Studie: Was halten Hörer von versteckter PR und Live-Fakes im Radio?

Status
Für weitere Antworten geschlossen.
Ein Student hat für eine Bachelor-Arbeit erstmals Hörer gefragt, was sie davon halten, wenn Radiosender bei Gewinnspielen mogeln, PR-Beiträge ins Programm nehmen und pseudo live senden. Zwar nicht repräsentativ aber mit spannenden ersten Erkenntnissen.

Zusammenfassung des Autors:
http://www.markus-bender.de/?p=254

Bachelor-Arbeit in gekürzter Fassung:
http://issuu.com/markusbender/docs/bachelorarbeit-gekuerzt


Erstaunlich zum Beispiel, dass selbst die befragten Medien-Studenten einen offenkundig schleichwerberischen Beitrag nicht als solchen erkannt haben. Gleichzeitig haben die gefragten jungen Hörer doch den Wunsch, nicht betrogen zu werden. Eine Mehrheit lehnt sogar aufgezeichnete und als live verkaufte Gespräche ab und will Sender, in denen unaufrichtige Methoden üblich sind, nicht hören.

Schade nur, dass die "schwarzen Schafe" der Branche ja nicht konsequent Rechenschaft ablegen müssen. Die Ergebnisse belegen einmal mehr, dass die Hörer viel klarer darüber informiert werden müssten, welche Sender, wann, wo, wie "gesündigt" haben.

Eine Radiorat (vergleichbar dem Presserat) ist meines Erachtens überfällig. Anders als die Landesmedienanstalten und Rundfunkräte müsste er Rügen veröffentlichen. Außerdem könnte er - analog zum Presserat - korrigierende Stellungnahmen on air erzwingen. Blöd nur, dass sich die Sender einem solchen Anspruch selbst verpflichten müssten. Anders als die Zeitungen scheint die Mehrheit der Radiosender dazu nicht bereit. Schade.
 
Wahrhaft interessante Resultate, es sind übrigens nur "Medienstudenten" befragt worden. Das Ergebnis werte jeder wie er will. In Dresden gab es ja auch einmal das Tal der Ahnungslosen. In Deutschland brauchen wir für alles und nichts ein Amt oder eine Kommission. Auf Basis einer solchen Studie, die ausdrücklich als nicht repräsentativ vom Autor dargestellt wird, einen "Radiorat" zu fordern hat schon was.
 
@Unterstützer: Für was sind denn Landesmedienanstalten deiner Meinung nach da? Zumal eine Zeitung von jedem Depp aufgemacht und betrieben werden kann, ein Radio dagegen offiziell genehmigt, etc. werden muss.
 
@rrradio
Bei einer Zeitung kann vielleicht jeder Depp eine aufmachen, aber nicht "machen".
beim Radio hingegen ist es eher umgekehrt.

Zur Studie:
Das 52 Prozent ( auch noch Medienstudenten) aufgezeichnete Nachrichten (man sagt auch "News" dazu) für akzeptabel halten, das hat mich schier umgehauen.
Wenn ich diese Medienstudenten dann erst einmal mit Verantwortung in Medienberufen habe, darf ich mich über nichts mehr wundern.
 
Ich würde mal behaupten, diese Ergebnisse kommen nicht zuletzt auch deswegen zustande, weil den Studenten der Medienwirtschaft heutztuage die Kompetenz im Umgang mit klassischen Medien fehlt. Die meisten dieser Studenten verschlägt es nachher in den Marketing-/PR-/Kommunikations-/Online-Bereich. Für die achso renommierte Medienhochschule Mittweida ist das nicht gerade die beste Werbung...
 
Bei einer Zeitung kann vielleicht jeder Depp eine aufmachen, aber nicht "machen".
beim Radio hingegen ist es eher umgekehrt.

Richtig müsste es heissen: "Beim Radio kann vielleicht nicht jeder Depp eins aufmachen (obwohl: Webradio???), aber wirklich "machen" können es auch nur die Wenigsten!

-----------------------------------------------

Bei Ö3 z.B. muss man sich einen Song aus der Rotation wünschen, was ja eigentlich Blödsinn ist, weil die Songs daraus nerven ja eh schon zur Genüge. Also ist diese "Wunschgeschichte" von heute auch wieder nur ein Fake! Sowas macht Radio einfach mit der Zeit verzichtbar.

Bei einem ganz bestimmten größeren realen Supermarkt z.B. stehen zwischen den Gängen große Sonderverkaufsflächen mit unschlagbaren und groß rot bepreisten "Angeboten". Wenn man dann genau die Preise auf's kg gesehen vergleicht, dann kommt man oft sehr viel billiger mit den selben Produkten aus der normalen Ladenfläche weg. Wenn ich merke, dass ich irgendwo so über den Tisch gezogen werde, ist das Vertrauen weg und gehe da einfach nicht mehr hin. Punkt. Nicht selten wurde mir dort auch schon mal ein Kaffeepäckchen, Rasierklingen o.ä. doppelt über den Scanner gezogen, fällt ja nicht groß auf, bei einem ganzen Wagen voll Zeugs!
 
Zur Studie:
Das 52 Prozent ( auch noch Medienstudenten) aufgezeichnete Nachrichten (man sagt auch "News" dazu) für akzeptabel halten, das hat mich schier umgehauen.
Wenn ich diese Medienstudenten dann erst einmal mit Verantwortung in Medienberufen habe, darf ich mich über nichts mehr wundern.

Ich habe nichts mit Medien studiert...aber mir erschließt sich nicht wo das Problem liegt bei aufgezeichneten Nachrichten? Solange reagiert werden kann falls wirklich wichtige Dinge kurzfristig passieren halte ich das für völlig in Ordnung. Welchen Unterscheid macht es ob ein Nachrichtensprecher jetzt um Punkt alles live abliest oder es aufgezeichnet wurde? Vielleicht kenne ich mich aber auch zu wenig aus, um deine Empörung zu verstehen...deshalb frage ich nach.
 
Das Argument kann ja eigentlich nur "Qualität" heißen (oder lasst ihr auch "Bequemlichkeit" gelten?) Wenn es also wirklich um die Qualität geht, dann um die Sprechqualität, denn für das Schreiben macht es keinen Unterschied ob ich für einen live-lesenden Redakteur/Sprecher schreibe, oder füre inen, der im Aufnahmestudio spricht.
Also Lesequalität.
Was sagen mir dann aufgezeichnete Nachrichten? - Die Sprecher dieses Senders bringen es live nicht gebacken, sie zeichnen vorsichtshalber auf.

Noch was: Wenn ich die News um - sagen wir mal - 11.35 für die 12 Uhr Nachrichten aufzeichne - warum sende ich sie dann nicht gleich um 11.35 Uhr? Ich verschenke doch allen Vorsprung, den das Medium Radio hat, wenn ich darauf verzichte, live - auch noch in letzter Minute - eine aktuelle News mit in den Nachrichtenblock hinein zu nehmen.

News heißt für mich "Neuigkeiten" - und nicht "ehemalige Neuigkeiten, die ich jetzt vom Band abspiele".
 
Ich kenn mich in der Richtung überhaupt nicht aus, aber wenn ich mal spekulieren sollte weshalb man aufzeichnet dann doch weil man vielleicht Personal sparen/anders einsetzen möchte. Statt zu jeder vollen Stunde jemanden im Studio sitzen zu haben muss man die Nachrichten einmal aufzeichnen bis sich wieder etwas tut. Selbst wenn die Nachrichten live sind, hat das nicht zu bedeuten, dass sich an den Meldungen im Laufe eines Tages etwas ändern muss. Kurzfristige Änderungen und Reaktionen auf aktuelle Geschehnisse kann man ja durchaus aufnehmen und hinzuschneiden ohne, dass man davon etwas mitbekommen würde. Ich bin ganz ehrlich: ich weiß nicht welche Vor- oder Nachteile aufgenommene Nachrichten haben, aber das wäre aus der Sicht eines Wirtschaftswissenschaftlers, wie mir, ein Erklärungsansatz. Neben deinem natürlich! ;)
 
Es hängt letztlich davon ab, wie fit und flexibel die Redaktion ist, aber Nachrichten sind immer aktuell. Natürlich kann man sie kurz vor voll aufzeichnen, aber es spart kein Personal.

Selbst wenn die Nachrichten live sind, hat das nicht zu bedeuten, dass sich an den Meldungen im Laufe eines Tages etwas ändern muss.
Um Gottes Himmels Willen, in welcher Welt lebst denn Du? Die Nachrichtenlage ändert sich laufend, selbst in nachrichtenarmen Zeiten. Wenn Du natürlich von Sendern versorgt wirst, in denen die Redakteure glauben, dass vieles berichtenswertes nicht zum Sender passt / den Horizont der Zielgruppe übersteigt, dann wundern mich solche Aussagen natürlich nicht.
Jeder Radioschaffende mit einem Rest an Redakteursehre im Leib müsste angesichts Deiner Thesen laut schreiend einen Amoklauf bei Dir veranstalten.
Sind wir wirklich schon so tief gesunken, dass Du solche Aussagen halbwegs ernsthaft und reines Gewissens von Dir geben kannst? Oh, heilige Textzeile, hilf...

Höre mal ein Webradio, das Nachrichten von einem Dienstleister für Webradios nutzt. Dort gibt es eine, maximal zwei Ausgaben je Tag, und selbst dieser finanzielle Aufwand ist vielen Sendern schon zu viel. Ich kann diese Sender nach einem halben Tag nicht mehr hören, weil mir diese wiederholten, pseudo-aktuellen, aber uralten Nachrichten so derart auf die Nüsse gehen, dass ich abschalten muss.

Kurzfristige Änderungen und Reaktionen auf aktuelle Geschehnisse kann man ja durchaus aufnehmen und hinzuschneiden ohne, dass man davon etwas mitbekommen würde.
Mir blutet das Herz. Nichts ist schlimmer als zusammengeschnittene Nachrichten, am ehesten noch mit einem brutal lauten Unterleger und höllisch komprimierten Openern und sonstigen Baller(mann)-Elementen. Nein, nein, nein und nochmals nein, das ist extrem schlimm und für jemand, dem die Nachrichten etwas bedeuten, der Untergang des journalistischen Abendlandes.

Ich komme aus einer Zeit, da kannte man bei den Zeitungen noch eine "Abendausgabe": Verbilligt, das erste Buch aktualisiert und aufgefrischt, die zwei Bücher dahinter aus der Frühausgabe übernommen. War spätestens um 16 Uhr im Straßenverkauf und für die Büroheimkehrer eine günstige Alternative zur morgens-doch-nicht-richtig-gelesenen Zeitung.
Mit einer Zeitung kann man das machen (heute macht man das nicht mehr), mit Radionachrichten bitte nicht. Diese mögen doch bitte aus einem Guss kommen, und zwar authentisch.

Bezogen auf die Umfrage: Angenommen, eine zweistündige Sendestrecke kommt per Voicetracking zu Dir. In der zweiten Stunde gibt es nahezu die gleichen Elemente; zwei wurden ausgetauscht. Wie attraktiv ist das für Dich?
Mir wird schlecht.

... aus der Sicht eines Wirtschaftswissenschaftlers, wie mir, ...
Mein aufrichtiges Beileid. Jetzt weißt Du auch, warum Menschen wie Dir im Radiogeschäft nachgesagt wird, selbiges nachhaltig zu zerstören.
Eine bessere Entblößung gibt es nicht.

Der Hefeteich :cry: bitterlich.
 
Der "normale" Hörer, der nur Dudelfunk hören will, merkt doch gar nicht das eine Sendung/ Aktion gar nicht live ist!
Und bei den Gewinnspielen gibt es genug die mitmachen, egal ob sie dabei verarscht werden oder nicht.
 
@ micha774: Als Replik kann ich nur Mannis Fan zitieren, denn mit diesem Satz schreibt er mir aus der Seele:
Wenn ich diese Medienstudenten dann erst einmal mit Verantwortung in Medienberufen habe, darf ich mich über nichts mehr wundern.
Halte Dir bitte vor Augen, dass Medienstudenten befragt wurden. Sie wurden zwar durch den Dudelfunk geprägt, haben bislang aber noch nicht gelernt, sich kritisch damit auseinanderzusetzen.
Was lernt man denn heute im Studium?
 
Halte Dir bitte vor Augen, dass Medienstudenten befragt wurden. Sie wurden zwar durch den Dudelfunk geprägt, haben bislang aber noch nicht gelernt, sich kritisch damit auseinanderzusetzen.
Was lernt man denn heute im Studium?
Wir reden also über Absolventen eines Gyymnasiums (also der "Elite des deutschen Bildungswesens"). Sollte gerade an diesen Bildungseinrichtungen das kritische Auseinandersetzen mit den Medien nicht (mehr) vermittelt werden? Dann ist es wirklich schlecht um unsere Schullandschaft bestellt.
 
Ich erlaube mir an dieser Stelle mal, ganz naiv in die Runde zu fragen: Ist das Phänomen der ganzen Fakerei nur ein Problem der Privatstationen und diverser ö.R. Hitdudler oder sind hier auch "seriöse" Wellen von betroffen? Mein Horizont ist da eher auf's Dradio beschränkt. Selbst dort kommt es aber immer wieder mal vor, daß den Hörern erst nach dem Interview mitgeteilt wird, das dieses als Aufzeichnung daher kam.
 
... Dann ist es wirklich schlecht um unsere Schullandschaft bestellt.
Soweit ich Einblick in die Abläufe an deutschen Gymnasien habe, muss ich Dir leider recht geben.
Dabei ist die Schuld nicht bei den Lernenden (Schülern, Studenten) zu suchen und nur bedingt bei den Lehrkräften. Angesichts von G8 und Turbo-Bachelors, während man sich informationstechnologisch auf den globalen (harten) Wettbewerb vorbereiten muss, bleibt dafür nicht mehr viel Zeit.

Ich will G8 nicht allein die Schuld geben, aber wenn heute kreative und kritische Prozesse entstehen sollen, dann müssen die Lernenden aus Eigeninteresse und -initiative handeln; Anhaltspunkte oder Begleithilfen dazu finden sie - wenn überhaupt - zu wenig.

Tragisch dabei ist eigentlich nur, dass dass ausgerechnet die Studenten des Fachgebiets (sind das noch Wissenschaftler oder wie sieht man sie heute?) kaum vom Durchschnittskonsumenten zu unterscheiden sind. Da hatte ich mehr erwartet.
Es wirkt auf mich so, als würde man Medizinstudenten zu Pharmaberatern ausbilden. Hoffentlich nicht!

@ Leukozyt: Ich wurde mal zurechtgewiesen (den Sender darf ich nicht sagen), das doch bitte wegzulassen, es würde den Hörer nur verwirren. Frei nach dem Motto: Störe ihn nicht in seinem Hörfluss.
Am Abend dieses Arbeitstages habe ich ein Frust-Essen veranstaltet. Mit viel Hefe im Teich, zusätzlich.
 
@Hefeteich: Ich habe versucht einen möglichen Ansatz aufzuzeigen weshalb man das tun könnte. Ohne jegliche Wertung. Natürlich ändert sich ständig etwas, aber wird das dem Hörer auch weitergegeben? Möchte man es dem Hörer weitergeben? Dass ständig aktualisierte Nachrichten bessere Nachrichten sind steht außer Frage!
Natürlich ist auch das Zusammenschneiden keine elegante Lösung aber ich bin der festen Überzeugung, dass man sowas gut und für den Hörer nahezu unhörbar hinbekommt.

Ich finde es nicht schlimm wenn man aus welchen Gründen auch immer die Nachrichten aufzeichnet und nicht live liest. Geht es rein um den Zustand der Aufzeichnung, ohne jeglichen anderen Umstände zu betrachten, stört mich das nicht. Und das ist meine Kernaussage.

Allerdings leben wir sowieso in einer Scheinwelt. 99% des TVs sind doch gefaked. Ich war langezeit so naiv zu glauben, dass vieles in diversen Shows tatsächlich Zufall/Talent/Begabung/Entwicklung... ist, bis ich bei der Aufzeichnung einer solchen dabei war....nunja....mittlerweile gibt man wenigstens zu dass man sich alles ausdenkt!
 
@Leukozyt
Wenn im deutschlandradio nach einem Interview der Moderator im Abspann erläutert, dass dieses Interview vor der Sendung oder zum Zeitpunkt x aufgezeichnet wurde, - oft noch mit der Begründung, warum - dann ist das handwerklich sauber und in keiner Weise zu beanstanden. Aber jetzt kommen wir genau zum Punkt. Hast Du schon einmal erlebt, dass in irgendeinem Sender der Moderator nach den Nachrichten erklärt: "Diese Nachrichten haben wir aus Bequemlichkeit und Kostengründen vor den Nachrichten aufgezeichnet"? Du merkst sicher, wie absurd dies klänge. Aber genau so ist es.
 
Zunächst ein Hinweis an die Hochschule Mittweida: es kommen immer mal wieder interessante Studienarbeiten heraus, allerdings wäre es wünschenswert, wenn diese auch eine gewisse Verbreitung erfahren. Ich habe mehrmals vergeblich versucht, Studienarbeiten aus Mittweida zu bekommen (Fernleihe nicht möglich, online nicht verfügbar). Auf die Einsichtnahme vor Ort (mehrere Stunden Anfahrt) habe ich verzichtet als man mir nicht garantieren wollte, daß ich die Arbeit dort auch kopieren darf. Die jetztige Arbeit kann wenigstens (leider auch nur zu einem kleinen Teil) online gelesen werden, aber ich kann sie nicht ausdrucken und/oder abspeichern und so z.B. in der Lehre oder Praxis weiterverwenden. Schade!

Zu einigen angesprochenen Punkten: ja, das staatliche Schul- und Hochschulsystem in DE behindert Kreativität und kritisches Denken, heute (mit der Durchökonomisierung seit ca. 2005) noch mehr als zuvor. Gefördert wird das Nachkauen von bereits heute veraltetem Wissen und das Antizipieren dessen, was die Lehrkraft als Antwort erwartet. Denkt jemand kritisch oder ist mit den präsentierten Themen nicht widerspruchslos einverstanden, schafft er (wenn er sich nicht schnell anpaßt) keinen Abschluß und ist aus der bürgerlichen Gesellschaft raus. Von daher werden auch Wissenschaftler, die kritisch denken, immer weniger (es gibt sie schon heute kaum noch).

Ja, ein Arzt ist heute eigentlich eher ein Handelsvertreter der Pharmaindustrie. Aber auch hier wird noch versucht, einen anderen Schein aufrechtzuerhalten. Wie im Radio: man will aktuell erscheinen, ist es aber nicht. Man will abwechslungsreich erscheinen, ist es aber nicht. Es geht einzig um das Image, das bei den Hörern im Kopf erzeugt wird, nicht darum, wie es wirklich ist. Aber das gibt es in allen Bereichen: Essen (es soll so schmecken als wären Tomaten drin, sind aber nicht, usw.) und und und. Ausbrechen kann nur der Einzelne durch Erkennen und Verhaltensänderung. Aber wer informiert und darüber, wie die Wirklichkeit ist? Die Medien sicher nicht!
 
Hast Du schon einmal erlebt, dass in irgendeinem Sender der Moderator nach den Nachrichten erklärt: "Diese Nachrichten haben wir aus Bequemlichkeit und Kostengründen vor den Nachrichten aufgezeichnet"?
Es kann aber auch vorkommen, dass der Gesprächspartner angesichts eines vollen Terminkalenders oder einer schlechten (technischen) Erreichbarkeit lieber zeitversetzt aufgenommen wird, um dem Hörer eine bessere Qualität oder überhaupt einen Interviewpartner zu bieten. Dabei geht ja nichts verloren.

Ich wundere mich ohnehin, wie viele Interviewpartner früh morgens angeblich schon im Büro oder nicht mehr am Frühstückstisch sitzen.
Als ob eine Armada an Interviewpartnern - besonders beliebt: "Experten" - stets darauf wartet, für Radio und Fernsehen geduldig, wohlgemerkt: live!, Rede und Antwort stehen zu dürfen. Das ist mir einen Morgenschmunzler wert. Wir sehen uns nachher bei den Tagesthemen.
 
Ich kenn mich in der Richtung überhaupt nicht aus, aber wenn ich mal spekulieren sollte weshalb man aufzeichnet dann doch weil man vielleicht Personal sparen/anders einsetzen möchte. Statt zu jeder vollen Stunde jemanden im Studio sitzen zu haben muss man die Nachrichten einmal aufzeichnen bis sich wieder etwas tut.

Bei den meisten Sendern wird eher argumentiert, das sei eine Frage der "Sicherheit". Die Nachrichten sollen fehlerfrei sein beziehungsweise punktgenau in ein von anderswo geliefertes "Mantelprogamm" eingepasst werden. Dazu muss man die Nachrichten aber nicht aufzéichnen. Man muss nur seine Mitarbeiter gut ausbilden. Insofern ist das Aufzeichnen von Nachrichten oft ein Ausrede.


Ethisch fragwürdig und zum Desaster für die Glaubwürdigkeit eines Senders wird das spätestens dann, wenn die Nachrichten immer noch mit der Haltung "Das ist jetzt aktuell" präsentiert werden, in Wahrheit aber eben die ollen Kamellen von vor drei Stunden laufen und die Aufzeichnung von anderen Medien überholt wird. Ein besonders eklatantes Beispiel wurde in den Radioforen ja auch schon treffend besprochen.

Für alle andern Fälle gilt einfach: Aufzeichnen ist überflüssig. Das Radio sollte sich bemühen, seine Live-Kompetenz und den Kitzel des "Nachrichten sind jetzt" zu erhalten. Denn live senden ist ein Stärke! Keine Schwäche. Schade, dass das offenbar zunehmend verloren geht.
 
Es kann aber auch vorkommen, dass der Gesprächspartner angesichts eines vollen Terminkalenders oder einer schlechten (technischen) Erreichbarkeit lieber zeitversetzt aufgenommen wird, um dem Hörer eine bessere Qualität oder überhaupt einen Interviewpartner zu bieten. Dabei geht ja nichts verloren.


Es geht aber NOCH weniger verloren, wenn man einfach nach einer korrekten Lösung sucht:
http://www.fair-radio.net/www/2009/12/13/wie-lassen-sich-aufgezeichnete-interviews-korrekt-anmoderieren-nur-mit-″dieses-gesprach-haben-wir-vor-der-sendung-aufgezeichnet″/
http://www.fair-radio.net/www/2009/...sprachspartner-aber-am-morgen-keine-zeit-hat/

Will heißen: Es ist völlig überflüssig einem Gasprächspartner am Nachmittag ein "guten Morgen" abzunötigen und ihn zum Schauspieler fürs Morgeninterview zu machen. Und es ist unnötig, den Oberbürgermeister "live" auf Sendung zu nehmen, wo er doch gerade bei einem Empfang im Rathaus gesichtet wurde.

Ich finde, Radiomacher sollten begreifen, dass live zu senden, eine Besonderheit ist, die fasziniert und begeistert. Auch den Hörer. Aber eben nur so lange live auch wirklich live ist. Wenn das Etikett plötzlich auf alles gepappt wird, was auf auf Sendung geht, und der Fake der Normalfall wird, ist das ein Verlust für alle Radiomacher. Erst recht, weil die Fernsehmacher den Live-Kick längst für sich entdeckt haben. Im Morgenmagazin zum Beispiel. Dort gibt es an einem Morgen mehr echte Live-Takes als mancher Radiosender im ganzen Jahr macht. Schade. Denn: In Echtzeit dabei und on air sein - wer hat's erfunden? Eigentlich das Radio!
 
Diese ganze Diskussion erinnert mich fatal an eine größere Debatte unter Musikkritikern vor etwa 25 Jahren, wo es hieß, Rockmusik wāre nur dann wirklich gut, wenn sie live gespielt würde. Auch damals wurde schon mit Authentizität argumentiert. Damals wie heute war das natūrlich Unsinn. Musik wie Radio sind industrielle Kulturformen. Alles, was wir zu hören bekommen, ist hochgradig geplant, konstruiert und zusammengesetzt. So zu tun, als wäre das Radio die letzte Zuflucht für Spontaneität und Authentizität ist eigentlich der ultimative Fake.
 
evw schrieb:
So zu tun, als wäre das Radio die letzte Zuflucht für Spontaneität und Authentizität ist eigentlich der ultimative Fake.
Warum legen alle Radioanbieter in ihrem Marketing so großen Wert darauf, zu betonen, wie spontan und authentisch sie seien, obwohl sie in Wirklichkeit faken bis zum geht nicht mehr?
Weil sie erkannt haben, dass Spontanität und Authentizität das Versprechen sind, weswegen Hörer überhaupt einschalten. Es ist die finale Existenzrechtfertigung für Radio. Sonst brauche ich dieses Medium nicht.
Es tut niemand so, als wäre Radio die letzte Zuflucht für Spontaneität und Auithentizität. Mit dieser Behauptung verdrehst Du die Tatsachen, evw. Es ist im Gegenteil vielmehr so, dass hier beklagt wird, dass genau diese Funktion verloren geht.
Wenn stromliniendesigntes Retortenradio die Zukunft sein sollte - betriebswirtschaftliche Zwänge und die Aufzucht seelenloser Sprechautomaten mögen dahin führen - dann wird es so sein und ist vielleicht nicht zu ändern. Diejenigen, die all die wunderbaren Möglichkeitend es Mediums Radio in all ihrer Breite als Macher und Hörer noch kennengelernt haben, werden aber einen schmerzlichen Verlust empfinden und sich mit Grausen abwenden. Der Trend dazu ist ja heute schon deutlich erkennbar.
 
Diese ganze Diskussion erinnert mich fatal an eine größere Debatte unter Musikkritikern vor etwa 25 Jahren, wo es hieß, Rockmusik wāre nur dann wirklich gut, wenn sie live gespielt würde. Auch damals wurde schon mit Authentizität argumentiert. Damals wie heute war das natūrlich Unsinn. Musik wie Radio sind industrielle Kulturformen. Alles, was wir zu hören bekommen, ist hochgradig geplant, konstruiert und zusammengesetzt. So zu tun, als wäre das Radio die letzte Zuflucht für Spontaneität und Authentizität ist eigentlich der ultimative Fake.

Da wurde ich missverstanden:
Ich sage nicht, dass alles im Radio live sein muss. Oft gibt es gute Gründe für Aufzeichnungen. Aber wenn live drauf steht muss eben live drin sein.

Denn "live" das ist eine besondere Eigenschaft, die erkennbar bleiben muss. Ein Etikett, das etwas aussagen muss. So ähnlich wie ein Eiswein eben nur Eiswein sein darf, wenn er bei unter -7 Grad geerntet wurde. Die Winzer tun gut daran dieses Etikett zu schützen. Nicht weil Eiswein grundsätzlich besser wäre als anderer. Sondern weil es eine Chance ist, diesen Wein besonders zu vermarkten.

So ähnlich ist es mit dem Etikett "live": Die Radiomacher müssen dafür sorgen, dass es auch wirklich etwas bedeutet, wenn im Radio was als "live" verkauft wird. Andernfalls ist das Etikett irgendwann einfach überfüssig, weil nichtssagend. Und das wäre schade. Denn eigentlich ist die Begeisterung für echte "Live"-Events doch wieder auf dem Vormarsch, scheint mir. Nicht nur im ARD/ZDF-Morgenmagazin, wo es so viele Live-Schalten gibt wie noch nie. Auch in der Musik, um in Deinem Beispiel zu bleiben. Dass z.B. Casting-Shows so viele Zuschauer begeistern, hat meines Erachtens genau damit zu tun. Dort wird endlich wieder live gesungen, oft auch musiziert und gerade dadurch wird's spannend. Es ist dieses Erlebnis von "hier und jetzt", das sich durch nicht überbieten lässt und das man sich als Gipfel der Authentizität eben erhalten sollte.

Deshalb nochmal: Nicht gegen Aufzeichnungen, aufwändige Produktionen, Mischungen, Zuspieler - aber "live" sollte eben nur "live" heißen, wenn es das ist. Alles andere ist gepanschter Eiswein und Etikettenschwindel. Es erschwert das Marketing und sorgt auf Dauer nur für eins: Unglaubwürdigkeit.
 
Status
Für weitere Antworten geschlossen.
Zurück
Oben