versagen auch europaweit sehr heftig einsetzt, nicht nur von Deutschland, denn die Prognosen und die HIlferufe von den Organisationen gab es. Es hat nur keiner seine Hilfe angeboten.
Wenn die Flüchtlingswellen dann wirklich eintreffen und plötzlich die EU merkt, daß die von ihnen getroffenen Vereinbarungen im Ernstfall das Papier nicht wert sind, auf dem sie gedruckt sind und deshalb Lösungen gesucht werden müssen ... - und hier setzt sich das europaweite Versagen nahtlos fort ...
... und sich einige Flüchtlinge hilfesuchend von einem Bahnhof, in dem sie unter ungünstigen Umständen untergebracht waren, auf den Weg nach Deutschland machen, weil sie sich dort mehr Unterstützung versprechen ... - auch hier reden wir praktisch von europaweitem Versagen, denn bis zum "Haltet sie nicht auf" von Merkel kam praktisch von nirgendwo ein "Wir unterstützen euch"... und die Zeit für eine Rückfrage "Wollt ihr nicht doch ...?" gab es nicht, das war eine Entscheidung von wenigen Stunden.
Auch wenn ich für vieles, was Angela Merkel vorgeworfen wird, wenigstens Verständnis habe, aber an dieser Stelle muß ihr klar gewesen sein, daß eine andere Entscheidung als "Wir schaffen das" nicht nur zu schlechter Presse geführt hätte, sondern auch zu einer menschlichen Tragödie und zu einer ernsthaften Belastungsprobe für die EU. Und ich glaube nicht, daß die EU da so unangeschrammt weggekommen wäre.
Deutschland kann man in vielerlei Hinsicht Versagen vorwerfen in dieser Geschichte, wenn man alle Ebenen einbezieht. Die Entscheidung war allerdings richtig.

Wie sehen hier die Prognosen für die Zukunft aus? Lässt sich bereits sagen, was in zwei, drei, fünf Jahren in Deutschland los ist? Stellt die AfD in absehbarer Zeit die Bundesregierung und jeder "Bio-Deutsche" hat dann freie Hand gegen Migranten? Oder tun wir was dagegen?
Unser Möglichstes, hoffe ich doch ;)
Es wäre ja schon ein großer Schritt nach vorne, wenn einige Leute sich mit dem Gedanken anfreunden könnten, daß das gemütliche Leben nach zwei Generationen hier in Deutschland erst mal vorbei ist und man wieder etwas tun muß, wenn man entweder seinen Nachkommen eine Zukunft bieten möchte, die nicht einem Endzeitszenario gleicht. Aber dazu brauchen wir auch die Unterstützung Dritter.

Gruß
Skywise
 
Ich musss dann doch nochmal ein wenig ausholen, auch wenn das den Faden jetzt sprengt...

Nach einem Bericht in der "welt" erfuhr das ZK genau zu der Uhrzeit, als in Berlin die Mauer fiel, erst den wahren Umfang, wie pleite die DDR war.
Das dürfte eine der vielen Legenden sein, die sich um jene Nacht im Laufe der Zeit gebildet haben. Die DDR war nicht pleite, auch wenn sich dieses Märchen bis heute wacker hält. 1999 kam die Bundesbank in ihrem Abschlussbericht in Sachen DDR zu dem Schluss, dass das Land trotz schwächelnder, weil überalterter Produktionsmittel komplett zahlungsfähig war.
https://www.welt.de/wirtschaft/article134088763/Die-DDR-war-in-Wahrheit-gar-nicht-pleite.html
Zu schaffen machte ihr neben den teils schwer betagten Produktionsmitteln natürlich auch die massenhafte Abwanderung der Leute ab spätestens Mitte 89. Den weitestgehenden Todesstoss verpaßte der DDR-Wirtschaft die viel zu frühe Einführung der D-Mark auf dem Gebiet der DDR, weil das über Nacht die Kosten für die Produktion sämtlicher Güter vervielfachte, was dann bekanntermassen zum endgültigen Kollaps der Wirtschaft führte.

...und doch wie fast alle Ostdeutschen weitgehend aus Wohlstandsflüchtlingen besteht. Und zwar aus sehr bequemen, "immobilen" Wohlstandsflüchtlingen, die sich den West-Standard frei Haus liefern lassen und zu erheblichen Teilen von ihren westdeutschen Landsleuten bezahlen lassen haben.
Das würde ich so pauschal keineswegs stehen lassen wollen. Natürlich waren die allermeisten DDR-Flüchtlinge Wirtschaftsflüchtlinge, gar keine Frage. Der beigetretenen DDR bzw. den dann fünf neuen Bundesländern die förderalen Strukturen der Bunderepublik vorzuwerfen, finde ich allerdings schon ein ziemlich skurilles Weltbild. Den Länderfinanzausgleich gab es lange vor dem Beitritt der DDR, folglich gabs den dann auch für die Neufünfländer und den Soli-Zuschlag zahlen nach wie vor alle, auch die im Osten.


was insofern schräg ist, als dass es "ostwärts" immer touristischer wird und "westwärts" immer mehr "fährt nur noch 2 mal am Tag der Schulbus, wenn überhaupt"
Das ist auch ziemlich populistischer Käse. In Thüringen, Sachsen und Meck-Pom hat man sich auf den Tourismus konzentriert, weil man dort sonst nichts anderes hat. Vor allem an der Küste ist dass das einzige was funktioniert. Das hat man sich im Westen abgeguckt. Und das wirft man denen jetzt vor? Komisches Weltbild. Besuche beispielsweise mal in Sachsen Ortschaften jenseits der Touri-Hochburgen Dresden oder Leipzig. Da sieht es nach wie vor weitestgehend ziemlich trostlos aus. Da ist vieles nicht viel anders als im Westen, wo die Orte genauso in die Jahre gekommen sind.
Und was den "Schulbus" angeht, zeig mir doch mal wo in der ostdeutschen Pampa ein Bus ausserhalb des Berufserkehrs fährt, vom Wochenende ganz zu schweigen.

Für ihn ist nicht einmal die "erste" Nazi-Zeit (1933-1945) aufgearbeitet. Dieser integrale Bestandteil der deutschen Geschichte wurde nach seiner Wahrnehmung in Ostdeutschland nach 1945 nur abgespalten und erfreut sich deshalb bis heute bester Vitalität.
Da hat er erstmal Recht. Die Frage die sich stellt ist aber, warum er das auf Ostdeutschlanf beschränkt. Bis in die 80er Jahre hinein schafften es gestandene Alt-Nazis im Westen bis in höchste politische Ämter, von gesellschaftlichen Aktivitäten ganz zu schweigen. Aufgearbeitet ist da gar nichts, weder im Osten noch im Westen.

Die Witze, die sich Drittklässler 1982 auf dem Schulhof erzählten, sind hier nicht wiedergebbar, es könnte sein, dass sie auch in der heutigen Zeit noch den Tatbestand der Volksverhetzung erfüllten. Die 14-16-jährigen grüßten sich 1988 mit Hitlergruß auf dem Bolzplatz - ganz "normal". Im Wehrausbildungslager (1989, letzter Durchgang!) waren etliche Nazis unter den Schülern dieses Jahrganges aus der ganzen Stadt - und das auch weitgehend offen und stolz.
Das ist auch wieder so eine Verallgemeinerung, die ich nicht teile, weil ich sie schlicht nicht bestätigen kann.
Die Witze kenne ich zwar auch, aber als Kind ist man sich der Dimension dessen nicht bewußt was man da tut oder erzählt. Und es ist der Reiz des Verbotenen, der da mit reinspielt. Wirklich erfaßt was man da macht, hat man nicht. Eine Entschuldigung ist das zwar nicht, aber es ist eine vielleicht einleuchtende Erklärung.
Das man sich auf dem Bolzplatz mit dem Hitlergruß begrüßt, ist mir dagegen nie passiert. Und das es bei mir weitestgehend offene und stolze Nazis gab, kann ich ebenfalls so nicht bestätigen. Die verschärfte Indoktrination vor allem gegen Ende der DDR mit allerlei sozialistischem Blabla führte bei den meisten eher zu politischen Desinteresse.

Das ist die heutige Elterngeneration und der Nachwuchs ist in diesem Konsens aufgewachsen. Einfach mal schauen, welche Altersgruppe heute im Osten was wählt.
In dem Punkt würde ich dir zustimmen. Allerdings haben diese Ewiggestrigen keine Mehrheit. Und ich glaube auch nicht, dass sie je eine bekommen. Die AfD dürfte weitestgehend an ihrem Zenit angekommen sein. Wenn wir mal von den tatsächlichen Wählerzahlen ausgehen, sprich der Prozentzahl der Gesamtwähler, liegt die Partei überall unter 20 Prozent. Und das sie vor allem im Osten überhaupt so hohe Zahlen einfahren konnte, hat nicht zuletzt auch noch etwas mit der grottenschlechten Performance der anderen zu tun.

Die Alten stehen im Sommer abends mit Feinripp-Unterhemd im Garten am Grill, ihre Bierfass-Stimme dröhnt durch die Gärten und hetzt über Vegetarier, Ökos, Linke, Studenten, Tierschützer, CO2-Steuer, "Klimalüge" und alles andere, was ihr kleiner Geist nicht erfassen kann. Die Frauen stimmen keifend zu.
Dann fahre an lauen Sommerabenden mal lieber nicht durchs Ruhrgebiet. Das gibts da genauso. Nazi-Hochburgen und Reichsbürger gibt es auch im Westen mehr als genug. Dort hat man im Laufe der Zeit lediglich gelernt, die hässliche Fratze der Region besser zu verstecken.

Die jüngere Generation ist etwas "robuster": junge Väter sind auffällig oft humpelnde Glatzen oder sehen anderweitig wie "besser mal die Straßenseite wechseln" aus. Die heutigen Väter aus meinem einstigen schulischen Umfeld sind dagegen so filigran, die würden in meiner Heimatregion nie eine Frau abbekommen, weils keine "Männer" sind. Bauarbeiter stehen mit "Wehrmacht"-T-Shirt auf dem Gerüst. Eltern brüllen ihre Kinder in der Öffentlichkeit an. Die Zahl der Kinder, die schon äußerlich als deutlich entwicklungsverzögert erkennbar sind, ist erschreckend hoch. Doch diese Äußerlichkeit darf nicht darüber hinweg täuschen, dass auch in "gediegenen" Elternhäusern mit makellosen" Kindern der Hass zu Hause ist: gerade der gehobene Mittelstand und der KMU-Bereich sind dort oft erschreckend nahe am Nationalsozialismus.
Kann ich so ebenfalls nicht bestätigen. Das der Ton insgesamt rauer geworden ist, steht ausser Frage. Aber alles was du da aufgezählt hast, ist in meinem Umfeld eher Ausnahme statt Regel. Und das ist auch gut so.
Ich will dir wirklich nicht zu nahe treten, aber diese ganzen Verallgemeinerungen auf den gesamten Osten zu beziehen, finde ich nicht nur falsch, sondern auch, na ich sag mal blauäugig oder zumindest wenig hilfreich.
Insbesondere in Sachsen und Thüringen kommt zudem hinzu, das man viele Jahre dem Treiben einfach zugeschaut hat und die rechten Umtriebe stillschweigend tolerierte. Das darf man auch nicht vergessen.

Übrigens, ums mal sehr provokant zu formulieren: Was konkret tust du eigentlich gegen diese Erscheinungen in deiner alten Heimat? Falls nichts, bist du leider auch nicht besser als die ganzen "Jammer-Ossis", nur eben aus der umgekehrten Richtung. Und diese (vielleicht unbewußte) Spaltung, hat nichts mehr mit dem Mauerfall zu tun, sondern nur noch etwas mit dem Hier und Jetzt.
 
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Ein Land hilft Flüchtlingen ohne sich mit anderen Ländern darüber abzustimmen. Das soll ein "Versagen" sein?

Ja, es ist ein Versagen. Weil wieder einmal andere Länder - hier halb Europa - sich nach dem richten sollen, was Deutschland vorgibt. Wir sagen: "Da geht's lang!" - und alle anderen haben zu springen. Ob das jetzt aus menschlicher Nächstenliebe, aus wirtschaftlichen Gründen oder außenpolitischen Notwendigkeiten geschieht - es ist ein Versagen der deutschen Politik. Warum funktionieren die Verteilmechanismen bei den Flüchtlingen in der EU nicht? Weil Deutschland vorschreibt. Hätte man sich rechtzeitig mit anderen Staaten und Regierungen abgestimmt, wäre es nicht zur Krise in der EU gekommen. Völliges Versagen deutscher Politiker.

Gibt es nicht ein paar grundsätzliche und unumstößliche Gebote der Menschlichkeit und christlichen Nächstenliebe? Ist die deutsche Politik an dieser Stelle nicht vielmehr etwas, worauf jeder Mensch in Deutschland, der für sich das Attribut "menschlich" in Anspruch nimmt, stolz sein müsste. Oder sind die wirklichen menschlichen Attribute vielleicht eher "feige", "egoistisch", "fremdenfeindlich", "eifersüchtig", "kleinkariert"?

Richtig. Dann soll die deutsche Politik aber auch so ehrlich sein und aus der Alleinentscheidung für die Flüchtlingsaufnahme auch alle (!) Flüchtlinge in Deutschland aufnehmen. Und eben nicht allein eine Entscheidung fällen und die dann anderen Ländern überstülpen. Die EU kann nur funktionieren, wenn die Achse Berlin - Paris funktioniert, und momentan machen ausgerechnet die Deutschen alles, um diese Verbindung maximal zu zerstören. Die Franzosen nehmen die deutschen Allein-Entscheidungen zähneknirschend hin und ballen die Faust in der Tasche (siehe auch den politischen Alleingang von Kramp-Karrenbauer zum Einsatz von EU-Truppen an der türkisch-syrischen Grenze - wieder nichts mit den anderen Regierungen abgestimmt). Deutsche Politiker werden offenbar wieder größenwahnsinnig. Wir sind Europa, da kann man keine politischen Alleingänge vollziehen. Da müssen die anderen Länder mit ins Boot. Wohl auch aus diesem Grund gehen sozial ausgerichtete Staaten wie die Niederlande, Dänemark oder Schweden auf Abstand. Die haben nämlich für Flüchtlinge dichtgemacht.

Ganz ehrlich: Mir läuft es eiskalt den Rücken runter, wenn ich hier lesen muss, wie das selbstverständlichste und gebotenste humanitäre Verhalten hier als "Versagen der deutschen Politik" gebrandmarkt wird. Sollten wir die Menschen lieber im Mittelmeer ertrinken lassen?

Nein, sollen wir nicht. Aber deutsche Politik darf nicht über die Politik anderer Staaten frei verfügen. Wenn man einen Amoklauf an humanitären Aktionen vollzieht, sollte man auch die Konsequenzen ziehen und sich dann nicht hinstellen: "Übrigens, ihr müsst (!!!) jetzt auch Flüchtlinge aufnehmen!" Das ist das Versagen deutscher Politik.
 
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Ja, es ist ein Versagen. Weil wieder einmal andere Länder - hier halb Europa - sich nach dem richten sollen, was Deutschland vorgibt. Wir sagen: "Da geht's lang!" - und alle anderen haben zu springen. Ob das jetzt aus menschlicher Nächstenliebe, aus wirtschaftlichen Gründen oder außenpolitischen Notwendigkeiten geschieht - es ist ein Versagen der deutschen Politik. Warum funktionieren die Verteilmechanismen bei den Flüchtlingen in der EU nicht? Weil Deutschland vorschreibt. Hätte man sich rechtzeitig mit anderen Staaten und Regierungen abgestimmt, wäre es nicht zur Krise in der EU gekommen. Völliges Versagen deutscher Politiker.
Die Verteilmechanismen existieren ja schon seit längerem, allerdings hat sich gezeigt, daß die nur bei Sonnenschein funktionieren, was auch etwas damit zu tun hat, daß die EU zu betroffenen Außengrenzen hin finanziell und organisatorisch ärmer wird. Und daß EU-intern bestimmte Politiker aus dem rechten Spektrum mittlerweile auch für ordentlich Stunk sorgen, trägt auch nicht gerade zur Lösungsfindung bei.
Deutschland hatte ja versucht, das Vorgehen mit den Partnern abzustimmen, aber die Diskussion kam zu keinem Ende und irgendwann drohte die EU unschön von den Ereignissen überrollt zu werden, dann kam "Wir schaffen das".

Wir sind Europa, da kann man keine politischen Alleingänge vollziehen.
Die gequirlte Scheiße ist doch: die EU ist über weite Strecken nicht handlungsfähig und/oder -willig.
Die EU zeichnet sich vor allem durch eine wahnsinnig, fast schon unvernünftig große Passivität aus, weil alles erst mal hausintern diskutiert werden muß, und selbst das ist keine Garantie für eine Reaktion.
Kann ich das verstehen? Natürlich kann ich das verstehen, denn die EU ist nach wie vor nicht viel mehr als ein Staatenbund, was bedeutet, daß jede Entscheidung erst mal auf nationaler Ebene eingebracht werden muß, um von der jeweiligen Regierung grünes oder rotes Licht zu bekommen. Nur kamen in der Vergangenheit (und werden in der Zukunft noch kommen) Probleme, auf die die EU schnell reagieren muß. Funktioniert nur, wenn die einzelnen Nationen einen Teil ihrer Kompetenzen abgeben, aber genau an der Stelle sind wir schon wieder bei nationalistisch eingestellten Gesellen, denen genau solche Ideen ein Dorn im Auge ist.
Ich sehe die deutschen Vorstöße auch nicht gern, aber im Augenblick sind sie mir die liebere Alternative zu "schau'n mer mal".

Nein, sollen wir nicht. Aber deutsche Politik darf nicht über die Politik anderer Staaten frei verfügen. Wenn man einen Amoklauf an humanitären Aktionen vollzieht, sollte man auch die Konsequenzen ziehen und sich dann nicht hinstellen: "Übrigens, ihr müsst (!!!) jetzt auch Flüchtlinge aufnehmen!" Das ist das Versagen deutscher Politik.
Das ist das Versagen europäischer Politik. Das Problem ist da, und es wird sich auch in Zukunft wieder stellen, und es wird sich deutlich dringender stellen, denn die Probleme werden weltweit nicht kleiner, ganz im Gegenteil, und die Wahrscheinlichkeit weiterer Flüchtlingswellen, die die von 2015 deutlich übertrumpfen, wird auch nicht geringer. Deutschland sagt ja noch nicht mal "Ihr müßt jetzt auch Flüchtlinge aufnehmen", sondern "Wir brauchen eine Lösung", und das völlig zurecht, denn wenn Deutschland in der Flüchtlingsfrage irgendwann überlastet die Segel streicht, dann reden wir darüber, anderen Mitgliedstaaten wir Portugal, Spanien, Italien, Griechenland etc. den Schwarzen Peter zuzustecken, und in dem Augenblick müssen entweder die übrigen Partner aktiv werden oder wir können das Gebilde EU tatsächlich vergessen. Wenn ich die Geschichte richtig einschätze, dann reden wir dann davon, daß eine der vielversprechendsten Bastionen, die die globalen Probleme hätte angehen können, den Gang alles Irdischen gehen könnte. Und bei der aktuellen Personenkonstellation fällt mir keiner ein, der diese Position in Zukunft übernehmen könnte. Zumindest bis auf Weiteres. Vielleicht fallen den Chinesen und Indern irgendwann mal ein paar geeignete Gegenmaßnahmen ein, aber ich würd' nicht drauf wetten.

Gruß
Skywise
 
Schon kurz nach dem Mauerfall hatten die wenigen, die aufgrund ethischer Werte einen Systemwechsel wollten, nichts mehr zu melden. Da ging es nur noch um D-Mark und deutschnationales Parolen.

Das stimmt doch so nicht. Es gab 1990 die ersten freien Wahlen in Ostdeutschland. Wer hat diese haushoch gewonnen? Der Einheitshelmut. Die Leute hätten ja anders wählen können. Selbst der damalige Kanzlerkandidat Lafontaine war jetzt nicht unbedingt als Einheitsfan bekannt. DAS wollten die Leute aber alle nicht hören. So ist das nunmal in einer Demokratie, dass die Mehrheit die Spielregeln bestimmt. Offenbar hat man das aber bis heute in Ostdeutschland noch immer nicht so richtig begriffen.
 
Ach Tweety - ich hätte nicht gedacht, dass Du auch zu denen zählst, die meinen, die "Ostdeutschen hätten nicht begriffen".
Zu Beginn der "Wende" wurden ostdeutsche BürgerInnen von Politikern zugemüllt mit leeren Versprechungen, Lobbyisten machten ihnen falsche Hoffnungen und angebliche "Wirtschaftsexperten" laberten sie mit großartigen Vorahnungen zu.
Stattdessen mussten sie mit Enteignungen, Arbeitslosigkeit und Umweltschäden fertig werden.
DESWEGEN blieb die Ethik auf der Strecke - nicht aufgrund falschen Demokratieverständnisses.
Es war nicht die Demokratie, die halb Deutschland vernachlässigt(e), sondern es waren die Krebsgeschwüre des Kapitalismus.
Viele Mahner, die das vorausahnten, wurden als träumende Idealisten verunglimpft - von Wessis!
Bürger, denen der SED-Staat vorher alles "geregelt" und vorgekaut hatte, leiden bis heute darunter.
DIESE Mehrheit darf keine Spielregeln bestimmen - das glaubt sie leider, zumindest!
 
Es wird im Osten aber gerne so getan, als würden solche Probleme und die Entwicklung der letzten 30 Jahre nur den Osten betreffen. Selbst bei uns hier im Süden, wo die Wirtschaft ja vergleichsweise gut da steht, sieht die Welt nicht mehr wie vor 30 Jahren aus. Viele einst gut da stehende Handwerksfirmen gibt es nicht mehr, viele einst eigenständige einheimische Firmen wurden von in- und ausländischen Investoren aufgekauft, viele Berufsstände leiden unter dem "Outsourcen" Richtung Fernost. Und Sicherheiten im Job gibt es schon länger keine mehr, egal was du tust. Die "Krebsgeschwüre des Kapitalismus" bekommen wir alle zu spüren.

Und gleichzeitig ging es uns im Durchschnitt wahrscheinlich noch nie so gut wie heute. Unsere Eltern in Ost und West hatten vielleicht sichere Jobs, aber eben auch nicht täglich Fleisch, eine alljährliche Urlaubsreise und jeglichen Konsumwahnsinn den man sich denken kann. Lebensmittel waren z.B. bezogen auf das Durchschnittseinkommen noch nie so günstig wie heutzutag. Ob es das braucht (v.a. in dem Maße), weiß ich nicht. Aber eines ist sicher: es gibt das eine nicht ohne das andere. Wer es wieder schön kuschlig wie früher möchte, muss auch in Kauf nehmen, dass man an anderer Stelle wieder zurück muss.
 
@chapri

Natürlich hast du Recht, dass den Leuten damals das "Blaue" äh "blühende" vom Himmel versprochen wurde und davon nicht alles gehalten wurde. Ich will jetzt nicht von vorsätzlicher Täuschung sprechen, aber zumindest wurde die Zukunft immer sehr rosig umschrieben, dass es dann anders kam, war auch irgendwie vorauszusehen. Trotzdem ist es unwahr, wenn man sagt die Ostdeutschen hätten die Wiedervereinigung nicht gewollt und die wäre ihnen "aufdoktroniert" worden.
 
Zuletzt bearbeitet:
@Andreas W
Im "Osten" wird wenig "gerne so getan" - belege das doch bitte mal!
Nicht nur ich weiß, wie besch...eiden es im Ruhrgebiet wieder aussieht (zum Bsp. in Gelsenkirchen).

@Tweety
Wer das so pauschal behauptet, erzählt in der Tat die Unwahrheit. Aber: Im VERBUND mit der Wiedervereinigung wurde und WIRD wirklich viel "aufdoktiniert".
 
Zuletzt bearbeitet:
@chapri:
Wie soll ich persönliche Gespräche mit Leuten denn belegen?
Es sollte auch kein Ost-Bashing sein, sondern eher aufzeigen, dass auch bei uns im Westen die Welt vor 1989 noch anders war als nach 1989. Damals war unser (Wirtschafts-)system gefühlt auch noch mehr soziale Marktwirtschaft als purer Kapitalismus. Aus allem immer das Maximale rausholen zu wollen, und sei es durch Heuschrecken-Gebahren, gibt es so extrem gefühlt erst in den letzten Jahrzehnten. Da hat es Ostdeutschland kalt erwischt, weil die die gemäßigtere Marktwirtschaft nicht mehr erleben konnten.
 
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Natürlich hast du Recht, dass den Leuten damals das "Blaue" äh "blühende" vom Himmel versprochen wurde und davon nicht alles gehalten wurde. Ich will jetzt nicht von vorsätzlicher Täuschung sprechen, aber zumindest wurde die Zukunft immer sehr rosig umschrieben, dass es dann anders kam, war auch irgendwie vorauszusehen.
Ja und nein ...
Auch wenn es mir zutiefst widerstrebt: als Helmut Kohl die erste Aussage von den "blühenden Landschaften" tätigte, wußte er wahrscheinlich tatsächlich nicht, wie übel es um die Wirtschaft der DDR bestellt war bzw. sein würde. Ich bin mir gar nicht sicher, ob die Treuhandanstalt da schon die Arbeit aufgenommen hatte, und selbst wenn, war ja damals die Personaldecke derart dünn, daß man zu Beginn noch oft genug öffentlich gejammert hat. Ganz sicher weiß ich aber, daß die Währungsunion gerade erst durch war und die Auswirkungen auf die Ost-Wirtschaft sich noch nicht gezeigt hatten/zeigen konnten.
Bei der Wiederholung der Aussage einige Zeit später hätte er es eigentlich besser wissen müssen, aber ich glaube, er hatte da auch zu einer etwas andere Wortwahl gegriffen.

Trotzdem ist es unwahr, wenn man sagt die Ostdeutschen hätten die Wiedervereinigung nicht gewollt und die wäre ihnen "aufdoktroniert" worden.
Ich bin mir aber ebenso sicher, daß nicht alle die Wiedervereinigung im Sinn hatten, als sie auf die Straße gingen. Die Montagsdemos richteten sich gegen das Regime und die Zustände in der DDR, auch verschiedene Äußerungen bei der Großdemo auf dem Alex klangen nicht so, als seien alle wild entschlossen, sich von der sozialistischen Grundidee zu verabschieden, und "Wir wollen Bananen"-Rufe sind mir auch keine im Gedächtnis geblieben. "Aufdoktroyiert" wurde bestimmt *auch*, aber ganz sicher nicht ausschließlich, und ich denke, einem Teil der Beteiligten war es auch eher wurscht, weil in beiden Richtungen kaltes Wasser wartete.

Gruß
Skywise
 
Die Ostdeutschen sehen sich auch sehr gerne immer in der Opferrolle. Dabei sollte nicht vergessen werden wieviel da seit 1989 verbessert wurde. Ich war schon in einigen ostdeutschen Städten und von so einer Lebensqualität wagt man z.B. hier im Ruhrgebiet nicht mal zu träumen.
Schade finde ich es, dass ausgerechnet 30 Jahre nach Mauerfall, was ja ein wirklich toller Anlass zum Feiern ist und eines der wenigen geschichtlichen Ereignisse, wo wir Deutschen wirklich stolz drauf sein können, es jetzt anfängt wieder alles in völlig falsche Bahnen zu kippen. Fremdenhass, Antisemitismus, Nazi-Aufmärsche, Pegida usw. haben leider bei vielen den Raum der einstigen Freiheitsbestrebungen eingenommen. Heute ist man leider wieder bereit, sich von vielen Rattenfängern (neudeutsch: Demagogen) einreden zu lassen, dass Demokratie was ganz böses ist und weg kann / muss. DAS macht mich unendlich traurig.
 
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