AW: Studiotechnik in den 70ern
Hey Gelb, das wär mal was. Ich war schon ewige Zeiten nicht mehr im Funkhaus.
In den 60'ern und frühen 70'ern sah die Radiolandschaft ganz anders aus als heute. Radio wurde in "Rundfunkanstalten" gemacht.
Beatmusik 1x 1h pro Tag. Teens-Twens-Toptime beim HR, Club 16 beim BR oder Pop-Shop beim Südwestfunk.
Alternativen waren lediglich AFN, BFBS, Radio Luxembourg, die Piratensender in der Nordsee oder die kleinen sog. "Clandestines", private Schwarzsender.
Unser Clandestine hiess "Radio Fortune". Wir sendeten regelmässig am Wochenende über einen alten Siemens Wehrmachtssender, ca. 50-100 Watt, auf Mittelwelle ca. 1300 kHz, Standort irgendwo im verschlafenen Spessart, 20 m Antenne im Wald getarnt. "Paul van Dyke" -
- moderierte live.
Hier unser Mischpult, Uher Mix 5 !
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Uher Mix 5.JPG
Hier unser Tonbandzuspielgerät, AEG/Telefunken TK 85
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AEG-Telefunken- TK 85.JPG
und das war unser Turntable, Dual 1010, Shure M 75 Abnehmersystem
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Dual 1010.JPG
Radioenthusiasten sammelten sich in Tonbandclubs wie Ring der Tonbandfreunde RdT, Frankfurter Tonbandamateure FTA oder intertape frankfurt itf.
Hier produzierte man Hörstücke, Hörspiele oder Musikprogramme.
Einige von uns, die genug Kohle hatten, mieteten sich Räume an und bauten sich ein Tonstudio. Durch Mundpropaganda kamen dann auch erste Aufträge rein. Demobänder für Rockgruppen, Musikberieselung und Jingles für Warenhäuser oder Einkaufszentren (die ersten inflight-Unterhaltungsprogramme der Lufthansa wurden in einem solchen Studio produziert) oder halt Schallplattenproduktionen wie "Musikalische Grüsse aus Grünberg" (Gesangverein, Fanfarenzug, Schulchor, singende Landfrauen aus einem Ort auf Platte gepresst).
Herzstück eines solchen Studios war ein Mischpult von TFE, damals schon mit Bass-, Mitte-, Höhenregler und Stereopositionierung.
Die Microphone waren von Shure oder Kondensatormicrophone von Sennheiser, damals noch mit eigenem Netzteil.
Hall kam entweder von der Hallplatte ( 6 quadratmeter große, 2 -3 mm dicke Aluminiumplatte mit aufgesetzten Tonabnehmern ) oder von der Dynacord Hallspirale.
Das Echo produzierte ein Klassiker: Echolette Bandhall NG 51
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Als Zuspielgerät diente oft der Lenco L 75, robuster und zuverlässiger Standardturntable in vielen Discotheken, bestückt mit Magnetsystem Shure M 75,
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Lenco L 75-3.JPG
die Revox A 77, 2-Spur Stereo, 19/38 cm/sec.
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die mobile Uher Report, 2-Spur Stereo
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Uher Report komplett.jpg
oder wenn die Profis kamen die Nagra III, damals schon Neupreis über DM 10.000,-
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nagra3-sela.jpg
Als Aufnahmegerät benutzte man ebenfalls häufig die A 77, später dann die A 700 auch vonStuder/Revox.
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Revox A 700.JPG
Die Bänder waren das typische dicke Agfa-Studioband.
Das Tonstudio Bieber in Offenbach ( Gruß an "Jimmy" ) hatte auch 'ne 1/2 Zoll, 8-Spur Maschine, ähnlich dieser hier.
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Teac 80-8 -8 Spur-Halbzoll.jpg
Die Aufnahmestudios selbst waren mit schweren Vorhängen bestückt, ne kleine Sprecherkabine, 3 quadaratmeter groß, gabs auch.
Studio-Monitore hatte man selten, weil viel zu teuer. Meist dienten herkömmliche Boxen im Bereich DM 1.500,-.
Interessant war, dass auch ein sog. Kofferradio zum Abhören bereitstand.
Wenn der Sound über dieses Kofferradio gut rüberkam, hatte man gut abgemischt, lol.
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