Doch noch mal ein Versuch
Ich bin mir nicht wirklich sicher, ob Rundfunkräte und MDR-Verantwortliche den oben zitierten Darlegungen („Argumente“ kann ich sie irgendwie nicht nennen) wirklich folgen, ja, daran tatsächlich glauben – oder ob sie eigentlich
genau wissen, daß das ziemlicher Unsinn ist und nur der Bemäntelung der Tatsache dient, daß man seinen wahren Auftrag nicht in irgendwelchen hehren Inhalten, sondern ausschließlich in maximaler Quote auf Teufel komm raus sieht.
Vermutlich gibt es Exemplare aus beiden Lagern. Die des ersten würde ich naiv nennen, die des zweiten intelligent und zynisch. Was ist nun schlimmer? Und zu welchem Lager gehört der Unterzeichner der E-Mail?
Die Leute aus dem zweiten Lager muß ich nicht überzeugen, aber für die des ersten will ich nochmal einen Versuch wagen, die Widersprüche aufzuzeigen. Wie war das: Die lesen hier alle mit? Na dann!
Johann Michael Möller schrieb:
herzlichen Dank für Ihre E-Mail vom 11. April 2011, welche mich über den Rundfunkrat erreichte und die ich sehr gern beantworte.
Erste Frage, liebe Rundfunkräte: Worin seht Ihr Eure Funktion? Daß Ihr Anfragen
an Euch (nach Aussage von X_FM) einfach an den MDR weiterleitet, und das war’s dann? Wart Ihr nicht vielmehr nach
Eurer Einschätzung dazu gefragt worden? Oder ist die per se identisch mit der herrschenden Meinung des MDR?
Der Mitteldeutsche Rundfunk veranstaltet neben den von Ihnen angesprochenen Programmen MDR SPUTNIK und JUMP auch noch MDR INFO, MDR FIGARO, MDR RADIO 1 SACHSEN-ANHALT, MDR 1 RADIO SACHSEN und MDR 1 RADIO THÜRINGEN und deckt damit den Bedarf aller Bevölkerungsgruppen auch jenseits des sogenannten Mainstreams ab.
Ist das „damit“ im Sinne von „daher“, „folglich“ gemeint? Als Argument kann man das jedenfalls nicht ernstnehmen. Nur, weil es sieben Programme gibt (oder je Bundesland fünf), muß ja alles abgedeckt sein? Und selbst, wenn das Wort unschuldig als „mit diesen“ gemeint ist, ist das „
aller Bevölkerungsgruppen“ eine Behauptung, der ich klar widerspreche. Liebe Rundfunkräte, laßt Euch doch bitte mal von Herrn Möller einen Beleg für diese Behauptung zeigen. Zum Beispiel eine repräsentative Umfrage mit der Frage „Sind Sie mit dem Angebot des MDR-Hörfunks zufrieden und fühlen sich damit gut versorgt?“ Ich würde mich sehr wundern, wenn mehr als 50 Prozent diese Frage rundheraus mit „ja“ beantworten können. Und wo ist das Konzept des MDR, die „nein“-Antworter adäquat zu versorgen? Schließlich gilt die Gebührenpflicht ja für alle.
Die Erfolge der einzelnen Programme können sich durchaus sehen lassen. So konnte beispielsweise MDR SPUTNIK seine Reichweite nach der Programmoptimierung im vergangenen Sommer weiter steigern
Erfolg definiert sich beim MDR nur nach Quote. Reichweite gut, alles gut.
Ich behaupte, daß es eine (nicht zu vernachlässigende) Bevölkerungsgruppe gibt, denen das Sputnik-Angebot der Markuse-Ära genau so gefallen hat, wie es war. Die ist jetzt heimatlos. Und, nochmal, daß jetzt mehr Leute Sputnik hören als früher, ist
kein Argument. Es kommt nicht auf die Summe der Zuhörer an, sondern darauf, daß alle Bevölkerungsgruppen abgedeckt sind. Das gelingt naturgemäß am besten, wenn sich die Wellen deutlich unterscheiden und Schnittmengen gering sind. Daher ist die
Programmoptimierung von Sputnik kontraproduktiv, da dadurch die Schnittmenge zu Jump nur noch vergrößert wurde.
MDR FIGARO gehört zu den erfolgreichsten Kulturprogrammen innerhalb der ARD und auch MDR INFO gewinnt ständig neue Hörer hinzu. Ähnliches gilt für die anderen Hörfunkprogramme des MDR.
Die Maßeinheit ist völlig falsch. Wir brauchen genau das Inverse. Nicht Hörer je Welle muß das Kriterium sein, sondern Wellen je Hörer. Die Frage muß sein: „Wieviel Prozent der Einwohner des Sendegebietes finden wenigstens
ein Angebot des MDR, das ihnen zusagt und dem sie gern zuhören?“ Auf die Zahlen wäre ich gespannt. Laßt sie Euch doch mal zeigen, liebe Rundfunkräte!
Mit JUMP wollen wir vor allem junge Erwachsene in unserem Sendegebiet ansprechen. Wie all unsere anderen Programme wird auch JUMP ständig weiterentwickelt und an die Bedürfnisse der Hörer, die ja unsere Arbeit durch ihre Gebühren finanzieren, angepasst. Dies geschah auch bei der Programmoptimierung von MDR SPUTNIK. Hier haben wir die Hörer ausführlich nach Ihren Wünschen befragt und das Programm dann entsprechend optimiert.
Darf ich mal unbedarft fragen, wer genau „die Hörer“ sind? Sind es für Jump und für Sputnik unterschiedliche? Oder vielleicht doch die gleichen? Wenn letzteres, würde mich komischerweise überhaupt nicht wundern, wenn zweimal ähnliche Antworten gegeben werden...
Selbstverständlich müssen wir auch sparen und darauf achten, dass die Gebührengelder sinnvoll und effektiv eingesetzt werden. Bei MDR SPUTNIK sind aber nur einige wenige Sendeelemente entfallen – und das vor allem, weil sie ein sehr großer Teil der Hörer nicht wollte.
Wieder „die Hörer“. Und die Änderungen bei Sputnik auf den Wegfall einiger weniger „Sendeelemente“ zu reduzieren, geht auch meilenweit am Kern des Problems vorbei.
Um noch einmal auf JUMP zurückzukommen:
In diesem Programm wird sich in den nächsten Monaten viel tun. Lassen Sie sich überraschen.
Oh, diese Spannung! Ich kann’s kaum noch aushalten...